Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Das SG hat der Klage zunächst zu Recht teilweise stattgegeben und die Beklagte zur Zahlung von Verletztengeld für die Zeit vom 15. August 2007 bis zum 28. August 2011 verurteilt. Von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe wird zunächst abgesehen, weil die Berufung der Beklagten aus den insoweit zutreffenden Gründen des angefochtenen Urteils als unbegründet zurückzuweisen ist, § 153
Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (
SGG).
Lediglich ergänzend ist zum Einen darauf hinzuweisen, dass hier der Verletztengeldanspruch nicht gemäß § 46
Abs. 3
S. 1
Nr. 2
SGB VII mit dem Tag, der dem Tag vorausgeht, an dem ein Anspruch auf Übergangsgeld entsteht, auch für die Zeit ab dem 15. August 2007 erloschen war. Soweit die Beklagte hierfür auf die ab November 2006 gewährten
LTA als Übergangsgeld begründende Leistung verweist, verfängt dies nicht. Zwar war der Verletztengeldanspruch gemäß der vorstehenden Norm für die Zeit ab dem 01. November 2006 bis zum 14. August 2007 (zunächst) beendet, jedoch nicht für die anschließenden Zeiten endgültig erloschen, in welchen der Kläger trotz fortbestehender Arbeitsunfähigkeit tatsächlich keine
LTA erhielt. Anderes würde sich aus dem Gesetzeswortlaut nur ergeben, wenn es in § 46
Abs. 3 Satz 1
Nr. 2
SGB VII etwa hieße, dass der Verletztengeldanspruch mit der erstmaligen Entstehung des Anspruchs auf Übergangsgeld endet
bzw. mit Entstehung des Anspruchs auf Übergangsgeld erlischt. Des Weiteren ist auf den offenkundigen Zweck des Gesetzes hinzuweisen, der lediglich darin besteht, mit dem Übergangsgeld gemäß § 49
SGB VII als eigenständiger Leistung die Zahlung von Verletztengeld auszuschließen (so etwa Nehls in: Hauck, Sozialgesetzbuch
SGB VII - Gesetzliche Unfallversicherung, Kommentar, Stand August 2018, K § 46 Rn. 10), um so eine trennscharfe Abgrenzung zwischen den Entschädigungsleistungen der Gesetzlichen Unfallversicherung zu gewährleisten, nicht aber das Verletztengeld für die Zeiten ohne Übergangsgeldanspruch endgültig zum Erlöschen zu bringen. Soweit die Beklagte in diesem Zusammenhang zur Untermauerung ihres Standpunktes auf ein Urteil des
LSG Nordrhein-Westfalen vom 23. März 2004 -
L 15 U 285/02 - verweist, überzeugt dies nicht. Denn dort hat das Gericht es gerade nicht ausgeschlossen, dass ein wegen einer beruflichen Rehabilitation endender Verletztengeldanspruch nach Abbruch der Maßnahme wiederaufleben kann (
vgl. LSG Nordrhein-Westfalen,
ebd., zitiert nach juris Rn. 22 a.E.).
Soweit die Beklagte auf ein Zusammenspiel von § 46
SGB VII und
§ 51 SGB IX a.F. verweist, verfängt dies nicht. § 51
SGB IX a.F. (
entspricht § 71 SGB IX n.F.) bestimmt lediglich, dass etwa, wenn nach Abschluss von
LTA weitere
LTA erforderlich sind, während derer dem Grunde nach Anspruch auf Übergangsgeld besteht, und diese aus Gründen, die die Leistungsempfänger nicht zu vertreten haben, nicht unmittelbar anschließend durchgeführt werden können, das Verletztengeld, das Versorgungskrankengeld oder das Übergangsgeld für diese Zeit weitergezahlt werden. Soweit die Beklagte der Vorschrift abschließenden Charakter beimisst, überzeugt dies nicht, wo doch eben dort gerade auch die Weiterzahlung nicht nur von Übergangsgeld, sondern gerade auch alternativ von Verletztengeld geregelt wird. Dass dort implizit vorausgesetzt werde, dass sich die Art der weiterzuzahlenden Leistung danach bemesse, welche Leistung unmittelbar vorher gezahlt worden sei, lässt sich der Vorschrift nicht zwingend entnehmen. Eine klare Wortlautgrenze bildet sich in diesem Sinne nicht ausdrücklich ab (so etwa auch Schlette in: Schlegel/ Voelzke, jurisPK-SGB IX, 3. Aufl. 2018, § 71
SGB IX, Rn. 13, allerdings mit der für den Standpunkt der Beklagten sprechenden Schlussfolgerung, dass unterhaltssichernde Leistungen für eine Folgemaßnahme nur dann "weitergezahlt" werden, wenn sie bereits für die vorangegangene Maßnahme gewährt worden sind). Dessen ungeachtet ist es nicht der Zweck von § 51
SGB IX a.F., den Anspruch auf Entgeltersatzleistungen zu beschränken, sondern zu erhalten. M.a.W. lässt sich der Vorschrift nach Auffassung des Senats nichts Durchgreifendes für das Erlöschen eines Verletztengeldanspruchs entnehmen. Die weiteren von der Beklagten aufgeworfenen Fragen stehen der Annahme eines wiederauflebenden Verletztengeldanspruchs ebenfalls nicht entgegen. Insbesondere die Frage nach dem sich erst ans Verletztengeldende anschließenden Beginn der Verletztenrente mag zwar für die Sozialverwaltung rechtliche und praktische Probleme aufwerfen. Ist nun rückwirkend Verletztengeld zu zahlen, hat dies indes nach § 72
Abs. 1
Nr. 1
SGB VII die logische und nach §§ 45, 48
SGB X rechtlich umsetzbare Konsequenz, dass die Gewährung der Verletztenrente rückwirkend aufzuheben ist.
Zum Anderen ist in Ergänzung der Ausführungen des SG im angefochtenen Urteil darauf hinzuweisen, dass ein Beendigungstatbestand gemäß § 46
Abs. 3
S. 2
SGB VII schon deshalb nicht in Betracht kommt, weil es die Beklagte unterließ, den hierfür erforderlichen feststellenden Verwaltungsakt mit einer in ihm enthaltenen Prognoseentscheidung zu erlassen (
vgl. hierzu grundsätzlich
BSG, Urteil vom 13. September 2005 -
B 2 U 4/04 R -, zitiert nach juris Rn. 42).
Schließlich ist ergänzend darauf hinzuweisen, dass der Verletztengeldanspruch nicht allein schon durch die rückwirkende Gewährung von Übergangsgeld für die Zeit vom 15. August 2007 an gemäß § 46
Abs. 3 Satz 1
Nr. 2
SGB VII beendet war. Denn für den Beendigungstatbestand ist es nicht maßgeblich, dass Übergangsgeld gezahlt wird, sondern dass ein Anspruch auf Übergangsgeld entstanden ist, was nur der Fall ist, wenn Versicherte infolge des Versicherungsfalls
LTA (tatsächlich) erhalten,
vgl. § 49
SGB VII (und hierzu etwa Sächsisches
LSG, Urteil vom 11. September 2006 - L 6 U 81/05 -, zitiert nach juris Rn. 28). Dies war zum damaligen Zeitpunkt gerade nicht der Fall.
Die im Schriftsatz des Klägers vom 06. Juli 2016 enthaltene zulässige (unselbständige) Anschlussberufung hat in der Sache Erfolg. Das SG hat die Klage bezüglich des für die Zeit vom 25. Mai bis zum 31. Oktober 2006 geltend gemachten, für diese Zeit dem Grunde nach unstreitig vorgelegenen Verletztengeldanspruchs zu Unrecht abgewiesen. Soweit das SG hierfür (rechtsgedanklich) auf § 44
Abs. 4
SGB X abstellt, überzeugt dies nicht. Nach dieser Vorschrift werden nur dann, wenn ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden ist, Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile des Sozialgesetzbuchs längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dies ist vorliegend nicht der Fall. Es geht nicht um eine Rücknahme
i.S.v. § 44
Abs. 1
SGB X. Auch liegt kein Fall vor, in welchem aufgrund eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs eine Leistung rückwirkend verlangt wird, wie dies bei den vom SG im angefochtenen Urteil in Bezug genommenen Entscheidungen des
BSG der Fall war und in denen ein (rechtsgedanklicher oder analoger) Rückgriff auf § 44
Abs. 4
SGB X angebracht sein mag (
vgl. etwa
BSG, Urteil vom 27. März 2007 - B 13 R 58/06 R -, zitiert nach juris Rn. 13 f.). Der Verweis auf § 44
Abs. 4
SGB X geht im Übrigen auch wertungsmäßig insoweit fehl, als Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung grundsätzlich von Amts wegen erbracht werden, wie aus § 19
S. 2 des Vierten Buchs des Sozialgesetzbuchs (
SGB IV) und §§ 1
Nr. 2 und 26
Abs. 1 Satz
SGB VII zu folgern ist (
vgl. etwa
LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 25. August 2008 - L 1 U 1935/08 -, zitiert nach juris Rn. 21), so dass es der Beklagten auch ohne (erneuernden) Antrag des Klägers beizeiten möglich war, das Verletztengeld rückwirkend zu zahlen. Ein allgemeiner Rechtsgrundsatz, dass Sozialleistungen nicht über vier Jahre hinaus rückwirkend zu erbringen sind, besteht nicht (
vgl. etwa
BSG, Urteil vom 27. März 2007 - B 13 R 58/06 R -, zitiert nach beck-online Rn. 20 f.; Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, 103. Erg.-Lfg. März 2019,
SGB X § 44 Rn. 52). Eine planwidrige Lücke ist im vorliegenden Fall schon deshalb nicht erkennbar, weil die Beklagte nach § 45 des Ersten Buchs des Sozialgesetzbuchs (
SGB I) die Einrede der Verjährung erheben kann. Hierdurch kann die Beklagte dem Gesetzeszweck von § 45
SGB I entsprechend (BT-Drucks. 7/ 868,
S. 30) bei pflichtgemäßer Ausübung eines entsprechenden Ermessens (
vgl. BSG, Urteil vom 08. Dezember 2005 - B 13 RJ 41/04 R -, BeckRS 2006 Rn. 25
ff.) der Aktualität der Sozialleistungen, die im Wesentlichen dem laufenden Unterhalt des Berechtigten dienen sollen, und ihrem Interesse an einer Überschaubarkeit ihrer Leistungsverpflichtungen, mithin dem gleichen Regelungszweck wie § 44
Abs. 4
SGB X Rechnung tragen (
vgl. BSG, Urteil vom 09. September 1986 - 11a RA 28/85 -, NJW 1987, 2103). Die Beklagte hat die Einrede der Verjährung zwar im Berufungsverfahren mit Schriftsatz vom 05. Februar 2016 pauschal erhoben, jedoch ohne hierbei die erforderliche pflichtgemäße Ermessensausübung (st. Rspr.,
vgl. etwa
BSG, Urteil vom 08. Dezember 2005 - B 13 RJ 41/04 R -, zitiert nach beck-online Rn. 26 f.) vorzunehmen.
Da sich im Übrigen eine zeitliche Begrenzung der rückwirkenden Geltendmachung des Verletztengeldanspruchs von vornherein nicht begründen lässt, ist die Beklagte auch für die Zeit vom 25. Mai bis zum 31. Oktober 2006 - gemäß § 130
Abs. 1
S. 1
SGG dem Grunde nach - zur Verletztengeldzahlung zu verurteilen, welche noch mit den in dieser Zeit tatsächlich gewährten Leistungen wie der Verletztenrente höhenmäßig zu verrechnen sein wird.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193
SGG und folgt dem Ausgang des Verfahrens in der Sache selbst.
Die Revision ist zuzulassen, weil die Sache von grundsätzlicher Bedeutung ist, § 160
Abs. 2
Nr. 1
SGG.