Es wird festgestellt, dass der Bescheid des Beklagten vom 22. Mai 2020 und dessen Widerspruchsbescheid vom 16. September 2020 rechtswidrig gewesen sind.
Der Beklagte trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.
Die Klägerin wendet sich gegen die Zurückweisung als Verfahrensbevollmächtigte in einem auf die Gewährung von Leistungen zur Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen nach dem Neunten Buch Sozialgesetzbuch gerichteten Sozialverwaltungsverfahren.
Im Oktober 2019 beantragte die M.
GmbH die Bewilligung von Leistungen nach
§ 17 Abs. 1 Satz 1 Buchst. a der Schwerbehinderten-Ausgleichsabgabeverordnung (SchwbAV) für ihren Mitarbeiter B. bei dem Beklagten, woraufhin dieser B. zur Vorlage eines ausgefüllten Antragsformulars für die Übernahme der Kosten einer Arbeitsassistenz aufforderte. Im Rahmen seines Antrags vom 5. März 2020 teilte B. daraufhin unter anderem mit, dass er eine Pflegezulage von der
AOK Baden-Württemberg beziehe und einen Antrag auf Gewährung eines Darlehens beziehungsweise Zuschusses auch beim "Sozialamt Künzelsau" gestellt habe. Unter dem 31. März 2020 sagte die Bundesagentur für Arbeit dem Beklagten auf dessen Anfrage die Kostenübernahme für eine notwendige Arbeitsassistenz ab März 2020 für ein Jahr zu. In der Folge forderte der Beklagte Herrn B. mit E-Mail vom 6. April 2020 auf, weitere Fragen zu beantworten und einen Kostenvoranschlag eines Anbieters der Arbeitsassistenz zu übersenden. Mit E-Mail vom 20. April 2020 teilte das Sozial- und Versorgungsamt des Landratsamts Hohenlohekreis mit, man habe B. aufgefordert, die Arbeitsassistenz beim Integrationsamt des Beklagten ebenfalls im Rahmen eines trägerübergreifenden persönlichen Budgets zu beantragen. Eine Kostenkalkulation der Klägerin liege dem Sozial- und Versorgungsamt vor und könne gegebenenfalls übersandt werden. Mit E-Mail vom 24. April 2020 beantwortete B. die Fragen des Beklagten. Er legte zugleich eine auf einem Vordruck der Klägerin abgefasste "Kalkulation am individuellen Bedarf" über einen Stundensatz von 24,71 Euro sowie eine auf einem Vordruck der Klägerin unterschriebene Vollmacht vor, die zur Beantragung des Persönlichen Budgets, zur Kommunikation mit den benötigten Kostenträgern, Pflegekassen, Krankenkassen, Ärzten und Anwälten, zur Akteneinsicht, zu Stellungnahmen und dem Einreichen von Widersprüchen sowie zur Vertretung bei gerichtlichen und außergerichtlichen Verfahren in Sozialrechtsstreitigkeiten ermächtigt.
Mit E-Mail vom 4. Mai 2020 übersandte ein Mitarbeiter der Klägerin einen von B. auf einem einseitigen Trägervordruck der Klägerin unterschriebenen Antrag auf Bewilligung eines trägerübergreifenden Budgets, der neben einzelnen Daten und Kennziffern nur den Satz "Hiermit wird folgende Leistung beantragt: Trägerübergreifendes Persönliches Budget nach
§ 29 SGB IX i.V.m. § 78 SGB IX &
§ 37 SGB V &
§ 39 SGB IX" enthält.
Mit Schreiben vom 6. Mai 2020 wies der Beklagte die Klägerin darauf hin, dass sie als Bevollmächtigte einen Antrag für B. gestellt und eine Vertretungsvollmacht vorgelegt habe. Nach den Angaben auf der ihrer Homepage lägen konkrete Anhaltspunkte dafür vor, dass sie unerlaubte Rechtsberatung erbringe. Es sei daher beabsichtigt, sie gemäß § 13
Abs. 5
SGB X als Bevollmächtigte zurückzuweisen.
Auf Aufforderung des Beklagten machte B. - persönlich - mit E-Mail vom 7. Mai 2020 weitere Sachangaben. Hierbei teilte er zugleich mit, dass hinsichtlich der Klägerin wohl ein Missverständnis vorliege. Das trägerübergreifende persönliche Budget laufe alleine über ihn selbst, während die Klägerin lediglich als Dienstleister fungiere, der Dienste wie Beratung und Personalcontrolling übernehme. Ein Vertreter der Klägerin werde sich noch einmal melden, um dieses Missverständnis zu klären. Mit Schreiben vom 11. Mai 2020 wies dies Klägerin den Vorwurf einer unerlaubten Rechtsberatung zurück, weil sie lediglich den von B. persönlich gestellten und unterschriebenen Antrag weitergeleitet habe. Die Aufstellung der Kostenkalkulation stelle keine Rechtsdienstleistung dar. Sie habe zudem bereits im Vertrag mit B. darauf hingewiesen, dass im Falle rechtlicher Beratung kooperierende Anwälte hinzugezogen würden.
Mit an die Klägerin adressiertem Bescheid vom 22. Mai 2020 wies der Beklagte die Klägerin nach vorheriger Anhörung der Klägerin nach § 13
Abs. 5
SGB X als Bevollmächtigte zurück, weil sie entgegen § 3 des Rechtsdienstleistungsgesetzes unerlaubte Rechtsdienstleistungen erbringe. Eine Anhörung oder schriftliche Bekanntgabe gegenüber B. erfolgte nach Aktenlage nicht. Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt, dass die Zurückweisung eines Bevollmächtigten nach § 13
Abs. 5
SGB X dem Zweck diene, Rechtsuchende, den Rechtsverkehr und die Rechtsordnung vor unsachgemäßer Beratung durch unqualifizierte Bevollmächtigte zu schützen und die Ordnungsgemäßheit des Verwaltungsverfahrens zu sichern. Rechtsdienstleistung im Sinne des § 3 RDG sei jede Tätigkeit in fremden Angelegenheiten, die eine rechtliche Prüfung des Einzelfalls erfordere. Das erforderliche Maß an substantieller rechtlicher Prüfung sei mit der Beantragung von Sozialleistungen bei verschiedenen Leistungsträgern in der Form eines persönlichen Budgets nach § 29
SGB IX notwendigerweise verbunden. Die Klägerin betätige sich aufgrund eines Dienstleistungsvertrags entgeltlich als Dienstleister schwerbehinderter Menschen gegenüber Sozialleistungsträgern. Sie sei ausweislich der vorliegenden Vollmacht umfassend bevollmächtigt, in einem Verwaltungsverfahren gegenüber den Kostenträgern unter anderem außergerichtlich tätig zu werden und Anträge auf ein Persönliches Budget zu stellen, mit den beteiligten Kostenträgern zu kommunizieren, Stellungnahmen abzufassen und Widersprüche einzureichen. Hierbei handele es sich um Handlungen, die nach der Verkehrsanschauung eine rechtliche Prüfung im Einzelfall erforderten. Dies sei gerade der Kern des Geschäftsmodells der Klägerin, die schwerbehinderten Menschen einen entgeltlichen "Budgetexperten" zur Seite stelle, der ihn im Verwaltungsverfahren berate, ihn unterstütze und ihn nach außen gegenüber den Behörden vertrete. Die Beantragung eines Persönlichen Budgets erfordere die Klärung von Zuständigkeitsfragen ebenso wie die Klärung von Rechtsfragen im Zusammenhang mit den Voraussetzungen und dem Umfang der einzelnen Leistungsansprüche. Die Klägerin habe eine Kostenkalkulation vorgelegt, aus der sich der zeitliche Umfang des Assistenzbedarfs und die für Herrn B. im Arbeitgebermodell der Arbeitsassistenz entstehenden Kosten ergäben, und hiermit eine Rechtsdienstleistung im Sinne des § 2 RDG erbracht. Es treffe nicht zu, dass die Klägerin lediglich beratend und im Rahmen des Personalcontrollings im Arbeitgebermodell tätig geworden sei, weil sie sich weitergehend in die individuelle Bedarfsfeststellung zur Ermittlung der notwendigen Kosten der Arbeitsassistenz eingeschaltet habe. Diese Rechtsdienstleistung sei auch "unerlaubt" im Sinne des § 3 RDG, so dass die Klägerin im bei dem Beklagten geführten Verwaltungsverfahren betreffend die Leistungen der Begleitenden Hilfe für B. als Bevollmächtigte zurückzuweisen sei.
Mit dem an B. gerichteten Leistungsbescheid vom 5. Juni 2020 bewilligte der Beklagte diesem einen Zuschuss für die Kosten einer notwendigen Arbeitsassistenz für die Dauer von zwölf Monaten ab dem 1. März 2020 als Einzelleistung. Am 28. Juni 2020 legte ein von B. bevollmächtigter Rechtsanwalt Widerspruch gegen den Leistungsbescheid ein, über den noch nicht entschieden wurde.
Den auf den 12. Juni 2020 datierten und spätestens am 19. Juni 2020 als DE-Mail eingegangenen Widerspruch der Klägerin gegen den Zurückweisungsbescheid vom 22. Mai 2020 wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 16. September 2020 zurück. Zur Begründung führte er ergänzend aus, dass sich der Charakter der Tätigkeit der Klägerin als Rechtsdienstleistung auch aus dem mit B. geschlossenen Dienstvertrag ergebe, in dem sich die Klägerin unter anderem zur Unterstützung in Bezug auf Arbeitsverträge, bei Konfliktlösung zwischen Auftraggeber und Assistenzen, bei Einhaltung der Datenschutz-Grundverordnung, bei Streitigkeiten zwischen Kostenträgern, Arbeitnehmern und weiteren Akteuren sowie dem Auftraggeber, zur Beratung und Unterstützung bei Themen des Sozialrechts im Zusammenhang mit Behinderung und Schwerbehindertenrecht sowie in Einzelfällen auch zur Unterstützung in Bezug auf Verfahren vor dem Sozialgericht verpflichte.
Am 13. Oktober 2020 hat die Klägerin beim Verwaltungsgericht Klage erhoben. Sie trägt vor, der Beklagte sei zu Unrecht von einer unerlaubten Rechtsdienstleistung ausgegangen. Die Klägerin erbringe in erster Linie eine sogenannte Budgetberatung im Wege einer umfassenden "Antrags- und Arbeitsassistenz" auf Grundlage eines Dienstvertrages. Sie erstelle individuelle Kostenkalkulationen und unterstütze die Betroffenen in vielfältiger praktischer Weise durch Kommunikation mit den Kostenträgern und bei der Durchführung von Arbeitsverträgen. Der Schwerpunkt ihrer Tätigkeit bestehe auch im vorliegenden Fall darin, B. als "Sprachrohr" aktive Unterstützung und mit der Erfahrung und dem Wissen aus der erlebten Praxis Hilfestellung bei der Ermittlung und Beantragung des Persönlichen Budgets zu gewähren. Die Klägerin werde dabei ohne rechtliche Prüfung routinemäßig und schematisch tätig, ohne in eine vertiefte rechtliche Prüfung einzutreten. Sie betreibe allein Budgetberatung und entwerfe dabei auf Erfahrungstatsachen beruhende und mathematisch ermittelte Kostenkalkulationen in Anwendung des § 29
SGB IX, ohne dessen Voraussetzung weitergehend zu prüfen. Ebenso verhalte es sich mit abgegebenen schriftlichen Stellungnahmen, die einem vorgefertigten Muster für gleichartige Vorgänge entsprächen. Diese Budgetberatung rühre aus der Unternehmensberatung her und könne als Form der persönlichen und finanziellen "Sozialberatung" verstanden werden. B. habe den ihm übersandten Vordruck persönlich ausgefüllt und einen Antrag auf Arbeitsassistenz als Teilleistung des trägerübergreifenden Persönlichen Budgets gestellt, ohne dass hiermit eine substantielle Rechtsprüfung und -beratung seitens der Klägerin verbunden gewesen sei. Die Suche nach den Kostenträgern sei unproblematisch gewesen und habe keiner substantiellen rechtlichen Prüfung bedurft, weil - trägerübergreifend - ein Antrag sowohl an die Krankenkasse als auch an das Sozialamt gerichtet worden sei. Dabei habe die Klägerin eine praktische Beratungshilfe vorgenommen, die notwendige Kommunikation mit externen Stellen übernommen und B. - wie auch in vergleichbaren Fällen - mit praktischem Erfahrungswissen unterstützt, das sich in der bisherigen Praxis als nützlich erwiesen habe. Die Klägerin vereinfache so organisatorische Belange und könne auf ein großes Netzwerk unterschiedlicher Fachexperten zurückgreifen. Hierbei konsultiere sie bei allen auftretenden Rechtsfragen einen Rechtsanwalt, um Rechtssicherheit zu gewährleisten. Eine derartige ergänzende Rechtsberatung gehöre jedoch nicht zum angebotenen Leistungskatalog, weil der Mandant hier gegebenenfalls einen eigenen Vertrag mit dem betreffenden Rechtsanwalt schließe. Die Klägerin sei sich des Umstands bewusst, dass die Unterstützung bei der Erstellung des Persönlichen Budgets nach § 29
SGB IX als soziale Dienstleistung strikt von einer zusätzlichen Rechtsberatung zu trennen sei. Die sachliche Prüfung der Anspruchsberechtigung überlasse sie dementsprechend den Kostenträgern, weil sie weder über das Vermögen des Antragstellers informiert sei noch den tatsächlichen Bedarf ersehen könne. Der verwendete Antragsvordruck diene lediglich der Schematisierung und Systematisierung; soweit er Gesetzesvorschriften bezeichne, solle dies den Kostenträger lediglich zur rechtlichen Prüfung des Anspruchs auffordern. Soweit es um Arbeitsverträge gehe, weise die Klägerin regelmäßig auf die Möglichkeit hin, diese durch einen Rechtsanwalt prüfen zu lassen. Die Beratungs- und Betreuungstätigkeit der Klägerin sei nach allem wirtschaftlicher und psychosozialer Natur, beschränke sich auf eine individuelle Betreuung und Unterstützung des schwerbehinderten Menschen im Wege einer "Antrags- und Arbeitsassistenz" zur Budgetberatung und erreiche offensichtlich nicht die Qualität einer in die Einzelheiten gehenden Rechtsberatung. Soweit der Beklagte sich darauf berufe, dass der Rehabilitationsträger kraft Gesetzes bereits vor Beantragung des persönlichen Budgets und während des Bedarfsfeststellungsverfahrens zur umfassenden Beratung verpflichtet sei, sei dies unschädlich, weil dies jedenfalls kein Beratungsmonopol der Beklagten begründe. Soweit der Beklagte die Qualität der erbrachten Beratungsleistungen in Frage ziehe, handele es sich um bloße Polemik.
Die Klägerin beantragt,
festzustellen, dass der Bescheid des Beklagten über die Zurückweisung als Bevollmächtigte vom 22. Mai 2020 und dessen Widerspruchsbescheid vom 16. September 2020 rechtswidrig gewesen sind.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er trägt im Wesentlichen vor, dass die angebotenen Dienstleistungen eine unerlaubte Rechtsberatung darstellten, weil sie eine rechtliche Prüfung im Einzelfall erforderten. Entgegen ihres Vortrags wende die Klägerin das Recht nicht bloß schematisch an, sondern vermittele zumindest gegenüber ihren Kunden den Eindruck, eine Beratung zu rechtlichen Fragen zu leisten, und biete Dienstleistungen an, die eine rechtliche Prüfung des Einzelfalls zwingend erforderten. Sie trage selbst vor, dass zu Beginn des Auftrags die Frage zu klären sei, ob dem Schwerbehinderten ein Anspruch auf ein Persönliches Budget zukomme. Dies erfordere eine rechtliche Bewertung und Prüfung des Einzelfalls im Wege der juristischen Subsumtion. Als alternative Leistungsform könne ein persönliches Budget nicht ohne einen Anspruch auf die zugrundeliegende Leistung gewährt werden. Dies verkenne die Klägerin ausweislich ihres Schreibens vom 5. März 2020, das von der isolierten Beantragung eines trägerübergreifenden Budgets ausgehe. Die Frage, ob ein solcher Anspruch bestehe, erfordere neben der Subsumtion unter die Voraussetzungen des § 29
SGB IX daher auch die Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen der jeweiligen Leistungen. Eine solche Stellungnahme erfordere indes substantielle rechtliche Überlegungen, die über eine bloß schematische Rechtsanwendung hinausgingen. Die Klägerin erbringe daher keine bloße Antragsassistenz, sondern rechtliche Beratung und damit eine Rechtsdienstleistung. Auf ihrer Homepage führe sie weiterhin aus, dass sie "grundsätzlich rechtssichere Beratung mit Unterstützung eines Anwaltes" anbiete und für ihre Aussagen hafte. Sie trage weiterhin vor, dass sie regelmäßig anwaltlichen Rat hinzuziehe, weil eine derartige ergänzende Rechtsberatung nicht zu ihrem Leistungskatalog gehöre. Dies widerspreche jedoch der Aussage, dass im Rahmen der Beratungen keine rechtliche Prüfung im Einzelfall stattfinde, weil die Weiterleitung des so eingeholten ergänzenden Rechtsrats an die Mandanten selbst eine Rechtsdienstleistung sei. Aber auch dann, wenn der Auftraggeber ein eigenes Mandatsverhältnis zu dem Rechtsanwalt begründe, erbringe die Klägerin eine außergerichtliche Rechtsdienstleistung, wenn sie als Budgetberater die Anspruchsdurchsetzung steuere und den Rechtsanwalt auswähle, so dass dieser als ihr Erfüllungsgehilfe anzusehen sei. Hiervon sei vorliegend auszugehen, weil Rechtsanwalt F. nach Angaben der Klägerin wiederholt für die unterstützten Personen tätig geworden sei und sie auf ihrer Homepage sowie im Leistungskatalog damit werbe, die Budgetberatung gegebenenfalls inklusive einer anwaltlichen Beratung zu erbringen. Auch aus dem Dienstvertrag zwischen B. und der Klägerin ergebe sich zweifelsfrei, dass die Klägerin Rechtsdienstleistungen anbiete und dem Klienten den Eindruck vermittele, dass er durch die Beauftragung der Klägerin auch eine sozialrechtlich kompetente Beratung erhalte. Sofern die Klägerin vortrage, dass sie lediglich Budgetberatung anbiete, treffe dies nicht zu, weil sie bereits bei der Beratung zur Antragstellung sowie der Beantragung und der Ermittlung der Ansprüche mitwirke und ihre rechtlichen Aktivitäten im Widerspruchsverfahren fortsetze, indem sie Leistungsanträge stelle, diese begründe und bei der Bedarfsfeststellung mitwirke. Aufgrund der hiermit notwendigerweise verbundenen Rechtsfragen sehe der Gesetzgeber in
§ 32 SGB IX und in
§ 106 SGB IX bereits vor der Antragsstellung eine umfassende Beratung durch die Leistungsträger vor, die aufgrund ihrer Behinderung häufig auf umfassende Beratung angewiesen seien.
Unabhängig davon habe die Klägerin im vorliegenden Verwaltungsverfahren gezeigt, dass sie nicht in der Lage sei, ihre Auftraggeber bei der Antragstellung qualifiziert zu unterstützen. Dies werde bereits daraus ersichtlich, dass sie die rechtliche Natur des persönlichen Budgets nicht verstehe, zeige sich aber auch darin, dass sie das Antragsverfahren nicht zu kennen scheine und die Bewilligung des trägerübergreifenden Persönlichen Budgets so unnötig erschwere.
Mit Klageerhebung hat die Klägerin um Hinweis zu einer möglichen Eröffnung des Rechtswegs zu den Sozialgerichten gebeten. Der Beklagte hat hierzu die Auffassung vertreten, dass ein enger Sachzusammenhang mit dem zugrundeliegenden Sachverfahren bestehe, für den mangels aufdrängender oder abdrängender Sonderzuweisungen nach der verwaltungsgerichtlichen Generalklausel des § 40
Abs. 1 Satz 1
VwGO der Verwaltungsrechtsweg eröffnet sei. Daraufhin hat auch die Klägerin vorgetragen, dass der Verwaltungsrechtsweg eröffnet sei, weil insbesondere § 51
Abs. 1
Nr. 7
SGG nicht einschlägig sei. Mit Schriftsatz vom 20. Dezember 2021 hat die Klägerin ausdrücklich erklärt, an einer Rechtswegrüge nicht festhalten zu wollen.
In der mündlichen Verhandlung hat der Bevollmächtigte der Klägerin erklärt, dass diese im Widerspruchsverfahren gegen den Bescheid vom 5. Juni 2020 auch zukünftig nicht tätig werden wird.
Dem Gericht liegt die Sachakte des Beklagten vor, die auch die Akte zum Widerspruchsverfahren der Klägerin enthält. Eine Kopie der Akte zum Widerspruchsverfahren des B. gegen den Bescheid vom 5. Juni 2020 ist der Kammer in der mündlichen Verhandlung vom Beklagten übergeben worden. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte, die Niederschrift über die mündliche Verhandlung, die vorgenannten Verwaltungsakten und insbesondere die von der Klägerin schriftsätzlich vorgelegten Unterlagen - namentlich eine Leistungsbeschreibung der Klägerin, einen Auszug ihres Internetangebots, den zwischen der Klägerin und B. geschlossenen Dienstvertrag und den Leistungskatalog der Klägerin verwiesen.
Die Klage hat Erfolg.
I.
Für die gegen den Bescheid des Beklagten vom 22. Mai 2020 in Gestalt seines Widerspruchsbescheids vom 16. September 2020 gerichtete Klage, mit dem der Beklagte die Klägerin im Verfahren des B. auf Übernahme der Kosten für eine notwendige Arbeitsassistenz für den Leistungszeitraum ab dem 1. März 2020 gemäß § 13
Abs. 5
SGB X als Bevollmächtigte zurückgewiesen hat, ist nach § 40
Abs. 1 Satz 1
VwGO der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten eröffnet. Insbesondere ist die Streitigkeit nicht durch Bundes- oder Landesgesetz einem anderen Gericht zugewiesen (§ 40
Abs. 1
VwGO). Dies gilt unabhängig davon, ob die Rechtsnatur von Streitigkeiten nach § 13
Abs. 5
SGB X - wofür etwa die Möglichkeit der parallelen Anfechtung der Zurückweisungsentscheidung durch den Vertretenen sprechen könnte, die nur inzident mit der ergangenen Sachentscheidung möglich sein soll (
vgl. LSG Bad.-Württ., Urteil vom 26.5.2020 - L 8 SB 3970/19 -, juris Rn. 21 sowie § 56a Satz 1
SGG; § 44a Satz 1
VwGO) - in Akzessorietät zum zugrundeliegenden Sozialverwaltungsverfahren zu bestimmen wäre, in dem die angefochtene Zurückweisungsentscheidung ergangen ist. Denn auch für Klagen im Zusammenhang mit Entscheidungen nach
§ 185 Abs. 3 Nr. 1 SGB IX und
§ 17 ff. SchwbAV ist der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten eröffnet, weil sie öffentlich-rechtliche Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art betreffen und sie den in § 51
Abs. 1
SGG abschließend bezeichneten Rechtsmaterien nicht angehören. Gleiches gälte, wenn der Rechtsweg für Klagen gegen Zurückweisungsentscheidungen nach Maßgabe des § 13
Abs. 5
SGB X unabhängig von dem im Hinblick auf das zugrundeliegende Verwaltungsverfahren eröffneten Rechtsweg zu bestimmen wäre. Der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten ist daher jedenfalls eröffnet. Einer Vorabentscheidung über die Zulässigkeit des beschrittenen Rechtswegs nach Maßgabe des § 173 Satz 1
VwGO in Verbindung mit § 17a
Abs. 3 Satz 2 GVG bedarf es vorliegend nicht, weil die Beteiligten eine Rechtswegrüge nicht erhoben haben oder jedenfalls an dieser nicht festhalten. Die örtliche Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts Karlsruhe folgt aus § 52
Nr. 3 Satz 2
VwGO.
Eine Beiladung des B. ist nicht erforderlich oder geboten (§ 65
Abs. 1 und 2
VwGO), weil für diesen von der Zurückweisung der Klägerin im Sozialverwaltungsverfahren jedenfalls nach der Erklärung der Klägerin, im Widerspruchsverfahren des B. auch weiterhin nicht tätig zu werden, keine Rechtswirkungen (mehr) ausgehen (
vgl. Roller in: Schütze,
SGB X, 9. Aufl., § 13 Rn. 17; BayLSG, Urteil vom 27.7.2011 - L 10 AL 193/08 -, juris Rn. 17). Die Klägerin wird im Widerspruchsverfahren für B. keine Handlungen vornehmen, die nach § 13
Abs. 7 Satz 2
SGB X zu Lasten des B. unwirksam werden könnten.
II.
Die Klage ist als Fortsetzungsfeststellungsklage in zumindest analoger Anwendung des § 113
Abs. 1 Satz 4
VwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig.
1. Die Zurückweisung des Bevollmächtigten im Sozialverwaltungsverfahren nach § 13
Abs. 5 Satz 1
SGB X stellt gegenüber dem Zurückgewiesenen einen selbständigen Verwaltungsakt dar, der von diesem mit dem entsprechenden Rechtsbehelf (Widerspruch, Klage) angefochten werden kann (
vgl. LSG Bad.-Württ., Urteil vom 26.6.2020 - L 8 SB 3970/19 -, juris Rn. 22
m.w.N.). Statthafte Rechtsbehelfe sind insoweit der Anfechtungswiderspruch und die Anfechtungsklage sowie - nach Abschluss des zugrundeliegenden Sozialverwaltungsverfahrens - die Fortsetzungsfeststellungsklage, weil die Zurückweisung des Bevollmächtigten für das abgeschlossene Verwaltungsverfahren keine Rechtswirkungen mehr entfalten kann (
vgl. BSG, Urteil vom 5.3.2014 - B 12 R 7/12 R - BSGE 115, 171, juris Rn. 9;
LSG Bad.-Württ., Urteil vom 18.5.2021 - L 6 SB 4012/20 -, juris Rn. 30).
2. Ausgehend hiervon ist vorliegend eine Fortsetzungsfeststellungsklage in entsprechender Anwendung des § 113
Abs. 1 Satz 4
VwGO statthaft, weil sich die Zurückweisungsentscheidung der Beklagten erledigt hat. Zwar ist das zugrundeliegende, auf Bewilligung eines Zuschusses zu den Kosten einer Arbeitsassistenz im Leistungszeitraum vom 1. März 2020 bis zum 28. Februar 2021 gerichtete Sozialverwaltungsverfahrens des ursprünglich von der Klägerin vertretenen B. auch weiterhin nicht abgeschlossen, weil der von B. bevollmächtigte Rechtsanwalt A. am 28. Juni 2020 Widerspruch gegen den Bewilligungsbescheid vom 5. Juni 2020 eingelegt hat, über den noch nicht entschieden ist. Die Klägerin hat von der ihr erteilten Vertretungsvollmacht auch für das Widerspruchsverfahren jedoch bislang keinen Gebrauch gemacht und hat in der mündlichen Verhandlung verbindlich erklärt, im Widerspruchsverfahren gegen den Bescheid vom 5. Juni 2020 auch zukünftig nicht tätig zu werden. Der Zurückweisungsbescheid vom 22. Mai 2020 entfaltet damit jedoch weder für das abgeschlossene Verwaltungsverfahren noch für das noch laufende Widerspruchsverfahren belastende Wirkung, zumal die Klägerin nach Bekanntgabe des Zurückweisungsbescheids nicht mehr für B. tätig geworden ist (
vgl. § 13
Abs. 7 Satz 2
SGB X). Insbesondere erstreckt sich die Zurückweisung nur auf das konkrete Verwaltungsverfahren, weil sie sich auf das jeweilige Sozialverwaltungsverfahren bezieht und keine entsprechende Wirkung für bereits anhängige oder zukünftige Verwaltungsverfahren entfaltet (
vgl. LSG Bad.-Württ., Urteil vom 26.6.2020 - L 8 SB 3970/19 -, juris Rn. 26; BayLSG, Urteil vom 27.7.2011 - L 10 AL 193/08 -, juris Rn. 19; BayVGH, Beschluss vom 21.9.1984 - 12 CS 84 A.1958 -, BayVBl. 1984, 724, 725; Mutschler in: KassKomm Sozialversicherungsrecht,
SGB X § 13 Rn. 25; Schütze in: Roller,
SGB X § 13 Rn. 17;
vgl. auch Schmitz in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl., § 14 Rn. 40 und Porz in: Fehling/Kastner/Störmer, VwVfG, 5. Aufl., § 14 Rn. 21 zu § 14
Abs. 5 VwVfG; a.A. BFH, Urteil vom 18.1.2017 - II R 33/16 - BFHE 256, 206, juris Rn. 23
ff. zu § 80
Abs. 5
AO in der bis 31.12.2016 geltenden Fassung vom 1.10.2002 [BGBl. I
S. 3866], geändert durch
Art. 4 des Gesetzes vom 8.4.2008 [BGBl. I
S. 666, 679], sowie nunmehr ausdrücklich § 80
Abs. 7 Satz 1
AO).
3. Der Zulässigkeit einer Fortsetzungsfeststellungsklage steht insbesondere auch nicht entgegen, dass der Zurückweisungsbescheid vom 22. Mai 2020 dem von der Klägerin vertretenen B. - entgegen § 13
Abs. 7 Satz 1
SGB X - nach Aktenlage nicht schriftlich mitgeteilt wurde. Denn unabhängig davon, ob die Zurückweisung dem Vertretenen im Sinne des § 37
Abs. 1 Satz 1 SGB als weiterer Adressat oder Betroffener bekanntzugeben (so Roller in: Schütze,
SGB X, 9. Aufl., § 13 Rn. 17; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 21. Aufl., § 14 Rn. 43) oder lediglich - entsprechend dem Wortlaut des § 13
Abs. 7 Satz 1
SGB X - schriftlich mitzuteilen ist (so wohl Pitz in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, 2. Aufl., § 13
SGB X, Rn. 27; differenzierend Prehn in: LPK-SGB X, 5. Aufl. 2019, § 13 Rn. 33), ist der Verwaltungsakt mit seiner Bekanntgabe an einen Adressaten als existent zu betrachten ist (
vgl. Couzinet/Fröhlich, in: Mann/Sennekamp/Uechtritz, VwVfG, 2. Aufl., § 41 Rn. 29, 145). Dass die gesetzliche Rechtsfolge des § 13
Abs. 7 Satz 2
SGB X richtigerweise wohl erst mit schriftlicher Mitteilung oder Bekanntgabe (auch) an den Vertretenen eintritt (
vgl. BayVGH, Beschluss vom 21.9.1984 - 12 CS 84 A.1958 -, BayVBl. 1984, 724 (725); Mutschler in: KassKomm,
SGB X, § 13 Rn. 25; Schmitz in: Stelkens/Bonk/Sachs, 9. Aufl., VwVfG, § 14 Rn. 40; Kopp/Ramsauer, § 14 Rn. 44; Dombert, in: Mann/Sennekamp/Uechtritz, VwVfG, 2. Aufl., § 14 Rn. 64), ändert hieran nichts (
vgl. zur Unterscheidung von Existenz und äußerer Wirksamkeit eines Verwaltungsakts auch Couzinet/Fröhlich, in: Mann/Sennekamp/Uechtritz, VwVfG, 2. Aufl., § 41 Rn. 30).
4. Das erforderliche Fortsetzungsfeststellungsinteresse der Klägerin ergibt sich ohne Weiteres unter dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr, weil sie an ihrem Geschäftsmodell festhalten will und der Beklagte zu erkennen gegeben hat, in vergleichbaren Fällen in vergleichbarer Weise gegen sie einschreiten zu wollen (
vgl. E-Mails vom 15. April 2020,
BA S. 45). Ob die Klägerin in Zukunft auch B. vertreten wird, in dessen Sozialverwaltungsverfahren die hier in Rede stehende Zurückweisungsentscheidung ergangen ist, ist demgegenüber nicht von Belang, weil die Zurückweisungsentscheidung die Klägerin gegebenenfalls in eigenen Rechten verletzt und nicht auf spezifische Umstände gestützt wurde, die alleine das von B. betriebene Sozialverwaltungsverfahren betreffen. Einer Wiederholungsgefahr auch in Bezug auf eine zukünftige Vertretung des B. durch die Klägerin gegenüber dem Beklagten bedarf es daher nicht.
III.
Die auch im Übrigen zulässige Klage ist begründet, weil der Bescheid des Beklagten vom 22. Mai 2020 in Gestalt dessen Widerspruchsbescheids vom 16. September 2020 im hier zu beurteilenden Zeitpunkt des erledigenden Ereignisses rechtswidrig war und die Klägerin in ihren Rechten verletzte (
vgl. § 113
Abs. 1 Satz 4
VwGO).
1. Rechtsgrundlage für den angegriffenen Bescheid ist § 13
Abs. 5
SGB X. Nach § 13
Abs. 1 Satz 1
SGB X kann sich ein Beteiligter durch einen Bevollmächtigten vertreten lassen. Nach § 13
Abs. 5
SGB X sind Bevollmächtigte und Beistände zurückzuweisen, wenn sie entgegen § 3 des Rechtsdienstleistungsgesetzes (RDG) Rechtsdienstleistungen erbringen.
2. Der auf diese Grundlage gestützte Bescheid des Beklagten vom 22. Mai 2020 war im Zeitpunkt des erledigenden Ereignisses formell rechtmäßig.
a) Zuständig für die Zurückweisung eines Bevollmächtigten nach § 13
Abs. 5
SGB X ist die Behörde, die mit der Bearbeitung eines Sozialverwaltungsverfahrens befasst ist (
vgl. BSG, Urteil vom 24.9.2020 -
B 9 SB 2/18 R - BSGE 131, 42, juris Rn. 13 im Hinblick auf das Widerspruchsverfahren). Diese Zurückweisungs- und die damit verbundene Prüfungsverpflichtung, die der vergleichbar ausgestalteten Ermächtigungsgrundlagen der Verwaltungsverfahrensgesetze des Bundes und der Länder entspricht (
vgl. § 13
Abs. 5 [L]VwVfG), erstreckt sich dabei nur auf das konkret betroffene Verwaltungsverfahren (
vgl. BSG, Urteil vom 14.11.2013 -
B 9 SB 5/12 R -, BSGE 115, 18, juris Rn. 35). Der Gesetzgeber hat insbesondere davon abgesehen, die Wirkung der Zurückweisung - wie etwa im Rahmen des zuletzt durch Gesetz zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens vom 18. Juli 2016 (BGBl. I
S. 1679) geänderten § 80
Abs. 7 Satz 1
AO - auf alle anhängigen und künftigen Verwaltungsverfahren des Vollmachtgebers im Zuständigkeitsbereich der Behörde zu erstrecken. Zur Überwachung der Einhaltung der Beschränkung des Rechtsdienstleistungsgesetzes sind im Übrigen nicht die mit einem konkreten Verwaltungsverfahren befassten Verwaltungsbehörden, sondern die in § 19 RDG bezeichneten Justizverwaltungen und deren nachgeordnete Behörden berufen.
b) Die Beklagte hat die Klägerin - wie nach § 24
Abs. 1
SGB X erforderlich - vor Erlass des hier angegriffenen Bescheids angehört. Zwar hat eine förmliche Anhörung des B., der durch eine Zurückweisung der von ihm bevollmächtigten Klägerin in eigenen Rechten berührt wird, nicht - wie erforderlich (
vgl. Roller in: Schütze,
SGB X, 9. Aufl., § 13 Rn. 17;
allg. M.) - stattgefunden. Dieser Verfahrensmangel ist in Folge der Stellungnahme des B. vom 7. Mai 2020, der ersichtlich mittelbar vom an die Klägerin gerichteten Anhörungsschreiben vom 6. Mai 2020 Kenntnis erlangt hatte, jedoch geheilt (
vgl. § 41
Abs. 1
Nr. 3
SGB X) und könnte die Klägerin zudem nicht in eigenen Rechten verletzen.
c) Auch entscheidungserhebliche Formmängel des angegriffenen Verwaltungsakts sind nicht ersichtlich. Zwar hat der Beklagte die Zurückweisung nach Aktenlage nicht auch - wie nach § 13
Abs. 7 Satz 1
SGB X erforderlich - dem Beteiligten B., dessen Bevollmächtigter zurückgewiesen wurde, schriftlich mitgeteilt. Unabhängig davon, ob dies neben der Wirksamkeit der Zurückweisungsentscheidung (§ 13
Abs. 7 Satz 2
SGB X) auch deren formelle Rechtmäßigkeit in Zweifel ziehen könnte, dient die Vorschrift jedenfalls nicht dem Schutz der Klägerin. Zudem ist offensichtlich, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat (§ 42 Satz 1
SGB X).
3. Die sachlichen Voraussetzungen einer Zurückweisungsentscheidung nach § 13
Abs. 5
SGB X lagen im hier maßgeblichen Zeitpunkt indes nicht vor. Der angegriffene Bescheid des Beklagten vom 22. Mai 2020 in Gestalt deren Widerspruchsbescheids vom 16. September 2020 ist daher rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten.
a) Nach § 13
Abs. 5
SGB X sind Bevollmächtigte und Beistände zurückzuweisen, wenn sie entgegen § 3 RDG Rechtsdienstleistungen erbringen. Rechtsdienstleistung in diesem Sinne ist - vorbehaltlich der hier nicht einschlägigen Positiv- und Negativbestimmungen des § 2
Abs. 2 und 3 RDG - jede Tätigkeit in konkreten fremden Angelegenheiten, sobald sie eine rechtliche Prüfung des Einzelfalls erfordert (§ 2
Abs. 1 RDG). Auch wenn der Begriff der "rechtlichen Prüfung" im Hinblick auf die vom Gesetzgeber bei Schaffung des Rechtsdienstleistungsgesetzes ins Auge gefasste Deregulierung des Berufsrechts im Einzelnen nicht abschließend geklärt ist (
vgl. BSG, Urteil vom 28.3.2019 - B 10
KG 1/18 R -, BSGE 128, 15, juris Rn. 21
m.w.N.; gegen eine restriktive Auslegung des Rechtsdienstleistungsbegriffs nunmehr aber
BGH, Urteil vom 9.9.2021 - I ZR 113/20 - NJW 2021, 3125, juris Rn. 21 f.), setzt der Begriff der "rechtlichen Prüfung des Einzelfalls" auch dann, wenn man insoweit keine hohen Anforderungen stellt, jedenfalls ein gewisses Maß an substantieller Prüfung voraus, die über eine bloße Rechtsanwendung hinausgeht (
vgl. BSG, Urteil vom 14.11.2013 - B 9 SB 5/12 R -, BSGE 115, 18, juris Rn. 32;
BVerwG, Urteil vom 20.1.2016 - 10 C 17.14 -, BVerwGE 154, 49, juris Rn. 24).
b) Ausgehend hiervon lagen die materiellen Voraussetzungen einer Zurückweisung der Klägerin als Bevollmächtigte des B. im hier zugrundeliegenden Sozialverwaltungsverfahren nicht vor.
aa) Dabei kann offen bleiben, ob die Ausübung der Tätigkeiten, zu denen die mit E-Mail des B. vom 24. April 2020 erstmals vorgelegte elektronische Kopie der Vollmachtsurkunde vom 1. März 2020 ermächtigt, in ihrer Gesamtheit oder in einzelnen Punkten eine unerlaubte Rechtsdienstleistung im Sinne des § 3 RDG darstellen kann. Denn Gegenstand der Zurückweisungsentscheidung nach § 13
Abs. 5
SGB X ist nicht - wie der Beklagte indes ausweislich des in der Verwaltungsakte enthaltenen E-Mails-Konvoluts aus dem Zeitraum vom 30. April 2020 (
BA S. 43 - 49) möglicherweise zunächst angenommen hat - die allgemeine Beratungstätigkeit der Klägerin oder das von ihr betriebene Geschäftsmodell als solches, das der Beklagte etwa unter dem Gesichtspunkt der Einbeziehung von Kostenpauschalen für "Budgetberatung" und "
DS-GVO" in die unter dem 24. April 2020 vorgelegte Bedarfsberechnung als fragwürdig erachtet. Gegenstand der Zurückweisung ist vielmehr die Vertretungstätigkeit der Klägerin, die diese in einem konkreten Sozialverwaltungs- oder Widerspruchsverfahren tatsächlich entfaltet hat (
vgl. BSG, Urteil vom 14.11.2013 - B 9 SB 5/12 R -, BSGE 115, 18, Rn. 26 und 35). Zwar wäre der Beklagte im Rahmen der zu erlassenden Sachentscheidung gegebenenfalls zu einer Prüfung berechtigt, ob es sich bei den entsprechenden Pauschalen materiell um erstattungs- oder anrechnungsfähige Kosten handelt. Art und Umfang der dem B. materiell zustehenden Leistungsansprüche, über die der Beklagte mit bestandskräftigem Bescheid vom 5. Juni 2020 entschieden hat, stehen vorliegend jedoch nicht in Rede. Zuständig für die Überwachung der Einhaltung der Vorgaben des Rechtsdienstleistungsgesetzes im Übrigen ist demgegenüber nicht der Beklagte, sondern die nach § 19 RDG zuständige Landesjustizverwaltung beziehungsweise die von der Landesregierung bestimmte nachgeordnete Behörde, der bestehende Verdachtsfälle gegebenenfalls zur Anzeige gebracht werden können. Darüber hinaus bleibt dem Beklagten die Möglichkeit, ihm bedenklich erscheinende Sachverhalte der zuständigen Rechtsanwaltskammer zur Anzeige zu bringen, die - auch unabhängig von berufsrechtlichen Sanktionsmöglichkeiten - gegebenenfalls wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche im Namen ihrer Mitglieder geltend machen kann (
vgl. BGH, Urteil vom 9.9.2021 - I ZR 113/20 - NJW 2021, 3125, juris Rn. 10).
bb) Demnach könnte die Zurückweisungsentscheidung des Beklagten vorliegend lediglich auf die Vertretungstätigkeit der Klägerin in dem durch persönlichen Antrag des B. vom 5. März 2020 eingeleiteten Antragsverfahren gestützt werden. Diese hatte vorliegend jedoch lediglich - unter der Bezeichnung "Kalkulation am individuellen Bedarf" - einen von dem Beklagten angeforderten Kostenvoranschlag für die Arbeitsassistenz erstellt und dem Beklagten mit E-Mail vom 4. Mai 2020 einen von B. persönlich unterschriebenen, einseitigen Antrag auf Bewilligung eines trägerübergreifenden Budgets unter Einschluss einer Arbeitsassistenz übermittelt. Ihre weitere Kommunikation mit dem Beklagten betrifft demgegenüber ersichtlich die Zurückweisung des im Rahmen der Anhörung der Klägerin vom 6. Mai 2020 erhobenen Vorwurfs der unerlaubten Rechtsdienstleistung und damit keine Tätigkeit in "fremden Angelegenheiten".
Im Hinblick auf die Erstellung des Kostenvoranschlags ist jedoch nicht ersichtlich, dass die Klägerin insoweit - zumal im Zusammenhang mit einer Vertretung des B. - Tätigkeiten wahrgenommen hätte, die jedenfalls ein gewisses Maß an substantieller Prüfung, die über eine bloße Rechtsanwendung hinausgeht, erfordern würden. Denn der Kostenvoranschlag beschränkt sich auf eine - vom Beklagten ausdrücklich erbetene - Aufstellung der mit der Erbringung von Assistenzleistungen im Umfang von täglich 24 Stunden an 365,25 Tagen jährlich verbundenen Arbeitgeberbruttokosten einschließlich Zuschlägen, Versicherungskosten und Kosten für Controlling, auf deren Grundlage sich ein Stundensatz von 24,71 Euro errechnet. Dass die Klägerin in diesem Zusammenhang - sei es gegenüber Herrn B. oder dem Beklagten - auch das Bestehen entsprechender Leistungsansprüche gegenüber individuellen Sozialleistungsträgern behauptet hätte, was gegebenenfalls einer vertieften rechtlichen Prüfung bedurft hätte, kann dem nicht entnommen werden. Vielmehr handelt es sich ersichtlich um eine Unterstützung des B. bei der - von dem Beklagten ausdrücklich eingeforderten - tatsächlichen Mitwirkung des B. im Rahmen der Bearbeitung des von diesem bereits persönlich gestellten Leistungsantrags, die selbst keine rechtliche Prüfung erfordert (
vgl. BVerwG, Urteil vom 20.1.2016 - 10 C 17.14 - BVerwGE 154, 49, juris Rn. 25;
BSG, Urteil vom 14.11.2013 - B 9 SB 5/12 R - BSGE 115, 18, juris Rn. 33). Dass der Leistungsberechtigte sich bei der Erfüllung sozialrechtlicher Mitwirkungspflichten - wie von dem Beklagten in der mündlichen Verhandlung allerdings angedeutet - generell keiner entgeltlichen Unterstützung bedienen dürfte, trifft demnach ersichtlich nicht zu. Insbesondere ergibt sich weder aus
§ 32 SGB IX noch aus
§ 106 Abs. 1 bis 3 SGB IX ein Beratungsmonopol der Träger der Eingliederungshilfe oder der staatlich geförderten unabhängigen Teilhabeberatungsstellen. Vielmehr macht schon die Erwähnung der Beratung und Unterstützung "sonstiger Stellen" in § 106
Abs. 4
SGB IX, auf deren Angebote die Leistungsberechtigten gegebenenfalls hinzuweisen sind, deutlich, dass eine Beratung und Unterstützung durch sonstige Stellen im Rahmen des Sozialverwaltungsverfahren nicht stets mit unerlaubten Rechtsdienstleistungen einhergehen muss.
Auch die Übermittlung des Antrags auf Bewilligung von Leistungen im Rahmen eines trägerübergreifenden persönlichen Budgets stellt im vorliegenden Fall keine Rechtsdienstleistung dar. Denn den von B. - wenngleich auf einem einseitigen Formblatt der Klägerin, das abseits formaler Angaben unter anderem zur Identität des Antragstellers keine individuellen Angaben enthält - persönlich unterschriebenen Antrag hat die Klägerin lediglich in dessen Auftrag übermittelt, ohne von der ihr durch Vollmacht eingeräumten Vertretungsbefugnis zum Beispiel durch Abgabe eigener Erklärungen Gebrauch zu machen. Insoweit ist insbesondere auch nicht ersichtlich, dass die Klägerin den Antragsteller - was der Beklagte ihr indes im Rahmen der Klageerwiderung vorgeworfen hat - zu einer entsprechenden Antragstellung veranlasst haben könnte. Denn insoweit ergibt sich aus den Akten des Beklagten, dass das Landratsamt Hohenlohekreis (Sozial- und Versorgungsamt, Fachdienst Eingliederungshilfe) den Antragsteller bereits am 20. April 2020 - das heißt vor der Vorlage der der Klägerin erteilten Vollmacht mit E-Mail des B. vom 24. April 2020 - ausdrücklich aufgefordert hatte, die Arbeitsassistenz bei dem Beklagten (ebenfalls) im Rahmen eines trägerübergreifenden Budgets zu beantragen.
cc) Die Zurückweisung der Klägerin im von B. betriebenen Sozialverwaltungsverfahren kann vorliegend insbesondere auch nicht auf den Umstand gestützt werden, dass diese ausweislich der dem Beklagten mit E-Mail vom 24. April 2020 vorgelegten Vollmacht unter anderem auch zum "Einreichen von Widersprüchen" bevollmächtigt war.
Zwar kann sich die Zurückweisung eines Bevollmächtigten im (Sozial)Verwaltungsverfahren gegebenenfalls auch auf ein sich an ein Verwaltungsverfahren anschließendes Widerspruchsverfahren erstrecken (
vgl. BSG, Urteil vom 14.11.2013 - B 9 SB 5/12 R - BSGE 115, 18, juris Rn. 26), ohne dass es notwendigerweise einer spezifisch auf das Widerspruchsverfahren bezogenen Zurückweisungsentscheidung bedarf (
vgl. zur Zurückweisung im Widerspruchsverfahren aber
BSG, Urteil vom 24.9.2020 - B 9 SB 2/18 R - BSGE 131, 42, juris Rn. 13). Demnach spricht vieles dafür, dass ein etwaiges Tätigwerden der Klägerin im Widerspruchsverfahren auch dann als Rechtsdienstleistung zu qualifizieren gewesen wäre, wenn sich die Antragstellung und das Betreiben des Antragsverfahrens bis zum Erlass des Leistungs- oder Ablehnungsbescheids lediglich als bloße Rechtsanwendung darstellt (
vgl. BVerwG, Urteil vom 20.1.2016 - 10 C 17/14 -, BVerwGE 154, 49, juris Rn. 24;
BSG, Urteil vom 14.11.2013 - B 9 SB 5/12 R -, BSGE 115, 18, juris Rn. 33 und 36 f.).
Vorliegend hat die Klägerin bis zum Erlass des Leistungsbescheids vom 5. Juni 2020 jedoch keine nach Maßgabe des Rechtsdienstleistungsgesetzes unerlaubten Rechtsdienstleistungen erbracht, so dass eine Zurückweisungsentscheidung hierauf nicht gestützt werden konnte. Für eine proaktive Zurückweisung eines Bevollmächtigten alleine im Hinblick auf eine gegebenenfalls zu erwartende Erbringung unerlaubter Rechtsdienstleistungen - etwa durch Einleitung eines Widerspruchsverfahrens in Vertretung des Antragstellers - bietet § 13
Abs. 5
SGB X jedoch schon ausweislich seines Wortlauts, der voraussetzt, dass der Zurückzuweisende Rechtsdienstleistungen tatsächlich erbringt, keine Grundlage. Darüber hinaus ist die Klägerin im sich anschließenden Widerspruchsverfahren auch tatsächlich nicht tätig geworden, weil B. in diesem durch den gesondert bevollmächtigten Rechtsanwalt A. vertreten wurde. Insoweit ist nicht ersichtlich, dass dieser im vorliegenden Fall als Erfüllungsgehilfe der Klägerin tätig werden sollte, zumal mit der Einleitung eines Widerspruchsverfahrens im Zeitpunkt der Zurückweisungsentscheidung kaum zu rechnen war und auch im Nachgang keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Klägerin auf dessen Durchführung bestimmenden Einfluss genommen hätte (
vgl. zu den besonderen Anforderungen insoweit
BGH, Urteil vom 12.11.2015 - I ZR 211/14 - NJW-RR 2016, 693, juris Rn. 12).
4. Der angegriffene Bescheid kann auch nicht auf § 13
Abs. 6 Satz 1
SGB X gestützt werden. Nach dieser Norm können Bevollmächtigte oder Beistände vom Vortrag zurückgewiesen werden, wenn sie hierzu ungeeignet sind.
Diese Norm hat der Beklagte seiner hier angegriffenen Zurückweisungsentscheidung jedoch nicht zugrunde gelegt. Darüber hinaus steht die Zurückweisung nach § 13
Abs. 6 Satz 1
SGB X - anders als nach § 13
Abs. 5
SGB X - im pflichtgemäßen Ermessen der zuständigen Behörde. Dieses hat der Beklagte auch in der Sache nicht ausgeübt, sondern lediglich die bei Anwendung des § 13
Abs. 5
SGB X zwingende Rechtsfolge ausgesprochen. Auch eine Umdeutung der Zurückweisungsentscheidung nach § 13
Abs. 5
SGB X in eine Entscheidung nach § 13
Abs. 6 Satz 1
SGB X oder eine Aufrechterhaltung auf andere Weise kommt folglich nicht in Betracht (
vgl. § 43
Abs. 3
SGB X).
Unabhängig davon dürften die im vorliegenden Sozialverwaltungsverfahren zu Tage getretenen Umstände auch nicht geeignet sein, eine mangelnde Eignung der Klägerin zum Vortrag zu belegen. Soweit der Beklagte der Klägerin entgegenhält, in sachwidriger Weise auf eine Bewilligung von Leistungen in Form eines Persönlichen Budgets hingewirkt zu haben oder den Antrag bei einem unzuständigen Leistungsträger gestellt zu haben, beruht dies jedenfalls nicht ausschließlich auf einer (vermeintlichen) Fehlleistung der Klägerin, sondern auf einer entsprechenden Aufforderung durch das Sozial- und Versorgungsamt des Landratsamts Hohenlohekreis, das mit E-Mail vom 20. April 2020 die Beantragung eines Persönlichen Budgets angeregt hatte.
IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154
Abs. 1 in Verbindung mit § 188 Satz 2 Halbsatz 1 und Satz 1
VwGO. Die Angelegenheit ist aufgrund des Zusammenhanges mit einem Sozialverwaltungsverfahren, das zur Schwerbehindertenfürsorge gehört, ebenfalls gerichtskostenfrei. Eine Zurückverweisung nach § 13
Abs. 5
SGB X kann erhebliche Auswirkungen in einem solchen Verfahren haben (
vgl. § 13
Abs. 7 Satz 2
SGB X) und kann Fragen aufwerfen, die das Recht der Schwerbehindertenfürsorge betreffen. Von einem Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit, der nur hinsichtlich der Kosten des Verfahrens möglich wäre, sieht die Kammer in Ausübung pflichtgemäßen Ermessens ab (§ 167
Abs. 2
VwGO).
Eine Zulassung der Berufung ist nicht geboten, weil die gesetzlichen Zulassungsgründe nicht vorliegen (§ 124a
Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 124
Abs. 2
Nr. 3 und
Nr. 4
VwGO).