II.
Die Nichtszulassungsbeschwerde, die auf die Berufungszulassungsgründe nach § 144
Abs. 2
Nr. 1 und
Nr. 3
SGG gestützt wird, ist unbegründet.
Nach § 145
Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (
SGG) kann die Nichtzulassung der Berufung durch das Sozialgericht durch Beschwerde angefochten werden. Nach § 144 Absatz 1
SGG bedarf die Berufung der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes (1) bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,00 Euro nicht übersteigt. Die Berufung bedurfte hier der Zulassung durch das Sozialgericht, weil der Streitwert 24,85 Euro beträgt. Das SG hat sie nicht zugelassen.
1. Der Begriff grundsätzliche Bedeutung in § 144
Abs. 1
SGG ist wie in § 160
Abs. 2
Nr. 1
SGG auszulegen. Eine Rechtssache hat über den Einzelfall hinaus nur dann eine grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die aus Gründen der Rechtseinheit oder der Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und deren Klärung durch das Berufungsgericht zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist (
vgl. BSG, Beschluss vom 3. April 2008 - Az.: B 11b AS 15/07 B
m.w.N., nach juris). Ein Individualinteresse genügt nicht. Maßgebend ist nicht die richtige Einzelfallentscheidung; sie ist nur eine Folge der Klärung der grundsätzlichen Rechtsfrage (
vgl. Senatsbeschluss vom 24. November 2008 - Az.: L 6 B 128/08 KR NZB).
Eine grundsätzliche Rechtsfrage in diesem Sinn ist nicht ersichtlich. Wie der Kläger zu Recht ausführt, hat das
BSG mit Urteil vom 17. Dezember 2009 - Az.: B 3 KR 13/08 die Rechtsgrundlage für den öffentlich-rechtlichen Vergütungsanspruch eines Apothekers bei der Abgabe von Arzneimitteln dogmatisch neu hergeleitet. Rechtsgrundlage ist unmittelbar
§ 129 SGB V i.V.m. den Verträgen nach § 129
Abs. 2 und
Abs. 5 Satz 1
SGB V. Nach § 129
SGB V geben die Apotheken nach Maßgabe der ergänzenden Rahmenvereinbarungen und Landesverträge vertragsärztlich verordnete Arzneimittel an Versicherten der
GKV ab. § 129 begründet somit im Zusammenspiel mit den konkretisierenden vertraglichen Vereinbarungen eine öffentlich-rechtliche Leistungsberechtigung und -verpflichtung für die Apotheken zur Abgabe von vertragsärztlich verordneten Arzneimitteln an die Versicherten. Im Gegenzug erwerben die Apotheken einen vertraglich näher ausgestalteten gesetzlichen Anspruch auf Vergütung gegen die Krankenkassen. Voraussetzung für die Abgabe von Arzneimitteln ist nach § 129
Abs. 1
SGB V eine vertragsärztliche Verordnung. Insoweit ist zunächst zu prüfen ob eine solche vorliegt. Hierbei ist die Auslegung aus der Sicht eines objektiven Dritten vorzunehmen. Des Weiteren ist zu prüfen, ob keine Verstöße gegen sonstige Abgabebestimmungen vorliegen. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, besteht der Vergütungsanspruch in Höhe des Rechnungsbetrages und kein Grund für einen Bereicherungsanspruch. Es ist nicht ersichtlich und auch nicht vorgetragen, dass der Vergütungsanspruch des Apothekers und der Bereicherungsanspruchs der Beklagten bei der Abgabe von Hilfsmitteln nach anderen Grundsätzen als den vom
BSG in der genannten Entscheidung entwickelten, zu beurteilen sind. Die grundsätzlichen Rechtsfragen sind daher geklärt. Ob eine entsprechende vertragsärztliche Verordnung und kein Verstoß gegen Abgabenbestimmungen vorliegen ist dagegen unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles zu beurteilen und weder grundsätzlich klärungsfähig noch klärungsbedürftig.
2. Die Berufung ist auch nicht wegen eines Verfahrensmangels, auf dem das Urteil des Sozialgerichts vom 22. März 2010 beruhen kann, zuzulassen. Hier beruft sich der Kläger zunächst auf eine Verletzung des § 112
SGG.
Nach § 112
Abs. 1 Satz 2
SGG beginnt die mündliche Verhandlung nach Aufruf der Sache mit der Darstellung des Sachverhalts. Nach § 112
Abs. 2
SGG erhalten sodann die Beteiligten das Wort. Der Vorsitzende hat das Sach- und Streitverhältnis mit den Beteiligten zu erörtern und dahin zu wirken, dass sie sich über erhebliche Tatsachen vollständig erklären sowie angemessene und sachdienliche Anträge stellen.
Ausweislich der Sitzungsniederschrift vom 22. März 2010 ist das Urteil auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 22. März 2010 ergangen. Eine Darstellung des Sachverhalts sowie eine Erörterung der Sach- und Rechtslage mit dem einzig anwesenden Beteiligten - dem Prozessbevollmächtigten des Klägers - werden nicht aufgeführt und sind danach nicht erfolgt. Der unterbliebene Vortrag des Sachverhalts ist ein Verfahrensfehler im Sinne des § 144
Abs. 2
Nr. 3
SGG. Er dient nicht lediglich zur Information der Verfahrensbeteiligten, sondern auch zur Unterrichtung der ehrenamtlichen Richter, damit diese sich ihre Überzeugung aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens (
vgl. § 128
SGG) bilden können. Allerdings kann er nach § 295 der Zivilprozessordnung (
ZPO), der nach § 202
SGG im sozialgerichtlichen Verfahren entsprechende Anwendung findet, nicht gerügt werden, wenn der Beteiligte auf die Befolgung der Vorschrift verzichtet, oder wenn er bei der nächsten mündlichen Verhandlung, die auf Grund des betreffenden Verfahrens stattgefunden hat oder in der darauf Bezug genommen ist, den Mangel nicht rügt, obgleich er erschienen und ihr der Mangel bekannt war oder bekannt sein musste (
vgl. BSG, Urteil vom 29. Juli 1967 - Az.: 4 RJ 197/65, Bundesverwaltungsgericht (
BVerwG), Beschluss vom 18. April 1983 - Az.: 9 B 2337/80, Bundesfinanzhof (BFH) Beschluss vom 2. Februar 2004 - Az.: VIII B 59/03, alle nach juris). Bei der entsprechenden Anwendung des § 295
ZPO ist unter der "nächsten mündlichen Verhandlung, die auf Grund des betreffenden Verfahrens stattgefunden hat" nicht notwendig ein neuer Termin zu verstehen; vielmehr genügt, als nächster Verfahrensabschnitt eine Verhandlung, die sich innerhalb der mündlichen Verhandlung an jenen Verfahrensabschnitt anschließt, in dem der geltend gemachte Verfahrensmangel eingetreten sein soll (
vgl. BSG, Urteil vom 28. März 2000 - Az.: B 8 KN 7/99 R mit zahlreichen weiteren Nachweisen, nach juris). Hier hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers diesen Mangel nicht gerügt, obgleich er in der mündlichen Verhandlung erschienen und ihm der Mangel bekannt war. Eine Rüge lässt sich aus den aktenkundig gemachten Prozessvorgängen, insbesondere der Niederschrift über die mündliche Verhandlung, der insoweit besonderes Gewicht zukommt, weil in sie die wesentlichen Vorgänge der Verhandlung aufzunehmen sind, nicht entnehmen. Die Niederschrift vom 22. März 2010 weist vielmehr aus, dass der Prozessbevollmächtigte einen Sachantrag gestellt hat. Er hat damit auf die Einhaltung des § 112
Abs. 1 Satz 2
SGG durch rügelose Einlassung verzichtet.
Soweit die Vorschrift auch der Unterrichtung der ehrenamtlichen Richter dient, ist das Unterbleiben der Darstellung des Sachverhalts nur dann erheblich, wenn dies zu einer fehlenden oder mangelhaften Unterrichtung der mitwirkenden Richter und damit zu einer unzureichenden Entscheidungsgrundlage geführt hat. Unabhängig davon, dass der Kläger diesen Aspekt nicht hinreichend dargelegt hat, ist dies auch dann nicht der Fall, wenn die zur Entscheidung berufenen Richter sich auch ohne den Vortrag des wesentlichen Akteninhalts in der mündlichen Verhandlung ihre Überzeugung aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens bilden konnten, weil sie auf anderem Wege, insbesondere während der Beratung, über alle entscheidungserhebliche Umstände informiert worden sind. Das ist regelmäßig anzunehmen (
vgl. BVerwG, Beschluss vom 18. April 1983, a.a.O.).
Soweit der Kammervorsitzende nach § 112
Abs. 2
SGG darauf hinzuwirken hat, dass sich die Beteiligten über erhebliche Tatsachen vollständig erklären sowie angemessene und sachdienliche Anträge stellen, konkretisiert er den Anspruch auf rechtliches Gehör. In diesem Rahmen besteht jedoch, insbesondere gegenüber rechtskundig vertretenen Beteiligten, weder eine allgemeine Aufklärungspflicht des Gerichts über die Rechtslage, noch die Pflicht, bei der Erörterung der Sach- und Rechtslage bereits die endgültige Beweiswürdigung darzulegen, denn es kann und darf das Ergebnis der Entscheidung, die in der nachfolgenden Beratung des Gerichts erst gefunden werden soll, nicht vorweggenommen werden. Es gibt keinen allgemeinen Verfahrensgrundsatz, der das Gericht verpflichtet, die Beteiligten vor einer Entscheidung auf eine in Aussicht genommene bestimmte Beweiswürdigung hinzuweisen oder die für die richterliche Überzeugung möglicherweise leitenden Gründe vorab mit den Beteiligten zu erörtern (
vgl. BSG, Beschluss vom 27. Juli 2009 - Az.: B 13 RS 35/09 B
m.w.N., nach juris). Der Kläger trägt selbst vor, dass sein Prozessbevollmächtigter in der mündlichen Verhandlung am 22. März 2010 Gelegenheit hatte, seinen Standpunkt nochmals darzulegen; insbesondere hat er einen sachdienlichen Antrag gestellt. Insoweit wird auf die obigen Ausführungen zu § 295
ZPO Bezug genommen. Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs durch eine Überraschungsentscheidung hat der Kläger nicht schlüssig vorgetragen. Sie liegt nur dann vor, wenn ein Gesichtspunkt Grundlage des Urteils ist, der dem Rechtsstreit eine Wendung gibt, mit der auch ein kundiger Beteiligter nach dem bisherigen Verfahrensverlauf nicht rechnen konnte. Dabei ist zu beachten, dass Verfahrensbeteiligte, insbesondere anwaltlich vertretene, grundsätzlich von sich aus alle vertretbaren Gesichtspunkte in Betracht ziehen und sich in ihrem Vortrag darauf einstellen müssen (
vgl. BSG, Beschluss vom 29. Juli 1998 - Az.: B 4 RA 3/98 B, nach juris). Soweit der Kläger vorträgt, er habe Beweis dafür angeboten, dass es sich um eine absichtliche vertragsärztliche Verordnung von zwei Babymasken gehandelt habe, hat er selbst gerade in Betracht gezogen, dass das SG dies anders sehen könnte.
Soweit der Kläger beanstandet, dass das SG seinem Beweisantrag nicht nachgekommen ist, rügt er die Verletzung der Amtsermittlungspflicht (§ 103
SGG). Unabhängig davon, dass er nicht dargetan hat, inwieweit die Entscheidung hierauf beruht, hat das SG diese unter Berücksichtigung seiner Rechtsauffassung nicht verletzt. Es hat einen Vergütungsanspruch des Klägers nicht deshalb verneint, weil es an einer vertragsärztlichen Verordnung fehlte, sondern weil er gegen die Abgabebestimmung des § 5
Abs. 3 HLV verstieß. Eine Vernehmung der Kinderärztin G. war aus der Sicht des SG daher nicht erforderlich. Insoweit ist ergänzend darauf hinzuweisen, dass einem entsprechenden Beweisantrag auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des
BSG nicht nachzukommen gewesen wäre (
vgl. BSG, Urteil vom 3. August 2006 - Az.: B 3 KR 6/06).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGGG in Verbindung mit § 154
Abs. 1
VwGO.
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 52
Abs. 1 und
Abs. 2 GKG in Verbindung mit und § 197 a
Abs. 1 Satz 1
SGG.
Der Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177
SGG).