Die Berufung ist gemäß §§ 143 ff Sozialgerichtsgesetz (
SGG) zulässig. Insbesondere ist die Berufungsfrist gewahrt. Zwar ist die Berufung grundsätzlich gemäß § 151 Abs 1
SGG innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Das Urteil ist der Beklagten bereits am 15. Februar 2017 zugestellt worden. Allerdings gilt eine abweichende Fristberechnung, wenn der Berufungsführer - wie hier - die Sprungrevision zum
BSG nach § 161 Abs 1
SGG beantragt hat. Lehnt das SG den Antrag ab, so beginnt die Berufungsfrist gemäß § 161 Abs 3
SGG erst mit Zustellung dieser Entscheidung. Der Beschluss ist der Beklagten am 6. Juli 2017 zugestellt worden, so dass mit Berufungseinlegung am 13. Juli die Berufungsfrist gewahrt ist.
Die Berufung hat aber in der Sache keinen Erfolg. Das SG hat die Beklagte zu Recht unter Aufhebung der Bescheide verurteilt, die Klägerin mit dem beantragten Elektrorollstuhl zu versorgen.
Die Klage ist als Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 und Abs 4
SGG) statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie ist auch begründet. Die Klägerin hat aufgrund der eingetretenen Genehmigungsfiktion Anspruch auf Versorgung mit dem beantragten Elektrorollstuhl (dazu unter 1.). Die Beklagte hat die fingierte Genehmigung auch nicht wirksam zurückgenommen (dazu unter 2.).
1. Die Regelung des
§ 13 Abs 3a Satz 6 SGB V ist auf den Antrag der Klägerin sachlich und zeitlich anwendbar. Nach dem maßgeblichen intertemporalen Rechts greift die Regelung lediglich für Anträge auf künftig zu erbringende Leistungen, die Berechtigte ab dem 26. Februar 2013 gestellt haben. Der Antrag der Klägerin datiert vom 1. Oktober 2015. Der sachliche Anwendungsbereich der Genehmigungsfiktion erfasst auch Hilfsmittel. Der von der Klägerin beantragte Elektrorollstuhl "Luca Qlass Lift Elektrorollstuhl" ist nicht Gegenstand der medizinischen Reha, sondern die Versorgung mit einem Hilfsmittel im Rahmen des mittelbaren Behinderungsausgleichs.
Nach § 13 Abs 3a Satz 1
SGB V hat die Krankenkasse über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in den Fällen, in denen eine gutachterliche Stellungnahme, insbesondere des MDK eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Kann die Krankenkasse die Fristen nach Satz 1 nicht einhalten, teilt sie dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich mit (§ 13 Abs 3a Satz 5
SGB V). Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt, § 13 Abs 3a Satz 6
SGB V. Die Genehmigungsfiktion nach § 13 Abs 3a Satz 6
SGB V gewährt einen Naturalleistungsanspruch entsprechend dem fingierten Leistungsbescheid.
a) Nach § 13 Abs 3a Satz 9
SGB V gelten für Leistungen zur medizinischen Reha die
§§ 14 und
15 SGB IX zur Zuständigkeitsklärung und Erstattung selbstbeschaffter Leistungen. Damit hat der Gesetzgeber bewusst Leistungen zur medizinischen Reha aus dem Anwendungsbereich des § 13 Abs 3a
SGB V ausgeklammert. Schon die Vorgaben für die Zuständigkeitsklärung der Leistungen zur medizinischen Reha (
§ 14 SGB IX) wären mit dem Fristenregime des § 13 Abs 3a
SGB V nicht kompatibel. Der Begriff der Leistungen der medizinischen Reha ist nach höchstrichterlicher Rechtsprechung (
BSG Urteil vom 8. März 2016, -
B 1 KR 25/15 R- Rn 16 und 17) funktionsadäquat auszulegen: Einerseits umfasst er in einem weiten Sinn Leistungen, die eine Krankenkasse als erstangegangener Reha-Träger nach dem Recht des eigentlich zuständigen Trägers zu erbringen hat, wenn sie den Antrag weiterleitet und deshalb im Außenverhältnis zum zuständigen Träger wird. Die in § 14 Abs 1 und 2
SGB IX geregelte Zuständigkeit erstreckt sich in diesem Falle im Außenverhältnis (behinderter Mensch/Reha-Träger) auf alle Rechtsgrundlagen, die überhaupt in dieser Bedarfssituation für Reha-Träger vorgesehen sind. Einbezogen sind zB Adaptionsmaßnahmen, die eine Krankenkasse allein nach dem Recht des
SGB V nicht leisten müsste. Dieser Schutzmechanismus darf nicht durch ein zu enges Begriffsverständnis der "Leistungen zur medizinischen Rehabilitation" ausgehebelt werden. Andererseits erstreckt sich dieser Leistungsbegriff in der Regelung des § 13 Abs 3a Satz 9
SGB V - bei einem Antrag auf Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung in einem engeren Sinne - nur auf die Leistungen zur medizinischen Reha im Sinne des
SGB V. Das sind insbesondere die dort als solche bezeichneten Leistungen (§ 40
SGB V), aber auch zB teilweise Arbeitstherapie. Versicherte der gesetzlichen Krankenversicherung - wie die Klägerin - haben gemäß
§ 11 Abs 2 Satz 1 SGB V ua Anspruch auf Leistungen zur medizinischen Reha, die "notwendig sind, um eine Behinderung (...) abzuwenden, zu beseitigen, zu mindern, auszugleichen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder ihre Folgen zu mindern". Diese Leistungen werden unter Beachtung des
SGB IX erbracht, soweit im
SGB IX nichts anderes bestimmt ist (
§ 11 Abs 2 Satz 3 SGB V). Die Krankenkassen - gemäß
§ 5 Nr 1,
§ 6 Abs 1 Nr 1 SGB IX mögliche Träger von Leistungen zur Reha - sind nach den Vorschriften des
SGB V zur Erbringung medizinischer Reha-Leistungen indes nur unter den dort genannten Voraussetzungen verpflichtet (
BSG aaO mwN).
b) Nach dieser Maßgabe handelt es sich bei dem von der Klägerin begehrten Elektrorollstuhl nicht um eine Reha-Leistung, sondern um eine Hilfsmittelversorgung im Rahmen des mittelbaren Behinderungsausgleichs nach § 33 Abs 1
SGB V. Hilfsmittel gehören nicht bereits deshalb zu den Reha-Leistungen, weil sie auch dem Behinderungsausgleich dienen und nach dem Verständnis des
SGB IX Leistungen der medizinischen Reha sein können. Allein aus der Erwähnung der Hilfsmittel als Leistung in
§ 26 Abs 2 NR 6 SGB IX folgt kein deckungsgleiches Verhältnis (Schifferdecker in Kasseler Kommentar,
§ 13 SGB V, Rn 147a, Stand Mai 2017).
Hilfsmittel dienen dem Behinderungsausgleich, wenn die gesundheitliche Regelwidrigkeit selbst nicht behoben werden kann. Ein therapeutischer Erfolg dahingehend, dass die Krankheit geheilt oder ihre Verschlimmerung verhütet wird, findet nicht statt. Eine therapeutische Wirkung im engeren Sinne wird nicht erwartet. Der Behinderungsausgleich iS des § 33 Abs 1 Satz 1 3. Fall
SGB V umfasst die Hilfsmittel, die dem Ausgleich der Behinderung selbst dienen oder die direkten oder indirekten Folgen der Behinderung ausgleichen sollen (BSGE 98,213 (216)). Bei Hilfsmitteln mit dem Ziel des Behinderungsausgleichs ist der Nachweis eines therapeutischen Nutzens, der über die Funktionstauglichkeit zum Ausgleich der Behinderung hinausgeht, nicht geboten (BSGE 93,183 (186)).
Bei dem bei der Klägerin vorliegenden mittelbaren Behinderungsausgleich sind die direkten oder indirekten Folgen der Behinderung betroffen, soweit die Auswirkungen der Behinderung im gesamten täglichen Leben beseitigt oder zumindest gemildert werden und somit ein allgemeines Grundbedürfnis des täglichen Lebens betroffen ist. Allgemeine Grundbedürfnisse des täglichen Lebens sind das Gehen, Stehen, Sitzen, Liegen, Greifen, Sehen, Hören, die Ernährung, die elementare Körperpflege, das selbstständige Wohnen, die Mobilität im eigenen Wohnumfeld einschließlich der elementaren Lebens- und Haushaltsführung, die Schaffung und Erschließung eines körperlichen und geistigen Freiraums; ausreichend ist auch die Sicherung der Bewegungsfreiheit des körperlichen Freiraums bei übersteigertem Bewegungsdrang und fehlendem Gefahrenbewusstsein sowie die qualitative Erweiterung des persönlichen Freitraums (st. Rechtsprechung,
BSG, Urteil vom 18. Mai 2011 -
B 3 KR 12/10 R Rdnr 13 mwN; Nolte, aaO, § 33 Rdnr 12a mwN). Vor diesem Hintergrund hat das
BSG auch ein Rollstuhl-Bike als Hilfsmittel qualifiziert. Hilfsmittel iSd § 33 Abs 1 Satz 1
SGB V sind alle sächlichen Mittel, die den Erfolg einer Krankenbehandlung sichern, einer drohenden Behinderung vorbeugen oder eine bestehende Behinderung ausgleichen, selbst dann, wenn ihre Anwendung durch den Versicherten selbst sicherzustellen ist. Diese Voraussetzungen werden für das Rollstuhl-Bike als erfüllt angesehen, da die Hilfsmitteleigenschaft nach objektiven Kriterien bestimmt wird. Personenbezogene Merkmale sind hierfür nicht maßgeblich (
BSG aaO). Nach diesen Maßgaben kann die Hilfsmitteleigenschaft des begehrten Elektrorollstuhls nicht ernsthaft angezweifelt werden. Vielmehr ist die gegenteilige Argumentation der Beklagten für eine Einordnung des Elektrorollstuhls als Reha-Leistung allein von der Idee getragen, eine Hilfsmittelversorgung einer Genehmigungsfiktion zu entziehen.
c) Damit eine Leistung - wie hier die Hilfsmittelversorgung - als genehmigt gelten kann, bedarf es eines fiktionsfähigen Antrags. Die Fiktion kann nur dann greifen, wenn der Antrag so bestimmt gestellt ist, dass die auf Grundlage des Antrags fingierte Genehmigung ihrerseits im Sinne von § 33
SGB X hinreichend bestimmt ist (
BSG Urteil vom 11. Juli 2017 - B 1 KR 1/17 R - mwN). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Die Klägerin hat am 1. Oktober 2015 bei der Beklagten unter Vorlage eines Kostenvoranschlages und einer ärztlichen Verordnung der Hilfsmittelversorgung die Versorgung mit einem Elektrorollstuhl des Typs "Luca Qlass Lift Elektrorollstuhl" zum Preis 16075,68 Euro beantragt. Dementsprechend ist der sich aus dem Antrag ergebende Verfügungssatz in sich widerspruchsfrei und versetzt den Betroffenen bei Zugrundelegung der Erkenntnismöglichkeiten eines verständigen Empfängers in die Lage, sein Verhalten daran auszurichten. Der Regelungsgehalt ist objektiv zu erkennen und der Verfügungssatz ist geeignete Grundlage für eine zwangsweise Durchsetzung.
d) Die Beklagte hat den am 1. Oktober 2015 gestellten Antrag erst am 27. November 2015 beschieden. Zu diesem Zeitpunkt war sowohl die hier maßgebliche 3-Wochen-Frist (da die Ablehnung ohne Einschaltung des MDK erfolgt ist) als auch die 5-Wochen-Frist verstrichen, ohne dass der Klägerin Gründe für eine Überschreitung der Frist mitgeteilt worden sind.
e) Der Antrag auf Versorgung mit dem begehrten Elektrorollstuhl betraf auch eine Leistung, die die Klägerin subjektiv für erforderlich halten durfte und die nicht offensichtlich außerhalb des Leistungskatalogs lag. Dieser Auslegung steht weder das Qualitätsgebot (
§ 2 Abs 1 S 3 SGB V) noch das Wirtschaftlichkeitsgebot (
§12 Abs 1 SGB V) entgegen. § 13 Abs 3a
SGB V weicht gerade als Sanktionsnorm von deren Anforderungen ab, indem es in seinem Satz 6 selbst in den Fällen, in denen eine Krankenkasse einen im oben dargestellten Sinn fiktionsfähigen Antrag völlig übergeht, die Fiktion der Genehmigung anordnet und damit bewusst in Kauf nimmt, dass die Rechtsauffassung des Antragstellers nur "zufällig" rechtmäßig ist, mithin die Leistung auch dann als genehmigt gilt, wenn der Antragsteller auf diese objektiv keinen materiell-rechtlichen Anspruch hat. Wären nur die auf materiell-rechtlich bestehende Leistungsansprüche gerichteten Ansprüche fiktionsfähig, wäre die Regelung des § 13 Abs 3a
SGB V obsolet (
BSG Urteil vom 11. Juli 2017, - B 1 KR 16/16 R). Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Die Klägerin hat eine fachliche Befürwortung ihrer behandelnden Ärztin in Form einer entsprechenden Verordnung vorgelegt. Zudem sind die Kosten in der Vergangenheit für einen entsprechenden Rollstuhl von der Beklagten übernommen worden, der inzwischen verschleißbedingt Defekte aufweist. Insoweit ist ein Rechtsmissbrauch nicht ersichtlich.
Gilt eine beantragte Leistung als genehmigt, erwächst dem Antragsteller hieraus ein Naturalleistungsanspruch als eigenständig durchsetzbarer Anspruch. Der Naturalleistungsanspruch kraft Genehmigungsfiktion ermöglicht auch mittellosen Versicherten, die nicht in der Lage sind, sich die begehrte Leistung selbst zu beschaffen, ihren Anspruch zu realisieren. Für diese Auslegung spricht schließlich der Sanktionscharakter der Norm. Soweit vereinzelte abweichende Stimmen einen Naturalleistungsanspruch als Rechtsfolge der Genehmigungsfiktion verneinen, geht diese Ansicht fehl. Letztlich will die einen Naturalleistungsanspruch ablehnende Meinung die von ihr als gesetzgeberische Fehlleistung bewertete Rechtsfolge des § 13 Abs 3a Satz 6
SGB V entgegen dem eindeutigen Wortlaut nicht anwenden. Dabei vernachlässigt sie, dass § 13 Abs 3a
SGB V bewusst abweichend von den sonstigen in § 13
SGB V geregelten Kostenerstattungstatbeständen geregelt ist und sich wie der Erstattungsanspruch aus § 13 Abs 3a Satz 7
SGB V nur auf subjektiv erforderliche Leistungen erstreckt (vgl
BSG Urteil vom 11. Juli 2017, - B 1 KR 26/16 R - mwN).
2. Die fingierte Genehmigung ist auch später nicht erloschen. Insbesondere hat sie die Beklagte nicht wirksam nach § 45
SGB X zurückgenommen.
Auch eine fingierte Genehmigung, wie die der Klägerin, bleibt wirksam, solange und soweit sie nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist (
BSG Urteile vom 11. Juli 2017, - B 1 KR 1/17 R und B 1 KR 26/16 R -). Ihre Rechtmäßigkeit beurteilt sich nach der Erfüllung der oben aufgezeigten Voraussetzungen (§ 13 Abs 3a
SGB V), nicht nach den Voraussetzungen des geltend gemachten Naturalleistungsanspruchs. Die vom 1. Senat des
BSG entwickelten Grundsätze gelten in gleicher Weise für Naturalleistungsbegehren wie für Kostenerstattungsbegehren. Eine unterschiedliche Behandlung der beiden Fallgruppen widerspräche der Gesetzeskonzeption, dem Sanktionscharakter der Regelung, die das Interesse aller Versicherten an einem beschleunigten Verfahren schützt (
BSG aaO).
In diesem Zusammenhang hat der 3. Senat des
BSG (Urteil vom 11. Mai 2017, B 3 KR 30/15 R Rn 50 ) ausgeführt, ohne dass es für den dort zu entschiedenen Fall wirksam geworden ist, dass er zu der Auffassung "neige", dass die durch § 13 Abs 3a Satz 7
SGB V gesetzlich fingierte Genehmigung grundsätzlich nach Maßgabe der allgemeinen Vorschriften der § 44 ff
SGB X aufgehoben werden könne, wobei deren Voraussetzungen an dem materiell-rechtlich genehmigten Leistungsanspruch zu bemessen seien. Dahinter stehe das Verständnis, dass die allgemeinen Regelungen zur Bestandskraft von Verwaltungsakten und deren Modifikation auch auf fingierte Genehmigungen (entsprechende) Anwendung finden; denn einer nur fingierten Genehmigung könne keine stärkere Bestandskraft zu kommen, als einer ausdrücklich mittels eines formellen Verwaltungsakts erteilten Genehmigung. Fingiert wird nach der (bislang erst angekündigten aber noch nicht rechtskräftig angewandten) Auffassung des 3. Senats des
BSG nur der Erlass der Genehmigung selbst, nicht aber deren Rechtmäßigkeit. Die Verwaltung müsse daher die Möglichkeit haben, eine der objektiven Rechtslage widersprechende, lediglich aufgrund der gesetzlichen Fiktion eingetretene Genehmigung ebenso aufzuheben, als wäre sie im Wege eines formellen begünstigenden Verwaltungsakts erlassen worden, nämlich grundsätzlich unter Abwägung mit Gesichtspunkten des Vertrauensschutzes des Betroffenen entsprechend den Regelungen der §§ 44 ff
SGB X. Für diese Sichtweise spräche, dass die Genehmigungsfiktion des § 13 Abs 3a Satz 6
SGB V gar nicht erst eintreten würde, wenn ihre Voraussetzungen von Anfang an nicht vorlagen oder später entfallen sind, dh wenn insbesondere der Fristablauf noch nicht eingetreten war.
Unter dem zuletzt genannten Aspekt stimmen die Auffassungen von 1. und 3. Senat des
BSG überein. Auch der 1. Senat hält eine Rücknahme einer fingierten rechtswidrigen Genehmigung nach § 45
SGB X für möglich, wenn die Voraussetzungen der Fiktion nicht erfüllt sind. Im Unterschied zum 3. Senat bezieht er die Rechtswidrigkeit allerdings auf die Genehmigungsfiktion an sich und nicht auf den zugrunde liegenden genehmigten materiell-rechtlichen Anspruch. Das erscheint auch überzeugend und konsequent. Eine Rücknahme ist - als actus contrarius - denklogisch auf den originären Verwaltungsakt beschränkt. Nach § 31
SGB X ist Verwaltungsakt jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalles auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Hier liegt die Regelung mit Außenwirkung im Eintritt der Fiktion. Die Fiktion erschöpft sich ihrerseits im verfahrensrechtlichen Akt der Genehmigung (Noftz in Hauck/Noftz § 13 Rn 58 l ); der zugrundeliegende Leistungsanspruch unterliegt aufgrund des Sanktionscharakters keiner eigenständigen Überprüfung, sondern ist nur Bezugspunkt der Genehmigungsfiktion. Dementsprechend kann eine fingierte Genehmigung nur in den Fällen zurückgenommen werden, in denen eine Fiktionsvoraussetzung nicht vorlag. Das Bestehen eines materiell-rechtlichen Anspruchs ist jedoch nicht Fiktionsvoraussetzung, sodass es darauf auch im Rahmen einer Rücknahme nicht ankommen kann.
Nach dieser Maßgabe hat die Beklagte die fingierte Genehmigung nicht wirksam nach § 45
SGB X zurückgenommen. Es fehlt insoweit schon am Vorliegen eines rechtswidrigen Verwaltungsakts, da nach den vorstehenden Ausführungen sämtliche Fiktionsvoraussetzungen erfüllt waren.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193
SGG.
4. Ein Grund, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs 2
SGG) liegt nicht vor. Eine divergierende Entscheidung des 3. Senats liegt in der Sache bislang nicht vor. Der 3. Senat hat mit seinen Ausführungen im Urteil vom 11. Mai 2017 (B 3 KR 30/15) allenfalls eine vorläufige Haltung dargelegt, aber in Bezug auf den Prüfungsumfang von § 45
SGB X bei Anwendung auf die Genehmigungsfiktion keine endgültigen Feststellungen getroffen.