Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§§ 153
Abs. 1, 124
Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz -
SGG -).
Die zulässigen Berufungen sind nicht begründet.
Die Urteile des Sozialgerichts Marburg vom 13. November 2014 und vom 19. Oktober 2017 sind rechtlich nicht zu beanstanden. Die Bescheide der Beklagten vom 19. April 2010 und vom 11. Januar 2011 (jeweils in der Gestalt der Widerspruchsbescheide) sind rechtmäßig, so dass der Kläger nicht beschwert ist (
vgl. § 54
Abs. 2 Satz 1
SGG).
Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Feststellung weiterer Gesundheitsstörungen als Folge des anerkannten Arbeitsunfalls vom 26. Februar 2008, weder als (sog. unmittelbare) Unfallfolge im engeren Sinne noch als (sog. mittelbare) Unfallfolge, und auf Gewährung einer Verletztenrente nach einer
MdE von mindestens 20 v. H. über den 3. Dezember 2009 hinaus.
Anspruchsgrundlage für den von dem Kläger geltend gemachten Anspruch auf die Feststellung der weiteren Unfallfolge ist § 102
SGB VII. Diese Vorschrift regelt nicht nur das Schriftformerfordernis, sondern ermächtigt den Unfallversicherungsträger zugleich zur Entscheidung über das Bestehen/Nichtbestehen und über Inhalt und Umfang eines Sozialleistungsanspruchs nach dem
SGB VII. Korrespondierend hierzu beinhaltet § 102
SGB VII zugleich eine Anspruchsgrundlage für den Versicherten (
vgl. dazu
BSG, Urteil vom 5. Juli 2011 - B 2 U 17/10 R -;
BSG, Urteil vom 24. Juli 2012 - B 2 U 23/11 R -). Dabei umfassen Ermächtigung und Anspruchsgrundlage nicht nur die abschließende Entscheidung über den Leistungsanspruch, sondern auch die Entscheidung über jene Elemente des Anspruchs, die Grundlagen für jede aktuelle oder spätere Anspruchsentstehung gegen den Unfallversicherungsträger aufgrund eines bestimmten Versicherungsfalls sind (
vgl. dazu
BSG,
s. o.). Hierzu gehören der Versicherungsfall, die Unfallfolgen im engeren Sinn, also die Gesundheitsschäden, die wesentlich durch den infolge des Unfalls erlittenen Gesundheitserstschaden verursacht wurden (sog. unmittelbare Unfallfolgen) und die Gesundheitsschäden, die nicht wesentlich durch den Gesundheitserstschaden verursacht wurden, die aber dem Unfallereignis aufgrund einer besonderen gesetzlichen Zurechnungsnorm zuzurechnen sind (sog. mittelbare Unfallfolgen).
Ein Anspruch auf Feststellung als Unfallfolge besteht jedoch nur für Gesundheitsschäden, die in einem ursächlichen Zusammenhang mit dem infolge einer versicherten Tätigkeit eingetretenen, von außen auf den Körper wirkenden Ereignis - dem Arbeitsunfallereignis - stehen. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass die den Versicherungsschutz begründende Tätigkeit, die dadurch verursachte Einwirkung und der möglichweise dadurch bedingte Erstschaden ebenso wie der durch den Erstschaden verursachte gesundheitliche Dauerschaden im Überzeugungsgrad des Vollbeweises feststehen muss (
BSG, Urteil vom 24. Juli 2012 -
B 2 U 9/11 R -). Die Beurteilung, ob und in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch Unfallfolgen beeinträchtigt sind, liegt in erster Linie auf ärztlich-wissenschaftlichem Gebiet.
Der Kläger hat am 26. Februar 2008 im Rahmen seiner versicherten Tätigkeit als Staplerfahrer bei der Firma C. Group
GmbH in A-Stadt einen Unfall erlitten, der von der Beklagten mit Bescheid vom 19. April 2010 inzident als Arbeitsunfall anerkannt worden ist. Der Senat geht dabei nach allen Angaben des Klägers davon aus, dass er bei dem streitgegenständlichen Unfall primär auf den linken Arm
bzw. die linke Hand gestürzt ist. Dabei zog sich der Kläger eine Verletzung der linken Schulter zu, die ein eingeschränktes Bewegungsausmaß und eine verminderte Belastbarkeit bis zu dem operativen Eingriff am 24. September 2009 und danach für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit bis zum 3. Dezember 2009 zur Folge hatte.
Soweit der Kläger außerdem Gesundheitsbeeinträchtigungen der rechten Schulter als weitere Folgen des Arbeitsunfalls vom 26. Februar 2008 geltend macht, wurden entsprechende Schäden erst im September 2009 festgestellt. Es fehlt daher schon am Nachweis eines Gesundheitserstschadens. Außerdem sind die Gesundheitsbeeinträchtigungen der rechten Schulter nach der Theorie der wesentlichen Bedingung nicht durch den Unfall vom 26. Februar 2008 rechtlich wesentlich verursacht worden. Die Voraussetzungen für die Annahme einer (mittelbaren) Unfallfolge liegen nicht vor.
Die Theorie der wesentlichen Bedingung beruht auf der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie als Ausgangsbasis, wonach jedes Ereignis Ursache eines Erfolges ist, das nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio sine qua non). In einer zweiten Prüfungsstufe ist die Unterscheidung zwischen solchen Ursachen notwendig, die rechtlich für den Erfolg verantwortlich gemacht werden können,
d. h. denen der Erfolg zugerechnet wird, und den anderen, für den Erfolg unerheblichen Ursachen (
BSG, Urteil vom 9. Mai 2006 -
B 2 U 1/05 R -). Diese Unterscheidung und Zurechnung erfolgt nach der Theorie der wesentlichen Bedingung, wonach als kausal und rechtserheblich nur solche Ursachen angesehen werden, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben (
BSG, Urteil vom 9. Mai 2006 - B 2 U 1/05 R -). Für die Feststellung dieses Ursachenzusammenhangs genügt hinreichende Wahrscheinlichkeit; diese liegt vor, wenn mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden, sodass die reine Möglichkeit nicht ausreicht (
BSG, Urteil vom 9. Mai 2006 - B 2 U 1/05 R ).
Objektive Verursachung im Sinne der naturwissenschaftlichen Kausalität bedeutet hierbei einen nach dem jeweils neuesten anerkannten Stand der einschlägigen Erfahrung, insbesondere der Wissenschaft, geprüften und festgestellten Wirkungszusammenhang zwischen einer bestimmten Wirkursache und ihrer Wirkung. Die versicherte Verrichtung muss also eine Wirkursache (
ggf. neben anderen Wirkursachen) der Einwirkung und die Einwirkung eine Wirkursache (
ggf. neben anderen Wirkursachen) des Gesundheitserstschadens sein. Dies sind Fragen, die nur auf der Grundlage von Erfahrungen über Kausalbeziehungen beantwortet werden können. Die Bedingungstheorie (conditio sine qua non) schließt hingegen nur Bedingungen aus, die nach der Erfahrung unmöglich Wirkursachen sein können (
BSG, Urteil vom 24. Juli 2012 - B 2 U 23/11 R - UV-Recht Aktuell 2013, 291).
Erst wenn auf der ersten Stufe die objektive Verursachung bejaht wird, geht es auf der zweiten Stufe der Zurechnung um die Rechtsfrage, ob die auf der ersten Stufe abschließend festzustellende faktische Mitverursachung des Gesundheitsschadens durch die versicherte Verrichtung/versicherte Einwirkung überhaupt ein versichertes Risiko der Beschäftigtenversicherung verwirklicht hat, was
ggf. davon abhängt, ob unversicherte Mitursachen und ihr Mitwirkungsanteil nach Maßgabe des Schutzzwecks der jeweiligen Versicherung in einer Gesamtabwägung dieser Umstände des Einzelfalls die Schadensverursachung derart prägen, dass dieser nicht mehr dem Schutzbereich der Versicherung, sondern dem allgemeinen Lebensrisiko unterfällt (
BSG, Urteil vom 24. Juli 2012 - B 2 U 23/11 R -
s. o.).
Von diesen Maßstäben ausgehend fehlt es vorliegend schon am Nachweis eines Gesundheitserstschadens an der rechten Schulter. "Gesundheitserstschaden" ist jeder abgrenzbare Gesundheitsschaden, der unmittelbar durch eine versicherte Einwirkung objektiv und rechtlich wesentlich verursacht wurde (
BSG, Urteil vom 24. Juli 2012 - B 2 U 9/11 R - SozR 4-2700 § 8
Nr. 44). Der Gesundheitserstschaden setzt keine Dauerschädigung oder Störungen von erheblichem Gewicht oder mit notwendiger Behandlungsbedürftigkeit voraus; Umfang und Dauer sind ebenfalls unerheblich. Minimale Regelwidrigkeiten ohne Arbeitsunfähigkeit oder Behandlungsbedürftigkeit sind aber ebenso bedeutungslos wie bloße Schmerzen (
LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 13. Juli 2017 - L 6 U 2225/16 - m. w. N.). Der bloße, bei einem Ereignis erlittene Schmerz stellt noch keinen Gesundheitserstschaden dar. Er könnte allenfalls als erstes Zeichen eines im weiteren Verlauf zu objektivierenden Gesundheitserstschadens gewertet werden (
vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 16. Januar 2013 - L 6 U 2874/12 -).
Einen solcher Gesundheitserstschaden an der rechten Schulter infolge des Unfallereignisses vom 26. Februar 2008 ist im Vollbeweis nicht nachgewiesen. Der Kläger hat erstmals mit der am 14. November 2011 beim Sozialgericht Marburg erhobenen Klage (S 3 U 98/11) vorgetragen, dass er bereits nach dem Unfall im Februar 2008 Beschwerden im rechten Schultergelenk gehabt habe. Beschwerden an der rechten Schulter sind aber weder im ersten Durchgangsarztbericht des
Dr. D. vom 27. Februar 2008 noch in den weiteren ärztlichen Berichten vor September 2010 dokumentiert worden. Die dazu von dem Bevollmächtigten des Klägers im gerichtlichen Verfahren gegebene Erklärung, die behandelnden Ärzte hätten die von dem Kläger angegebenen Schmerzen permanent ignoriert, widerspricht allerdings den eindeutigen und unmissverständlichen Angaben des Klägers. So hat der Kläger bei der Wiedervorstellung bei
Dr. D. am 30. September 2010, nunmehr wegen Schmerzen an der rechten Schulter, angegeben, er habe nach dem Unfall an der rechten Schulter keine Beschwerden gehabt. Vielmehr habe er ihre Entstehung auf die Schonung der linken Schulter zurückgeführt. Auch in der Begründung des Widerspruchs vom 4. Februar 2011 gegen den Bescheid der Beklagten vom 11. Januar 2011 hat der Kläger ausdrücklich erklärt, er habe "tatsächlich zunächst keine Beschwerden an der rechten Schulter gehabt". Beschwerden an der rechten Schulter hatte der Kläger auch bei der Begutachtung durch die Fachärztin für Orthopädie
Dr. E. im März 2010 nicht angegeben, sondern nur von einem brennenden Schmerz in "der Schulter" - nämlich der damals nur beeinträchtigten linken, nicht dagegen auch der rechten Schulter - berichtet. Gegenteiliges ergibt sich nicht aus dem Vortrag des Bevollmächtigten des Klägers, aus dem Gutachten gehe hervor, dass er dort mitgeteilt habe, mehr auf den linken als auf den rechten Arm gefallen zu sein. Denn dies lässt - wie das Sozialgericht im Urteil vom 19. Oktober 2017 zutreffend ausgeführt hat - keinerlei Rückschluss auf eine dadurch hervorgerufene Verletzung oder auch nur Beschwerden im rechten Schultergelenk zu, zumal nach der Expertise des Sachverständigen
Dr. M. bei dem geschilderten Unfallhergang die wesentliche Druckkraft bereits auf die linke Schulter eingewirkt habe. Zudem hat
Dr. E. den Kläger tatsächlich an dem rechten Schultergelenk untersucht und dort gerade unauffällige Befunde festgestellt. Das rechte Schultergelenk habe äußerlich regelhafte Konturen gezeigt, es habe reizfrei und stabil geführt gewirkt; die Sachverständige hat keine Druckdolenzen festgestellt und es sei kein Impingement-Phänomen auslösbar gewesen. Die aktive Beweglichkeit sei ohne auffällige Geräuschentwicklungen ausweislich der mitgeteilten Bewegungsmaße völlig frei gewesen. Die erstmals im Klageverfahren vorgetragene Behauptung, der Kläger habe bereits nach dem Unfall im Februar 2008 Beschwerden im rechten Schultergelenk gehabt, ist daher nicht nachvollziehbar.
Der Sachverständige
Dr. M. hat zudem - für den Senat nachvollziehbar - darauf verwiesen, dass eine Schädigung beider Schultergelenke durch einen einzigen Sturz aus einem halben Meter Höhe in der dargestellten Form mechanisch nicht zu erklären sei. Bei einem Sturz auf die linke Schulter habe die wesentliche Druckkraft bereits auf diese eingewirkt; ein weiteres Abfangen mit dem rechten Arm könne keine gleichartige Schädigung dieses Ausmaßes erzeugt haben. Dementsprechend hat
Dr. M. ausgeschlossen, dass es sich bei den Veränderungen des rechten Schultergelenkes um Folgen des Unfallgeschehens vom 26. Februar 2008 handeln. Die geklagten Beschwerden im Sinne "muskelkaterartiger" Empfindungen reichten dafür nicht aus, außerdem sprächen Unfallmechanismus und Gleichartigkeit der Schäden an beiden Schultergelenken sowie das Wesen der bestehenden Veränderungen im unteren Bereich der Gelenkpfanne beidseits dagegen. Ein Gesundheitserstschaden an der rechten Schulter ist daher weder dargelegt noch nachgewiesen.
Die Beschwerden des Klägers an der rechten Schulter sind auch nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit Folge der Verletzung der linken Schulter.
Es besteht kein ursächlicher Zusammenhang im Sinne einer notwendigen Bedingung der Verletzung an der rechten Schulter mit dem Unfallereignis. Die Behauptung des Klägers, die Verminderung der Gebrauchsfähigkeit der linken Schulter durch den Unfall habe zu einem vermehrten Gebrauch des rechten Armes und der rechten Schulter und dadurch zu einer Überbeanspruchung geführt, wodurch es zu einer Gesundheitsbeeinträchtigung der rechten Schulter gekommen sei, lässt sich zur Überzeugung des Senats nicht belegen. Sie ist insbesondere nicht mit den Feststellungen der Fachärztin für Orthopädie
Dr. E. in ihrem orthopädisch-traumatologischen Zusammenhangsgutachten vom 27. März 2010 vereinbar.
Dr. E. hatte den Kläger am 1. März 2010 untersucht und dabei an beiden oberen Extremitäten weder optisch noch messtechnisch Hinweise auf ein einseitiges schonungsbedingtes Muskelminus festgestellt. Das rechte Schultergelenk habe äußerlich regelhafte Konturen gezeigt und reizfrei und stabil geführt gewirkt; es hätten keine Druckdolenzen bestanden; es sei kein Impingement-Phänomen auslösbar gewesen. Die aktive Beweglichkeit sei ohne auffällige Geräuschentwicklungen frei erschienen. Lediglich bezüglich des linken Schultergelenks stellte sie ein zeitlich begrenztes unfallbedingtes eingeschränktes Bewegungsausmaß nach operativer Refixation einer SLAP II-Läsion und verminderte Belastbarkeit fest. Der Senat geht davon aus, dass der bei dem Kläger eingetretene Schaden am rechten Schultergelenk - wie
Dr. M. für den Senat plausibel ausgeführt hat - auf einer degenerativen Vorschädigung beruht. Bei der erst über zwei Jahre nach dem Unfallereignis festgestellten SLAP II-Läsion der rechten Schulter handelt es sich daher nicht um eine (mittelbare) Arbeitsunfallfolge.
Die Gesundheitsbeeinträchtigungen des Klägers an der rechten Schulter sind auch keine (mittelbare) Arbeitsunfallfolge im Sinne des von dem Kläger in Bezug genommenen § 11
Abs. 1
SGB VII. Nach dieser Vorschrift sind Folgen eines Versicherungsfalls auch Gesundheitsschäden oder der Tod von Versicherten infolge
1. der Durchführung einer Heilbehandlung, von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben oder einer Maßnahme nach § 3 der Berufskrankheiten-Verordnung,
2. der Wiederherstellung oder Erneuerung eines Hilfsmittels,
3. der zur Aufklärung des Sachverhalts eines Versicherungsfalls angeordneten Untersuchung einschließlich der dazu notwendigen Wege.
§ 11
SGB VII stellt eine spezielle Zurechnungsnorm dar, die weitere Gesundheitsschäden (als mittelbare Unfallfolgen) auch dann einem anerkannten Versicherungsfall zurechnet, wenn diese mittelbaren Folgen erst durch einen der in § 11
SGB VII umschriebenen Tatbestände (wie etwa eine Heilbehandlung) wesentlich verursacht worden sind (
vgl. BSG, Urteil vom 5. Juli 2011 - B 2 U 17/10 R - BSGE 108, 274). Die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind nicht erfüllt. Eine Untersuchung zur Aufklärung des Sachverhalts des Versicherungsfalls im Sinne des § 11
Abs. 1
Nr. 3
SGB VII hat die Beklagte nicht angeordnet. Es ist auch nicht ersichtlich, dass der Kläger aufgrund der Durchführung einer Heilbehandlung im Sinne des § 11
Abs. 1
Nr. 1
SGB VII einen Gesundheitsschaden an der rechten Schulter erlitten hat. Der Kläger macht vielmehr geltend, dass es aufgrund der Schonhaltung der linken Schulter zu einer Überlastung der rechten Schulter und damit zu einem (mittelbaren) Gesundheitsschaden gekommen sei. Ein solcher von dem Kläger behaupteter Geschehensablauf wird aber von dieser Vorschrift nicht erfasst.
Es ist auch die Erwerbsfähigkeit des Klägers über den 3. Dezember 2009 hinaus nicht in rentenberechtigender Höhe von mindestens 20 v. H. gemindert.
Die Bemessung des Grades der
MdE wird vom Bundessozialgericht (
BSG) in ständiger Rechtsprechung als Tatsachenfeststellung gewertet, die das Gericht nach § 128
Abs. 1 Satz 1
SGG nach seiner freien aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung trifft (
vgl. Urteil vom 5. September 2006 - B 2 U 25/05 R - SozR 4-2700 § 56
Nr. 2; Urteil vom 2. Mai 2001 -
B 2 U 24/00 R - SozR 3-2200 § 581
Nr. 8 m. w. N.). Dies gilt für die Feststellung der Beeinträchtigung des Leistungsvermögens des Versicherten ebenso wie für die auf der Grundlage medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze über die Auswirkungen bestimmter körperlicher oder seelischer Beeinträchtigungen zu treffende Feststellung der ihm verbliebenen Erwerbsmöglichkeiten. Ärztliche Meinungsäußerungen darüber, inwieweit derartige Beeinträchtigungen sich auf die Erwerbsfähigkeit auswirken, sind eine wichtige und vielfach unentbehrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der
MdE, vor allem soweit sie sich darauf beziehen, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind. Erst aus der Anwendung medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze über die Auswirkungen bestimmter körperlicher oder seelischer Beeinträchtigungen auf die verbliebenen Arbeitsmöglichkeiten des Betroffenen auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens und unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalles kann die Höhe der
MdE geschätzt werden (
BSG, Urteil vom 2. Mai 2001
s. o.). Die zumeist in jahrzehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung sowie dem versicherungsrechtlichen und versicherungsmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten Erfahrungssätze sind deshalb bei der Beurteilung der
MdE zu beachten; sie sind zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend, bilden aber die Grundlage für eine gleiche, gerechte Bewertung der
MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis und unterliegen einem ständigen Wandel (
BSG, Urteil vom 5. September 2006 s. O.; Urteil vom 22. Juni 2004 -
B 2 U 14/03 R - SozR 4-2700 § 56
Nr. 1).
Von diesem Maßstab ausgehend sind die sich aus den Unfallfolgen bei dem Kläger ergebenden Funktionseinschränkungen über den 3. Dezember 2009 hinaus mit einer
MdE von unter 20 v. H. zu bewerten. Dies folgt zur Überzeugung des Senats aus dem in erster Instanz von Amts wegen eingeholten fachorthopädischen Gutachten des Sachverständigen
Dr. M. vom 5. August 2014 sowie dem im Verwaltungsverfahren von der Beklagten bei der Fachärztin für Orthopädie
Dr. E. eingeholten orthopädisch-traumatologischen Zusammenhangsgutachten vom 27. März 2010. Der Sachverständige
Dr. M. hat nachvollziehbar und in Übereinstimmung mit der medizinischen Fachliteratur (Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 9. Aufl. 2017,
S. 550
ff.) auf den unfallunabhängigen Verschleißschaden und die nur vorübergehende unfallbedingte Verstärkung vorhandener Beschwerden verwiesen. Bestätigt wird diese Einschätzung durch die fehlende Objektivierbarkeit anhaltender Funktionsbeeinträchtigungen. Auch die Fachärztin für Orthopädie
Dr. E. hat eine rentenberechtigende
MdE für die Zeit ab der Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit nach dem operativen Eingriff vom 24. September 2009, also ab dem 4. Dezember 2009, verneint. Soweit der Sachverständige
Dr. L. in seinem Gutachten vom 15. Februar 2013 zu einer
MdE von 40 v. H. kommt, kann dessen Einschätzung nicht gefolgt werden, da das Gutachten unter erheblichen Mängeln leidet, zudem mit den Grundsätzen der gesetzlichen Unfallversicherung nicht übereinstimmt und daher nicht verwertbar ist.
Eine rentenberechtigende
MdE lässt sich auch nicht aus der angeführten Schmerzsymptomatik herleiten. Die üblicherweise mit einer strukturellen Verletzung verbundenen Schmerzen stellen ein Begleitsymptom einer Gewebeschädigung
bzw. erkrankung dar und sind bereits in den einschlägigen
MdE-Erfahrungswerten berücksichtigt (
vgl. Urteil des Senats vom 14. Juni 2019 - L 9 U 257/16 -;
LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 6. Mai 2010 -
L 3 U 248/06 -; Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 9. Aufl. 2017,
S. 231). Eine höhere Bewertung der
MdE kommt bei außergewöhnlichen Schmerzen - mit Auswirkungen auf die Erwerbsfähigkeit - in Betracht, die über das übliche Maß hinausgehen und eine spezielle ärztliche Behandlung erfordern (
vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin,
s. o.,
S. 244; Widder, Schmerzsyndrome, in: Begutachtung in der Neurologie [Hrsg. Widder, Gaidzik] 1. Aufl. 2007,
S. 296; Roller SGb 2007, 271, 272). Es bestehen schon Zweifel, ob vorliegend überhaupt von einer außergewöhnlichen Schmerzsymptomatik ausgegangen werden kann, die eine spezielle ärztliche Behandlung erfordert. Das Bestehen eines chronischen Schmerzsyndroms wurde nur - fachfremd - von
Dr. L. bejaht. Dessen Gutachten weist die Einnahme von Tabletten Tramal long, 100 mg, zweimal täglich aus. Ob im Falle des Klägers eine außergewöhnliche Schmerzsymptomatik vorliegt, kann letztlich offenbleiben, da die über den 3. Dezember 2009 hinaus bestehenden Beschwerden auf degenerativen Vorschädigungen beruhen und damit unfallunabhängig sind.
Zu weiteren Ermittlungen von Amts wegen hat sich der Senat nicht gedrängt gesehen. Der entscheidungserhebliche Sachverhält ist nach Auffassung des Senats hinreichend geklärt. Soweit der Kläger den Unfallhergang als von der Beklagten nicht ausreichend ermittelt ansieht, wird aus seinem Vortrag nicht deutlich, welche weiteren Sachverhaltsermittlungen noch durchgeführt werden könnten. Der genaue Bewegungsablauf bei dem Unfallereignis kann nicht näher aufgeklärt werden und ist im Übrigen auch nicht entscheidungserheblich. Der Vortrag des Klägers, seine SLAP II-Läsion
bzw. der intraoperativ am 14. Dezember 2010 festgestellte Abriss des Bizepssehnenankers sowie des ventralen Labrums der rechten Schulter seien älterer Natur gewesen, gibt zu weiteren Ermittlungsmaßnahmen keinen Anlass. Insoweit ist nicht erkennbar, dass durch die Einholung eines weiteren Gutachtens der Nachweis eines Gesundheitserstschadens geführt werden könnte.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193
SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160
Abs. 2
SGG liegen nicht vor.