Die gemäß § 143
ff. Sozialgerichtsgesetz (
SGG) statthafte Berufung ist zulässig. Sie ist auch begründet, da das Sozialgericht Berlin in seinem Urteil zu Unrecht davon ausgeht, dass die Klägerin unter Abzug eines Eigenanteils in Höhe der Kosten für ein handelsübliches Fahrrad Anspruch auf die Versorgung mit dem von ihr begehrten Dreirad mit Hilfsmotor hat.
Nach
§ 33 Abs. 1 Satz 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (
SGB V) haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern (1. Variante), einer drohenden Behinderung vorzubeugen (2. Variante) oder eine Behinderung auszugleichen (3. Variante), soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach
§ 34 Abs. 4 SGB V ausgeschlossen sind. Die Leistungen nach § 33
SGB V müssen wie in allen anderen Bereichen der Leistungsgewährung der gesetzlichen Krankenversicherung ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen (
§ 12 Abs. 1 SGB V).
Die Klägerin kann mit ihrem Begehren keinen Erfolg haben. Die Leistungspflicht der Beklagten erstreckt sich hier nicht auf die Bereitstellung des von der Klägerin begehrten Dreirades mit Elektromotor, da es einen Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens darstellt, der von der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung nach § 33
Abs. 1 Satz 1
SGB V nicht umfasst wird. Wesentlich für die Einordnung als Gebrauchsgegenstand ist der Zweck und seine Funktion sowie die tatsächliche Verbreitung und Nutzung (
BSG, SozR 3-2500 § 33
Nr. 33). Dabei ist zu beachten, dass das
BSG die Einordnung als Hilfsmittel oder als Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens nicht mehr von einem bestimmten Prozentsatz der Verbreitung innerhalb der privaten Haushalte der Bevölkerung in der Bundesrepublik Deutschland abhängig macht. Aufgabe der Krankenversicherung ist es, allein die medizinische Rehabilitation sicherzustellen, so dass nur solche Gegenstände als Hilfsmittel zu gewähren sind, die spezifisch der Bekämpfung einer Krankheit oder dem Ausgleich einer Behinderung dienen. Ein Gegenstand ist auch trotz geringer Verbreitung in der Bevölkerung und trotz hohen Verkaufspreises als allgemeiner Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens einzustufen, wenn er schon von der Konzeption her nicht vorwiegend für Kranke und Behinderte gedacht ist (
BSG, SozR 3-2500 § 33
Nr. 31). Bereits nach der Bewerbung durch die Firma W ist das begehrte Dreirad mit Hilfsmotor kein speziell für die Bedürfnisse behinderter Menschen konzipiertes Fahrzeug, weil es in der Grundausstattung zum Gebrauch durch nicht behinderte Menschen bestimmt ist. Nach den Informationen durch die Firma wurde das Dreirad mit Elektromotor für alle Probleme der Bewegungseinschränkung entwickelt, wobei die Grundvariante immer gleich ist. Bei geistigen Behinderungen können teilweise Körperfixierungen angebracht werden. Der Vorteil gegenüber dem Elektrorollstuhl liege in der Verhinderung des Muskelabbaus. Weder nach dem Kostenvoranschlag noch nach den weiteren Unterlagen der Firma W ist bei dem von der Klägerin begehrten Dreirad mit Hilfsmotor eine von der Grundausstattung abweichende, auf die Behinderung der Klägerin zugeschnittene Ausstattung festzustellen. Vielmehr handelt es sich hier um einen handelsüblichen Verkaufsgegenstand, so dass ein Anspruch auf Versorgung gegenüber der Beklagten ausgeschlossen ist.
Da es sich um einen Gebrauchgegenstand des täglichen Lebens handelt, der auch über keine behinderungsgerechte Zusatzausrüstung verfügt, stellt sich hier auch nicht die Frage eines Wahlrechts zwischen dem Dreirad mit Elektromotor und dem von der Beklagten angebotenem Elektrorollstuhl (
BSG, SozR 3-2100 § 33
Nr. 1).
Aber auch wenn das Dreirad mit Hilfsmotor keinen Gebrauchgegenstand des täglichen Lebens darstellen würde, wäre ein Anspruch der Klägerin im vorliegenden Fall ausgeschlossen. Denn die Beklagte ist bereit, der Klägerin einen Rollstuhl im Wiedereinsatz zur Verfügung zu stellen, wodurch lediglich Kosten in Höhe von 237,50
EUR entstehen würden. Die Klägerin hat zwar nach § 33 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB I) im Rahmen des Sachleistungsprinzips ein Wahlrecht zwischen verschiedenartigen, gleichermaßen geeigneten und wirtschaftlichen Hilfsmitteln ihre Wünsche sind, soweit sie angemessen sind, zu berücksichtigen (§ 2
Abs. 2 in Verbindung mit § 4
Abs. 2
Nr. 1
SGB I). Die Angemessenheit wird jedoch durch das Wirtschaftlichkeitsprinzip des
§ 12 Abs. 1 SGB V bestimmt, was im vorliegenden Fall zur Folge hat, dass ein Wahlrecht der Klägerin zwischen dem begehrten Dreirad und dem Elektrorollstuhl ausgeschlossen ist. Denn die Kosten für das begehrte Hilfsmittel übersteigen die für das angebotene um mehr als das 15fache, so dass das Dreirad mit Hilfsmotor offensichtlich unwirtschaftlicher gegenüber dem für den Behinderungsausgleich gleichermaßen geeigneten Elektrorollstuhl wäre.
Mit ihrem Hilfsantrag kann die Klägerin nicht durchdringen, weil dem damit geltend gemachten Anspruch ebenfalls entgegensteht, dass es sich bei dem Dreirad mit Hilfsmotor um einen Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens handelt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193
SGG.
Die Revision ist nicht zuzulassen, da Gründe nach § 160
Abs. 2
Nr. 1 und 2
SGG nicht vorliegen.