Das Gericht entschiedet im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 101
Abs. 2
VwGO). Die Berichterstatterin konnte anstelle der Kammer entscheiden, da die Beteiligten dem zugestimmt haben (§ 87a
Abs. 2, 3
VwGO).
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Die Klage ist als Verpflichtungsklage, dem Kläger unter Abänderung des Bescheides des xxxxx vom 27. August 2018 in Gestalt des Widerspruchbescheides des Widerspruchausschusses bei dem Integrationsamt des xxxxx vom 31. Juli 2019 eine höhere Stundenanzahl und einen höheren Stundensatz für eine Arbeitsassistenz zu gewähren, statthaft. Das Klagebegehren war gemäß § 88
VwGO auszulegen. Danach hat das Gericht das im Klageantrag und im gesamten Vorbringen zum Ausdruck kommende Rechtsschutzziel zu ermitteln und seiner Entscheidung zugrunde zu legen, ohne an die wörtliche Fassung der Anträge gebunden zu sein. Soweit der Kläger daher wörtlich in Ziffer 2 begehrt, den Beklagten zu der im Antrag genannten höheren Stundenanzahl und dem höheren Stundensatz "zu verurteilen", handelt es sich der Sache nach um einen Verpflichtungsbegehren, da der begehrten Bewilligungsentscheidung angesichts ihrer Regelungs- und Außenwirkung Verwaltungsaktqualität zukommt. Des Weiteren ist der Antrag in Ziffer 2 unter Heranziehung der Klagebegründung dahingehend auszulegen, dass der Kläger eine höhere Stundenanzahl und einen höheren Stundensatz für den bereits bewilligten Leistungszeitraum vom 1. April 2018 bis zum 31. März 2020 begehrt.
Dem Kläger fehlt auch nicht etwa deswegen das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis, weil der Bescheid vom 27. August 2018 bezüglich des bewilligten Stundensatzes in Höhe von 12,80
EUR in Bestandskraft erwachsen wäre. Wie bereits dem (Widerspruchs-) Schreiben vom 10. September 2018 zu entnehmen ist, hat der Kläger ausdrücklich gegen den (gesamten) Bescheid vom 27. august 2018 Widerspruch erhoben.
Die Klage ist jedoch unbegründet.
Der Bescheid des xxxxx vom 27. August 2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides des Widerspruchsausschusses bei dem Integrationsamt des xxxxx vom 31. Juli 2019 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Verpflichtung des Beklagten, dem Kläger für den Zeitraum vom 1. April 2018 bis zum 31. März 2020 über die bewilligte Stundenanzahl von 3,09 weitere 2,91 Stunden Arbeitsassistenz arbeitstäglich (insgesamt 6,00 Stunden pro Arbeitstag) zu bewilligen und den Stundensatz der Arbeitsassistenz von 12,80
EUR und 2,70
EUR brutto (insgesamt 15,50
EUR) pro Stunde zu erhöhen (§ 113
Abs. 1 Satz 1,
Abs. 5 Satz 1
VwGO).
Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch auf Übernahme der Kosten für eine notwendige Arbeitsassistenz ist
§ 185 Abs. 5 Satz 1 und 2 SGB IX i.V.m. § 17 der Schwerbehinderten-Ausgleichsabgabeverordnung (im Folgenden:
SchwbAV) und den jeweils einschlägigen
BIH-Empfehlungen. Danach haben schwerbehinderte Menschen im Rahmen der Zuständigkeit des Integrationsamtes für die begleitende Hilfe im Arbeitsleben aus den ihm aus der Ausgleichsabgabe zur Verfügungen stehenden Mitteln Anspruch auf Übernahme der Kosten einer notwendigen Arbeitsassistenz. Jedenfalls ab der am 13. Dezember 2019 in Kraft getretenen Fassung (vom 10. Dezember 2019) und dem angefügten
Satz 2 des § 186 Abs. 5 SGB IX richtet sich dieser Anspruch auf die Übernahme der vollen Kosten, die für eine als notwendig festgestellte Arbeitsassistenz entstehen. Zwar betrifft der hier streitgegenständliche Zeitraum der Bewilligung einer Arbeitsassistenz unter anderem auch einen solchen vor Inkrafttreten der vorgenannten neuen Fassung der Vorschrift. Es kann hier indes dahinstehen, ob es sich auch nach der bis zum 13. Dezember 2019 geltenden alten Fassung des § 185
Abs. 5
SGB IX lediglich dem Grunde (
vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 15. Dezember 2016 -
10 B 2438/16 -, juris, Rn. 10; urteil vom 19. Juni 2018 -
10 A 923/17 -, juris, Rn. 32
m.w.N.) oder auch der Höhe nach um einen gebundenen Anspruch (wohl bereits
BVerwG, Urteil vom 23. januar 2018 -
5 C 9/16 -, juris, Rn. 9) handelte und der angefügte Satz 2 des § 185
Abs. 5
SGB IX insoweit nur klarstellende Funktion hat, denn nach beiden Ansichten kommt jedenfalls ein Anspruch des Klägers nicht in Betracht.
Für den streitgegenständlichen Bewilligungszeitraum sind die
BIH-Empfehlungen vom 15. April 2014, 20. Dezember 2018 und 13. November 2019 einschlägig. Mit ihnen ist eine verwaltungsinterne Ausgestaltung des Rechtsanspruchs auf Arbeitsassistenz geschaffen worden, die durchgreifenden rechtlichen Bedenken zugrunde gelegt werden kann (
vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 15. Dezember 2016 - 10 B 2438/16 -, juris, Rn. 11;
OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 18. Februar 2016 -
3 LB 17/15 -, juris, Rn. 27). Nach ihnen ist die Arbeitsassistenz im Wesentlichen die über gelegentliche Handreichungen hinausgehende, zeitlich wie tätigkeitsbezogen regelmäßig wiederkehrende Unterstützung von schwerbehinderten und gleichgestellten behinderten Menschen mit Assistenzbedarf (schwerbehinderte Menschen
bzw. Assistenznehmer) durch eine persönliche Assistenzkraft (Assistenzkraft) im Rahmen der Erlangung oder Erhaltung eines Arbeitsplatzes auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt (s. Ziffer 2.1 der
BIH-Empfehlungen vom 15. April 2014, 20. Dezember 2018 und 13. November 2019). Solche typischen Formen der Handreichungen sind bei sehbehinderten Menschen beispielsweise das Vorlesen und das Scannen von Texten, damit der schwerbehinderte Mensch sie mittels seiner Technik lesen kann, das Begleiten auf Wegen (am Arbeitsplatz, auf Dienstreisen), wozu das Umgehen von Hindernissen und den richtigen Weg finden zählt und das Kontrollieren ausgehender Dokumente
bzw. Texte (Mailverkehr, Briefe
etc.) u.a. auf die Form (Layout) (s. Ziffer 2.1 der
BIH-Empfehlungen vom 20. Dezember 2018 und 13. November 2019).
Notwendig ist der Arbeitsassistenz, wenn dem Assistenznehmer erst durch die Leistung eine wettbewerbsfähige Erbringung der arbeitsvertraglich/dienstrechtlich geschuldeten Tätigkeit möglich wird (Ziffer 2.2 der
BIH-Empfehlung vom 15. April 2014; Ziffer 6 der
BIH-Empfehlungen vom 20. Dezember 2018 und 13. November 2019). Dabei sind alle Maßnahmen, die seine Arbeitsleistung oder Selbstständigkeit erhöhen, gegenüber der Arbeitsassistenz vorrangig, soweit sie den notwendigen Umfang der Assistenzleistung reduzieren oder entfallen lassen (ebenda). Die Assistenzleistungen sind auch nicht notwendig, wenn die Arbeitsbedingungen zumutbar verändert werden können (ebenda). Der unbestimmte Rechtsbegriff der Notwendigkeit unterliegt der uneingeschränkten gerichtlichen Kontrolle, ohne dass der Verwaltung ein Beurteilungsspielraum eingeräumt wäre (
BVerwG, Urteil vom 23. Januar 2018 - 5 C 9/16 -, juris, Rn. 9).
Die Übernahme der Kosten für eine Arbeitsassistenz kommt auch für die Tätigkeit eines selbstständigen schwerbehinderten Menschen in Betracht. Gemäß § 21
Abs. 4
SchwbAV sind die §§ 17 bis 20 und die §§ 22 bis 27
SchwbAV zugunsten von schwerbehinderten Menschen, die eine selbstständige Tätigkeit ausüben oder aufzunehmen beabsichtigen, entsprechend anzuwenden. Damit hat der Verordnungsgeber ausdrücklich bestimmt, dass die übernahme der Kosten einer notwendigen Arbeitsassistenz auch an schwerbehinderte Menschen mit einer selbstständigen Tätigkeit erbracht werden können (§ 17
Abs. 1a
SchwbAV;
vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 15. Dezember 2016 - 10 B 2438/16 -, juris -, Rn. 9). Gleiches ergibt sich aus den
BIH-Empfehlungen (s. Ziffer 11 der
BIH-Empfehlungen vom 20. Dezember 2016 - 10 B 2438/16 -, juris, Rn. 12). Allerdings kommt eine Übernahme der Kosten für eine Arbeitsassistenz für eine selbstständige Tätigkeit eines schwerbehinderten menschen nur dann in Betracht, wenn diese nachhaltig betrieben wird und dem Aufbau
bzw. der Sicherung einer eigenen wirtschaftlichen Lebensgrundlage zu dienen geeignet ist (
vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Januar 2018 - 5 C 9/16 -, juris, Rn. 10;
OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 22. März 2021 -
12 A 3022/19 -, juris, Rn. 27). diese aus dem Merkmal der "notwendigen Arbeitsassistenz" folgenden Erfordernisse gewährleisten die erforderliche, aber auch hinreichende Abgrenzung der (selbstständigen) Berufstätigkeit zu einem bloßen Hobby oder einer Liebhaberei (
vgl. BVerwG, Beschluss vom 27. Juli 2018 -
5 B 1/18 -, juris, Rn. 10).
Gemessen an diesem Grundsätzen hat der Kläger zunächst keinen Anspruch darauf, im geltend gemachten Zeitraum über den wöchentlich bewilligten Assistenzbedarf von 18,54 Stunden weitere 17,46 Stunden (insgesamt 36 Stunden pro Woche bewilligt zu bekommen.
Soweit der xxxxx in dem streitgegenständlichen Bescheid einen Arbeitsassistenzbedarf von 3,09 Stunden arbeitstäglich ermittelt hat, ist dies nicht zu beanstanden. Bei den von der Arbeitsassistenz des Klägers übernommenen Aufgaben handelt es sich nicht um solche einer Arbeitsassistenz, sondern um Arbeiten, die üblicherweise im Rahmen einer abhängigen oder selbstständigen Beschäftigung ohnehin durch andere Mitarbeitende erledigt werden können (Ziffer 2.1 der
BIH-Empfehlungen vom 20. Dezember 2018 und 13. November 2019). Jedenfalls hat der Kläger keine ihm zumutbaren Maßnahmen zur Minderung des Assistenzbedarfs ergriffen, weswegen der Beklagte die Stundenanzahl allein auf das notwendige Maß reduzieren durfte.
Es liegen bereits keine Aufgaben einer Arbeitsassistenz vor. Der Kläger hat mit Schreiben vom 8. Februar 2019 seinen Unterstützungsbedarf aufgelistet, wozu unter anderem die Koordination der Termine (Folgetermine, Eintragungen, Verlegungen), das Führen der Patientenkartei, das Ausfüllen der Datenschutzerklärungen, das Öffnen von Eingangspost sowie das Vorlesen, Bearbeiten und Ablegen der Post, das Führen der Kasse, das Überprüfen des Kontos dahingehend, ob Rechnungen bezahlt worden sind, die vorbereitende Buchführung, das Erstellen von Rechnungen, das Ausstellen für Quittungen, der Zahlungsverkehr, das Begleichen von Rechnungen und Lastschriften sowie der Einkauf von Gebrauchsmitteln für die Praxis zählen. Bei diesen Tätigkeiten handelt es sich jedoch nicht um Aufgaben, die ein Masseur und medizinischer Bademeister erbringt, dessen Aufgabe darin besteht, physische Beschwerden und Erkrankungen seiner Patienten zu behandeln. Vielmehr handelt es sich bei den oben genannten und vom Kläger aufgezählten Tätigkeiten um sogenannte Sekretariatstätigkeiten, die üblicherweise im Rahmen einer selbständigen Beschäftigung von einer extra einzustellenden Hilfskraft zu erledigen sind. Dies gilt auch bei selbständigen Masseuren
bzw. medizinischen Bademeistern, deren Kernaufgabe in der Therapie ihrer Patienten besteht.
Aber auch wenn zugunsten des Kläger unterstellt werden würde, dass es sich bei den soeben aufgezählten Aufgaben um Assistenztätigkeiten handelt, so wären diese jedenfalls nicht notwendig. Der Kläger hat keine ihm zumutbaren Maßnahmen zur Minderung des Assistenzbedarfs ergriffen, wodurch der Beklagte in nicht zu beanstandender Weise die Stundenzahl auf den Assistenzbedarf reduzieren durfte, der bestehen würde, wenn der Kläger solche Maßnahmen ergriffen hätte. Hierzu zählen insbesondere die behinderungsgerechte Einrichtung und Unterhaltung der Arbeitsstätte und die Ausstattung des Arbeitsplatzes mit den erforderlichen technischen Arbeitshilfen (
§ 164 Abs. 4 Satz 1, Nr. 4 und 5 SGB IX). Diese können bei blinden und sehbehinderten Menschen wie dem Kläger unter anderem besonderen Softwares (Vorlesefunktion, Vergrößerung, Diktierfunktion, Barcode-Systeme
etc.), eine Braille-Tastatur, Beleuchtung, ein Tablet oder ein Mobiltelefon mit diversen sogenannten APPs sein (Ziffer 6.1 der
BIH-Empfehlung vom 20. Dezember 2018 und 13. November 2019). Wie sich aus der vom Beklagten eingeholten fachtechnischen Stellungnahme vom 31. Januar 2017 ergibt, handelt es sich bei diesen Technologien auch um sinnvolle Hilfen im Arbeitsleben des Klägers, da er dadurch
z.B. selbst in der Lage wäre, Patientenkarteien herauszusuchen und sich vorlesen zu lassen, Patientenkarteien anzulegen und zu führen, Behandlungstermine einzutragen sowie Termine zu koordinieren, den Behandlungsverlauf zu dokumentieren und sämtlichen Zahlungsverkehr zu bearbeiten.
Der Kläger hat sich jedoch bis heute nicht mit diesen Hilfsmitteln auseinandergesetzt und sich auch keine ausbaufähigen Grundkenntnisse in Bezug auf eine solche Computertechnologie angeeignet. Und dies, obwohl der Beklagte in seinem Bescheid vom 7. März 2017 in nicht zu beanstandender Weise eine erneute Bewilligung ausdrücklich von dem Erlernen solcher Grundkenntnisse abhängig gemacht sowie auf die Folgen des Nichterlernens dieser Technologie (Bewilligung weiterer Leistungen für die Beschäftigung einer Arbeitsassistenz nur in reduzierter Höhe der reinen Assistenztätigkeiten ohne Computertechnik) hingewiesen hat. Das Erlernen solcher Grundkenntnisse ist dem Kläger auch zumutbar. Dem steht insbesondere nicht sein Vortrag entgegen, wonach solche entweder nicht auf seinen Praxisbetrieb passen würden oder nur nach umfangreicher, immer wiederkehrender und zeitintensiver Schulung bedienbar seien. Gerade letzteres könne der Kläger vor dem Hintergrund der gestiegenen nachfrage nach Behandlungsterminen aus Zeitgründen nicht leisten. Eine Vollzeitschulung über einen Zeitraum von drei bis sechs Monaten sei für ihn ebenfalls nicht möglich da dadurch die Aufrecherhaltung des Praxisbetriebes in Gefahr geraten würde. Des Weiteren stelle sich für ihn die Arbeit am Computer in gesundheitlicher Hinsicht als extrem belastend dar und übersteige insoweit auch seine notwendigen Kraftressourcen, denn nach einem Arbeitstag im Umfang von zwölf Stunden sei keine mentale Kraft und Frische mehr vorhanden. Im Übrigen könnten ihn bereits der angeschaffte sprachgesteuerte Laptop und ein sprachgesteuertes Mobiltelefon in seinem Arbeitsalltag nicht unterstützen, da die ländliche Internetversorgung nur bedingt ein routiniertes verlässliches Arbeiten zulasse. Dem ist zunächst entgegenzuhalten, dass der Kläger seit dem Bescheid vom 7. März 2017 bis zum Ende des damaligen Bewilligungszeitraumes vom 31. März 2018 ein Jahr Zeit gehabt hat, entsprechende Schulungen zu absolvieren. Auch wurde dem Kläger durch den Beklagten die Prüfung einer anteiligen Kostenübernahme für die Beschaffung und Schulung der Hilfsmittel in Aussicht gestellt. Insofern hatte er Kläger ausreichend Zeit und Möglichkeiten, sich solche Kenntnisse anzueignen. Dies betrifft insbesondere die Möglichkeit, die Schulungen zeitlich so zu wählen, dass größere Behandlungsausfälle für die Patienten vermieden werden. Zudem ist zu beachten, dass eine blindentechnische Grundrehabilitation zwar bis zu 12 Monate dauern kann. Diese Grundrehabilitation enthält jedoch nicht nur
EDV-spezifische Kenntnisse, sondern auch die Bewältigung alltäglicher Lebenssituationen und damit Maßnahmen, die der Kläger nicht benötigt. Dieser muss vielmehr lediglich die
PC-, Hilsmittel- und Programmbedienung sowie blindenspezifische
EDV-Arbeitstechniken erlernen, um dann die jeweilige blindenspezifische Software nutzen zu können. Auch ist eine sogenannte "Inhouse-Schulung", also einer Schulung am Arbeitsplatz des Klägers, bei denen die Einweisung in die Technik nur tageweise und berufsbegleitend stattfinden kann, möglich, was wiederum Behandlungsausfälle reduziert. Ferner ist zu beachten, dass mögliche Störungen des Internetzugangs durch einen Anbieterwechsel behoben werden können. Nicht anderes folgt aus dem Vortrag des Klägers, er habe während seiner Schulzeit und der Ausbildung sein restliches Sehvermögen noch gut nutzen können und sei nicht auf blindenspezifische Computertechniken angewiesen gewesen, weswegen er nie die Brailleschrift oder die Nutzung von behindertengerechten Computern erlernt habe. Zwar ist verständlich, dass eine Beschäftigung mit diesem Themenkreis zunächst als Belastung empfunden werden kann, dies führt aber zu keiner anderen Bewertung. Im Übrigen besteht die Möglichkeit, dass den Kläger eine Arbeitsassistenz anfänglich bei der konkreten computergestützten administrativen Tätigkeit unterstützt, sollte der Kläger Schwierigkeiten bei der Anwendung der blindentechnischen Hilfsmittel haben. Hingegen entspricht die Verweigerung des Erlernens der sehbehinderten Computertechnologie auch nicht der geforderten Nachhaltigkeit bei schwerbehinderten Menschen, die eine selbständige Tätigkeit ausüben (
vgl. BVerwG, urteil vom 23. Januar 2018 - 5 C 9/16 -, juris, Rn. 10).
Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf die Bewilligung eines erhöhten Stundensatzes i.H.v. 15,50
EUR im streitgegenständlichen Bewilligungszeitraum, da ein solcher Betrag nicht notwendig ist.
Der unbestimmt Rechtsbegriff der Notwendigkeit unterliegt auch insoweit der uneingeschränkten gerichtlichen Kontrolle, ohne dass der Verwaltung ein Beurteilungsspielraum eingeräumt wäre (gl.
BVerwG, Urteil vom 23. Januar 2018 - 5 C 9/16 -, juris, Rn. 10). Der Anspruch auf eine notwendige Arbeitsassistenz ist auf die angemessenen Kosten beschränkt. Auch nach der Gesetzesbegründung der Bundesregierung zum Einfügen des Satz 2 in § 185
Abs. 5
SGB IX (Gesetzentwurf der Bundesregierung, Entwurf eines Gesetzes zur Entlastung unterhaltsverpflichteter Angehöriger in der Sozialhilfe und in der Eingliederungshilfe, BR-Drs. 395/19,
S. 35) soll bei der Notwendigkeit u.a. zu prüfen,
- ob es unter Beachtung des Gebotes der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit wirtschaftlichere Alternativen gibt. Allerdings ist ein Wunsch nicht bereits deshalb nicht mehr notwendig, weil höhere Kosten entstehen, sondern es muss eine wertende Gesamtbetrachtung im Einzelfall vorgenommen werden (...), [und]
- ob die Lohnhöhe für die Assistenzkraft notwendig ist. Anhaltspunkte können Tarifverträge oder der ortsüblich zu zahlende Lohn sein."
Dies ergibt sich bereits aus der Natur der Sache, da die Kostenübernahme aus den Mitteln der Ausgleichsabgabe bestritten wird. Dies besagt zunächst zwar nur, aus welchem "Topf" die Mittel hierfür stammen. Die betreffenden Mittel sind jedoch begrenzt und müssen nicht nur für die Kosten der Arbeitsassistenz, sondern auch für andere Aufgaben des Integrationsamtes verwenden werden. Eine höhenmäßige Begrenzung ergibt sich daraus naturgemäß dann, wenn die genannten Mittel erschöpft sind (
vgl. zu dem Ganzen:
OVG des Saarlandes, urteil vom 29. Oktober 2019 -
2 A 300/18 -, juris, Rn. 19).
Der xxxxx hat nach den zuvor genannten Grundsätzen seiner Entscheidung in nicht zu beanstandender Weise einen zu zahlenden
Arbeitgeber-Bruttostundenlohn von 12,80
EUR zugrunde gelegt. Bis zu dieser ermittelten durchschnittlichen Lohnhöhe ist die bewilligte Arbeitsassistenz notwendig
i.S.v. § 185
Abs. 5
SGB IX.
Der Beklagte hat dargelegt, dass für den Kläger abwechselnd drei Assistenzkräfte tätig werden und zwar zu einem Bruttostundenlohn von 12,61
EUR, 12,99
EUR und 12,79
EUR. Hieraus hat der Beklagte in nicht zu beanstandender Weise einen durchschnittlichen Stundenlohn der Assistenzkräfte von 12,80
EUR brutto errechnet und seiner Entscheidung zugrunde gelegt. Dem steht die vom Kläger angesprochene Anlage 1 der
BIH-Empfehlung vom 28. Januar 2019 nicht entgegen, denn die dort genannten Stundensätze stellen lediglich Höchstbeträge dar. Vereinbart der schwerbehinderte Mensch mit seinen Assistenzkräften jedoch - wie vorliegend - unter dem Höchstbetrag liegende Stundensätze sind auch nur diese maßgeblich. Anderenfalls käme es zu einer unbilligen Bevorzugung des schwerbehinderten Menschen, die nicht im Einklang mit den lediglich begrenzt zur Verfügung stehenden Mitteln steht. Insofern wird auf die obigen Ausführungen verwiesen. Dass der Beklagte hier in rechtswidriger Weise Mittel aus der Ausgleichsabgabe zurückgehalten hätte, ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass der Beklagte bei seiner Budgetplanung die Interessen der gleichmäßigen Bewilligung von Arbeitsassistenzen für alle schwerbehinderten Personen bei nur begrenzt vorhanden Mitteln berücksichtigt hat.
Es kann hier daher dahinstehen, ob dem Beklagten nach der alten Fassung des § 185
Abs. 5
SGB IX ein Bewirtschaftungs- und Verteilungsermessen auf Rechtsfolgenseite eingeräumt war, das unter Berücksichtigung der
BIH-Empfehlung auszuüben wäre (
vgl. Hess. VGH, Urteil vom 19. Juni 2018 - 10 A 923/17 -, juris, Rn. 31
ff. m.w.N.), da nach den zuvor dargestellten Gründen jedenfalls keine Ermessensfehler des Beklagten bei der Ermittlung der Höhe des Stundensatzes ersichtlich sind.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154
Abs. 1
VwGO. Da der Kläger unterlegen ist, hat er die Kosten des Verfahrens zu tragen. Der zudem sinngemäß gestellte Antrag, die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären, ist damit gegenstandslos geworden.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167
VwGO i.V.m. §§ 708
Nr. 11, 711
ZPO.
Die Zulassung der Berufung gemäß § 124a
Abs. 1 Satz 1
VwGO kommt nicht in Betracht, da die Gründe des § 124
Abs. 2
Nr. 3 oder
Nr. 4
VwGO nicht vorliegen.