II.
Die Beschwerde des Ast. gegen den Beschluss des Sozialgerichts Halle vom 14. Oktober 2010 ist zulässig, aber unbegründet.
Die Beschwerde ist nach § 172
Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) statthaft. Sie ist insbesondere nicht nach § 172
Abs. 3
Nr. 1
SGG ausgeschlossen. Nach dieser Vorschrift in der ab dem 1. April 2008 geltenden Fassung (eingefügt durch
Art. 1
Nr. 29 Buchst. b des Gesetzes zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes (SGGArbGGÄndG) vom 26. März 2008, BGBl. I 2008,
S. 444) ist die Beschwerde ausgeschlossen in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, wenn in der Hauptsache die Berufung nicht zulässig wäre. Nach § 144
Abs. 1 Satz 1 und 2
SGG i.d.F. des SGGArbGGÄndG bedarf die Berufung der Zulassung, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750
EUR nicht übersteigt, soweit die Berufung nicht wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft. Die von dem Ast. begehrten Leistungen in Höhe von monatlich 107,50
EUR überschreiten die maßgebende Grenze für eine zulassungsfreie Berufung in der Hauptsache. Die Summe der vom 22. Juli 2010 bis zum 31. Mai 2011, d.h. vom Antragseingang beim Sozialgericht bis zur Entscheidung des Senats geltend gemachten monatlichen Zahlungen entsprechen einem Wert des Beschwerdegegenstands in Höhe von insgesamt 1.109,68
EUR (34,68
EUR Juli anteilig
zzgl. 10 x 107,50
EUR).
Das Sozialgericht hat zu Recht den Antrag des Ast. auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt.
Nach § 86b
Abs. 2 Satz 1 und 2
SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit nicht die isolierte Anfechtungsklage die zutreffende Klageart ist, auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte; einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Nach Satz 4 dieser Vorschrift gelten die §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939 und 945 Zivilprozessordnung (
ZPO) entsprechend. Nach § 920
Abs. 2
ZPO sind der Anordnungsanspruch und der Anordnungsgrund glaubhaft zu machen.
Es bestehen bereits Bedenken im Hinblick auf die Zulässigkeit des Antrags nach § 86b
SGG. Denn es ist fraglich, ob hier ein Rechtsschutzbedürfnis des Ast. vorliegt. Voraussetzung des einstweiligen Rechtsschutzes durch Inanspruchnahme des Gerichts ist die Einleitung eines Verwaltungsverfahrens bei der Behörde (
vgl. z.B. Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG-Kommentar, 9. Aufl. 2008, § 86b RdNr. 26b). Das hier streitige Persönliche Budget bezog sich auf den - inzwischen in der Vergangenheit liegenden - Zeitraum vom 1. April 2010 bis zum 31. März 2011. Im Übrigen betraf es die nicht mehr gegebene Situation des Ast. im Rahmen seiner Ausbildung in einer berufsvorbereitenden Maßnahme.
Im Rahmen der summarischen Prüfung ist auch ein Anordnungsanspruch nicht gegeben.
Die sachliche und örtliche Zuständigkeit für Leistungen der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen ergibt sich aus § 97
Abs. 2
SGB XII i.V.m. § 3
Nr. 1 des Gesetzes zur Ausführung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch - Sozialhilfe -
AG SGB XII - vom 11. Januar 2005 (GVBl. LSA 2005,
S. 8) und § 98
Abs. 1 Satz 1
SGB XII. Die Passivlegitimation des Ag. ergibt sich aus
§§ 7 und
17 Abs. 1 Satz 1 SGB IX.
Nach § 17
Abs. 2 Satz 2
SGB IX können Leistungen zur Teilhabe auf Antrag auch durch ein Persönliches Budget ausgeführt werden, um den Leistungsberechtigten in eigener Verantwortung ein möglichst selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen (a.a.O.
Abs. 2 Satz 2). Persönliche Budgets werden auf der Grundlage der nach
§ 10 Abs. 1 SGB IX getroffenen Feststellungen so bemessen, dass der individuell festgestellte Bedarf gedeckt wird und die erforderliche Beratung und Unterstützung erfolgen kann (a.a.O.
Abs. 3 Satz 3). Dabei soll die Höhe des Persönlichen Budgets die Kosten aller bisher individuell festgestellten, ohne das Persönliche Budget zu erbringenden Leistungen nicht überschreiten (a.a.O.
Abs. 3 Satz 4).
Der Senat vermag derzeit nicht zu erkennen, ob
bzw. in welchem Umfang hier tatsächlich Leistungen im Sinne eines individuell festgestellten Bedarfs erforderlich sind, die nach § 17
Abs. 3 Satz 3
SGB IX Voraussetzung für die Berücksichtigung im Rahmen eines Persönlichen Budgets wären.
Während nach dem Gesetz über das Blinden- und Gehörlosengeld im Land Sachsen-Anhalt (LBliGG) pauschale Geldleistungen zum Ausgleich der durch die Gehörlosigkeit bedingten Mehraufwendungen ohne Rücksicht auf Einkommen und Vermögen erbracht werden, liegt der Gewährung von Eingliederungshilfe im Rahmen der Sozialhilfe ein konkreter Bedarf zugrunde. Das gilt nach § 17
Abs. 3 Satz 4
SGB IX auch für Leistungen im Rahmen eines Persönlichen Budgets (
vgl. z.B. Brodkorb in: Hauck/Noftz,
SGB IX Kommentar, § 17 RdNr. 16). Insbesondere ist dem Ast. nicht ein geschätzter Bedarf im Verhältnis zum Umfang seiner Behinderung zur Verfügung zu stellen, mit dem er nach eigener Wahl alternativ
z.B. DVDs kaufen, einen Dolmetscher in Anspruch nehmen oder ein besseres Mobiltelefon anschaffen kann. Die durch das Persönliche Budget nach
§ 17 Abs. 2 Satz 2 SGB IX zu gewährleistende größere Autonomie des Berechtigten ist nicht mit einer freien Verwendung der Mittel zu verwechseln. Vielmehr ist im Wesentlichen der Beschaffungsweg für die Hilfe und die Verwaltung der Mittel für einen konkreten festgestellten Bedarf in die Autonomie gestellt.
Der Bewilligung von Leistungen im Rahmen eines Persönlichen Budgets steht hier im Übrigen die vom Ast. endgültig erklärte Weigerung, eine Zielvereinbarung zu unterzeichnen, entgegen.
Nach
§ 3 Abs. 5 Budgetverordnung erlässt der zuständige Träger den Bewilligungsbescheid erst, wenn eine Zielvereinbarung im Sinne von
§ 4 Budgetverordnung abgeschlossen ist. Die Zielvereinbarung ist damit wesentlicher Bestandteil der Bewilligung eines Persönlichen Budgets (
vgl. z.B. Welti in: Lachwitz/Schellhorn/Welti, Handkommentar zum
SGB IX, § 17 RdNr. 22). Nur hierdurch wird das Wirtschaftlichkeitsprinzip bei der Verwendung öffentlicher Mittel wenn nicht sichergestellt, so doch zumindest gefördert. Es ist nicht erkennbar, wie eine Zuordnung der bewilligten Leistungen im Rahmen eines Persönlichen Budgets zu einem bestimmten hierdurch abzudeckenden Bedarf anderweitig klar gestellt werden könnte.
Soweit der Ast. meint, durch die Unterzeichnung der Zielvereinbarung auf die Bewilligung höherer Leistungen zu verzichten, ergibt sich daraus nichts anderes. Andernfalls wäre die Zielvereinbarung grundsätzlich mit der Geltendmachung höherer Leistungen abzuwenden. Der Kläger ist auch nicht schutzlos gestellt, da er den Bedarf, der in das Persönliche Budget eingestellt werden soll, im Einzelnen beantragten und feststellen lassen kann.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193
SGG.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde angefochten werden, § 177
SGG.