Die Beschwerde des Antragsgegners ist zulässig und begründet.
Zu Unrecht hat das Sozialgericht den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, Kosten des Besuchs des Antragstellers der T-S-Schule in C im Rahmen der Eingliederungshilfe zu übernehmen. Ein entsprechender Anspruch des Antragstellers ist zur Überzeugung des Senats nicht feststellbar.
Nach § 86b
Abs. 2 Satz 2
SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Regelungsanordnung). Der Erlass einer Regelungsanordnung setzt die Glaubhaftmachung (§ 86b
Abs. 2 Satz 4
SGG i.V.m. 920
Abs. 2 Zivilprozessordnung (
ZPO)) des Bestehens eines materiell-rechtlichen Anspruchs auf die begehrten Leistungen (Anordnungsanspruch) sowie einer Eilrechtsschutz rechtfertigenden Eilbedürftigkeit (Anordnungsgrund) voraus. Dabei stehen Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund nicht isoliert nebeneinander. Es besteht vielmehr eine Wechselbeziehung der Art, dass die Anforderungen an den Anordnungsanspruch mit zunehmender Eilbedürftigkeit
bzw. Schwere des drohenden Nachteils zu verringern sind und umgekehrt.
Aus
Art. 19
Abs. 4 Grundgesetz (
GG) können sich besondere Anforderungen an die Ausgestaltung des Eilverfahrens ergeben, wenn ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen können, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären. Die Gerichte müssen in solchen Fällen, wenn sie sich an den Erfolgsaussichten der Hauptsache orientieren wollen, die Sach- und Rechtslage nicht nur summarisch, sondern abschließend prüfen. Dies gilt insbesondere, wenn das einstweilige Rechtsschutzverfahren vollständig die Bedeutung des Hauptsacheverfahrens übernimmt und eine endgültige Verhinderung der Grundrechtsverwirklichung eines Beteiligten droht. Ist dem Gericht eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich, so ist anhand einer Folgenabwägung zu entscheiden. Auch in diesem Fall sind die grundrechtlichen Belange des Antragstellers umfassend in die Abwägung einzustellen. Die Gerichte müssen sich schützend und fördernd vor die Grundrechte des Einzelnen stellen. Dies gilt ganz besonders, wenn es um die Wahrung der Würde des Menschen geht (
vgl. zu alledem
BVerfG, Beschluss vom 12.05.2005 - 1 BvR 569/05).
Unter Berücksichtigung der vorstehenden Kriterien kann die im Wesentlichen auf der Grundlage einer Folgenabwägung getroffene Entscheidung des Sozialgerichts keinen Bestand haben.
Denn ein Anordnungsanspruch ist nicht glaubhaft gemacht. Insbesondere besteht kein Anspruch auf Übernahme vom Antragsteller für den Besuch der T-S-Schule in C monatlich aufzuwendenden Kosten gemäß
§§ 53 Abs. 1,
54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XII i. V. m.
§ 12 Nr. 2 EinglH-VO.
Zwar gehört der Antragsteller grundsätzlich zum Kreis der Personen, die eingliederungshilfeberechtigt sind, denn er leidet an einer Behinderung im Sinne des
§ 2 Abs. 1 S. 1 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen (SGB IX), die ihn wesentlich in seiner Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, einschränkt. Dies ergibt sich nicht zuletzt aus den Feststellungen des gerichtlichen Sachverständigen
Dr. H1 und ist zwischen den Beteiligten auch nicht streitig. Bei dem Antragsteller besteht nach den Feststellungen des gerichtlichen Sachverständigen ein komplexes Fehlbildungssyndrom mit insbesondere neurologischen und neuro-orthopädischen Störungsbildern. Im Vordergrund steht eine Hirnfunktionsstörung, die wiederum diverse Funktionsdefizite bedingt. Zudem besteht eine mittelgradige Intelligenzminderung.
Zu den Eingliederungshilfeleistungen gehören gemäß § 54
Abs. 1
Nr. 1
SGB XII auch Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung, insbesondere im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht und zum Besuch weiterführender Schulen einschließlich der Vorbereitung hierzu. Dabei bleiben Bestimmungen über die Ermöglichung der Schulbildung im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht unberührt.
Gemäß § 12
Nr. 1 der EinglH-VO umfasst die Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung neben heilpädagogischen auch sonstige Maßnahmen zu Gunsten körperlich und geistig behinderter Kinder und Jugendlicher, wenn die Maßnahmen erforderlich und geeignet sind, dem behinderten Menschen den Schulbesuch im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht zu ermöglichen oder zu erleichtern. Es kommen insoweit grundsätzlich alle Maßnahmen in Betracht, die im Zusammenhang mit der Ermöglichung einer geeigneten Schulbildung geeignet und erforderlich sind, die Behinderungsfolgen zu beseitigen oder zu mindern und so das im Gesetz formulierte Ziel der Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu erreichen (
vgl. Voelzke in Hauck/Noftz,
SGB XII, 19. Erg.-Lfg. II/10, § 54
SGB XII Rn. 41, 44 unter Verweis auf
BSG, Urteil vom 25.06.2008 -
B 11b AS 19/07 R).
Grundsätzlich kann deshalb zwar - entsprechend einem zu zahlenden Schulgeld - auch die Übernahme von Beschulungskosten, wie sie auch im vorliegenden Fall streitig sind, als Eingliederungshilfe in Betracht kommen. Solche Kosten müssten dann Voraussetzung für den Besuch der betreffenden Schule zur Gewährleistung einer "angemessenen Schulbildung" sein (
vgl. zur Übernahme eines Schulgeldes für den Besuch einer privaten Montessori-Grundschule Sozialgericht (SG) Marburg, Urteil vom 28.04.2008 -
S 9 SO 38/07).
Ist Aufgabe der Eingliederungshilfe jedoch lediglich die Hilfeleistung zu einer "angemessenen Schulbildung", so kann nicht jedwede
ggf. darüber hinausgehende Hilfeleistung zu einer nach den Vorstellungen des Hilfeempfängers beziehungsweise seiner Erziehungsberechtigten bestmöglichen Schulbildung als Eingliederungshilfe verlangt werden (
vgl. auch
LSG NRW, Beschluss vom 31.03.2010 - L 12 B 19/09 SO ER, sowie
BVerwG, Urteil vom 12.07.2005 - 5 B 56/05).
Die schulische Förderung von Kindern ist grundsätzlich eine vorrangig dem öffentlichen Schulwesen zugewiesene Aufgabe (
vgl. zum Kinder- und Jugendhilferecht etwa Wiesner,
SGB VIII, 2. Aufl., § 10 Rn. 25). Insbesondere besteht ein Nachrang hinsichtlich der Übernahme von Schulkosten aufgrund der Gesetze der Länder, jedenfalls soweit die Schulbehörde der ihr möglichen vorrangigen Leistungsverpflichtung auch nachkommt (Voelzke, a.a.O., Rn. 44a). Die inhaltliche Ausgestaltung der schulischen Maßnahmen obliegt grundsätzlich den jeweils zuständigen Kultusbehörden und dem nach Landesrecht zuständigen Schulträger (Voelzke, a.a.O., Rn. 44a unter Verweis auf Schmeller in Mergler/Zink,
SGB XII, § 54 Rn. 71). Erst wenn
z.B. feststeht, dass eine angemessene Schulbildung im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht nicht zu erlangen ist, kann im Rahmen der Eingliederungshilfe auch die Übernahme von Kosten für den Besuch etwa einer Privatschule in Betracht kommen (
vgl. zu § 35a
SGB VIII VGH Hessen, Urteil vom 20.08.2009 - 10 A 1799/08). Entsprechendes muss gelten, wenn der Besuch einer von den für den Hilfebezogenen zuständigen Behörden vorgehaltenen Schule abgelehnt und eine Kostentragung für den Besuch einer Schule in einem anderen Bundesland begehrt wird. Dabei - wie im Falle des Antragstellers - entstehende erhebliche Mehrkosten könnten einzig übernommen werden, wenn anders eine angemessene Schulbildung (durch die an sich "zuständigen" Schulen) nicht erreicht werden könnte.
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist der Antragsteller jedoch auf den Besuch der sozialhilfekostenfrei zu besuchenden N1-Schule in H zu verweisen. Denn die N1-Schule gewährleistet für den Antragsteller durchaus eine angemessene Schulbildung.
Dabei geht der Senat zunächst davon aus, dass die Hilfen zur angemessenen Schulbildung unter dem Vorbehalt der Prüfung unverhältnismäßiger Mehrkosten nach § 9
Abs. 2
S. 3
SGB XII stehen (sog. Mehrkostenvorbehalt;
vgl. auch
LSG NRW, Beschluss vom 31.03.2010, a.a.O.). Der Antragsteller vermag sich hingegen nicht mit Erfolg auf Rechtsprechung des
BVerwG im Urteil vom 26.10.2007 - 5 C 35/06 zu berufen, wonach hinsichtlich eines Wahlrechts zwischen integrativer Beschulung (mit der Folge zusätzlicher Kosten für einen Integrationshelfer) und dem Besuch einer Förderschule zwar eine gleichwertige, nicht aber eine gleichartige Beschulung vorliege, welche Unterschiede gerade auch in Bezug auf die allgemeine Aufgabe der Eingliederungshilfe aufweise, die behinderten Menschen in die Gesellschaft einzugliedern. Die vom
BVerwG entschiedene Konstellation ist mit der vorliegenden ersichtlich nicht vergleichbar; insbesondere sind beim Vergleich von N1-Schule und T-S-Schule in Bezug auf eine Eingliederung in die Gesellschaft wesentliche Unterschiede nicht ersichtlich. Vielmehr ist bei Vergleich dieser Schulen im Sinne der Rechtsprechung des
BVerwG von einer anderen schulrechtlichen Wahlmöglichkeit gerade ohne einen sog. "integrativen Mehrwert" (a.a.O., Rn. 21) auszugehen. In einer solchen Konstellation ist vom Sozialhilfeträger ein schulrechtliches Wahl- und Bestimmungsrecht auch mit Blick auf das sich aus
Art. 6
Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz (
GG) ergebende Recht der Erziehungsberechtigten, den Bildungsweg ihrer Kinder zu bestimmen, und auf das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Antragstellers (
Art. 2
Abs. 1
i.V.m. Art. 1
Abs. 1
GG) nicht von vornherein hinzunehmen.
Die Wahl der nicht in Nordrhein-Westfalen gelegenen T-S-Schule verursacht erhebliche Sozialhilfekosten, die bei einem Besuch der nächstgelegenen Förderschule in Nordrhein-Westfalen nicht anfallen, weil diese Förderschule vom nach nordrhein-westfälischen Landesrecht zuständigen Schulträger durch Vorhaltung entsprechender Leistungen finanziert wird. Diese Kosten belaufen sich auf monatlich mehr als 2.000,00
EUR und fallen damit in einem erheblichen Umfang an. Bei dem anzustellenden Mehrkostenvergleich sind zur Überzeugung des Senats insoweit lediglich die sozialhilferechtlichen Aufwendungen in die vergleichende Betrachtung einzubeziehen (
vgl. auch
LSG NRW, Beschluss vom 31.03.2010, a.a.O.). Diese Mehrkosten führen dazu, dass ein Wahlrecht des Antragstellers, welches die niedersächsische T-S-Schule einbezieht, nicht besteht.
Denn es bestehen zur Überzeugung des Senats zunächst keine Zweifel daran, dass die N1-Schule ohne Weiteres geeignet ist, dem Antragsteller eine angemessene Schulbildung angedeihen zu lassen. Dies ergibt sich nicht zuletzt aus dem Ergebnis der Beweisaufnahme, konkret insbesondere aus der Aussage des an der Schule tätigen Zeugen S2, der als dortiger Lehrer nicht allein die Verhältnisse an der N1-Schule zu beurteilen in der Lage ist, sondern darüber hinaus aufgrund der Begutachtung des Antragstellers im Rahmen des
AO-SF-Gutachtens auch mit den konkreten Anforderungen an dessen Beschulung unter Berücksichtigung seiner gesundheitlichen Einschränkungen vertraut ist. Der Senat hat keinerlei Veranlassung, dieser fundiert begründeten Einschätzung nicht zu folgen, zumal sie durch die Aussage des seinerzeitigen Konrektors und jetzigen Schulleiters der N1-Schule, des Zeugen
L1, in Bezug auf die Möglichkeiten der N1-Schule bestätigt worden ist. Dabei steht von vornherein außer Frage, dass die N1-Schule als Förderschule für den auch für den Antragsteller relevanten Förderschwerpunkt nach ihrer Zielrichtung und Konzeption zur Beschulung von Schülern mit entsprechender Behinderung geeignet ist. Von einer solchen Eignung geht auch das beigeladene Schulamt ohne Weiteres aus, wie sich nicht zuletzt aus dem Bescheid vom 04.06.2008, aber auch aus den im laufenden Verfahren abgegebenen Stellungnahmen ergibt. Der gerichtliche Sachverständige hat schließlich - die individuellen Verhältnisse des Antragstellers berücksichtigend - ausgehend von der Prämisse, dass der Antragsteller in der Lage sei, eine Förderschule mit dem Förderschwerpunkt "geistige Entwicklung" zu durchlaufen und dabei Lernfortschritte zu erzielen, sowohl die aktenkundigen Förderungsmöglichkeiten an der T-S-Schule als auch die an der N1-Schule als grundsätzlich geeignet bezeichnet (
vgl. auch
LSG NRW, Beschluss vom 31.03.2010, a.a.O, in einem vergleichbaren, die hier in Frage stehenden Schulen betreffenden Fall: "denn nach dem Eindruck, den der Senat im Erörterungstermin von den Möglichkeiten der Schule gewonnen hat, ist grundsätzlich von einer angemessenen Förderung auszugehen"). Dabei bestehen nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme hinsichtlich der Klassengröße und der pro Schüler/Schülerin zur Verfügung stehenden Betreuer/Lehrkräfte keine signifikanten Unterschiede im Vergleich zur T-S-Schule. Da die Beachtung der landesrechtlichen Vorgaben an der N1-Schule insoweit außer Frage steht, wären solche Unterschiede im Übrigen zur Überzeugung des Senats ebenso hinzunehmen wie
ggf. eine in Einzelheiten divergierende pädagogische Ausrichtung. Überlegungen dazu, ob es in Zukunft zu divergierenden Klassengrößen kommen könnte, sind zum jetzigen Zeitpunkt entbehrlich; Aussagen zu einer Gefährdung der Schulbildung des Antragstellers sind insoweit - wie letztlich auch der Sachverständige
Dr. H1 feststellt - derzeit nicht möglich.
Das Ergebnis der Beweisaufnahme ist zur Überzeugung des Senats auch im Übrigen nicht geeignet, eine Unzumutbarkeit oder Unmöglichkeit (
vgl. auch
BVerwG, Urteil vom 13.08.1992 - 5 C 70/88) eines Schulwechsels
bzw. des Besuchs der N1-Schule in H zu belegen. Auch unter Berücksichtigung der Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen
Dr. H1 ist vielmehr nicht feststellbar, dass das Integrationsziel, also insbesondere eine unter Berücksichtigung der individuellen Verhältnisse des Antragstellers angemessene Schulbildung, bei einem Wechsel zur N1-Schule konkret gefährdet wäre:
Hinsichtlich der vom Sachverständigen als eigentliches Problem gesehenen längeren Anfahrtszeit kann zunächst nicht unberücksichtigt bleiben, dass dem (Landes-) Gesetzgeber ein weiter Gestaltungsspielraum hinsichtlich der Zumutbarkeit des Schulweges zusteht (
vgl. zur Zumutbarkeit des Beförderungsangebots im öffentlichen Personennahverkehr und § 114
Abs. 1 Satz 2 SchulG Niedersachsen
BVerwG, Beschluss vom 15.01.2009 - 6 B 78/08 (Schulwegzeit in der Sekundarstufe I von 60 Minuten je Richtung zumutbar und unter besonderen Umständen auch eine Schulwegzeit von 90 Minuten, etwa beim Besuch einer Bildungseinrichtung mit einem besonderen überregionalen Angebot in einem anderen Bundesland)). Es spricht nichts dafür, dass die Regelungen der Verordnung zur Ausführung des § 97
Abs. 4 SchulG
NRW (SchfkVO) in §§ 13, 14 sowie der dazugehörigen Verwaltungsvorschriften die Zumutbarkeit willkürlich bestimmten. Insbesondere ist nicht zu beanstanden, dass § 13
Abs. 3 Satz 2 SchfkVO als Sollvorschrift durch VV
Nr. 13.32 Verwaltungsvorschriften zur Ausführung der SchfkVO dahingehend konkretisiert wird, dass eine Abweichung aus besonderen schulorganisatorischen Gründen oder besonderen Kostengründen insbesondere auch bei einzelnen Sonderschultypen möglich ist.
Insgesamt bleiben die Ausführungen der den Kläger behandelnden Ärzte und Therapeuten, aber auch des Sachverständigen
Dr. H1, hinsichtlich drohender Beeinträchtigungen aufgrund einer um
ca. 25 - 30 min längeren Fahrzeit (pro Einzelstrecke) allzu vage. Der gerichtliche Sachverständige führt insoweit aus, die Auswirkungen der zeitlichen Differenz sei mit einem objektiven Verfahren nicht messbar. Auch gebe es keine fundierten wissenschaftlichen Studien, die den Zusammenhang zwischen der Länge von Transportzeiten und der anschließenden Lern- und Arbeitsfähigkeit untersucht hätten. Ebenso gebe es keine wissenschaftlichen Untersuchungen, die es erlauben würden, exakt zu berechnen, wie sich ein zweistündiger Autotransport pro Tag im Rollstuhl auf die Fähigkeit eines Kindes auswirke, das nur relativ kurze Strecken mit einem Rollator durchgehend zurücklegen könne. Insofern könne der behandelnde Orthopäde nicht weitergehen, als vor dem Hintergrund seiner Erfahrung und mit Blick auf die neuroorthopädischen Defizite des Antragstellers vor der Inkaufnahme der längeren Fahrstrecke dringend zu warnen.
Soweit nachfolgend ausgeführt wird, die Klassenlehrerin des Antragstellers halte schon die Dauer des Schulunterrichts an der T-S-Schule für zu lang, und die Mutter des Antragstellers erlebe diesen nach der Schule weitgehend als erschöpft und ruhebedürftig, lässt sich vor dem Hintergrund der Ausführungen des Sachverständigen ein Zusammenhang zur Dauer des Schulweges allenfalls mutmaßen, nicht aber belegen. Gänzlich unbeachtet bleibt, inwieweit auch hinsichtlich einer längeren Wegezeit Gewöhnungseffekte eintreten. Soweit die Möglichkeit einer Versteifung des Antragstellers angedeutet wird, wird dies weder von den behandelnden Ärzten noch dem gerichtlichen Sachverständigen hinreichend begründet. Im Rahmen der Begutachtung durch den Sachverständigen zeigte sich eine Steifigkeit nach deutlich längerem Anreiseweg des Antragstellers (von C1 nach C5) jedenfalls offenbar nicht in einem erwähnenswerten Umfang. Es fehlt auch jede tragfähige Begründung dafür, warum etwa nächtliche Ruhezeiten durch therapeutische Einwirkung zu kompensieren sein sollen, ein verlängerter Schultransport jedoch nicht.
Der Senat weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass, sollte sich im Rahmen eines zukünftigen Besuchs der N1-Schule in H erweisen, dass ein Sammeltransport aufgrund der individuellen gesundheitlichen Umstände des Antragstellers (etwa aufgrund objektivierbarer physischer und psychischer Überlastung) nicht zumutbar wäre, es ihm unbenommen bliebe, erstmals eine Einzelbeförderung zu beantragen und
ggf. gegenüber dem für die Schülerbeförderung zuständigen Schulträger (
vgl. § 3 SchfkVO) durchzusetzen (
vgl. zu einem solchen Fall
VG Hannover, Beschluss vom 19.10.2001 - 6 B 3273/01). Der Senat sieht sich zum jetzigen Zeitpunkt insoweit auch nicht in Widerspruch zur verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung, wonach sich ein Hilfesuchender im Rahmen der Inanspruchnahme von Eingliederungshilfe nicht darauf verweisen lassen muss, schulrechtliche Ansprüche auf dem Klageweg oder einem Weg des einstweiligen Rechtsschutzes durchzusetzen oder einen entsprechenden Versuch zu unternehmen (
vgl. OVG NRW, Urteil vom 12.06.2002 -
16 A 5013/00;
vgl. auch
BVerwG, Urteil vom 02.09.2003 - 5 B 259/02). Denn es ist - wie bereits dargelegt - einstweilen keineswegs feststellbar, dass dem Antragsteller ein Sammeltransport nicht zumutbar ist.
Soweit im Zusammenhang mit der Dauer des Schulweges vom Sachverständigen
Dr. H1 angeführt wird, die Kontinuität der für den Antragsteller unumstritten notwendigen Therapien sei bei einem Schulwechsel in Zeiten von Schulferien gefährdet, weist der Senat zunächst darauf hin, dass die Entscheidung, welche Therapeuten künftig notwendige Therapien durchführen, dem Antragsteller
bzw. dessen Eltern obliegt. Dass grundsätzlich auch die N1-Schule die Einbindung von Therapien in den Schulalltag gewährleistet, steht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme fest. Die Problematik der Fortführung der Therapien während der Ferien stellt sich, wenn auch aufgrund der räumlichen Verhältnisse in geringerem Umfang, auch derzeit schon. Zu beachten ist jedoch, dass die Schulferien mangels Deckungsgleichheit mit den Ferienzeiten an Regelschulen keineswegs ein Viertel des Jahres ausmachen. Auch erscheint nicht ausgeschlossen, dass in längeren Schulferien
ggf. auf bereits vertraute Therapeuten zurückgegriffen werden könnte.
Soweit der gerichtliche Sachverständige die Herausnahme des Antragstellers aus seiner gewohnten personellen wie räumlichen Umgebung, die bei einem Wechsel auf die N1-Schule unvermeidlich auf ihn zukäme, als eindeutig entwicklungsgefährdend beschreibt, vermag der Senat auch diesen Ausführungen nicht zu folgen. Der Sachverständige stellt maßgeblich darauf ab, dass der Antragsteller auf neue Situationen wieder mit Angst reagiere und lange brauche, um ein Gefühl von Vertrautheit und Sicherheit zu gewinnen. Die hohe Angstbereitschaft und die Langsamkeit von Anpassungsprozessen seien nicht allein Folge der geistigen Behinderung, sondern auch unmittelbarer Ausdruck der kindesspezifischen Persönlichkeitsstruktur. Der Sachverständige hat allerdings auch im Rahmen der mündlichen Verhandlung nicht zu erklären vermocht, wie sich die von ihm gezogenen Schlussfolgerungen mit der in seinem Gutachten wiedergegebenen Verhaltensbeobachtung durch die Jugendpsychotherapeutin H2 (die in Zusammenarbeit mit dem Sachverständigen bei der im Auftrag des Senats durchgeführten Begutachtung des Antragstellers tätig geworden ist) vereinbaren lässt. In diesem Zusammenhang erscheint dem Senat bemerkenswert, dass dem Antragsteller bei der Untersuchung sowohl die räumliche Umgebung im Krankenhaus als auch die untersuchenden Personen unbekannt waren. Gleichwohl trennte er sich problemlos von seinen Eltern, die ihn bis zum Untersuchungszimmer begleitet hatten. Er sprach die Untersucherin Frau H2 mit "Tante" an und suchte zudem körperlichen Kontakt. Zugleich wird von der Jugendpsychotherapeutin in gewissem Maße eine Kommunikation und auch Interaktion des Antragstellers beschrieben. Ausdrücklich wird festgestellt, es zeigten sich "affektiv keine gängigen Zeichen von Angst und keine Kränklichkeit"; der Antragsteller habe nicht wie unter Spannung stehend gewirkt, sondern ruhig in seinem Rollstuhl gesessen.
Mit diesem Eindruck der Jugendpsychotherapeutin korrespondiert, wenn der Sachverständige
Dr. H1 im Rahmen der Erhebung des psychopathologischen Befundes davon spricht, der Antragsteller sei im Kontakt zugewandt, wenn auch von einer hohen Angstbereitschaft bei zu rascher Zuwendung und medizinischen Manipulationen, die er zunächst nicht überblicken könne.
Auch vor dem Hintergrund der gutachterlichen Feststellungen im
AO-SF-Verfahren (Gutachten S2 vom 12.05.2008) vermögen die Schlussfolgerungen des Sachverständigen, die sich im Wesentlichen auf Schilderungen aus der Kindergartenzeit des Antragstellers beziehen, nicht zu überzeugen. Insbesondere fehlt es an einer nachvollziehbaren Begründung dafür, dass durch geschulte und erfahrene Lehrkräfte/Pädagogen der N1-Schule eine Umstellung nicht ebenso erfolgreich zu erreichen sein sollte, wie sie in C beim Übergang vom Kindergarten in die Schule ersichtlich gut gelungen ist. Der sachverständige Zeuge S2, der in seinem Gutachten die Wichtigkeit verlässlicher Beziehungen zu vertrauten Erwachsenen ebenfalls herausgearbeitet hat, hat nachvollziehbar dargelegt, dass die Eingewöhnung der Kinder vorrangige Aufgabe auch in der N1-Schule ist.
Hinsichtlich der vom Sachverständigen
Dr. H1 betonten exzellenten Kooperation zwischen Schule und Elternhaus, die gegen einen Schulwechsel spreche, geht der Senat schließlich davon aus, dass die Eltern im Interesse des Antragstellers auch bei einem Besuch der N1-Schule entsprechend zu kooperieren bereit sein werden. Im Übrigen hält es der Senat allenfalls in extremen, im konkreten Fall nicht zu erkennenden Konstellationen für denkbar, dass subjektive Empfindungen der Eltern (wie die vom Sachverständigen für wahrscheinlich gehaltene tiefe Beunruhigung der Eltern des Antragstellers wegen der mit einem Schulwechsel
ggf. verbundenen erheblichen zusätzlichen Belastungen) und sich daraus ergebende Auswirkungen für die Befindlichkeit des Kindes und seinen Kooperationswillen ein rechtlich relevantes, anspruchsbegründendes Ausmaß erreichen können. Der Senat geht jedenfalls im vorliegenden Fall aufgrund seines im Erörterungstermin und in der mündlichen Verhandlung gewonnen Eindrucks davon aus, dass dauerhafte und gravierende Beziehungsstörungen zwischen den Eltern und der N1-Schule weder unausweichlich noch gar dauerhafter Natur sein werden. Vielmehr kann erwartet werden, dass die Eltern im wohlverstandenen Interesse des Antragstellers auf Dauer auch einer neuen Schule mit der notwendigen Offenheit und dem notwendigen Vertrauen sowie mit der erforderlichen Kooperation zu begegnen in der Lage sind.
Nach alledem vermag der Senat der Schlussfolgerung des Sachverständigen
Dr. H1 nicht beizutreten, dass "in der Gesamtschau" durch einen Wechsel des Antragstellers zur N1-Schule eine Gefährdung des Integrationszieles, konkret der angemessenen Schulbildung, zu befürchten sei.
Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass sich der Antragsteller auf eine seit seiner Einschulung in C eingetretene Gewöhnung allenfalls eingeschränkt berufen kann. Denn durch den (vom Förderverein der T-S-Schule unterstützten) Schulbesuch wurden trotz Kenntnis der ablehnenden Entscheidung des Antragsgegners und nachfolgend in Kenntnis einer lediglich nach summarischer Prüfung ergangenen Entscheidung des Sozialgerichts vollendete Tatsachen geschaffen; diese erscheinen für sich betrachtet nicht geeignet, die Zumutbarkeitsüberlegungen maßgeblich zu bestimmen.
Kann der Antragsteller aus den genannten Gründen keine Sozialhilfeleistungen für einen Besuch der T-S-Schule in C erhalten, kann im Übrigen von vornherein dahinstehen, ob es das nordrhein-westfälische Schulrecht überhaupt zulässt, dass der Schulpflicht in einem anderen Bundesland und an einer dem Landesrecht
ggf. unbekannten Schulform nachgekommen wird. Ergänzend sei allerdings angemerkt, dass die dies in Frage stellende Argumentation der Antragsgegnerin nicht zuletzt mit Blick auf die Auffassung des beigeladenen Schulamtes nicht zu überzeugen in der Lage sein dürfte. Zwar entscheiden die Schulbehörden mit bindender Wirkung für den Sozialhilfeträger, in welchem Umfang eine bestimmte Beschulung den geistigen und körperlichen Fähigkeiten eines behinderten Menschen entspricht (
vgl. BVerwG, Urteil vom 28.04.2005, NJW 2005, 3160 f.) Der insoweit der Auslegung bedürfende Bescheid des Schulamtes vom 04.06.2008 beinhaltet eine die Beteiligten bindende Zuweisungsentscheidung jedoch nicht. Mit diesem Bescheid ist auf der Grundlage des § 19 SchulG
NRW i.V.m. § 13
AO-SF keine konkrete Schule, sondern lediglich ein sonderpädagogischer Förderbedarf im Förderungsschwerpunkt Geistige Entwicklung festgestellt und mit Wirkung vom 01.08.2008 "eine Förderschule mit dem Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung" zum künftigen schulischen Förderort bestimmt worden. Zwar wird in dem Bescheid die N1-Schule in H als die für den Antragsteller zuständige Schule genannt. Aus dem Gesamtzusammenhang wird jedoch ersichtlich, dass die N1-Schule nicht als Förderort bestimmt wurde, sondern den Eltern des Antragstellers ein Wahlrecht hinsichtlich der Schule verbleiben sollte. Es wurde ausdrücklich offen gelassen, ob die erforderlichen Beschulungsvoraussetzungen für den Besuch der T-S-Schule vorliegen. Insoweit müsse eine Kontaktaufnahme mit dieser Schule
bzw. der für diese Schule zuständigen Aufsichtsbehörde erfolgen. Dementsprechend wurde um Mitteilung gebeten, welche Schule der Antragsteller künftig besuchen werde, um dieser Schule die vorliegenden Begutachtungsunterlagen zukommen zu lassen. Zudem wurden die Eltern des Antragstellers aufgefordert, den Antragsteller möglichst umgehend an einer "entsprechenden Förderschule" anzumelden. Dementsprechend hat das beigeladene Schulamt im laufenden Beschwerdeverfahren wiederholt darauf hingewiesen, dass mit der Beschulungsentscheidung eine konkrete Zuweisung an die N1-Schule nicht erfolgt und lediglich informationshalber auf diese Schule als nächstgelegene Förderschule des festgelegten Förderschwerpunkt hingewiesen worden sei. Zudem bestehen seitens des Schulamtes, wie in anderen Fällen auch, keine Bedenken daran, dass der Schulpflicht auch durch den Besuch der T-S-Schule genügt werden kann. Soweit aber eine einzelne Schule nicht verbindlich benannt wird, ist auch keine Förderschule des geeigneten Schultyps Pflichtschule (
vgl. auch
OVG NRW, Beschluss vom 28.05.2002 - 19 B 1145/01). Es dürfte - ohne dass es für die Entscheidung des Senats hierauf letztlich ankommt - somit an einer verbindlichen Zuweisung im Sinne von § 46
Abs. 6 SchulG
NRW fehlen.
Ob Fahrtkosten zu einer Schule zu erstatten sind, wenn deren Schulform im Schulsystem des Landes Nordrhein-Westfalen nicht vorgesehen ist, ist für das vorliegende Verfahren ebenfalls ohne Belang. Der Antragsgegner vermag sich daher auf die von ihm in Bezug genommene Entscheidung des
VG Aachen (Urteil vom 24.04.2009 - 9 K 1621/08) nicht zu berufen. Insoweit wird verkannt, dass die genannte Entscheidung lediglich die Problematik der Erstattungsfähigkeit von Schülerfahrkosten betrifft, nicht aber die Frage, inwieweit Kosten für den Besuch der Schule selbst im Rahmen der Eingliederungshilfe zu übernehmen sind.
Der Senat weist ergänzend darauf hin, dass sich aus den Ausführungen des 12. Senats des
LSG NRW im genannten Beschluss vom 31.03.2010 (a.a.O.) entgegen der Ansicht des Antragstellers für ihn keinerlei Folgen ableiten können, die den geltend gemachten Anspruch stützen könnten. Der erkennende Senat hat im Übrigen, anders als der 12. Senat, mit Rücksicht auf den Einzelfall des Antragstellers den Sachverhalt für weiter aufklärungsbedürftig gehalten und den Sachverständigen
Dr. H1 im Rahmen der mündlichen Verhandlung ergänzend gehört. Der erkennende Senat entscheidet dementsprechend auch nicht auf der Grundlage einer bloßen Folgenabwägung; er hält den Sachverhalt vielmehr für weitestgehend aufgeklärt. Etwa noch verbleibenden Zweifeln ist gleichwohl
ggf. in einem (vorzugsweise zügig zu betreibenden) Hauptsacheverfahren nachzugehen.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193
Abs. 1 Satz 1
SGG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177
SGG).