Urteil
Feststellung weiterer Gesundheitsschäden und Gewährung einer Verletztenrente nach einem Arbeitsunfall

Gericht:

LSG Thüringen 1. Senat


Aktenzeichen:

L 1 U 1530/17


Urteil vom:

21.02.2019


Grundlage:

  • SGB VII § 8 Abs. 1 |
  • SGB VII § 56 Abs. 2

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Gotha vom 6. November 2017 wird zurückgewiesen. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt bezüglich des als Arbeitsunfall anerkannten Ereignisses vom 17. Mai 2014 die Feststellung weiterer Gesundheitsschäden und die Gewährung einer Verletztenrente.

Der 1981 geborene Kläger war bei der Beklagten am Unfalltag als Mitarbeiter der Vertriebstechnik bei der E. Bahn GmbH versichert. Ausweislich der Unfallanzeige vom 9. Juli 2014 stolperte der Kläger beim Aussteigen aus dem Fahrzeug im Gleisbereich. Gegenüber dem am 7. Juli 2014 aufgesuchten Durchgangsarzt Dr. G.-L. gab er an, dass er beim Verlassen eines Triebfahrzeugs bei Nässe ausgerutscht und auf die rechte Seite gefallen sei. Seitdem habe er Schmerzen in der rechten Schulter, in beiden Kniegelenken und in der linken Ferse. Der Durchgangsarzt diagnostizierte eine Kontusion/Distorsion des rechten Schultergelenks, eine Kontusion des rechten Unterschenkels mit Resthämatom und einen Verdacht auf eine Kontusion des linken Kniegelenks und linken Fersenbeins. Die vom Durchgangsarzt veranlasste MRT-Untersuchung ergab für das linke Kniegelenk eine deutliche Partialruptur, degenerative Veränderungen, keinen Nachweis einer knöchernen Traumafolge, das Vorliegen einer initialen Femoropatellarthrose, eine partiale Kreuzbandruptur, bei im Übrigen intaktem Bandapparat sowie einen schräghorizontalen Riss im Hinterhorn des medialen Meniskus mit tibialem Artikulationskontakt bei zentral degenerativen Veränderungen im lateralen Meniskushinterhorn (Bericht der Dr. P. vom 17. Juli 2014).

In einem von der Beklagten übersandten Fragekatalog zum Unfallereignis schilderte der Kläger dieses mit Datum vom 6. Oktober 2014 wie folgt: "Daraufhin ist beim Verlassen/Aussteigen aus dem Triebfahrzeug (VT008) dieser Arbeitsunfall geschehen, da ich auf dem Metallschiebetritt des Triebfahrzeugs ausgerutscht bin. Da es an/in dieser Nacht stark geregnet hatte, war mein Schuhwerk nass. Bei mir führte ich ein Arbeitsgerät/Arbeitstrolley mit, welcher diesen Sturz/Arbeitsunfall beschleunigt hatte, da dieser ein Eigengewicht (ca. 35 kg) hat und ich auf diesen gestürzt bin. Auf Grund um eines Arbeitsplatzverlustes (Angst) bin ich trotzdem unter Schmerzen in dem Zeitraum vom 17. Mai 2014 bis zum 4. Juli 2014 weiterhin arbeiten gegangen. ". Wegen weiter bestehender Beschwerden im linken Kniegelenk befand sich der Kläger vom 15. bis 17. Oktober 2014 in stationärer Behandlung. Prof. Dr. M. diagnostizierte hier u.a. einen Innenmeniskusriss medial links, einen großen Knorpelschaden im Tibiaplateau lateral links und eine Plica Synovialis (Umschlagfalte der Gelenkschleimhaut) am vorderen Kreuzband links. Im Rahmen einer diagnostischen Arthroskopie erfolgte am 15. Oktober 2014 eine arthroskopische Glättung des Innenmeniskus und des Knorpels im linken Kniegelenk (vergleiche Bericht des Prof. Dr. M. vom 17.10.2014 sowie OP-Bericht des Dr. K. vom 15. Oktober 2014).

Im Rahmen eines Telefonats mit einer Sachbearbeiterin der Beklagten erklärte der Kläger am 27. Oktober 2014 zum Unfallereignis, er sei mit dem Bein weggerutscht und habe sich dieses verdreht. Er sei zuerst mit der Schulter aufgekommen.

Mit Bescheid vom 7. Januar 2015 stellte die Beklagte die Zahlung des Verletztengeldes ab 12. Januar 2015 bezüglich des streitgegenständlichen Unfallereignisses ein. In Auswertung insbesondere des Berichts von Prof. Dr. M. vom 23. Dezember 2014 sei festzustellen, dass aufgrund der Schädigung des linken Kniegelenks Arbeitsfähigkeit spätestens zum 12. Januar 2015 eintreten werde und die Schädigung im Bereich des rechten Kniegelenks in keinem Zusammenhang mit dem Ereignis vom 17. Mai 2014 stünde.

In seinem Widerspruch zum Bescheid vom 7. Januar 2015 führte der Kläger erneut zum Unfall aus. Er sei weiterhin davon überzeugt, dass die Kniebeschwerden im rechten Knie mit dem Arbeitsunfall direkt bzw. indirekt im Zusammenhang stünden. Er sei mit seinem rechten Knie und der rechten Schulter zuerst aufgekommen, weil er nach dem Sturz auf der rechten Seite lag. Sein Arbeitsgerät/Arbeitskoffer habe zwischen seinem rechten und linken Knie sowie auf seinem Oberkörper gelegen.

Zur Feststellung der Unfallfolgen bezüglich des Ereignisses vom 7. Mai 2014 veranlasste die Beklagte eine Begutachtung durch Prof. Dr. M ... Dieser diagnostizierte in seinem Gutachten vom 18. Februar 2015 im Bereich des rechten Schultergelenks eine Schulterkontusion, im Bereich des linken Kniegelenkes ein Innenmeniskushinterhornriss sowie einen Knorpelschaden des lateralen Tibiaplateaus und im Bereich des rechten Kniegelenks mutmaßlich einen Innenmeniskusschaden. Einzig der Innenmeniskushinterhornriss links sei wahrscheinlich durch das Unfallereignis verursacht worden. Behandlungsbedürftigkeit habe vom 14. Oktober 2014 bis 31. Dezember 2014 und Arbeitsunfähigkeit vom 14. Oktober 2014 bis 4. Januar 2015 bestanden. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) sei mit 10 von Hundert (v.H.) einzuschätzen.

Mit Bescheid vom 7. April 2015 erkannte die Beklagte das Ereignis vom 17. Mai 2014 als Arbeitsunfall an. Folgen des Arbeitsunfalls seien ohne funktionelle Einschränkungen ausgeheilte Prellungen des rechten Schultergelenks, ein Zustand nach operativ versorgten Innen-meniskushinterhornriss im Bereich des linken Kniegelenks ohne funktionelle Einschränkungen. Keine Folgen des Arbeitsunfalls seien ein Zustand nach operativ versorgten Knorpelschaden im Bereich des lateralen Tiabiaplateaus links sowie eine Innenmeniskusschädigung im Bereich des rechten Kniegelenks mit endgradiger Beugungseinschränkung. Ein Anspruch auf Rente bestehe mangels einer MdE von wenigstens 20 v.H. nicht.

Sein hiergegen gerichteter Widerspruch, mit dem der Kläger noch einmal ausführte, dass er aus einem Triebfahrzeug mit einer Ausstiegshöhe von bis zu einem Meter gestürzt und dabei mit der rechten Körperseite auf die Betonplatte der alten Werkhalle auf dem Betriebsgelände "aufgeknallt" sei, blieb ohne Erfolg. Mit Widerspruchsbescheid vom 29. Juni 2015 stellte die Beklagte fest, dass keine weiteren Unfallfolgen festzustellen seien. Weder sei bezüglich des rechten Knies ein entsprechender Unfallmechanismus gegeben, der zu einer Verletzung des Meniskus führen könne noch fanden sich entsprechende Begleitverletzungen der Seiten- und Kreuzbänder des rechten Kniegelenks, die eine traumatische Schädigung des Meniskus begründen ließe.

Mit Schreiben vom 29. Juni 2015 (eingegangen bei der Beklagten am gleichen Tag) legte der Kläger Widerspruch gegen den Bescheid vom 7. April 2015 ein. Im Rahmen eines persönlichen Gesprächs mit Mitarbeitern der Beklagten am 14. Juli 2015 wurde "vereinbart", dass das Widerspruchsschreiben vom 29. Juni 2015 als Klage gegen den Widerspruchsbescheid vom 29. Juni 2015 bezüglich des Bescheides vom 7. April 2015 gewertet und dem zuständigen Sozialgericht übersandt werde. Mit Schriftsatz vom 28. Juli 2015 hat die Beklagte das Gesprächsprotokoll vom 14. Juli 2015 an das Sozialgericht Gotha übersandt (Eingang am 31. Juli 2015). Mit Bescheid vom 13. August 2015 hat die Beklagte als weitere Unfallfolge eine ohne funktionelle Beeinträchtigung ausgeheilte Prellung des rechten Kniegelenks festgestellt. Im Übrigen bliebe es bei den Feststellungen mit Bescheid vom 7. April 2015.

Das Sozialgericht hat Prof. Dr. S. mit der Erstellung des Sachverständigengutachtens vom 11. Juli 2016 beauftragt. Dieser gelangt zu der Feststellung, dass sich bei dem Kläger ein verschleißbedingter Schaden am Innenmeniskus und des Gelenkknorpels beider Kniegelenke, ein Zustand nach arthroskopischer Teilresektion und dadurch eine leichte Funktionsminderung (rechts ) links) ergebe. Das Unfallereignis vom 17. Mai 2014 habe keine Gesundheitsbeeinträchtigung beim Kläger hinterlassen. Der geschilderte Unfallhergang führe zu Hämatomen bzw. offenen Verletzungen der Weichteile, gegebenenfalls auch zu Frakturen. Die schwerste bei einem solchen Mechanismus anzunehmende Bandverletzung wäre der Abriss des hinteren Kreuzbandes. All dies liege beim Kläger nicht vor. Insofern habe allenfalls - wegen geprellter Kniegelenke - unfallbedingte Behandlungsbedürftigkeit bis Ende des Jahres 2014 bestanden. Sämtliche nach Beginn der ärztlichen Behandlung festgestellten Gesundheitsbeeinträchtigungen sowohl des linken als auch des rechten Kniegelenks seien auf eine Degeneration (Verschleißerkrankung am Meniskus und Knorpel) zurückzuführen. Zudem fänden sich nirgendwo in den Unterlagen Angaben über einen Verdrehmechanismus. Ein solcher sei jedoch erforderlich um einen Schaden an den Bändern bzw. dem Menisken des Kniegelenkes hervorzurufen. Da der Mechanismus keineswegs bei einem Sturz gleichzeitig beide Kniegelenke betreffen könne, sei auch die Annahme unwahrscheinlich, der Rissschaden am linken Menis-kus sei durch das Ereignis vom 17. Mai 2014 hervorgerufen worden. Schwere Funktionsein-schränkungen und Beschwerden dürften nach dem Ereignis vom 17. Mai 2014 nicht bestanden haben, da die erste Arztkonsultation erst zwei Monate nach dem Ereignis erfolgt sei. Sämtliche Kriterien sprächen gegen die Annahme, dass der Rissschaden an den Menisken der Kniegelenke durch das Ereignis vom 17. Mai 2014 bedingt sei. Es handle sich um kein geeignetes Trauma, es liege kein geeigneter Unfallhergang vor. Es liege ein nur zunächst blander Befund vor, der erst mehrere Wochen nach dem Ereignis eine ärztliche Behandlung erforderte, sonstige degenerativen Veränderungen im Gelenk seien nachgewiesen (Knorpelschaden) und schließlich sei bei der Erstuntersuchung kein typischer Meniskusbefund (Durchgangsarztbericht) festgestellt worden. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit habe beim Kläger eine Schadensanlage (degenerative Meniskusschaden, degenerativer Knorpelschaden) beider Kniegelenke vorgelegen. Vom zeitlichen Verlauf her sei anzunehmen, dass innerhalb des Intervalls vom 17. Mai 2014 bis zur ersten durchgangsärztlichen Vorstellung eine Manifestation der Erkrankung (aus innerer Ursache) aus dieser Schadensanlage heraus entstanden sei.

Gegen das Gutachten hat der Kläger diverse Kritik vorgebracht. Unter anderem sei der Unfallablauf, wie er mit dem Durchgangsarztbericht vom 7. Juli 2014 geschildert werde, also dass er erst auf der rechten Körperhälfte (Schulter, Hüfte, Knie, Ferse) auf dem Beton aufgekommen sei, nicht zutreffend berücksichtigt worden. Im Übrigen könne es ihm nicht zum Nachteil gereichen, dass er erst so spät einen Arzt konsultiert habe. Die Ursache hierfür liege darin, dass er Angst vor einem Arbeitsplatzverlust gehabt habe. In der weiteren Folge bekräftigte er seine Kritik am vom Sachverständigen angenommenen Unfallhergang. Dieser sei von einem Sachverhalt ausgegangen, wonach die Knie beim Unfallhergang frei beweglich gewesen seien. Tatsächlich jedoch sei das rechte Bein durch einen Arbeitstrolley (Eigengewicht ca. 40 kg) arretiert gewesen. Das rechte Bein sei gerade nicht frei beweglich gewesen, sodass es im rechten Knie unfallbedingt auf jeden Fall zu einem Verdrehtrauma habe kommen können und müssen. Dieses begründe auch, dass insbesondere das rechte Knie schwerer geschädigt sei als das linke Knie. Dass das linke Knie unfallbedingt einen Innenmeniskushinterhornabriss erlitten habe, sei im Übrigen bereits durch das Zusammenhangsgutachten des Prof. Dr. M. bestätigt.

Mit Urteil vom 6. November 2017 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Über die be-reits anerkannten Unfallfolgen hinaus bestünden keine weiteren Folgen aufgrund des Ereignisses vom 17. Mai 2014. Der Sachverhalt zum Unfallereignis sei vom Kläger völlig unklar und widersprüchlich dargestellt. Vom erstbehandelnden D-Arzt Dr. G.-L. seien die vom Kläger begehrten Unfallfolgen nicht gesichert bzw. dargestellt worden. Auch ein MRT aus Juli 2014 habe keine Unfallfolgen sichern können. Vielmehr seien keine Schädigungen an Knochen oder gröbere begleitende Weichteilschwellungen auszumachen gewesen. Die vordere Kreuzbandruptur und der schräg horizontale Riss im Hinterhorn des medialen Meniskus fußen auf entsprechenden degenerativen Veränderungen. Der Sachverständige Prof. Dr. S. habe zutreffend darauf verwiesen, dass für einen Kniebinnenschaden ein Verdrehtrauma erforderlich sei. Im konkreten Fall des Klägers wäre dazu sogar, da er beide Meniskusschäden als Unfallfolge anerkannt wissen wolle, ein gleichzeitiges Verdrehtrauma bezüglich beider Knie erforderlich. Ein solches sei schlicht nicht vorstellbar. Im Übrigen seien Hämatome, offene Verletzungen der Weichteile, Frakturen und Bandverletzungen wie der Abriss des linken Kreuzbandes als Folge eines solchen Verdrehtraumas nicht befundet worden. Es sei auch kein traumabedingter Knorpelschaden am linken oder rechten Knie festgestellt worden. Schließlich sei zu berücksichtigen, dass der Kläger die Arbeit wieder aufgenommen und erst ca. zwei Monate später einen Arzt konsultiert habe. Entgegen der Auffassung des Prof. Dr. M. sei auch kein Rissschaden an Innenmeniskus unfallbedingt. Insoweit sei der geschilderte Unfallsachverhalt nicht geeignet, da hier wiederum das Verdrehmoment fehle und im Übrigen sei von einem degenerativen Vorschaden auszugehen. Mit der Feststellung des Sachverständigen Prof. Dr. S. könne eine MdE von 20 v.H. nicht begründet werden.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, mit der dieser zum Unfallhergang schriftsätzlich zunächst ausgeführt hat, er sei auf die rechte Seite gefallen. Dabei sei er mit dem rechten Knie aufgeschlagen. Der Werkzeugkoffer habe sich zwischen dem rechten und dem linken Bein befunden. Daher sei dann das rechte Knie unmittelbar auf dem Boden aufgeschlagen und das linke Knie auf den Werkzeugkoffer. Dies stelle einen geeigneten Unfallhergang dar. Im MRT sei eine vordere Kreuzbandruptur nachgewiesen. Eine solche könne auch nur bei Verzerrung oder Verdrehen des Knies eintreten. Unter Verweis auf Schönberger/Mehrtens/Valentin, S. 655 ff. spreche eine Kreuzbandschädigung als Begleitschaden zur Schädigung des Innenmeniskushinterhorns für den Unfallzusammenhang. Gleiches gelte für das rechte Knie. Um insoweit ein Unfallzusammenhang zweifelsfrei festzustellen, mangele es allerdings leider an einer entsprechenden Histologie. Im Übrigen sei zu berücksichtigen, dass ihm ein Grad der Behinderung von 50 v.H. gewährt worden sei.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Gotha vom 6. November 2017 aufzuheben und unter Abänderung des Bescheides der Beklagten vom 7. April 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Juni 2015 und des Bescheides vom 13. August 2015 die Beklagte zu verurteilen, als weitere Folge des Arbeitsunfalles vom 17. Mai 2014 einen Zustand nach operativ versorgten Knorpelschaden im Bereich des lateralen Tibiaplateaus links, eine endgradige Bewegungseinschränkung nach operativ versorgten Innenmeniskushinterhornriss im Bereich des linken Kniegelenks und eine horizontale Ruptur des medialen Meniskus im Bereich des rechten Kniegelenks mit endgradiger Bewegungseinschränkung festzustellen sowie eine Teilverletztenrente ab 17. Mai 2014 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Mit Schriftsatz vom 18. Dezember 2018 hat sie den ursprünglichen Bescheid vom 7. April 2015 abgeändert und den dort bei den Unfallfolgen angeführten Passus "ohne funktionelle Einschränkungen" zurückgenommen. Im Übrigen hält sie die angefochtenen Bescheide und die Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend.

In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger zum Unfallhergang u.a. vorgetragen, dass er sich beim Verlassen des Triebfahrzeugs mit der linken Hand an dem Gestänge des Triebwagens festgehalten und mit der rechten Hand den Trolley vor dem Körper getragen habe. Seine linke Hand sei bei der Stange abgerutscht und er sei dann aus dem Triebfahrzeug gefallen. Soweit er in seinen Angaben gegenüber der Beklagten am 6. Oktober 2014 angegeben habe, er sei auf dem Metallschiebetritt des Triebfahrzeugs ausgerutscht, sei dies nicht richtig. Durch den Unfall sei das rechte Bein vor dem Sturz durch den Arbeitstrolley arretiert worden; eine Arretierung davor sei ihm nicht bewusst. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.

Bezüglich der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichts- sowie der beigezogenen Gerichtsakte S 18 U 4242/15 und der Verwaltungsakte verwiesen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Rechtsweg:

SG Gotha, Urteil vom 06.11.2017 - S 18 U 2924/15

Quelle:

Sozialgerichtsbarkeit BRD

Entscheidungsgründe:

Die nach §§ 143, 144 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Er hat weder einen Anspruch auf Feststellung der geltend gemachten Gesundheitsschäden als Unfallfolgen (hierzu 1.) noch einen Anspruch auf Gewährung einer Verletztenrente (hierzu 2.).

Richtige Klageart für die Feststellung weiterer Unfallfolgen ist die kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage nach § 54 Abs. 1 SGG und § 55 Abs. 1, 3 SGG. Soweit der Kläger die Zahlung von Verletztenrente begehrt, handelt es sich um eine kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage nach § 54 Abs. 1 und 4 SGG.

Die Klage ist zulässig und insbesondere innerhalb der Klagefrist nach § 87 Abs. 1 Satz 1 SGG erhoben. Nach § 90 SGG ist die Klage beim zuständigen Gericht schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zu erheben. § 92 Abs. 1 Satz 2 SGG bestimmt insoweit konkretisierend, dass die Klage unterschrieben sein soll. Eine fehlende Unterschrift macht die Klage deswegen nicht von vornherein unwirksam. Dies jedenfalls dann nicht, solange sich aus dem Schriftstück ergibt, wer die Klage erhoben hat und so lange keine Anhaltspunkte dafür sprechen, dass die Klage ohne den Willen des Klägers in Verkehr gelangt ist. Insoweit ist hier zu konstatieren, dass der Widerspruchsbescheid vom 29. Juni 2015 dem Kläger am 2. Juli 2015 nach § 37 Abs. 2 Satz 1 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) als bekannt gegeben gilt und damit ab diesem Tag die Monatsfrist nach § 87 Abs. 1 Satz 1 SGG zu laufen begann. Das Schreiben der Beklagten nebst dem Aktenvermerk vom 14. Juli 2015 mit Eingang beim Sozialgericht vom 31. Juli 2015 ist eine wirksame Klageerhebung im Sinne der §§ 90, 92 SGG. Auch wenn sich hier keine eigenhändige Unterschrift des Klägers findet, ist klar, wer Kläger und was Streitgegenstand sein sollen. Es bestehen auch keine Zweifel an der Ernsthaftigkeit des Willens diese Klage zu führen, wie sich auch aus dem weiteren Verfahrensgeschehen und der baldigen Bestellung des Prozessbevollmächtigten des Klägers ergibt.

1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung der geltend gemachten Gesundheitsschäden als Unfallfolgen; die Berufung ist unbegründet.

Rechtsgrundlage für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls ist § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII. Danach sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Für einen Arbeitsunfall ist es danach erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer oder sachlicher Zusammenhang). Diese Verrichtung muss zu dem zeitlich begrenzten, von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt (Unfallkausalität) und das Unfallereignis einen Gesundheits(erst)schaden verursacht haben (haftungsbegründende Kausalität); das Entstehen von länger andauernden Unfallfolgen auf Grund des Gesundheits(erst)schadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist keine Voraussetzung für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls, sondern insbesondere für die Gewährung einer Verletztenrente (vgl. Bundessozialgericht - BSG -, Urteil vom 30. Juni 2009 - B 2 U 22/08 R, juris).

Im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung gibt es unterschiedliche Beweisanforderungen. Für die äußerlich fassbaren und feststellbaren Voraussetzungen "versicherte Tätigkeit", "Verrichtung zur Zeit des Unfallereignisses", "Unfallereignis" und "Gesundheitserstschaden" wird eine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit gefordert, die vorliegt, wenn kein vernünftiger die Lebensverhältnisse klar überschauender Mensch noch zweifelt (Vollbeweis). Vermutungen, Annahmen, Hypothesen und sonstige Unterstellungen reichen daher ebenso wenig aus wie eine (möglicherweise hohe) Wahrscheinlichkeit. Hinreichende Wahrscheinlichkeit wird von der ständigen Rechtsprechung für die Beurteilung des ursächlichen Zusammenhangs zwischen Unfallereignis und Gesundheitserstschaden (haftungsbegründende Kausalität) sowie dem Gesundheitserstschaden und der Unfallfolge im Sinne eines länger andauernden Gesundheitsschadens (haftungsausfüllende Kausalität) für ausreichend erachtet (vgl. BSG, Urteil vom 20. März 2007 - B 2 U 27/06 R, juris). Hinreichende Wahrscheinlichkeit liegt vor, wenn bei vernünftiger Abwägung aller Umstände diejenigen so stark überwiegen, die für den Ursachenzusammenhang sprechen, dass darauf eine richterliche Überzeugung gegründet werden kann (vgl. BSG, Urteil vom 9. Mai 2006 - B 2 U 1/05 R, juris). Sofern die notwendigen tatbestandlichen Voraussetzungen nicht von demjenigen, der sie geltend macht, mit dem von der Rechtsprechung geforderten Grad nachgewiesen werden, hat er die Folgen der Beweislast dergestalt zu tragen, dass dann der entsprechende Anspruch entfällt.

Zur Feststellung einer gesundheitlichen Beeinträchtigung infolge eines Versicherungsfalles muss zwischen dem Unfallereignis und den geltend gemachten Unfallfolgen ein Ursachenzusammenhang nach der im Sozialrecht geltenden Theorie der wesentlichen Bedingung bestehen. Die Theorie der wesentlichen Bedingung beruht auf der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie, nach der jedes Ereignis Ursache eines Erfolges ist, das nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio-sine-qua-non). Erst nachdem feststeht, dass ein bestimmtes Ereignis eine naturwissenschaftliche Ursache für einen Erfolg ist, stellt sich die Frage nach einer wesentlichen Verursachung des Erfolgs durch das Ereignis. Aufgrund der Unbegrenztheit der naturwissenschaftlich-philosophischen Ursachen für einen Erfolg ist zwischen Ursachen zu unterscheiden, denen der Erfolg zugerechnet wird, und anderen, die für den Erfolg rechtlich unerheblich sind. Als kausal und rechtserheblich werden nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben. Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs bzw. des Gesundheitsschadens abgeleitet werden (vgl. BSG, Urteil vom 9. Mai 2006 - B 2 U 1/05 R, juris).

Ausgehend hiervon steht zur Überzeugung des Senats nicht fest, dass das Ereignis vom 17. Mai 2014 wesentlich für den Knorpelschaden im Bereich des lateralen Tibiaplateaus links und eine horizontale Ruptur des medialen Meniskus im Bereich des rechten Kniegelenks war. Es gibt erhebliche gegen einen Ursachenzusammenhang sprechende Gesichtspunkte, sodass es dem Senat nicht möglich war, die erforderliche Überzeugung eines Zusammenhangs zu gewinnen. Er verweist insoweit nach § 153 Abs. 2 SGG auf die zutreffenden Entscheidungsgründe des Sozialgerichts und stellt klar, dass der Senat nicht über die von der Beklagten mit den Bescheiden vom 7. April 2015 und 13. August 2015 und der Klarstellung mit Schriftsatz vom 18. Dezember 2018 bereits anerkannten Schäden (ohne funktionelle Einschränkungen ausgeheilte Prellungen des rechten Schultergelenks, ein Zustand nach operativ versorgten Innenmeniskushinterhornriss im Bereich des linken Kniegelenks sowie ohne funktionelle Beeinträchtigung ausgeheilte Prellung des rechten Kniegelenks) zu entscheiden hatte; diese sind von der Beklagten bestandskräftig anerkannt.

Soweit der Kläger die Feststellung einer endgradigen Bewegungseinschränkung nach operativ versorgtem Innenmeniskushinterhornriss im Bereich des linken Kniegelenks begehrt, ist dies unzulässig. Grundsätzlich besteht ein Anspruch auf Feststellung (nur) des unfallbedingten Gesundheitsschadens. Ein Gesundheitsschaden im Sinne des § 8 Abs. 1 SGB VII wird nach allgemeiner Auffassung entsprechend der im Recht der Gesetzlichen Krankenversicherung geltenden Definition bestimmt als regelwidriger körperlicher, geistiger oder seelischer Zustand (vgl. Wagner in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VII, 2. Auflage 2014, § 8 SGB VII, Rn. 151). Das Bundessozialgericht verwendet in seiner jüngeren Rechtsprechung nur noch den Begriff Gesundheitserstschaden, weil die über den Erstschaden hinausgehenden, weiteren Unfallfolgen nicht Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls, sondern lediglich für die Gewährung einer Verletztenrente sind (vgl. BSG, Urteile vom 15. Mai 2012 - B 2 U 16/11 R, Rn. 19 sowie vom 5. Juli 2011 - B 2 U 17/10 R, Rn. 18 - beide nach juris). Das bedeutet, dass nur der Gesundheitserstschaden anerkannt werden kann und darüber hinaus jegliche Folgen (wie Funktionseinbußen, bestimmte Therapie oder Behandlungsformen etc.) nicht Bestandteil des Gesundheitserstschadens sind. Anderes gilt nur, wenn schon bei der Diagnose eines Gesundheitsschadens eine Gewichtung bzw. Stufung nach der herrschenden wissenschaftlichen Meinung allgemein anerkannt ist (z.B. leichte, mittelgradige und schwere Depression).

Der Versicherte hat damit grundsätzlich keinen Anspruch auf Anerkennung einer aus einer Unfallfolge resultierenden bestimmten Funktionseinschränkung. Folgen wie Funktionseinschränkungen eines Gesundheitserstschadens sind hingegen im Rahmen der MdE mit der möglichen Folge einer Verletztenrente zu berücksichtigen.

Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass - unabhängig von der Feststellung der Unfallkausalität - kein Anspruch darauf besteht, bzgl. des Innenmeniskushinterhornrisses eine endgradige Bewegungseinschränkung festzustellen.

Ebenso wie der Versicherte - jenseits der Bestimmung der MdE - keinen Anspruch auf separate Feststellung von Funktionseinschränkungen als Unfallfolge hat, ist auch der jeweilige Leistungsträger der gesetzlichen Unfallversicherung nicht berechtigt, entsprechende Gesundheitsschäden im Rahmen der Feststellung der Unfallfolgen als "folgenlos ausgeheilt", "ohne Funktionseinschränkung" etc. einschränkend festzustellen. Solches hat die Beklagte jedoch vorliegend zunächst getan, in dem sie einen "Innenmeniskushinterhornriss im Bereich des linken Kniegelenks ohne funktionelle Einschränkung" als Unfallfolge festgestellt hat.

In Konstellationen, in denen der Kläger - wie vorliegend - unzulässig eine Funktionseinschränkung als Unfallfolge festgestellt wissen will und dem gegenüber der Unfallversicherungsträger eine solche Funktionseinschränkung als Unfallfolge ausgeschlossen hat, besteht zumindest ein Anspruch des Versicherten auf Beseitigung des durch den Unfallversicherungsträger gesetzten Rechtsscheines - mithin ein Anspruch auf Aufhebung dieser einschränkenden Feststellung (im Sinne von "folgenlos ausgeheilt", "ohne Funktionseinschränkung" etc.). Hierbei handelt es sich lediglich um die Beseitigung eines negativen Rechtsscheins, der für sich keine weitere rechtliche Relevanz besitzt und insbesondere nicht von selbst zur Gewährung einer Verletztenrente führt. Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 18. Dezember 2017 die mit Bescheid vom 7. April 2015 erfolgte "Einschränkung" der anerkannten Unfallfolge zurückgenommen und den Rechtsschein beseitigt, so dass es insoweit keiner weiteren Entscheidung des Senats bedarf.

Im Weiteren weist der Senat darauf hin, dass die medizinischen Unterlagen und bildgebenden Befunde gegen die Annahme eines traumabedingten Knorpelschadens im linken oder rechten Knie bzw. eines Meniskusschadens im rechten Knie sprechen. Insoweit haben die durchgeführten bildgebenden Untersuchungen (Röntgen und MRT) keine Hinweise auf eine Traumafolge gegeben. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die kernspintomographische Bildtechnik eine Unterscheidung zwischen einer frischen und alten Verletzung ermöglicht (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 9. Auflage 2017, S. 655). Bezüglich der Meniskusverletzung ist mit der herrschenden wissenschaftlichen Literaturmeinung (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 656) festzuhalten, dass eine entsprechende Läsion nur dann möglich ist, wenn die physiologischen Bewegungs- und Belastungsgrenzen überschritten werden. Dann müssen jedoch auch schützende Strukturen wie der Kapselbandapparat mit geschädigt werden. Meniskusschäden sind somit nur in Begleitung nachweisbarer Kapselbandschäden zu erwarten. Eine tatsächlich unfallbedingt eingetretene Meniskusverletzung ist an sich nur möglich, wenn mit ihr eine schwere Gelenkschädigung, die dann naturgemäß auch mit einer unverkennbaren Sofortsymptomatik (Gelenkschmerz, Gelenkblockierung, zunehmende Gelenkschwellung) einhergeht (strukturelles Schadensbild). Eine blande Anfangssymptomatik mit Fortsetzung der beruflichen Tätigkeit lässt berechtigten Zweifel aufkommen, ob tatsächlich eine unfallbedingte Meniskusschädigung eingetreten ist (funktionelles Schadensbild). Im Übrigen spricht ein Horizontalriss in aller Regel für eine Verursachung durch vorbestehende Texturstörungen und nicht durch einen traumatischen Vorfall.

Vorliegend sind - wie auch der Sachverständige Prof. Dr. S. zutreffend ausführt - weder eine offene Verletzung der Weichteile noch Frakturen oder ein Abriss des hinteren Kreuzbandes gegeben. Darüber hinaus ist es sowohl links (vgl. MRT-Befund vom 17. Juli 2014) sowie rechts (MRT-Befund vom 17. November 2015) jeweils zu einer horizontal verlaufenden Ruptur des jeweiligen Meniskus gekommen. Das spricht - wie bereits ausgeführt - gegen eine traumatische Verursachung. Der MRT-Befund gibt keinerlei Anhalt für frische Verletzungen, lediglich degenerative Veränderungen waren feststellbar. Im Weiteren hat der Kläger nach dem Unfallereignis weiter gearbeitet und einen Arzt erst nach mehreren Wochen konsultiert, sodass die in der wissenschaftlichen Lehrmeinung geforderte unverkennbare Sofortsymptomatik nicht gegeben ist. Damit sprechen schon das klinische Bild, der Bildbefund sowie das Verhalten nach dem Unfallereignis gegen die Wahrscheinlichkeit des Meniskusschadens am rechten Knie als Folge des Ereignisses.

Darüber hinaus konnte der Senat keinen geeigneten Unfallmechanismus bzw. kein geeignetes Unfallgeschehen feststellen. Der vom Kläger vorgetragene Sachverhalt variiert und ist nicht nur - wie auch das Sozialgericht schon ausgeführt hat - unschlüssig, sondern widersprüchlich. So hat der Kläger im Rahmen der mündlichen Verhandlung einen weiteren Unfallhergang (Abrutschen der haltenden Hand am Gestänge) als zuvor (Stolpern, Ausrutschen) als Auslöser für den Sturz beschrieben. Die bisherigen Unfallschilderungen, die ein Ausrutschen darstellten, hat er ausdrücklich dementiert. Der tatsächliche Sachverhalt konnte unter diesen Bedingungen vom Senat nicht aufgeklärt werden. Das Unfallereignis muss im Vollbeweis (siehe hierzu bereits oben) erwiesen sein. Von solch einem Vollbeweis, also einer an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit, die vorliegt, wenn kein vernünftiger die Lebensverhältnisse klar überschauender Mensch noch zweifelt, kann der Senat nicht ausgehen. Die Unfallangaben sind zu widersprüchlich. Der Kläger hat im Rahmen der mündlichen Verhandlung die im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren anders dokumentierten Unfallgeschehen mit fehlerhafter Darstellung Dritter (D-Arzt, Gutachter etc.) begründet, hat aber dann nicht erklären können, warum seine Angaben in der mündlichen Verhandlung von seinen eigenen handschriftlichen Angaben vom 6. Oktober 2014 im Unfallfragebogen abweichen. Der Senat konnte daher nicht feststellen, dass es bei dem Unfallereignis zu einem "wuchtigen Drehsturz" (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 657) kam. Ein solcher Sturz wird als einzig möglicher Unfallmechanismus für eine - wie hier - isolierte Meniskusverletzung erkannt. Hierbei wird das gebeugte und rotierte Kniegelenk bei fixiertem Unterschenkel/Fuß plötzlich passiv in die Streckung gezwungen. Eine Fixierung des Fußes z.B. durch den Trolley hat der Kläger im Rahmen der mündlichen Verhandlung - anders als noch im erstinstanzlichen schriftsätzlichen Vortrag - ausgeschlossen. Zuletzt hat der Kläger angegeben, dass er mit der haltenden Hand vom Haltegriff abgerutscht und mit dem Fuß vom Trittbrett abgerutscht sei. Ein solches Wegrutschen des Fußes stellt keinen geeigneten Unfallmechanismus dar, da hierbei keine schädigende Kraft in das Kniegelenk eingeleitet werden kann und insbesondere kein Verdrehen möglich ist (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 658). Unklar bleibt zudem - worauf der Sachverständige Prof. Dr. S. zutreffend hingewiesen hat - wie ein Unfallmechanismus gegeben sein soll, der für beide Kniegelenke einen entsprechenden Drehmechanismus darstellt.

Ein geeigneter Unfallmechanismus ist damit nicht erwiesen. Auch die übrigen Kriterien des funktionellen und strukturellen Schadensbildes sprechen gegen die Annahme einer Unfallursächlichkeit. Damit ist ein unfallbedingter Zusammenhang der geltend gemachten Verletzungen unwahrscheinlich.

2. Ein Anspruch auf Verletztenrente ergibt sich nicht. Nach § 56 Abs. 1 Satz 1 SGB VII haben Versicherte in Folge eines Versicherungsfalles über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus Anspruch auf Gewährung von Rente, wenn die Erwerbsfähigkeit um mindestens 20 v. H. gemindert ist. Ist bei Versicherten die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20, besteht nach § 56 Abs. 1 Satz 2 SGB VII für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente (Stützrententatbestand). Die Folgen eines Versicherungsfalls sind nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 v.H. mindern (§ 56 Abs. 1 Satz 3 SGB VII).

Ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Die durch den Arbeitsunfall am 17. Mai 2014 verursachte MdE ist mit weniger als 20 v.H. anzusetzen.

Die Bemessung des Grades der MdE ist eine Tatsachenfeststellung, die das Gericht nach § 128 Abs. 1 Satz 1 SGG nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewon-nenen Überzeugung trifft. Neben der Feststellung der Beeinträchtigung des Leistungsvermögen des Versicherten ist dabei die Anwendung medizinischer sowie sonstiger Erfahrungssätze über die Auswirkungen bestimmter körperlicher oder seelischer Beeinträchtigungen auf die verbliebenen Arbeitsmöglichkeiten des Betroffenen auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens erforderlich. Als Ergebnis dieser Wertung ergibt sich die Erkenntnis über den Umfang der dem Versicherten versperrten Arbeitsmöglichkeiten. Hierbei kommt es stets auf die gesamten Umstände des Einzelfalles an (vgl. BSG, Urteil vom 2. Mai 2001 - B 2 U 24/00 R, juris). Bei der Bewertung der MdE ist nicht der Gesundheitsschaden als solcher maßgebend, sondern vielmehr der damit verbundene Funktionsverlust unter medizinischen, juristischen, sozialen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten (vgl. BSG, Urteile vom 20. Dezember 2016 - B 2 U 11/15 R und vom 22. Juni 2004 - B 2 U 14/03 R, beide nach juris). Die Beurteilung, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten durch Unfallfolgen beeinträchtigt sind, liegt in erster Linie auf ärztlich-wissenschaftlichem Gebiet. Ärztliche Meinungsäußerung darüber, inwieweit derartige Beeinträchtigungen sich auf die Erwerbsfähigkeit des Verletzten auswirken, sind zwar nicht verbindlich, bilden aber eine wichtige und vielfach unentbehrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE, vor allem soweit sie sich darauf beziehen, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch Unfallfolgen beeinträchtigt sind (vgl. BSG, Urteil vom 23. April 1987 - 2 RU 42/86, juris). Darüber hinaus sind bei der Beurteilung der MdE auch die von der Rechtsprechung sowie von dem versicherungsrechtlichen und versicherungsmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten allgemeinen Erfahrungssätze zu beachten, die zwar nicht im Einzelfall bindend sind, aber die Grundlage für eine gleiche und gerechte Beurteilung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis bilden (vgl. BSG, Urteil vom 20. Dezember 2016 - B 2 U 11/15 R, juris). In Anwendung dieser Grundsätze ergibt sich, dass die Beklagte mit den angegriffenen Bescheiden zutreffend von einer MdE von weniger als 20 v.H. ausgegangen ist.

Als Unfallfolge verblieben sind lediglich die bereits anerkannten Unfallfolgen. Diese, zum Teil folgenlos ausgeheilten, Unfallfolgen rechtfertigt keine MdE von mindestens 20 v.H. Den Erfahrungswerten folgend ist zudem bei einer Bewegungseinschränkung im Knie von 0/0/120 eine MdE von 10 v.H. anzunehmen. Eben diese - unfallbedingte - Bewegungseinschränkung ist mit dem Gutachten des Prof. Dr. M. dokumentiert; die Feststellungen durch Prof. Dr. S. mit 10/0/120 stehen einer MdE von 20 v.H. ebenfalls entgegen. Hier ergibt sich vielmehr eine Verbesserung der Bewegungseinschränkungen.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG. Die Klarstellung der Beklagten mit Schriftsatz vom 18. Dezember 2018 führt zu keiner auch nur teilweisen Kostentragungspflicht. Es handelt sich lediglich um die Beseitigung eines Rechtsscheins, der in Anbetracht des gesamten klägerischen Begehrens eine weit untergeordnete Rolle einnimmt.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.

Referenznummer:

R/R8118


Informationsstand: 15.05.2019