Die Berufung ist begründet.
Das Sozialgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Denn die Klägerin ist durch die angefochtenen Bescheide beschwert (§ 54
Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (
SGG)), weil sie rechtswidrig sind, soweit sie ihr einen Zuschuss für den Einbau des hydraulischen Personenaufzugs dem Grunde nach versagen.
Der Anspruch richtet sich nach § 40
Abs. 4
SGB XI. Nach dieser Vorschrift können die Pflegekassen subsidiär finanzielle Zuschüsse für Maßnahmen zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes des Pflegebedürftigen gewähren, beispielsweise für technische Hilfen im Haushalt, wenn dadurch im Einzelfall die häusliche Pflege ermöglicht oder erheblich erleichtert oder eine möglichst selbständige Lebensführung des Pflegebedürftigen wiederhergestellt wird (Satz 1). Die Höhe der Zuschüsse ist unter Berücksichtigung der Kosten der Maßnahme sowie eines angemessenen Eigenanteils in Abhängigkeit vom Einkommen des Pflegebedürftigen zu bemessen (Satz 2). Die Zuschüsse dürfen einen Betrag in Höhe von 5.000 DM (seit 01. Januar 2002: 2.557 Euro) je Maßnahme nicht übersteigen (Satz 3).
Ein vorrangiger Anspruch zu Lasten anderer Leistungsträger kommt nicht in Betracht. Bezüglich der gesetzlichen Krankenversicherung hat das Bundessozialgericht (
BSG) bereits entschieden, dass technische Hilfen, die fest mit einem Gebäude verbunden sind, oder sonst der Anpassung des individuellen Umfeldes an die Bedürfnisse des Behinderten dienen, keine Hilfsmittel
i.S.d. § 33
Abs. 1
SGB V sind (
BSG, Urteil vom 06. August 1998 -
B 3 KR 14/97 R, SozR 3-2500 § 33
Nr. 30). Zu den technischen Hilfsmitteln nach § 40
Abs. 3
SGB XI zählen keine Umbaumaßnahmen in der Wohnung oder der dauerhafte Einbau von Geräten, die ein weitgehend selbständiges Wohnen des Behinderten ermöglichen sollen; genauso wie im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung ist die Abgrenzung auch hier nach beweglichen und fest eingebauten Gegenständen zu treffen (
BSG, Urteil vom 28. Juni 2001 -
B 3 P 3/00 R, SozR 3-3300 § 40
Nr. 6). Die Fürsorgeleistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz sind
gem. § 13
Abs. 3
SGB XI nachrangig.
Bei dem Personenaufzug handelt es sich um eine Maßnahme zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes. Dieser unbestimmte Rechtsbegriff ist durch die Gerichte in vollem Umfang überprüfbar (
BSG, Urteil vom 30. Oktober 2001 -
B 3 P 3/01 R, SozR 3-3300 § 40
Nr. 8). Auch der von den Spitzenverbänden der Krankenkassen aufgestellte Katalog möglicher wohnumfeldverbessernder Maßnahmen - der Treppenlifte, nicht aber Personenaufzüge erwähnt (
vgl. Ziffer 8.2
Abs. 1, 1. Spiegelstrich des Gemeinsamen Rundschreibens der Spitzenverbände der Krankenkassen zu den leistungsrechtlichen Vorschriften des Pflege-Versicherungsgesetzes vom 28. Oktober 1996) - bindet die Gerichte nicht. Denn es handelt sich dabei nur um Erläuterungen des Gesetzes, die sich an die Mitglieder der Spitzenverbände richten, und damit nicht um Rechtsnormen, die nach außen wirken (
BSG SozR 3-3300 § 40
Nr. 6). Das
SGB XI definiert den Begriff der Maßnahme zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes nicht. Er wird lediglich mit einem Beispiel umschrieben, nämlich mit "technischen Hilfen im Haushalt". Nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 12/5262,
S. 114 zu § 36
Abs. 4 des Entwurfs) werden aber auch "Umbaumaßnahmen" erfasst, wie
z.B. die Verbreiterung von Türen, der Einbau einer Dusche oder eines Treppenliftes. Alle diese Maßnahmen bezwecken, den Versicherten ein möglichst selbständiges und selbstbestimmtes Leben außerhalb von Heimen zu ermöglichen (§§ 2, 3
SGB IX;
LSG NRW, Urteil vom 13. Dezember 1999, Az.: L 16 P 18/98). Da der Personenaufzug der gehbehinderten Klägerin ermöglicht, ihre Wohnung selbständig zu verlassen, handelt es sich um eine wohnumfeldverbessernde Maßnahme, zumal das Treppensteigen sowie das Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung zu den in § 14
Abs. 4
SGB XI genannten Verrichtungen der Grundpflege (
Nr. 3)
bzw. der hauswirtschaftlichen Versorgung (
Nr. 4) gehört.
Unerheblich ist, dass der Einbau eines 4-Personen-Aufzuges in ein Zweifamilienhaus keinesfalls zum üblichen und durchschnittlichen Wohnungsstandard gehört, worauf die Beklagte und das SG zu Recht hingewiesen haben.
Mit dem Erfordernis, dass die wohnumfeldverbessernde Maßnahme den üblichen und durchschnittlichen Wohnungsstandard nicht übersteigen darf, stellt das
BSG heraus, dass die Kosten der allgemeinen Lebenshaltung nicht von den Pflegekassen zu übernehmen sind. Deshalb können Maßnahmen zur Verbesserung der Wohnung nicht bezuschusst werden, wenn sie allein dazu dienen, einen ordnungsgemäßen baulichen Zustand der Wohnung oder einen höheren Wohnstandard zu erreichen (
BSG SozR 3-3300 § 40
Nr. 6). Das
BSG hat deshalb etwa die Ausstattung aller ebenerdigen Zimmer eines Hauses mit Rollladen, Jalousien oder Fensterläden zum Zwecke des Einbruchschutzes als nicht zuschussfähig angesehen, weil derartige Vorrichtungen nicht zu Standardausrüstung von Häusern
bzw. Wohnungen zählten, sondern je nach dem unterschiedlich ausgeprägten Sicherungsbedürfnis der Bewohner angebracht würden (Urteil vom 03. November 1999 - Az.: 3 P 3/99 R, SozR 3-3300 § 40
Nr. 1). Der Wunsch nach Einbau eines Personenaufzugs in ein Zweifamilienhaus ist aber nicht - wie etwa der Einbruchschutz - in der (gesunden) Wohnbevölkerung ebenso vorhanden, sondern beruhte im Fall der Klägerin gerade auf der Parkinson-Erkrankung, die die Pflegebedürftigkeit ausgelöst hat. Die Klägerin kann nur deshalb (langfristig) in ihrer Wohnung verbleiben und sich ein Mindestmaß an freier Mobilität bewahren, weil ihr der Aufzug ermöglicht, die Wohnung (etwa zu Facharztbesuchen, Spaziergängen
etc.) zu verlassen und wieder aufzusuchen. Eine Beschränkung auf den üblichen Wohnungsstandard bei solchen, gerade durch die Pflegebedürftigkeit bedingten besonderen Bedürfnissen, würde regelmäßig zu einem Ausschluss von Fördermaßnahmen nach § 40
Abs. 4
SGB XI führen, weil diese (behinderungsbedingten) Vorrichtungen typischerweise nicht zur Standardausrüstung von Häusern und Wohnungen gehören. Damit würde das gesetzgeberische Ziel konterkariert, auch durch die Förderung von Maßnahmen zur Verbesserung des Wohnumfeldes zu gewährleisten, dass die Pflegebedürftigen möglichst lange in ihrer häuslichen Umgebung bleiben können.
Dem Anspruch der Klägerin auf Gewährung eines Zuschusses steht auch nicht entgegen, dass der Einbau des 4-Personen-Aufzugs kostspielig war und als "luxuriös" bezeichnet werden kann. Denn der Gedanke, dass die Solidargemeinschaft aus Wirtschaftlichkeitsgründen keine luxuriösen Ausstattungen finanzieren darf, ist nicht bereits auf Tatbestands- sondern erst auf Ermessensebene zu berücksichtigen. Auf der Tatbestandsseite ist nur zu prüfen, "ob" die Maßnahme zuschussfähig ist, während auf Ermessensseite bestimmt werden muss, in welcher (konkreten) Ausführung die Maßnahme gefördert werden kann. Dabei hat die Beklagte
gem. § 40
Abs. 3 Satz 2
SGB XI einen "angemessener Eigenanteil" des Versicherten zu berücksichtigen. Einen ähnlichen Rechtsgedanken enthält der (neugeschaffene) § 31
Abs. 3
SGB IX, wonach Leistungsempfänger die Mehrkosten selbst tragen, wenn sie ein geeignetes Hilfsmittel in einer aufwendigeren Ausführung als notwendig wählen.
Der Aufzug führt auch zu einer erheblichen Erleichterung der häuslichen Pflege. Sie wird "erleichtert", wenn die Maßnahme den Pflegebedürftigen oder die Pflegeperson vor Überforderung schützt (Vogel in: Lehr- und Praxiskommentar
SGB XI, 1998, § 40 Rn. 18; Udsching, a.a.O.).
Ohne den Aufzug müsste die Klägerin zum Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung über eine gewendelte Treppe mit 18 Stufen getragen oder geführt werden. Es ist offensichtlich, dass das Heben und Tragen der
ca. 50
kg schweren Klägerin über eine Wendeltreppe zu einer Überforderung der Pflegeperson führen kann, so dass der eingebaute Aufzug eine Erleichterung der häuslichen Pflege darstellt. Diese Erleichterung ist auch "erheblich". Mit dieser Zusatzvoraussetzung drückt der Gesetzgeber aus, dass nicht jede Maßnahme berücksichtigt werden soll, die der Pflege zuzurechnen ist (
BSG, Urteil vom 26. April 2001 - Az.: B 3 P 15/00 R, SozR 3-3300 § 40
Nr. 4). Um die solidarisch finanzierte Pflegeversicherung nicht zu überfordern, muss die Erleichterung, die durch die Maßnahme eintritt, deutlich erkennbar sein (
BSG, a.a.O.). Dies ist nach Ansicht des Senats evident, soweit ein Tragen der Klägerin vermieden wird. Aber auch das Führen der gehbehinderten Klägerin über eine Wendeltreppe ist sowohl für sie als auch für die Pflegeperson mit erheblichen Unfallgefahren verbunden, so dass auch aus diesem Gesichtspunkt von einer erheblichen Erleichterung der häuslichen Pflege auszugehen ist.
Der Fahrstuhl stellt schließlich auch eine möglichst selbständige Lebensführung der Klägerin wieder her. Eine selbständigere Lebensführung wird möglich, wenn die Maßnahme die Abhängigkeit des Pflegebedürftigen von fremder Hilfe verringert (
BSG, Urteil vom 30. Oktober 2001 - Az.:
B 3 P 3/01 R, SozR 3-3300 § 40
Nr. 8; Vogel,
a. a. O. ; Udsching,
a. a. O.).
Selbst wenn die Klägerin bei der Benutzung des Aufzugs begleitet werden muss, ist sie doch unabhängiger von Pflegepersonen, als wenn sie auf der Wendeltreppe aktiv geführt oder gar getragen werden müsste. Insofern stellt der Aufzug bei der Verrichtung "Treppensteigen" sowie dem "Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung" eine möglichst selbständige Lebensführung wieder her. Auch die hauswirtschaftliche Versorgung wird ihr in Teilbereichen (
z.B. beim Einkauf) wieder selbständiger möglich.
Nach § 40
Abs. 4 Satz 1
SGB XI ("können") steht die Gewährung finanzieller Zuschüsse im (pflichtgemäßen) Ermessen der Beklagten. Sie hat ihr Ermessen bislang nicht ausgeübt; eine Ermessensschrumpfung auf Null liegt keinesfalls vor.
Nach § 40
Abs. 4 Satz 2
SGB XI ist die Höhe des Zuschusses in Abhängigkeit von dem Einkommen des Pflegebedürftigen und den Kosten der Maßnahme sowie eines angemessenen Eigenanteils zu bemessen. Da die Beklagte bislang keine Ermittlungen zum Einkommen der Klägerin sowie zu den Kosten der Maßnahme und deshalb auch keine Ermessenserwägungen angestellt hat, ist nur ein Bescheidungsurteil möglich (§§ 54
Abs. 2 Satz 2, 131
Abs. 3
SGG).
Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 183, 193
SGG und berücksichtigt, dass die Beklagte nur zur erneuten Bescheidung der Klägerin verurteilt worden ist.
Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür nicht gegeben sind (§ 160
Abs. 2
SGG).