II.
Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
1. Aus den im Beschwerdeverfahren vorgetragenen Gründen, auf die sich die Prüfung beschränkt (§ 146
Abs. 4 Satz 6
VwGO), ergibt sich kein Anspruch auf Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung. Im Hinblick auf die Prüfungstermine im Sommersemester am 3., 4. und 5. Juli 2012 und die sich daraus ergebende Dringlichkeit ist zwar ein Anordnungsgrund (§ 123
Abs. 3
VwGO i.V.m. § 920
Abs. 2
ZPO) anzunehmen. Allerdings hat die Antragstellerin über die von der Antragsgegnerin bereits eingeräumte Schreibzeitverlängerung hinaus keinen Anordnungsanspruch auf Nachteilsausgleich.
Nach § 5
Abs. 1 Satz 1 der Rahmenprüfungsordnung für die Fachhochschulen (RaPO) vom 17. Oktober 2001 (GVBl
S. 686, BayRS 2210-4-1-4-1-WFK), zuletzt geändert durch Verordnung vom 6. August 2010 (GVBl
S. 688), wird Studierenden, die wegen einer Behinderung nicht in der Lage sind, eine Prüfung ganz oder teilweise in der vorgesehenen Form abzulegen, Nachteilsausgleich gewährt, soweit dies zur Herstellung der Chancengleichheit erforderlich ist. Der Nachteilsausgleich kann insbesondere in Form zusätzlicher Arbeits- und Hilfsmittel, einer angemessenen Verlängerung der Bearbeitungszeit oder der Ablegung der Prüfung in einer anderen Form gewährt werden (§ 5
Abs. 1 Satz 2 RaPO).
Legasthenie äußert sich durch Lese- und Rechtschreibschwierigkeiten (Verwechseln von Buchstaben) und durch eine hierdurch bedingte Beeinträchtigung der Fähigkeit der Darstellung des eigenen Wissens. In erster Linie wird hierfür ein Nachteilsausgleich durch Verlängerung der Bearbeitungszeit in Betracht kommen. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats (BayVGH vom 3.9.2010 BayVBl 2011, 50 und vom 1.3.2011 BayVBl 2012, 50) und anderer Gerichte (für Legasthenie
z.B. NdsOVG vom 10.7.2008 NVwZ-RR 2009, 68;
OVG Berlin-Bbg. vom 16.6.2009 Az.
OVG 3 M 16.09 (juris); HessVGH vom 5.2.2010 NVwZ-RR 2010, 767;
vgl. auch Niehues/Fischer, Prüfungsrecht, 5. Auflage 2010, RdNr. 260
m.w.N.) darf der gewährte Nachteilsausgleich allerdings nicht zu einer Überkompensation von Prüfungsbehinderungen und damit zu einer Verletzung der Chancengleichheit der anderen Prüfungsteilnehmer führen. Vielmehr muss grundsätzlich jeder Prüfling die gleichen Leistungen erbringen und sich den gleichen Bewertungsmaßstäben unterziehen. Deshalb muss sich ein zu gewährender Nachteilsausgleich darauf beschränken, dem behinderten Prüfungsteilnehmer eine Leistungserbringung unter Bedingungen zu ermöglichen, die denen der Mitprüflinge möglichst nahekommen. Für die Frage, ob bei Legasthenie oder Lese- und Rechtschreibschwäche ein Ausgleich durch Nichtbewertung von Rechtschreibfehlern einzuräumen ist, kommt es auf den Prüfungsgegenstand und -zweck an. Liegt der Schwerpunkt der Prüfung auf der fachlichen Leistungsfähigkeit, wird eine solche Maßnahme eher in Betracht kommen als bei einer Prüfung, bei der zumindest auch Lese- und Rechtschreibfähigkeiten prüfungsrelevant sind.
Gemessen daran kann die Antragstellerin einen Nachteilsausgleich weder durch Nichtbewertung von Rechtschreibfehlern noch durch Schreibzeitverlängerung von 30 v.H. verlangen.
a) Eine Nichtbewertung von Rechtschreibfehlern käme allenfalls dann in Betracht, wenn die sprachliche Richtigkeit vorliegend nicht prüfungsrelevant wäre. Zu den Leistungsanforderungen der anstehenden schriftlichen Prüfungen zählen neben fachlichen Kenntnissen jedoch auch sprachliche Fähigkeiten und somit auch die Beherrschung der Schriftsprache. Die Lernziele der fraglichen Veranstaltungen werden im Studienplan der Antragsgegnerin wie folgt beschrieben:
"Die Studierenden sind in der Lage, sich der betriebswirtschaftlichen Terminologie in der Fremdsprache zu bedienen, um sie im Studium und später zur schriftlichen und mündlichen Kommunikation in allen Bereichen eines international tätigen Unternehmens anzuwenden" (Fachsprache Englisch oder Französisch im Unternehmenskontext, Modul-
Nr. 081).
"Die Studierenden sind in der Lage, sich der volkswirtschaftlichen Fachterminologie in der Fremdsprache zu bedienen, um volkswirtschaftliche Zusammenhänge für die internationale geschäftliche Praxis zu verstehen, auszuwerten und zu versprachlichen" (Fachsprache Englisch / Französisch im volkswirtschaftlichen Kontext, Modul-
Nr. 082).
"Die Studierenden sollen in die Lage versetzt werden, fachsprachliche Kenntnisse und interkulturelles Wissen zur erfolgreichen fach- und berufsbezogenen Kommunikation einzusetzen" (Interkulturelle Kommunikation in englischer Sprache, Modul-
Nr. 103.1-5).
Gegenstand der Prüfungen ist somit auch die Fähigkeit der Prüfungsteilnehmer, wirtschaftliche Sachverhalte fremd- und fachsprachlich schriftlich darzustellen und die Fachsprachenkenntnisse in der Fremdsprache sowohl unternehmensintern als auch in externer schriftlicher Korrespondenz umzusetzen. Diese Fähigkeiten sind daher bei der Bewertung der erbrachten Leistungen zu berücksichtigen. Die vollständige oder auch nur teilweise Nichtbewertung von Rechtschreibfehlern würde prüfungsrelevante Fähigkeiten ausklammern, die bei den übrigen Prüfungsteilnehmern in die Bewertung der erbrachten Leistung einfließen. Hierdurch würde die Antragstellerin bei der Leistungsbeurteilung gegenüber ihren Mitprüflingen in nicht gerechtfertigter Weise bevorzugt und der auszugleichende Nachteil ihrer Behinderung, dem die Antragsgegnerin durch die mit Bescheid vom 8. Juni 2011 zugestandene Schreibzeitverlängerung bereits Rechnung getragen hat, überkompensiert. Das wäre jedoch mit dem Grundsatz der Chancengleichheit nicht vereinbar.
Auch aus § 5
Abs. 1 Satz 2 RaPO folgt nicht, dass die Antragstellerin Anspruch auf Nachteilsausgleich durch andere Maßnahmen als die gewährte Verlängerung der Bearbeitungszeit hätte. Zwar kann danach der Nachteilsausgleich außer durch angemessene Verlängerung der Bearbeitungszeit auch durch zusätzliche Arbeits- und Hilfsmittel oder durch Ablegung der Prüfung in einer anderen Form gewährt werden. Jedoch handelt es sich dabei um eine allgemeine Regelung für Behinderungen, die in unterschiedlichster Art auftreten können. Über den zu gewährenden Nachteilsausgleich hat die Prüfungsbehörde unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls, insbesondere der konkreten Behinderung und der jeweiligen Prüfung, zu entscheiden. Dass die Antragsgegnerin bei den anstehenden fach- und fremdsprachlichen Prüfungen eine Nichtberücksichtigung von Rechtschreibfehlern ablehnt, begegnet keinen rechtlichen Bedenken.
b) Auch für die zuletzt hilfsweise beantragte Verlängerung der Bearbeitungszeit um 30 v.H. besteht vorliegend keine Veranlassung. Die Antragstellerin hat nicht glaubhaft gemacht, dass die gewährte Schreibzeitverlängerung zu knapp bemessen und damit nicht ausreichend wäre.
Zwar sprechen sich die zuletzt vorgelegten nervenfachärztlichen Atteste vom 15. Dezember 2009 und vom 15. November 2011 für einen "Zeitzuschlag von 30 Prozent" aus. Allerdings wird in keinem der beiden Atteste dargelegt, weshalb eine Verlängerung der Bearbeitungszeit um zehn v.H. nicht ausreichen sollte. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass die Behinderung der Antragstellerin überdurchschnittlich ausgeprägt wäre. Vielmehr wurde in den Attesten keine Legasthenie, sondern eine isolierte Rechtschreibstörung und Störung des schriftlichen Ausdrucks der Antragstellerin diagnostiziert. Die Leseleistung sei hingegen weitgehend unauffällig. Dem hat die Antragsgegnerin durch Verlängerung der Bearbeitungszeit bei schriftlichen Prüfungsarbeiten und Klausuren um zehn v.H. Rechnung getragen.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154
Abs. 2
VwGO. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 47, § 53
Abs. 2
Nr. 1, § 52
Abs. 2 GKG
i.V.m. Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ 2004, 1327).
3. Diese Entscheidung ist unanfechtbar, § 152
Abs. 1
VwGO.