Urteil
Keine Anerkennung der Berufskrankheit Nr. 4103 Asbeststaublungenerkrankung/Asbestose oder durch Asbeststaub verursachte Erkrankung der Pleura bei fehlendem Nachweis von Einschränkungen der körperlichen Leistungsfähigkeit

Gericht:

LSG Nordrhein-Westfalen 17. Senat


Aktenzeichen:

L 17 U 72/18


Urteil vom:

01.04.2019


Grundlage:

  • SGB VII § 9 Abs. 1 |
  • BKV Nr. 4103

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 18.01.2018 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Gewährung einer Rente wegen einer Berufskrankheit (BK) nach Nr. 4103 (Asbeststaublungenerkrankung/Asbestose oder durch Asbeststaub verursachte Erkrankung der Pleura) der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung (BKV).

Der 1939 geborene Kläger war von Mai 1956 bis Januar 1980 als Gießer und von Februar 1980 bis Oktober 2000 als Beizer beschäftigt. Im August 2014 wurde bei ihm eine Asbestose festgestellt.

Im Oktober 2014 beantragte der Kläger bei der Beklagten, bei ihm eine Asbestose als BK anzuerkennen und zu entschädigen. Diese sei durch den während seiner Berufstätigkeit eingeatmeten Asbeststaub entstanden. Die Beklagte zog Unterlagen der Krankenkasse sowie der Rentenversicherung bei und holte Auskünfte von den Arbeitgebern des Klägers ein. Der Präventionsdienst der Beklagten gelangte in seiner Stellungnahme zur Arbeitsplatzexposition vom 21.04.2015 zu der Einschätzung, dass der Kläger bei seinen Tätigkeiten von Mai 1956 bis Oktober 2000 wiederkehrend direkt und indirekt gegenüber Asbestfaserstäuben exponiert tätig gewesen sei. Die Berechnung der kumulativen Astbestfaserstaubdosis habe 60,7 Faserjahre ergeben.

Die Beklagte holte daraufhin ein arbeitsmedizinisch-internistisches Gutachten von Prof. Dr. C, Institut für Prävention und Arbeitsmedizin der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung, Institut der Ruhr-Universität C, ein. Dieser kam in seinem Gutachten vom 02.09.2015 unter Berücksichtigung eines radiologischen Gutachtens von Prof. Dr. O, C, Berufsgenossenschaftliches Universitätsklinikum C, vom 24.07.2015 zu dem Ergebnis, dass beim Kläger die BK 4103 vorliege, diese jedoch keine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) bedinge. Bei der aktuellen Untersuchung seien durch den fachradiologischen Zusatzgutachter Prof. Dr. O asbestassoziierte Pleuraveränderungen bestätigt worden. Eine Lungenfunktionseinschränkung existiere nicht. Wesentliche sonstige Erkrankungen bestünden in einem Zustand nach Prostatakarzinom und einem postoperativ aufgetretenen Vorhofflimmern, das erfolgreich kardiovertiert worden sei.

Mit Bescheid vom 13.10.2015 erkannte die Beklagte das Vorliegen der BK 4103 an, die Gewährung einer Verletztenrente lehnte sie aber ab mit der Begründung, dass keine MdE im rentenberechtigenden Grade vorliege. Als BK-Folge erkannte sie an: "Durch beruflichen Umfang mit Asbest verursachte Veränderungen im Bereich der Pleura (Brust-Rippenfell) ohne dadurch bedingte Einschränkung der Lungenfunktion". Der beim Kläger vorliegende Zustand nach Vorhofflimmern und Kardioversion, die Sinusbradykardie, der Zustand nach Prostatakarzinom sowie die arterielle Hypertonie seien unabhängig von der BK.

Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein. Er vertrat die Auffassung, er habe einen Anspruch auf Rente, da die BK eine MdE von mindestens 20 v.H. bedinge. Mit Widerspruchsbescheid vom 25.02.2016 wies die Beklagte den Widerspruch unter Bezugnahme auf das Gutachten des Prof. Dr. C zurück.

Hiergegen hat der Kläger am 28.02.2016 Klage vor dem Sozialgericht Dortmund (SG) erhoben. Er hat die Feststellungen des Prof. Dr. C für fehlerhaft gehalten. Entgegen dessen Feststellungen habe die asbestotische Veränderung des Brustfells sehr wohl funktionelle Auswirkungen auf seine Atmung und seinen Kreislauf. Gemäß den einschlägigen MdE-Tabellen liege bei einer Asbestose eine MdE von 20 bis 40 v.H. bereits bei einer geringgradigen Belastungsdyspnoe, Husten, vor, wobei bei der Lungenfunktion bereits geringgradige Veränderungen ausreichten. Danach sei bei ihm in jedem Fall von einer MdE von zumindest 20 v.H. auszugehen.

Der Kläger hat beantragt,

unter entsprechender Aufhebung des Bescheides vom 13.10.2015 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 25.02.2016 die Beklagte zu verurteilen, wegen der Folgen der Berufskrankheit nach Nr. 4103 der Anlage zur BKV Verletztenrente nach einer MdE um 20 v.H. zu gewähren.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat den angefochtenen Bescheid für rechtmäßig gehalten.

Das SG hat Beweis erhoben durch Einholung eines lungenfachärztlichen Gutachtens von Dr. A. Dieser ist in seinem Gutachten vom 30.05.2016 aufgrund einer ambulanten Untersuchung des Klägers vom 18.05.2016, einer Lungenfunktionsprüfung durch das MVZ für Kardiologie und Pneumologie/Iserlohn vom selben Tag sowie unter Berücksichtigung der aktenkundigen medizinischen Unterlagen zu dem Ergebnis gelangt, dass die von ihm aktuell durchgeführten Untersuchungen die geschilderten lungenfunktionsanalytischen Vorbefunde des Prof. Dr. C voll umfänglich bestätigt hätten. Wiederum habe sich eine komplett normale Lungenfunktion gefunden. Bei dem Kläger bestehe zwar eine BK 4103 im Sinne einer pleuraständigen asbestassoziierten Gewebsveränderung. Diese Krankheitsstrukturen wirkten sich jedoch nicht einschränkend auf die Atemfunktion aus und führten deshalb nicht zu einer MdE. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf das Gutachten vom 30.05.2016 verwiesen.

Der Kläger hat sich mit dem Gutachten nicht einverstanden erklärt. Die MdE richte sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens, den verbliebenen Beeinträchtigungen des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens und dem Umfang der dadurch verschlossenen Arbeitsmöglichkeiten. Entscheidend sei nicht der Gesundheitsschaden als solcher, sondern vielmehr der Funktionsverlust unter medizinischen, juristischen, sozialen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Wegen der bei ihm vorliegenden Asbestose entfielen bereits alle die Atemwege belastenden Arbeitsplätze. Ärztliche Meinungsäußerungen darüber, inwieweit derartige Beeinträchtigungen sich auf die Erwerbsfähigkeit auswirken, hätten keine verbindliche Wirkung, sie stellten lediglich eine Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE dar. Bei ihm seien aber auch tatsächlich erhebliche Einschränkungen vorhanden, welche sich vor allem in seiner Kurzatmigkeit bei Belastung und dem chronischen Reizhusten zeigten. Darüber hinaus habe er sich auch wegen einer Herzkrankheit ("Flimmern") in Behandlung begeben müssen. Insoweit bestehe offensichtlich auch ein Ursachenzusammenhang mit der Asbestose. Die Ausführungen des Dr. A, dass infolge der BK die Erwerbsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht gemindert sei, seien deshalb schlicht falsch.

Mit Urteil vom 18.10.2018 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die beim Kläger unstreitig vorliegende BK 4103 keine MdE von wenigstens 20 v.H. bedinge. Bei den Lungenfunktionsanalysen hätten die Gutachter keinen einzigen auffälligen Messwert registriert. Auch die Untersuchungen bei Prof. Dr. C und Dr. A hätten keine Auffälligkeiten gezeigt. Bei der Spiroergometrie hätten pulmonale oder kardiale Limitierungen der körperlichen Leistungsfähigkeit nicht nachgewiesen werden können. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.

Gegen das ihm am 05.02.2018 zugestellte Urteil hat der Kläger am selben Tag Berufung eingelegt. Zur Begründung hat er im Wesentlichen seinen Vortrag aus dem sozialgerichtlichen Verfahren wiederholt. Dr. A habe die bei ihm vorliegenden Beeinträchtigungen nicht ausreichend gewürdigt. Bei der Untersuchung durch Dr. A habe er angegeben, dass er seit vielen Jahren eine belastungsabhängige Kurzatmigkeit empfinde, zu häufigen Schweißausbrüchen neige und unter chronischem Reizhusten sowie Auswurf leide. Hierzu habe sich der Sachverständige in seinem Gutachten nicht geäußert. Dies sei jedoch ein wesentliches Kriterium für die Bewertung der MdE.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 18.01.2018 abzuändern und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 13.10.2015 und des Widerspruchsbescheides vom 25.02.2016 zu verurteilen, ihm wegen der Folgen der Berufskrankheit nach Nr. 4103 der Anlage zur BKV Rente nach einer MdE von 20 v.H. zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Nach den von Prof. Dr. C und Dr. A erhobenen funktionellen Befunden bestehe eine vollkommen normale Lungenfunktion ohne Restriktion, Obstruktion, keine Überblähung, keine Diffusionsstörung, keine Gasaustauschstörung mit altersgerechter Belastbarkeit in der Spirometrie. Nach den Falkensteiner Empfehlungen bemesse sich die MdE nach der Anamnese, also den Beschwerden, nach der Klinik, der Lungenfunktion, der Belastungsuntersuchung, der Spiroergometrie und der Therapie. Eine MdE-Bestimmung alleine nach subjektiv vorgetragenen Beschwerden ohne nachweisbare Funktionseinschränkungen entspreche nicht den Bestimmungen in der gesetzlichen Unfallversicherung. Die vom Kläger vorgetragenen Einschränkungen im alltäglichen Leben seien lungenfunktionsanalytisch nicht nachvollziehbar. Für eine Verursachung des aufgetretenen Vorhofflimmerns durch die nachgewiesene Asbestose gebe es keinerlei Anhaltspunkte.

Mit Richterbrief vom 26.04.2018 ist der Kläger darauf hingewiesen worden, dass weitere Ermittlungen aufgrund des eindeutigen Ergebnisses der Lungenfunktionsprüfungen nicht beabsichtigt seien. Daraufhin hat der Kläger erklärt, seit der letzten Begutachtung durch Dr. A am 18.05.2016 sei eine Verschlechterung seiner gesundheitlichen Situation eingetreten. Die belastungsabhängige Kurzatmigkeit sowie Schweißausbrüche würden nun gehäuft auftreten. Er leide auch unter chronischem Reizhusten mit Auswurf.

Der Senat hat daraufhin Befundberichte eingeholt von der Fachärztin für Innere Medizin und Kardiologie Dr. M und dem Facharzt für Allgemeinmedizin E.

Dr. M hat in ihrem Befundbericht vom 07.08.2017 ein paroxysmales Vorhofflimmern, eine arterielle Hypertonie und einen Zustand nach Cholezystektomie diagnostiziert. Sie stimme dem Gutachten des Dr. A zu. Herr E hat in seinem Befundbericht vom 10.08.2018 ausgeführt, der Kläger sei seit März 2015 bei ihm in Behandlung. Der Gesundheitszustand und die Befunde hätten sich bis auf eine altersbedingte Abnahme der Belastbarkeit und Immobilität relativ stabil gehalten. Er stimme dem Gutachten des Dr. A zu. Auch klinisch zeige sich die Lungenfunktion in Bezug auf Sauerstoffaufnahme und Verarbeitung ungehindert.

Der Kläger hat hierzu vorgetragen, er sei, ungeachtet des Inhalts der übersandten Arztberichte, weiterhin der Meinung, ihm stehe ein Anspruch auf Rente wegen seiner BK zu, da ihm aufgrund der BK ein Großteil der Erwerbsmöglichkeiten verschlossen sei.

Mit Schreiben vom 10.10.2018 sind die Beteiligten darauf hingewiesen worden, dass der Senat in Erwägung ziehe, die Berufung durch Beschluss nach § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zurückzuweisen. Das Schreiben wurde dem Kläger am 15.10.2018 zugestellt.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen. Ihre Inhalte sind Gegenstand der Beratung des Senats gewesen.

Rechtsweg:

SG Dortmund, Beschluss vom 18.01.2018 - S 36 U 169/16

Quelle:

Justizportal des Landes NRW

Entscheidungsgründe:

Die Berufsrichter des Senats sind übereinstimmend zu dem Ergebnis gelangt, dass die zulässige Berufung unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich ist. Der Senat hat sie daher, nachdem die Beteiligten mit Schreiben vom 10.10.2018 auf diese Verfahrensweise hingewiesen worden sind, durch Beschluss gem. § 153 Abs. 4 SGG zurückgewiesen.

Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Das angefochtene Urteil ist nicht zu beanstanden. Der Kläger ist durch den angefochtenen Bescheid nicht beschwert, da dieser nicht rechtswidrig ist (§ 54 Abs. 2 S. 1 SGG). Zu Recht hat es die Beklagte mit dem angefochtenen Bescheid abgelehnt, dem Kläger wegen der anerkannten BK 4103 eine Rente zu gewähren. Wegen der Begründung wird zunächst gemäß § 153 Abs. 2 SGG auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen. Diese macht sich der Senat nach eigener Prüfung des Sach- und Rechtslage zu Eigen.

Die Ermittlungen und der Vortrag des Klägers im Berufungsverfahren rechtfertigen keine andere Entscheidung.

Die den Kläger behandelnden Ärzte Dr. M und E haben in ihren Befundberichten explizit erklärt, dass sie dem Gutachten des Dr. A zustimmen. Dr. M hat in ihrem Befundbericht überhaupt keine Lungenbefunde mitgeteilt und E hat in Übereinstimmung mit den Sachverständigen festgestellt, dass sich die Lungenfunktion klinisch in Bezug auf Sauerstoffaufnahme und Verarbeitung ungehindert zeige. Soweit der Kläger vorgetragen hat, dass sich sein Gesundheitszustand seit der Begutachtung durch Dr. A verschlimmert habe, ist dies jedenfalls bezüglich der anerkannten BK durch den Befundbericht des E widerlegt. Dieser hat nämlich festgestellt, dass der Gesundheitszustand und die Befunde bis auf eine altersbedingte Abnahme der Belastbarkeit und Immobilität seit März 2015 relativ stabil geblieben sind.

Die unsubstantiierte Auffassung des Klägers, auch das Herzflimmern sei auf die anerkannte Asbestose zurückzuführen, entbehrt jeder Grundlage. Schon Prof. Dr. C hatte klargestellt, dass das Vorhofflimmern postoperativ nach einem Prostatakarzinom aufgetreten war. Anhaltspunkte für einen ursächlichen Zusammenhang zwischen der anerkannten BK und dem Vorhofflimmern sind überhaupt nicht ersichtlich und auch vom Kläger nicht vorgetragen worden.

Auch der zutreffende Vortrag des Klägers, die MdE richte sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - SGB VII -), ändert nichts an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Urteils. Diese gesetzliche Vorgabe hat das SG bei seiner Entscheidung nämlich beachtet. Für die Bemessung der MdE haben sich seit langem Erfahrungswerte gebildet, die als Hilfsmittel für die Einschätzung dienen. Sie sind zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend, bilden aber als in sich stimmiges Beurteilungsgefüge die Grundlage für eine gleichförmige Bewertung der MdE. MdE-Tabellen bezeichnen typisierend das Ausmaß der durch eine körperliche, geistige oder seelische Funktionsbeeinträchtigung hervorgerufenen Leistungseinschränkungen in Bezug auf das gesamte Erwerbsleben und ordnen körperliche oder geistige Funktionseinschränkungen einem Tabellenwert zu. Die in den Tabellen und Empfehlungen enthaltenen Richtwerte geben damit auch allgemeine Erfahrungssätze über die Auswirkungen bestimmter körperlicher Beeinträchtigungen auf die Erwerbsfähigkeit auf Grund des Umfangs der den Versicherten versperrten Arbeitsmöglichkeiten wieder und gewährleisten, dass die Versicherten bei der medizinischen Begutachtung nach einheitlichen Kriterien beurteilt werden (siehe Bereiter-Hahn/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, Handkommentar, Anhang Nr. 12, m.N. auf die Rspr.). Unter Berücksichtigung dieser Erfahrungswerte hat das SG beanstandungsfrei entschieden, dass die Folgen der anerkannten BK keine MdE in rentenberechtigender Höhe von mindestens 20 v.H. bedingen. Bei klinischem Normalbefund und einer völlig normalen Lungenfunktion, wie von den Sachverständigen Prof. Dr. C, Dr. A und dem behandelnden Arzt E übereinstimmend festgestellt, ergibt sich nach den Erfahrungswerten zum Grad der MdE (siehe Bereiter-Hahn/Mehrtens, a.a.O., Ziff. 9, und Empfehlung für die Begutachtung asbestbedingter Berufskrankheiten - Falkensteiner Empfehlung -, Stand Februar 2011, 2012, 13.6, Seite 130) für Pneumokoniosen, wozu auch eine Asbestose gehört, keine MdE. Erst bei einer im Grenzbereich eingeschränkten Lungenfunktion würde sich danach eine MdE von 10 v.H. ergeben, die aber, da beim Kläger keine Stützrentensituation vorliegt, auch noch keinen Rentenanspruch begründen würde.

Und schließlich ist es auch nicht zu beanstanden, dass das SG sich der MdE-Einschätzung durch die Sachverständigen angeschlossen hat. Der Kläger hat zwar zutreffend darauf hingewiesen, dass das Gericht die Einschätzung der MdE als Tatsachenfeststellung gemäß § 128 Abs. 1 Satz 1 SGG nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung selbst zu treffen hat. Die Beurteilung, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten durch Unfallfolgen beeinträchtigt sind, liegt aber in erster Linie auf ärztlich-wissenschaftlichem Gebiet. Ärztliche Meinungsäußerungen darüber, inwieweit derartige Beeinträchtigungen sich auf die Erwerbsfähigkeit des Verletzten auswirken, sind zwar nicht verbindlich, bilden aber eine wichtige und vielfach unentbehrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE, vor allem soweit sie sich darauf beziehen, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch Unfallfolgen beeinträchtigt sind (BSG, Urteil vom 23.04.1987, 2 RU 42/86). Da die Sachverständigen keine Funktionsbeeinträchtigungen durch die anerkannte BK feststellen konnten, ist das SG aus den bereits genannten Gründen zutreffend zu der eigenen Entscheidung gelangt, dass beim Kläger keine MdE vorliegt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision wird nicht zugelassen, da die gemäß § 160 Abs. 2 SGG erforderlichen Voraussetzungen nicht vorliegen.

Referenznummer:

R/R8264


Informationsstand: 27.11.2019