Die Beschwerde hat Erfolg.
Die Klägerin kann ausweislich der mit Schreiben vom 3. September 2021 erstmals vollständig vorgelegten Erklärung,
vgl. zur - hier mangels aktuellem Bezug von Leistungen nach dem
SGB XII nicht einschlägigen - Befreiung hinsichtlich des Ausfüllen der Abschnitte E bis H nach § 2
Abs. 2 PKHFV auch:
OVG NRW, Beschluss vom 25. Mai 2016 - 18 A 2206/12 -, juris Rn. 17
ff., m. w. N.,
nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung für das Klageverfahren erster Instanz nicht ganz oder teilweise aus eigenen Mitteln aufbringen. Die beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet auch hinreichende Aussichten auf Erfolg und erscheint nicht mutwillig (§ 166
Abs. 1 Satz 1
VwGO i. V. m. § 114
Abs. 1 Satz 1
ZPO).
Hinreichende Aussicht auf Erfolg im Sinne des § 166
Abs. 1 Satz 1
VwGO i. V. m. § 114
Abs. 1 Satz 1
ZPO bedeutet bei einer an
Art. 3
Abs. 1 und 19
Abs. 4
GG orientierten Auslegung des Begriffes einerseits, dass Prozesskostenhilfe nicht erst dann bewilligt werden darf, wenn der Erfolg der beabsichtigten Rechtsverfolgung gewiss ist, andererseits aber auch, dass Prozesskostenhilfe zu versagen ist, wenn ein Erfolg in der Hauptsache zwar nicht schlechthin ausgeschlossen, die Erfolgschance indes nur eine entfernte ist.
Ständige Rechtsprechung des Senats,
vgl. etwa Beschlüsse vom 22. Februar 2021 - 12 E 36/20 -, juris Rn. 3, vom 2. Juni 2020 - 12 E 1054/19 -, juris Rn. 4 und vom 31. Januar 2019 - 12 E 1025/17 -, juris Rn. 4.
Das Prozesskostenhilfeverfahren soll nicht die Entscheidung in der Hauptsache vorwegnehmen. Es soll den grundrechtlich garantierten Rechtsschutz nicht selbst bieten, sondern vielmehr zugänglich machen. Das Prozesskostenhilfeverfahren dient demnach auch nicht dazu, schwierige Rechtsfragen zu beantworten. Ferner darf Prozesskostenhilfe nicht versagt werden, wenn eine Beweisaufnahme ernsthaft in Betracht kommt und keine konkreten und nachvollziehbaren Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Beweisaufnahme mit großer Wahrscheinlichkeit zum Nachteil dessen ausgehen wird, der um Prozesskostenhilfe nachsucht.
Vgl. etwa
BVerfG, Beschlüsse 6. März 2008 - 2 BvR 387/07 -, juris Rn. 14, vom 10. August 2001 - 2 BvR 569/01 -, juris Rn. 18
ff., und vom 30. Oktober 1991 - 1 BvR 1386/91 -, juris Rn. 8, m. w. N.
Hiervon ausgehend erweist sich die Erfolgsaussicht der Klage nicht als derart entfernt, dass Prozesskostenhilfe versagt werden darf. Es erscheint zwar nicht sicher, dass das - durch das Verwaltungsgericht zu Recht durch Auslegung (
vgl. § 88
VwGO) ermittelte - Verpflichtungsbegehren der Klägerin Erfolg haben wird, ein entsprechender Anspruch ist aber auch nicht völlig fernliegend. Das vorliegende Verfahren wirft Rechts- und Tatsachenfragen auf, die sich im Prozesskostenhilfeverfahren nicht ohne weiteres beurteilen lassen.
1. Zwar dürfte das Verwaltungsgericht zu Recht davon ausgegangen sein, dass die nach
§ 84 Abs. 1 SGB IX notwendige Erforderlichkeit des Hilfsmittels vorliegend zu verneinen wäre, wenn ein striktes Verständnis des Begriffs der Erforderlichkeit, zugrunde zu legen wäre, also der Klägerin ohne die Bewilligung des Assistenzhundes die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft schlicht unmöglich wäre.
Das Verwaltungsgericht hat im angefochtenen Beschluss - auf den Bezug genommen wird - hierzu ausgeführt, die Klägerin erfülle hinsichtlich der begehrten Übernahme der Anschaffungs- und Ausbildungskosten eines PTBS-Assistenzhundes voraussichtlich nicht die Tatbestandsvoraussetzungen des § 27d
Abs. 1
Nr. 3 BVG. Es könne voraussichtlich nicht angenommen werden, dass sie wegen der bei ihr festgestellten Gesundheitsstörung "Posttraumatische Belastungsstörung" für die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft auf einen PTBS-Assistenzhund angewiesen sei. Es möge zutreffen, dass ein solcher Hund dazu beitrage, die Einschränkungen des Betroffenen im Alltag zu mindern und ihm wieder ein lebenswertes Leben zu ermöglichen. Allerdings könne nicht davon ausgegangen werden, dass dies im Falle der Klägerin für ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft erforderlich sei, da sie bereits aktuell - wenn auch unter Inanspruchnahme vielfältiger Unterstützungsmaßnahmen - durchaus zu diversen Aktivitäten außerhalb der Wohnung in der Lage sei (etwa in Form regelmäßiger Reitstall-
bzw. Reittherapiebesuche, der Teilnahme an kulturellen Veranstaltungen und Arztbesuchen). Damit hat sich das Verwaltungsgericht - auch wenn es den zum Ablauf des 31. Dezember 2017 außer Kraft getretenen
§ 55 Abs. 2 Nr. 7 SGB IX zitiert - im Ergebnis auch mit den Voraussetzungen der Gewährung von Eingliederungshilfe als Leistungen zur sozialen Teilhabe durch Hilfsmittel (
§§ 113 Abs. 2 Nr. 8 und Abs. 3,
84 Abs. 1 SGB IX) auseinandergesetzt.
Diese tatsächlichen Annahmen des Verwaltungsgerichts werden mit dem Beschwerdevorbringen auch nicht durchgreifend in Zweifel gezogen. Die Klägerin macht insoweit zwar geltend, sie sei nur bis Anfang vorigen Jahres bei der Reittherapie gewesen und habe diese wegen Auseinandersetzungen mit der Reittherapeutin abgebrochen. Andere Unternehmungen wie Arztbesuche, Einkaufen sowie die Teilnahme an kulturellen Veranstaltungen seien ihr nur mit viel organisatorischem Aufwand und nur in geringem Maß möglich. Jedenfalls sei ein aktuelles Gutachten zu ihrer Teilhabefähigkeit einzuholen, was jedoch bedeute, dass Prozesskostenhilfe zu bewilligen sei.
Damit bestätigt sie im Ergebnis die tatsächliche Annahme des Verwaltungsgerichts, dass sie - zwar nur unter erheblichem Aufwand und nicht in allen Belangen erfolgreich - am täglichen Leben Anteil nimmt. So hat sie nach ihren eigenen Angaben versuchsweise an Kulturveranstaltungen teilgenommen, nimmt selbstständig Arzt- und Anwaltsbesuche wahr, geht (jedenfalls tagsüber) Einkaufen, ist regelmäßig mit Hunden spazieren gegangen und hat zumindest bis Anfang 2019 regelmäßig einen Reiterhof zur Therapie aufgesucht. Dass die weitere Teilnahme an der Reittherapie erkrankungsbedingt nicht mehr möglich ist, behauptet die Klägerin hingegen nicht. Ursache des Therapie-Abbruchs waren vielmehr persönliche Probleme mit der dortigen Reittherapeutin. Vor diesem Hintergrund bedarf es keiner weiteren Aufklärung, weshalb die Klägerin im Folgeantrag zum ambulant betreuten Wohnen vom 7. Juni 2019 die Angabe unterschrieben hat, dass sie regelmäßig zur Reittherapie gehe, soweit ihr Gesundheitszustand dies zulasse, was sich mit dem nunmehr vorgetragenen Therapieabbruch Anfang 2019 nur schwer in Einklang bringen lässt.
2. Dennoch ist ein Anspruch auf Kostenübernahme gegen den Beklagten aus § 1
Abs. 1 Satz 1 OEG
i. V. m. § 27d
Abs. 1
Nr. 3,
Abs. 3 Satz 1 BVG,
§§ 102 Nr. 4, 113
Abs. 2
Nr. 8,
Abs. 3 und 84
Abs. 1
SGB IX im maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt nicht mit der hinreichenden Wahrscheinlichkeit auszuschließen. Im weiteren Hauptsacheverfahren wird zu berücksichtigen sein, dass nach dem Wortlaut des § 84
Abs. 1
SGB IX die Leistungen zwar lediglich Hilfsmittel umfassen, die erforderlich sind, um eine durch die Behinderung bestehende Einschränkung der Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft auszugleichen, die Norm jedoch vor dem Hintergrund der Ziele der Eingliederungshilfe nach
§ 90 Abs. 1 und 5 SGB IX sowie dem durch § 113
Abs. 1
SGB IX vorgegebenen Maßstab zu lesen ist. Nach § 90
Abs. 1 Satz 1
SGB IX ist es Aufgabe der Eingliederungshilfe, Leistungsberechtigten eine individuelle Lebensführung zu ermöglichen, die der Würde des Menschen entspricht, und die volle wirksame und gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu fördern. Gemäß Absatz 5 ist es besondere Aufgabe der - hier maßgeblichen - Sozialen Teilhabe, die gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen oder zu erleichtern. Diese Zielsetzung der Leistungen zur Sozialen Teilhabe wird in § 113
Abs. 1 Satz 1
SGB IX - dessen Absatz 2 einen nicht abschließenden Leistungskatalog aufweist ("insbesondere") - nochmals betont.
Gemessen an diesen Grundsätzen erscheint ein Anspruch der Klägerin auf Kostenübernahme nicht völlig fernliegend. Zwar ist die Anschaffung eines PTBS-Assistenzhundes nach den - mit dem Beschwerdevorbringen nicht durchgreifend in Zweifel gezogenen - Ausführungen des Verwaltungsgerichts nicht erforderlich in dem Sinne, dass hierdurch eine Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft überhaupt erst ermöglicht wird. Es ist jedoch offen, ob dies nach den vorstehenden Ausführungen zu fordern ist oder ob es nicht vielmehr reicht, dass das gewünschte Hilfsmittel (
vgl. auch
§ 104 Abs. 2 SGB IX) die Teilnahme am Leben in der Gesellschaft erleichtert. Zudem ist mit der bloßen "Ermöglichung der Teilhabe" das Ziel der "gleichberechtigten" Teilnahme noch nicht erreicht. Nach dem bisherigen Inhalt der Akten erscheint es durchaus möglich, dass ein PTBS-Assistenzhund das Leben der Klägerin erheblich erleichtern und gegebenenfalls auch andere Assistenzmaßnahmen auf Dauer ablösen könnte. In der Stellungnahme des behandelnden Facharztes für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie,
Dr. med. H. N2., vom 31. Mai 2019 heißt es insoweit, für die Unterbrechung dissoziativer Zustände, die Vermittlung der Anwendung von Notfallskills und die Teilhabe am Alltag außerhalb der Wohnung sei ein Assistenzhund, der Sicherheit, Orientierung und Unterstützung liefern könne, eine wesentliche Hilfe. Und auch der Beklagte scheint keine grundlegenden Zweifel an einer möglichen Geeignetheit eines Assistenzhundes zu haben. Zwar hat er die Bewilligung im Falle der Klägerin
u. a. wegen Zweifeln an der Eignung als Therapieverfahren - auf die es vorliegend nicht ankommen dürfte - abgelehnt. Aus den Akten (etwa Blatt 615 der Verwaltungsvorgänge) geht jedoch hervor, dass in einem anderen Fall die Kosten für einen Assistenzhund übernommen wurden. Alleine der Umstand, dass sich der Assistenzhund in diesem anderen Fall, wie sich aus der Stellungnahme des Beklagten vom 28. November 2019 ergibt, mehr als Be- denn als Entlastung erwiesen hat, gibt für die generell fehlende Eignung als Hilfsmittel nichts her. Ob das Verwaltungsgericht zum Zwecke der Überzeugungsbildung noch weitere Aufklärungsmaßnahmen - etwa hinsichtlich der generellen
bzw. konkreten Eignung eines PTBS-Assistenzhundes und des konkreten Bedarfs der Klägerin - ergreift, obliegt seiner Beurteilung.
3. Ferner bedarf es - da bislang weder vom Beklagten noch vom Verwaltungsgericht erörtert - der weiteren Klärung im Klageverfahren, welche Auswirkungen der Zuständigkeitsübergang nach § 4 OEG für den Erfolg der Klage hat. Da die Leistungen nach dem OEG im Falle der Klägerin aufgrund von § 4
Abs. 3 OEG seit dem 1. Januar 2021 durch den Kommunalen Sozialverband Sachsen erbracht werden, der gemäß § 4
Abs. 2 Satz 2 OEG schon seit dem 1. Juli 2020 auch für die Prüfung des vorliegenden, noch nicht bestandskräftig abgelehnten Antrags zuständig sein dürfte, mag die Passivlegitimation des Beklagten im für die vorliegende Verpflichtungsklage maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung
bzw. letzten mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht zweifelhaft sein. Insofern könnten aber in Betracht kommen, dass der Beklagte nach § 3
Abs. 3 VwVfG,
vgl. zu dieser Vorschrift etwa:
BVerwG, Urteile vom 31. März 1987 - 1 C 32.84 -, juris Rn. 28, und vom 5. Juni 2014 - 10 C 4.14 -, juris Rn. 10,
das Verfahren - im Falle der Fortsetzung des Verwaltungsverfahrens infolge einer Verpflichtung durch das Gericht - fortführt. Andererseits könnte der Zuständigkeitsübergang den vorliegenden Rechtsstreit möglicherweise auch - ungeachtet eines etwaigen Parteiwechsels - erledigen, sofern die Klägerin beim nunmehr zuständigen Leistungsträger einen neuen Antrag auf Kostenübernahme stellt und mit diesem Erfolg haben sollte.
Die Beiordnung von Rechtsanwältin N. aus E. sowie die diesbezügliche Einschränkung beruhen auf § 166
VwGO i. V. m. § 121
Abs. 2 und 3
ZPO.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 188 Satz 2 Halbs. 1
VwGO sowie aus § 166
Abs. 1 Satz 1
VwGO i. V. m. § 127
Abs. 4
ZPO.
Vgl. zur Anwendbarkeit des § 188 Satz 2
VwGO für Streitigkeiten nach dem OEG auch: Clausing/Kim-mel, in: Schoch/Schneider,
VwGO, 40. EL (Februar 2021), § 188 Rn. 13 und 16; Hoppe: in, Eyermann,
VwGO, 15. Auflage (2019), § 188 Rn. 6.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152
Abs. 1
VwGO).