Die Klage ist zulässig und begründet.
Zur Unrecht hat die Beklagte die Kostenübernahme für das Color Test 2000 abgelehnt und lediglich die Übernahme der Kosten für das preiswertere Colorino zugesagt. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Übernahme der Kosten für das Color Test 2000 abzüglich der gesetzlichen Zuzahlung.
Der Erstattungsanspruch beruht auf
§ 13 Abs. 3 SGB V. Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbst beschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war.
Um eine unaufschiebbare Leistung im Sinne der genannten Vorschrift handelte es sich offensichtlich nicht.
Die Beklagte hat jedoch die Versorgung mit dem Color Test 2000 zu Unrecht abgelehnt und die Selbstbeschaffung durch die Klägerin beruht auf dieser rechtswidrigen Ablehnung.
Nach
§ 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Seh- und Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfalle erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern (erste Alternative) oder eine Behinderung auszugleichen (zweite Alternative), soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach
§ 34 Abs. 4 SGB V ausgeschlossen sind. Ein Farberkennungsgerät ist kein allgemeiner Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens (
BSG Urteil vom 17.01.1996 -
3 RK 38/94).
Ein Anspruchsausschluss nach § 34
Abs. 4
SGB V in Verbindung mit der vom BMG erlassenen Verordnung liegt ebenfalls nicht vor.
Grundsätzlich stellt ein Farberkennungsgerät ein geeignetes Hilfsmittel zum Ausgleich einer hochgradigen Sehbehinderung
bzw. Blindheit und somit einer Behinderung im Sinne der zweiten Alternative des § 33
Abs. 1 Satz 1
SGB V dar (
BSG Urteil vom 17.01.1996 a.a.0).
Wie das
BSG im Urteil vom 17.01.1996 (a.a.0.) ausführt, ist der Einsatz eines Farberkennungsgerätes der alltäglichen Lebensbetätigung im Rahmen der allgemeinen Grundbedürfnisse eines Menschen zuzuordnen. Zu den Grundbedürfnissen gehören ganz allgemein die Schaffung eines körperlich und geistigen Freiraumes. Zu diesem Freiraum zähle auch die Fähigkeit, sich selbständig und möglichst ohne fremde Hilfe im eigenen Umfeld orientieren, zu recht finden und zu bewegen zu können. Die dazu notwendige Wahrnehmung der Umwelt erfolge bei dem sehfähigen Menschen in erster Linie durch den Sehsinn, seine anderen Sinne, Gehör, Gefühl, Geruch, Geschmack) ergänzten die visuelle Wahrnehmung. Ein blinder Mensch sei hingegen vollständig auf die in diesem Zusammenhang sekundären Sinne beim Erkennen und Unterscheiden von Gegenständen angewiesen. Er sei bei der Wahrnehmung seiner Umwelt und damit bei der Schaffung seiner Grundvoraussetzung für die zu seinem Freiraum gehörende Fähigkeit, sich im eigenen Umfeld zu orientieren, zurechtzufinden, zu bewegen, wesentlich eingeschränkt und behindert. Das Farberkennungsgerät diene dem teilweisen ersetzenden Ausgleich dieses behinderungsbedingten Defizits bei der alltäglichen Lebensbetätigung im Rahmen der allgemeinen Grundbedürfnisse. Die Farbe sei ein wesentliches Merkmal zum Erkennen und Unterscheiden eines Gegenstandes. Das Gerät vermittele dem blinden Menschen hierüber auf akustischem Wege eine Vorstellung: Wird das "Auge" des Gerätes mit einem Gegenstand in Berührung gebracht, so wird auf einen ersten Knopfdruck hin über eine künstliche Sprachausgabe die Farbe genannt. Nach einem zweiten Knopfdruck werden die Anteile der Grundfarbe angegeben. Auf einen dritten Knopfdruck hin wird die Kennzahl genannt, unter der man in der Tabelle eine genaue Bezeichnung der Farbe
bzw. Farbmischung nachlesen könne. Der spät erblindete Mensch erhalte so über sein Erinnerungsvermögen eine Vorstellung von der farblichen Gestaltung des Gegenstandes (so Urteil des
BSG vom 17.01.1996 a.a.0.).
Das erkennende Gericht hat sich im Termin der mündlichen Verhandlung davon überzeugen können, dass Color Test Gerät in der technischen Funktion der oben genannten im Urteil vom
BSG vom 17.01.1996 beschriebenen Arbeitsweise des dort zugrunde liegenden Farberkennungsgerätes noch entspricht.
Der Anspruch auf Versorgung mit Hilfsmitteln ist gemäß
§ 12 SGB V jedoch auf das Maß des Notwendigen und Ausreichenden beschränkt. Entgegen der Auffassung der Beklagten reicht das von der Beklagten zur Verfügung gestellte Colorino jedoch zur Deckung der Grundbedürfnisse nicht aus und ist somit nicht ausreichend im Sinne von § 12
SGB V. Andererseits übersteigt das Gerät Color Test 2000 nicht das Maß des Notwendigen und Ausreichenden. Das Hilfsmittel soll den Behinderten die Möglichkeit verschaffen, allgemeine Grundbedürfnisse des täglichen Lebens möglichst ohne Fremdhilfe erfüllen zu können, um so einen körperlichen und geistigen Freiraum zu erschließen. Die Auswahl der täglichen Kleidung, der richtigen Schuhe und das Erkennen des Reifegrades von Erdbeeren und anderen Früchten gehören zu den elementaren Grundbedürfnissen eines Menschen im Ablauf des täglichen Lebens. Schon bei der Auswahl der täglichen Kleidung zeigt sich, dass das Colorino nicht geeignet ist,
z. B. im Bereich der dunklen Farbtöne eine sichere und zutreffende Analyse zu bieten. Wie auch der Sachverständige
Dipl.-Ing. I im Widerspruchsverfahren erläuterte, ist nur das Farberkennungsgerät Color Test 2000 in der Lage, Farbzwischentöne zuverlässig zu erkennen und anzugeben. Bei sehr dunklen oder sehr hellen Farben sei das Colorino unzuverlässig. Die Farben würden oft falsch gedeutet. Zur Auswahl der Kleidung sei der Benutzer des Colorino in den meisten Fällen auf die Hilfe eines normal Sehenden angewiesen. Dagegen könne das Farberkennungsgerät Color Test 2000 die verschiedenen Farbtöne wesentlich feiner und zutreffender wiedergeben. Aus diesen Ausführungen alleine ergibt sich schon, dass das Colorino den Sehbehinderten nicht in die Lage versetzt, ohne fremde Hilfe die im Alltag erforderlichen Farbbeurteilungen vornehmen zu können. Das Colorino befreit somit den Behinderten nicht von fremder Hilfe. Es ermöglicht nicht, ein von fremder Hilfe unabhängiges Leben. Soweit der Sachverständige darauf hinweist, dass von Geburt an erblindete Behinderte sich unter den entsprechenden differenzierten Farbbegriffen nichts vorstellen können, so trifft das auf die Klägerin nicht zu, da sie erst seit einigen Jahren erblindet ist. Somit ist das Color Test 2000 zur Deckung der Grundbedürfnisse der Klägerin erforderlich notwendig und ausreichend.
Die Beklagte ist daher verpflichtet, die Kosten für die Anschaffung des Color Test 2000 abzüglich des Eigenanteils von 10
EUR zu erstatten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193
SGG.