Die Kammer durfte aufgrund des Einverständnisses der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 124
Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz -
SGG -).
Die zulässige Klage ist begründet.
Die Klage richtet sich zulässig gegen die Postbeamtenkrankenkasse als Beklagte. Zwar ist diese selbst nicht materiell Verpflichtete als private Pflegepflichtversicherung, sondern führt lediglich aufgrund vertraglicher Vereinbarungen mit Versicherungsunternehmen für ihre Mitglieder, zu denen auch die Klägerin zählt, die private Pflegepflichtversicherung durch. In diesem Verhältnis ist sie im Rahmen einer gewillkürten Prozessstandschaft berechtigt, vermeintlich unbegründete Leistungsbegehren abzuwehren (im Einzelnen
BSG, Urteil vom 30.03.2000, B 3 P 21/99 R).
Die Klage ist als allgemeine Leistungsklage
gem. § 54
Abs. 5
SGG statthaft, da die Beklagte im Rahmen der Durchführung der privaten Pflegepflichtversicherung keine Verwaltungsakte erlässt und es daher weder einer zusätzlichen Anfechtungsklage noch eines Vorverfahrens oder einer Klagefrist bedarf. Nach der endgültigen Leistungsablehnung konnte Rechtsschutz nur durch Beschreitung des Klageweges erlangt werden
Die Klage ist auch begründet. Die Ablehnung der Leistungsgewährung ist rechtswidrig, da die Klägerin einen Anspruch auf die begehrte Leistung der Kostenerstattung für das Hausnotrufsystem hat.
Der Anspruch folgt aus dem § 192
Abs. 6 VVG
i.V.m. den vertraglichen Vereinbarungen. Gem. § 4
Abs. 7
MB/PPV 2013 hat die Klägerin Anspruch auf den Ersatz der Aufwendungen für Pflegehilfsmittel, wenn und soweit diese die Pflege erleichtert oder ihr eine selbständigere Lebensführung ermöglicht und die Versorgung notwendig ist. Gem. Ziffer 4. des Tarif PV werden die im Hilfemittelverzeichnis der privaten Pflegepflichtversicherung aufgeführten Hilfsmittel erstattet.
Vorliegend ermöglicht die Ausstattung mit einem Hausnotrufsystem als Hilfsmittel der Pflegepflichtversicherung eine selbständigere Lebensführung der Klägerin sowie dient der Pflegeerleichterung und ist auch notwendig. Bei einem Hausnotrufsystem handelt es sich um ein im Hilfsmittelverzeichnis der privaten Pflegepflichtversicherung aufgeführtes Hilfsmittel (dort unter Ziffer 3.1 Stand 02/2013). Der Klägerin wird durch die Bereitstellung des Hausnotrufsystems ein erhöhter persönlicher Freiraum geschaffen. Denn es ist ihr hierdurch möglich gewesen, weiterhin in ihrer Mietwohnung zu leben. Dass die Klägerin in der Wohnung trotz ihrer Demenz noch zum Teil eigenständig leben konnte, wurde auch durch die Gutachten festgehalten. Auch hat die Klägerin im Termin im Juli 2014 erläutert, dass sie bestimmte pflegerische Vorgänge noch selbst erledigt. Weiterhin wird durch das Hausnotrufsystem die Pflege durch die Tochter als Pflegeperson erleichtert, da aufgrund der Möglichkeit, über das Notrufsystem Hilfe zu rufen, ihre Anwesenheitszeiten als Pflegeperson zur bloßen Beaufsichtigung reduziert werden könne. Schließlich ist das Notrufsystem auch notwendig. Dem stehen zunächst nicht die Feststellungen aus den von der Beklagten veranlassten Gutachten entgegen. Gutachten von Sachverständigen, die von einem privaten Unternehmen zur Ermittlung des Pflegebedarfs in der privaten Pflegeversicherung in Auftrag gegeben werden, sind für die Sozialgerichte nicht verbindlich. Die im VVG festgelegte Bindung wird für die private Pflegeversicherung durch Vorschriften des
SGB XI verdrängt (
BSG, Urteil vom 22.04.2015, B 3 P 8/13 R). Die Gutachten, die auf Veranlassung der Beklagten eingeholt werden, sind entsprechend ihrer Überzeugungskraft im sozialgerichtlichen Verfahren jedoch normal verwertbar. Nach diesen Grundsätzen überzeugen die Schlussfolgerungen der Gutachten nicht dahingehend, dass das Notrufsystem von der Klägerin nicht bedient werden kann und daher im Ergebnis nicht notwendig sei. Die Notwendigkeit der Hilfsmittelversorgung liegt dann vor, wenn das angestrebte Ziel durch den Einsatz des Hilfsmittels erreicht werden kann und die Zielerreichung nicht auf einem anderen Weg erfüllt werden kann (
vgl. Richter in: LPK-SGB XI, 4. A. 2014, § 40 Rn. 12).
Feststellungen aus denen sich nachvollziehbar ergibt, dass die Klägerin ab Juni 2013 nicht in der Lage gewesen wäre den Hausnotruf als Hilfsmittel zielführend zu nutzen, ergeben sich aus dem Gutachten aus August 2013 nicht. Im Hinblick auf den Umstand, dass zu diesem Zeitpunkt ausweislich des Gutachtens der Pflegedienst nur dreimal täglich für die Medikamentengabe erforderlich war und die Pflegeperson nur einen geringfügigen Teil der Grundpflege einmal in der Woche übernehmen musste, lässt sich der Schluss ziehen, dass die Klägerin in der Lage war, sich noch überwiegend in ihrer Wohnung selbst zu versorgen. Insofern erweist sich das Notrufsystem als zielführendes Hilfsmittel für eine selbständigere Lebensführung und einer Erleichterung der Pflege. Denn durch das Bestehen der Notrufmöglichkeit war die Klägerin erhöht in die Lage versetzt, weiterhin alleine zu wohnen und die Pflegeperson musste zunächst nicht mehrfach täglich für Beaufsichtigungs- und Kontrollaufgaben tätig werden. Auch aus dem Gutachten aus September 2014 lässt sich der Schluss, dass eine Versorgung nicht notwendig gewesen ist, nicht ziehen. Trotz der festgestellten mangelhaften Orientierung war die Klägerin weiterhin in der Lage, sich in der eigenen Wohnung zurecht zu finden. Auch hat sie auf Nachfrage angeben können, dass sie mit dem Hilfsmittel in der Lage sei, Hilfe zu holen. Sofern nicht sicher ausgeschlossen werden kann, dass die Klägerin nicht zur Verwendung des Hilfsmittels in der Lage ist, kann nicht geschlussfolgert werden, dass die Notwendigkeit der Versorgung nicht besteht. Anhaltspunkte für die fehlende Notwendigkeit aufgrund einer Erreichung der mit dem Hilfsmittel erstrebten Ziele auf andere Weise sind nicht erkennbar.
Da die Klägerin lediglich eine Absicherung im Rahmen der privaten Pflegeversicherung für den nicht von ihrem Beihilfeanspruch von 70 % abgedeckten Anteil von 30 % hat, besteht ein Anspruch in entsprechender prozentualer Höhe der Kosten des Hausnotrufes von 30 % der Kosten nach den geltenden vertraglichen Bestimmungen.
Hinsichtlich der Dauer des Anspruches ist dieser ab der Geltendmachung ab Juni 2013 bis zum Auszug auf der mit dem System ausgestatteten Wohnung zum 03.02.2016 gegeben.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193
SGG.
Die Berufung ist kraft Gesetz zulässig, da Leistungsansprüche für mehr als ein Jahr im Streit stehen (§ 144
Abs. 1 Satz 2
SGG).