Der 1991 geborene Kläger, dem wegen einer von Geburt an bestehenden Tetraspastik ein Grad der Behinderung von 100 mit den Merkzeichen H, aG, B und RF zuerkannt wurde, beantragte mit Schreiben vom 19.8.2015 für sein vom 1.9.2015 bis 31.8.2016 befristetes Arbeitsverhältnis eine Arbeitsassistenz. Er arbeitete nach einem Arbeitgeberwechsel ab dem 1.9.2015 als Verwaltungsfachangestellter in Vollbeschäftigung (Entgeltgruppe 5 TVöD-V) im Jobcenter Saarpfalz-Kreis, Geschäftsstelle Homburg. Auf Nachfrage des Beklagten teilte der Arbeitgeber mit Schreiben vom 20.10.2015 mit, dass der Kläger im Bereich der Kundentheke mit dem Schwerpunkt telefonische Beratung und Auskunftserteilung beschäftigt sei. Der zeitliche Aufwand sei abhängig von der Intensität der eingehenden Kundenanfragen; eine Hilfsnotwendigkeit bei der telefonischen Tätigkeit sei nicht gegeben. Allerdings benötige der Kläger Hilfe beim Einkuvertieren und der Weitergabe von Schriftstücken, dem Lochen und Abheften von Unterlagen, dem Kopieren von Vorlagen, der Zuordnung und dem Weiterleiten von Gesprächsvermerken sowie der unmittelbaren Beschaffung und der Rückgabe von physischen Akten und Schriftstücken in den verschiedenen Stockwerken des Jobcenters. Neben der telefonischen Beratung arbeite der Kläger in den Sachgebieten Leistungsgewährung sowie Markt- und Integration mit. Auch insoweit benötige der Kläger Hilfe. Überdies bestehe die beschriebene Hilfsnotwendigkeit bei den anfallenden administrativen Tätigkeiten, wie etwa dem Leeren der Postfächer und der Verteilung der Schriftstücke an die jeweiligen Fachabteilungen. Die Wochenarbeitszeit des Klägers betrage 39 Stunden, was 7,8 Stunden Tagesarbeitszeit bedeute. Die tägliche Arbeitszeit sei in der Regel so eingeteilt, dass etwa 5 Stunden für Telefondienst, 2 Stunden in den Sachgebieten Leistungsgewährung sowie Markt- und Integration und 0,8 Stunden für administrative Tätigkeiten anfielen. Die Einsatzgebiete des Klägers lägen im Servicebereich des Jobcenters und könnten täglich bedarfsabhängig in Beginn und Dauer zeitlich variieren, wobei schnelle, auch mehrfache Wechsel zwischen den einzelnen Aufgabenbereichen im Tagesgeschäft notwendig seien, sodass er eine permanente Assistenz während der gesamten Arbeitszeit benötige. Zudem müsse der Kläger an externen Besprechungen im Jobcenter sowie an externen Schulungen teilnehmen, was eine unmittelbare Mobilität voraussetze.
Mit Schreiben vom 25.1.2016 teilte der Integrationsfachdienst gegenüber dem Beklagten mit, dass am 18.1.2016 sowie am 21.1.2016 eine ganztägige Arbeitsplatzbeobachtung am Arbeitsplatz des Klägers stattgefunden habe, in deren Rahmen Gespräche mit dem Kläger und seinem Arbeitsassistenten - dessen Vater - geführt worden seien. Der Telefondienst umfasse den größten Teil der täglichen Arbeitszeit, wobei der Kläger im Rahmen dieser Tätigkeit gelegentlich darauf angewiesen sei, physische Akten einzusehen
bzw. Antragsformulare auszudrucken und zu verschicken. Zwischen den Telefonaten und den damit verbundenen Dokumentationsarbeiten erfasse er Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen von Kunden, wozu die jeweiligen Bescheinigungen circa viermal täglich aus den Fächern der Poststelle entnommen würden und sodann eine weitere Zuordnung erfolge. Sofern ein Meeting in der Geschäftsstelle St. I. stattfinde, müsse der Kläger diese Geschäftsstelle mit dem eigenen PKW aufsuchen. Wenn Archivarbeit anfalle, müssten Akten im Archivkeller in die entsprechenden Regale einsortiert oder aus denselben entnommen werden. Der Kläger sei mit einem manuell zu betreibenden Rollstuhl versorgt, da in den unteren Extremitäten keine mobilitätsrelevante Funktion vorhanden sei. Beide Arme seien im Schultergelenk nicht funktionsrelevant zu bewegen, wobei Rumpfstabilität weitgehend gegeben sei. In den Ellenbogen sei ein Beugen und Strecken nur eingeschränkt ausführbar. Abduktion in den Handgelenken sei ausführbar, Adduktion und Rotation hingegen nicht. Ein Bewegen und Greifen der rechten (dominanten) Hand sei nur eingeschränkt möglich, wobei das Funktionsbild bei der linken Hand nahezu identisch sei. Die bestehenden Einschränkungen hätten zur Folge, dass der Kläger feinmotorische Tätigkeiten nur sehr begrenzt und mit erheblichem, zeitlichem Mehraufwand ausführen könne, wobei ein handschriftliches Schreiben mit Anforderungen an die Lesbarkeit nicht möglich sei. Die Funktionseinschränkungen wirkten sich auf den Arbeitsprozess dergestalt aus, dass der Kläger bei allen Wegstrecken auf die Hilfe eines Assistenten angewiesen sei, da er seinen Rollstuhl alleine nur sehr mühsam und langsam fortbewegen könne. Den Telefondienst könne er größtenteils ohne fremde Unterstützung wahrnehmen, sei jedoch auf Hilfe angewiesen, wenn er Akten zum Beantworten von Kundenfragen benötige. Entsprechendes gelte, wenn er ein Antragsformular zur Absendung bringen müsse. Zudem sei eine Unterstützung bei der Abholung der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen von der Poststelle erforderlich; auch könne der Kläger die Bescheinigungen aufgrund der feinmotorischen Einschränkungen nicht auseinandersortieren. Hier erfolge die Unterstützung dergestalt, dass der Assistent das Geburtsdatum und den AU-Zeitraum vorlese, der Kläger den Kunden im System aufrufe, die Daten erfasse und sodann das Geschäftszeichen zwecks handschriftlichen Vermerks an den Assistenten mitteile. Bei Tätigkeiten in Außenstellen sei der Kläger zum Erreichen derselben auf die Unterstützung des Assistenten angewiesen, der beim Transfer zum PKW sowie beim Ein- und Aussteigen behilflich sein müsse. Ferner müsse der Assistent den Wagen fahren und beim Erreichen der Geschäftsstelle helfen. Sofern Archivarbeit anfalle, müssten im Prinzip alle Arbeitsschritte durch den Assistenten ausgeführt werden, weil die Kernkompetenz der Tätigkeit hier nicht erbracht werden könne; abgesehen von der Archivtätigkeit sei der Kläger durchaus in der Lage den Kernbereich seiner arbeitsvertraglich geschuldeten Tätigkeit zu verrichten. Im Beobachtungszeitraum seien zudem circa 30 Minuten für die Hilfestellung bei der Grundversorgung (Toilettengänge) angefallen.
Mit Bescheid vom 30.3.2016 bewilligte der Beklagte dem Kläger zu den Kosten einer notwendigen Arbeitsassistenz für die Dauer vom 1.9.2015 bis zum 31.8.2016 einen zweckgebundenen Zuschuss aus Mitteln der Ausgleichsabgabe bis zur Höhe von monatlich 1.501,50
EUR. Die Notwendigkeit einer Arbeitsassistenz für täglich bis zu 6,5 Stunden werde anerkannt, wobei rein pflegerische Tätigkeiten während der Arbeitszeit von einer halben Stunde täglich sowie die administrativen Tätigkeiten von 0,8 Stunden täglich nicht als notwendige Arbeitsassistenz berücksichtigt würden. Pflegerische Tätigkeiten könnten aus der Ausgleichsabgabe nicht finanziert werden und die beschriebenen administrativen Tätigkeiten von 0,8 Stunden täglich könne der Kläger im Kern nicht selbst verrichten, so dass insoweit eine Assistenz nicht in Betracht komme. Bei bis zu 220 Arbeitstagen und 6,5 Stunden Assistenz bei einem Stundenlohn von 12,60
EUR ergäben sich insgesamt für 12 Monate 18.018,--
EUR und damit monatlich 1.501,50
EUR, wobei eventuelle Krankheits- und sonstige Ausfallzeiten nicht berücksichtigt seien. Gemäß
Nr. 2.8 der Empfehlungen der Bundesarbeitsgemeinschaft der Integrationsämter und Hauptfürsorgestellen (
BIH-Empfehlungen) für die Erbringung finanzieller Leistungen zur Arbeitsassistenz schwerbehinderter Menschen in der Fassung vom 15.04.2014 müssten Leistungen für die Arbeitsassistenz in einem vertretbaren Verhältnis zu dem für das Beschäftigungsverhältnis aufgewendeten Arbeitgeber-Brutto stehen und dürften im Regelfall 50 Prozent davon nicht überschreiten. Ausgehend von einem Arbeitgeberbruttoentgelt im Fall des Klägers von 2.975,08
EUR betrage danach die monatliche Leistung für die Arbeitsassistenz 50,46 % des Arbeitgeberbruttoentgeltes, was unter Berücksichtigung des Einzelfalles und der Leistungseinschränkungen infolge der Behinderung gerade noch vertretbar sei.
Am 19.4.2016 erhob der Kläger dagegen Widerspruch und begehrte die Kostenübernahme für die gesamte tägliche Arbeitszeit von 7,8 Stunden. Zwar spielten pflegerische Tätigkeiten (0,5 Stunden) keine Rolle bei der Arbeitsassistenz, jedoch müsse die Arbeitsassistenz auch in dieser (Warte-) Zeit bezahlt werden. Zudem sei die administrative Tätigkeit von 0,8 Stunden nicht zeitlich planbar und könne über den Arbeitstag verteilt sein, so dass auch insoweit eine Bezahlung notwendig sei. Des Weiteren erlaube die Höhe des bewilligten Stundenlohns nicht die Beauftragung sozialer Dienstleister, was für die gesicherte Ausführung der Bereitschaftsassistenzkraft notwendig sei, da nur diese eine Rückfallebene bei Ausfall bieten könnten.
Nachdem der Kläger mit Schreiben vom 29.7.2016 mitgeteilt hatte, dass er mit seinem bisherigen Arbeitgeber einen weiteren befristeten Arbeitsvertrag für den Zeitraum vom 1.9.2016 bis 31.8.2017 geschlossen habe und sich weder sein Aufgabenbereich noch seine Tätigkeiten geändert hätten, bewilligte der Beklagte ihm mit Bescheid vom 12.9.2016 für diesen Zeitraum zu den Kosten einer notwendigen Arbeitsassistenz einen Zuschuss aus Mitteln der Ausgleichsabgabe bis zur Höhe von monatlich 1.557,51
EUR und teilte mit, dass weiterhin eine Arbeitsassistenz für bis zu 6,5 Stunden täglich bei einem Stundenlohn von 13,07
EUR anerkannt werde, wobei eventuelle Krankheits- und sonstige Ausfallzeiten nicht berücksichtigt seien. Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger am 15.9.2016 Widerspruch.
Mit Widerspruchsbescheid vom 18.11.2016 hob der Widerspruchsausschuss den Bescheid vom 30.3.2016 betreffend den Zeitraum vom 1.9.2015 bis 31.8.2016 insoweit auf, als er die Nichtberücksichtigung der Aufwandspauschale für die Inanspruchnahme eines Steuerberaters (Regiekosten) in Höhe von 30
EUR betraf und wies den Widerspruch im Übrigen zurück. Am 8.12.2016 erhob der Kläger Klage gegen den Bescheid vom 30.3.2016 sowie gegen den Widerspruchsbescheid vom 18.11.2016. Nachdem der Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 12.9.2016 betreffend den Zeitraum vom 1.9.2016 bis 31.8.2017 mit Widerspruchsbescheid vom 13.2.2017 abgesehen von der Zuerkennung von Regiekosten i.H.v. 30
EUR ebenfalls zurückgewiesen wurde, machte der Kläger den Bescheid vom 12.9.2016 sowie den Widerspruchsbescheid vom 13.2.2017 zum Gegenstand des Klageverfahrens.
Der Kläger hat beantragt,
den Beklagten unter teilweiser Aufhebung des Bescheides vom 30.3.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.11.2016 sowie des Bescheides vom 12.9.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.2.2017 zu verpflichten, für den Zeitraum vom 1.9.2015 bis 31.8.2017 die Kosten einer Arbeitsassistenz zu einem Stundenlohn von 21,83
EUR für eine tägliche Arbeitszeit von 7,8 Stunden und darüber hinausgehende Assistenzzeiten für Pflegehilfstätigkeiten (An- und Ausziehen), das Einrichten und den Abbau des Arbeitsplatzes, die Bewältigung des Weges vom Fahrzeug zu und von der Arbeitsstätte sowie für Schulungen und externe Termine zu einem Stundenlohn von 21,83
EUR zu bewilligen,
Mit Urteil vom 6.9.2018 - 3 K 2611/16 - hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung ist in dem Urteil ausgeführt, die durch den Beklagten anerkannte tägliche Arbeitsassistenzzeit von 6,5 Stunden für den Gesamtzeitraum vom 1.9.2015 bis 31.8.2017 sei nicht zu beanstanden. Anspruchsgrundlage für das Begehren des Klägers sei
§ 102 Abs. 4 SGB IX in der bis zum 31. Dezember 2017 geltenden Fassung (i. F.
SGB IX a. F.). Danach hätten schwerbehinderte Menschen im Rahmen der Zuständigkeit des Integrationsamts für die begleitende Hilfe im Arbeitsleben aus den ihm aus der Ausgleichsabgabe zur Verfügung stehenden Mitteln Anspruch auf Übernahme der Kosten einer notwendigen Arbeitsassistenz. Ausgehend hiervon sei ein Anspruch des Klägers dem Grunde nach gegeben. Allerdings könne der Kläger keine Erhöhung des bereits bewilligten zeitlichen Umfangs der Assistenzleistung von 6,5 Stunden auf 7,8 Stunden verlangen. Soweit täglich im Schnitt 0,8 Stunden seiner Arbeitszeit auf "Archivarbeit" entfalle, sei festzustellen, dass diese Tätigkeiten nach der Stellungnahme des Fachdienstes vom 25.1.2016 vollständig durch die Hilfskraft vorgenommen werden müssen. Bei der Arbeitsassistenz handele es sich jedoch lediglich um eine unterstützende Leistung, die voraussetze, dass die Arbeit im Kern vom schwerbehinderten Mensch selbst geleistet werde. Wie bereits das Wort "Assistenz" zeige, sei die Arbeitsassistenz
i.S.d. § 102
Abs. 4 SGB a.F. eine Hilfestellung bei der Arbeitsausführung, nicht aber die Erledigung der vom schwerbehinderten Arbeitnehmer zu erbringenden arbeitsvertraglichen Tätigkeit selbst. Daher könne für Zeiten, in denen die Kernkompetenz nicht selbst
bzw. der Arbeitsinhalt vollständig von einem Dritten erbracht werde, keine Bewilligung einer Arbeitsassistenz begehrt werden. Soweit der Kläger in der mündlichen Verhandlung vorgetragen habe, dass ein Anspruch auf eine ganztägige Arbeitsassistenz bereits dann bestehen müsse, wenn er - was in seinem Fall gegeben sei - die Befähigung zur Tätigkeit eines Verwaltungsfachangestellten besitze und in diesem Beruf arbeite, so könne dem nicht gefolgt werden. Eine solche - an der allgemeinen beruflichen Kompetenz orientierte - abstrakte Betrachtungsweise gebe § 102
Abs. 4 SGB a.F. nicht her. Vielmehr gebiete das Tatbestandsmerkmal der "Notwendigkeit" eine konkrete Betrachtung der tatsächlichen Tätigkeiten im Arbeitsalltag. Für die Beantwortung der Frage der Notwendigkeit einer Arbeitsassistenz sei demnach eine individuelle Bestimmung des notwendigen zeitlichen Unterstützungsrahmens erforderlich, wobei für diejenigen Zeiten, in denen keine Unterstützungsleistung, sondern ein vollständiger Leistungsersatz erfolge, mit Blick auf den unterstützenden Charakter der Hilfe keine Bewilligung einer Assistenz erfolgen könne. Zudem könnten auch die täglich anfallenden pflegerischen Zeiten (sog. Grundversorgung) von rund 0,5 Stunden nicht als Zeiten der Arbeitsassistenz anerkannt werden. Auch wenn diese Zeiten nicht planbar und zudem zeitlich variabel seien, sei die Assistenzkraft - anders bei einem "Sichbereithalten" für Handreichungen während der Arbeitserfüllung durch den Schwerbehinderten - in dieser Zeit nicht in einer arbeitsplatzgebundenen Warteposition. Nach § 102
Abs. 5 Satz 1
SGB IX a.F. würden Verpflichtungen anderer durch Arbeitsassistenzleistungen nicht berührt. Da ein bestehender Pflegebedarf durch Leistungen der Pflegeversicherung, die gemäß § 4
Abs. 1 Satz 1
SGB XI u. a. für den Bedarf an körperbezogenen Pflegemaßnahmen gewährt würden, abgedeckt werde, sei insoweit die Leistung der Arbeitsassistenz subsidiär. Wenn Pflegeleistungen erbracht würden, bestehe somit keine anerkennungsfähige arbeitsplatzbezogene Bereitschaftszeit. Dem Kläger steht für den streitigen Zeitraum auch der Höhe nach kein weitergehender Anspruch zu. Der Anspruch auf Übernahme der Kosten einer notwendigen Arbeitsassistenz aus § 102
Abs. 4
SGB IX a. F. könne nur in begrenzter Höhe bestehen. Zwar sei zweifelhaft, ob bezüglich der Höhe der Kosten einer notwendigen Arbeitsassistenz die Vorgabe in der
BIH-Empfehlung, wonach Leistungen der Arbeitsassistenz in einem vertretbaren Verhältnis zu dem für das Beschäftigungsverhältnis aufgewendeten Arbeitgeberbrutto stehen müssen und daher im Regelfall 50 Prozent hiervon nicht überschreiten dürfen (Ziffer 2.8 der
BIH-Empfehlungen), mit geltendem Bundesrecht in Einklang stehe.
Art. 27 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (UN-Behindertenrechtskonvention UN-BRK) beinhalte das Recht von Menschen mit Behinderungen auf Arbeit u.a. das Recht, diese frei zu wählen. Die Arbeitsassistenz sei als begleitende Hilfe im Arbeitsleben ausgestaltet und solle Chancen schwerbehinderter Menschen im Arbeits- und Berufsleben verbessern sowie dem Abbau von Arbeitslosigkeit dienen. Diese Zielsetzung dürfte gegen eine wirtschaftliche Betrachtung in Gestalt der Begrenzung der Assistenzkosten in Abhängigkeit zum Bruttoverdienst des schwerbehinderten Arbeitnehmers sprechen. Dies könne vorliegend jedoch dahinstehen, weil der Beklagte im Rahmen seiner Entscheidung zwar auf die Ziffer 2.8 der
BIH-Empfehlung verwiesen, jedoch hierauf basierend keine Kürzung oder Begrenzung der bewilligten Stundensatzes vorgenommen, sondern letztlich auf die Angemessenheit der Kosten abgestellt habe. Hiergegen sei nichts einzuwenden. Die Kosten für die Arbeitsassistenz nach § 102
Abs. 4
SGB IX a. F. seien in der Sache durch die Verfügbarkeit entsprechender Mittel aus der Ausgleichsabgabe - die nicht nur für die Kosten der Arbeitsassistenz, sondern auch noch für andere Aufgaben des Integrationsamts verwendet werden müssen - begrenzt. Ferner würden die öffentlich-rechtlichen Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit eine Begrenzung des Leistungsumfangs gebieten. der Kostenhöhe bestehe kein gebundener Anspruch, sondern ein Ermessen der Integrationsämter, die aus der Ausgleichsabgabe zur Verfügung stehenden Mittel anhand sachgerechter Kriterien im Rahmen der Übernahme von Kosten notwendiger Arbeitsassistenz einzusetzen. Bei den durch die Assistenzkraft zu erbringenden Leistungen handele es sich um solche, für die eine besondere Qualifikation, insbesondere eine Ausbildung mit dem Schwerpunkt Behindertenbetreuung im Arbeitsleben (wie etwa eine sonderpädagogischen Ausbildung oder eine Ausbildung in medizinischen Berufen,
z.B. Krankenschwester
bzw. -pfleger), nicht erforderlich sei. Die im Fall des Klägers benötigten Assistenzleistungen seien einfache, wenn auch notwendige Handreichungen und Hilfestellungen. Im Hinblick darauf erweise sich der von dem Beklagten in Ansatz gebrachte Bruttostundenlohn von 12,60
EUR bzw. 13,07
EUR als bedarfsgerecht. Diese Beträge würden dem Stundenlohn in der Entgeltgruppe 2, Entgeltordnung des TV-L entsprechen, die einfache Tätigkeiten im Büro- und Buchhaltungsbereich, wie sie vorliegend erforderlich seien, erfasse. Aus dem Umstand, dass im Fall des Klägers sein Vater die Assistenzleistungen erbringe, folge nichts anderes. Zwar sei es nachvollziehbar, dass der Kläger eine besonders vertrauensvolle Assistenzkraft benötige. Dies falle aber nicht "lohnerhöhend" ins Gewicht. Soweit der Kläger eine Erhöhung der Assistenzzeit für Pflegehilfstätigkeiten (An- und Ausziehen) sowie das Einrichten und den Abbau des Arbeitsplatzes begehre, bestehe kein Anspruch auf eine weitergehende Bewilligung. Selbst wenn man unterstelle, dass das "Anziehen und Ausziehen" kein Teil der pflegerischen Grundversorgung - zu der die Arbeitsassistenz subsidiär wäre -, sondern Teil des alltäglichen Ankommens und Verlassens der Arbeitsstätte sei, sei nicht nachvollziehbar, warum die Hilfe beim "Anziehen und Ausziehen" - etwa der Jacke bei einer kälteren Witterung - nicht innerhalb der zur Verfügung stehenden Assistenzzeit von 6,5 Stunden erfolgen könne. Im Übrigen seien auch das Einrichten und der Abbau des Arbeitsplatzes arbeitsalltägliche Begleitaufgaben, für die der Assistent innerhalb der bewilligten Zeit von 6,5 Stunden unterstützend zur Verfügung stehe. Der Kläger könne auch keine Erhöhung der Assistenzzeiten unter Hinweis auf den Weg vom Fahrzeug des Fahrdienstes bis zur Arbeitsstelle verlangen. Der Weg von dem Fahrzeug des Fahrdienstes bis zur Arbeitsstelle und umgekehrt sei Teil des Anreise-
bzw. Abreiseweges und unterfalle somit nicht der Arbeitsleistung. Das Integrationsamt könne im Rahmen der Arbeitsassistenz nach § 102
Abs. 4
SGB IX a.F. ausschließlich Geldleistungen für die arbeitsplatzbezogene Unterstützung gewähren. Dem daneben bestehenden Unterstützungsbedarf des Klägers sei auf anderer Ebene zu begegnen. Eine Erhöhung der Assistenzzeiten wegen der Wahrnehmung "externer Termine" komme ebenfalls nicht in Betracht. Der Kläger habe bereits nicht dargetan, dass die "externen Termine" außerhalb der üblichen Arbeitszeit stattfänden. Soweit er eine umfangreichere zeitliche Bewilligung unter Hinweis auf den Besuch von Schulungen begehre, habe er bereits nicht dargelegt, wann und in welchem zeitlichen Umfang er Schulungen besucht habe. Im Übrigen könnten Hilfen zur Teilnahme an Maßnahmen der Erhaltung und Erweiterung beruflicher Kenntnisse und Fertigkeiten in Gestalt von Zuschüssen bei Nachweis der Teilnahme nach
§ 24 der Schwerbehinderten-Ausgleichsabgabenverordnung (SchwbAV) durch die zuständige Behörde gewährt werden. Eine pauschale zeitliche Erhöhung der Assistenzzeiten sehe das Gesetz hierfür nicht vor.
Das Verwaltungsgericht hat in seinem, dem Kläger am 14.9.2018 zugestellten Urteil die Berufung zugelassen. Der Kläger hat am 12.10.2018 Berufung eingelegt und diese am 9.11.2018 begründet. Er trägt vor, seine Tätigkeit an der Kundentheke beinhalte Telefondienst, administrative Tätigkeiten und Verteilen von Posteingängen. Er könne seine arbeitsvertraglich geschuldete Arbeitsleistung in Vollzeit nur erbringen, wenn ihm eine Arbeitsassistenz zur Verfügung gestellt werde. Nach
§ 49 Abs. 8 SGB IX,
§ 185 SGB IX,
§ 17 Abs. 1a SchwbAV habe er einen Anspruch auf Gewährung der notwendigen Arbeitsassistenz im begehrten Umfang. Die Höhe der Leistung bemesse sich zum einen nach dem Stundensatz, der von dem Beklagten gezahlt werde. Er habe sich zwischen den beiden möglichen Modellen für die Assistenz - dem Arbeitgebermodell und dem Dienstleistermodell - für das Arbeitgebermodell entschieden. Diese Entscheidung habe er nicht ganz freiwillig getroffen, da die von dem Beklagten und auch von den
BIH gewährten Stundensätze nach Entgeltordnung des DV-L Entgeltgruppe 2 nicht ausreichend seien, um bei einem Dienstleister die Leistung einzukaufen. Dienstleister würden Stundensätze zwischen 16 und 17
EUR veranschlagen. Der Beklagte sehe jedoch nur 12,60
EUR bzw. 13,07
EUR als bedarfsgerecht an. Daher könne er, der Kläger, die Leistung nicht einkaufen, ohne sie privat bezuschussen zu müssen. Das Arbeitgebermodell, das er stattdessen unfreiwillig gewählt habe, weise Schwächen auf. Er trage so das "unternehmerische Risiko" bei Ausfall der Assistenz. Die im Rahmen des Widerspruchsverfahrens zugestandenen Regiekosten, die nur die Verwaltungskosten (Steuerberater) abdeckten, reichten nicht aus, um eine Ausfallversicherung zu betreiben und seien dazu auch nicht gedacht, da sie zweckgebunden seien. Daher müssen diese konsequenterweise in den Stundensatz inkludiert werden, was zur Folge habe, dass bei der Wahl des Arbeitgebermodells ein höherer Stundensatz gewährt werden müsse. Die Bestimmung in den Empfehlungen des
BIH, dass die Leistung der Arbeitsassistenz im Regelfall 50 Prozent des Arbeitgeberbruttos des Beschäftigungsverhältnisses nicht übersteigen dürfe, sei in der Praxis nicht einzuhalten. In seinem Fall erziele der Assistent einen Stundenlohn von 12,60
EUR brutto, ohne dass darin eine Absicherung für Ausfall/Krankheit enthalten wäre. Daraus sei ersichtlich, dass das Verhältnis über 50 Prozent angehoben werden müsse, wolle man das Arbeitgebermodell seriös betreiben. Das
VG Dresden habe in seiner Entscheidung vom 17.12.2017 -
L 178/17 - einen Stundensatz von 18,75
EUR brutto als sachgerecht erachtet, da dem betreffenden Kläger das Arbeitgebermodell nicht zumutbar gewesen sei. Im Umkehrschluss müsse auch im Arbeitgebermodell eine entsprechende Absicherung des Assistenten möglich sein und Ausfall organisiert werden können, was zwangsläufig Kosten verursache, die sich in einem höheren Stundensatz niederschlagen würden. Mit diesem Stundensatz wäre es auch ihm möglich, die Leistung bei einem Träger einzukaufen. Er hätte somit ein echtes Wahlrecht, wie er sich die Leistung beschaffe. Hinsichtlich des zeitlichen Umfangs der zu gewährenden Leistung trägt der Kläger vor, er arbeite 7,8 Stunden und begehre Arbeitsassistenz über den gesamten Arbeitstag und Hilfe bei der Mobilität beim Ankommen und Abfahren am Arbeitsplatz. Die Arbeitsassistenz erbringe keine Aufgaben, die er, der Kläger, arbeitsvertraglich selbst schulde, sondern werde nach seinen Anweisungen tätig. Da er nicht für Archivarbeiten angestellt sei, falle dies nicht in seine Kernkompetenzen. Archivarbeit sei notwendig, um die andere Arbeit zu leisten. Auch folge die Assistenz seinen Anweisungen. Hilfen bei der Mobilität seien notwendig, da er beim Ein- und Aussteigen des Autos Hilfe benötige. Aufgrund des Umfangs der Hilfe könne nicht erwartet werden, dass diese kostenlos erbracht werde. Die Assistenz erbringe keine Pflegeleistungen, müsse aber dann, wenn Pflegeleistungen erbracht würden, vor Ort sein. Daher seien auch diese Zeiten beim Umfang der Leistung zu berücksichtigen. Der Kläger trägt weiter vor, nach dem Vertrag mit der ISS A., bei der die Leistung eingekauft werde, sei ein Stundenlohn von 17,20
EUR vereinbart. Darin seien Wartezeit und Bereitschaft enthalten. Vergleiche man dies mit anderen Anbietern, so falle auf, dass zum Beispiel der Paritätische Wohlfahrtsverband 19,41
EUR Stundenlohn zuzüglich 0,30
EUR/
km Anfahrtspauschale geltend mache. Er habe kein echtes Wahlrecht, welchen Anbieter er beauftrage, sondern müsse die kostengünstigste Möglichkeit in Betracht ziehen. Dies laufe dem Sinn und Zweck der Arbeitsassistenz zuwider. Ihm seien, obwohl der Stundensatz der ISS im Vergleich mit den marktüblichen Anbietern der günstigste sei, Schulden durch die Inanspruchnahme der Leistung entstanden. Für den streitgegenständlichen Zeitraum bestünden Außenstände in Höhe von 8.000
EUR. Dies sei diskriminierend und benachteilige den behinderten Menschen.
Der Kläger beantragt,
den Beklagten unter teilweiser Aufhebung des Bescheids vom 30.3.3016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.11.2016 sowie des Bescheids vom 12.9.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.2.2017 zu verpflichten, ihm für den Zeitraum vom 1.9.2015 bis 31.8.2017 die Kosten einer Arbeitsassistenz zu einem Stundenlohn von 21,83
EUR für eine tägliche Arbeitszeit von 7,8 Stunden zu bewilligen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung verweist der Beklagte auf sein bisheriges Vorbringen und auf die erstinstanzliche Entscheidung.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten dieses Verfahrens und des Verfahrens 2 A 355/14 und auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsunterlagen des Beklagten Bezug genommen. Dieser war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Da der Beklagte in der Ladung auf die Rechtsfolge des § 102
Abs. 2
VwGO hingewiesen wurde, konnte die Sache verhandelt und entschieden werden, obwohl er zu der mündlichen Verhandlung nicht erschienen war.
Die statthafte (§ 124a
Abs. 5
VwGO) und auch ansonsten hinsichtlich ihrer Zulässigkeit (
vgl. § 125
Abs. 1
VwGO) keinen Bedenken unterliegende Berufung des Klägers ist zum überwiegenden Teil begründet.
Die Berufung hat Erfolg, soweit der Kläger die Übernahme der Kosten einer Arbeitsassistenz für den Zeitraum vom 1.9.2015 bis 31.8.2017 zu dem von ihm beantragten Stundenlohn von 21,83
EUR (anstatt des ihm von dem Beklagten lediglich bewilligten Stundenlohns von 12,60
EUR bzw. 13,07
EUR) begehrt. Sie hat weiterhin insoweit Erfolg, als der Kläger die Kosten einer Arbeitsassistenz für eine tägliche Arbeitszeit von 7,3 Stunden (statt der bewilligten 6,5 Stunden) von dem Beklagten beanspruchen kann. Soweit der Kläger darüber hinausgehend die Kosten einer Arbeitsassistenz für eine tägliche Arbeitszeit von 7,8 Stunden begehrt, ist die Berufung unbegründet.
Anspruchsgrundlage ist
§ 102 Abs. 4 SGB IX in der bis zum 31. Dezember 2017 geltenden Fassung (
SGB IX a. F.).(Vgl. nunmehr
§ 185 Abs. 5 SGB IX n.F.) Danach haben schwerbehinderte Menschen im Rahmen der Zuständigkeit des Integrationsamts für die begleitende Hilfe im Arbeitsleben aus den ihm aus der Ausgleichsabgabe zur Verfügung stehenden Mitteln Anspruch auf Übernahme der Kosten einer notwendigen Arbeitsassistenz. Diese Vorschrift begründet nach ihrem insoweit unmissverständlichen Wortlaut und im Unterschied zu § 102
Abs. 3
SGB IX a.F.
bzw. § 185
Abs. 3
SGB IX n.F. einen nicht im Ermessen der Behörde stehenden Anspruch auf Kostenübernahme.(Vgl.
BVerwG, Urteil vom 23.1.2018 -
5 C 9/16 -,
OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 6.10.2017 -
OVG 6 B 86.15 -, a.A. VGH Kassel, Urteil vom 19.6.2018 -
10 A 923/17 -, jeweils bei juris) Nach § 102
Abs. 3
SGB IX a.F. "kann" das Integrationsamt begleitende Hilfen im Arbeitsleben an schwerbehinderte Menschen gewähren. Der Behörde ist insoweit hinsichtlich des "Ob" und des "Wie" der Leistung, einschließlich deren Höhe, ein Ermessen eingeräumt. Im Umkehrschluss daraus ist zu folgern, dass der in § 102
Abs. 4
SGB IX a.F. dem Wortlaut nach eindeutig formulierte Anspruch ("haben ... Anspruch") auch als solcher zu verstehen ist: Dass die Kostenübernahme aus den Mitteln der Ausgleichsabgabe bestritten wird, steht dem nicht entgegen. Dies besagt zunächst nur, aus welchem "Topf" die Mittel hierfür stammen. Zwar sind die betreffenden Mittel begrenzt und müssen nicht nur für die Kosten der Arbeitsassistenz, sondern auch für andere Aufgaben des Integrationsamtes verwendet werden. Eine höhenmäßige Begrenzung ergibt sich daraus naturgemäß dann, wenn die genannten Mittel erschöpft sind. Solange das nicht der Fall ist, gewährt die Norm einen Anspruch auf Übernahme der gesamten zur Finanzierung der Arbeitsassistenz notwendigen Kosten.(
OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 6.10.2017 -
OVG 6 B 86.15 -, juris) Der Gesetzgeber hat in § 102
Abs. 4
SGB IX a.F. nicht geregelt, was unter einer "notwendigen Arbeitsassistenz" zu verstehen ist. Von der in
§ 108 SGB IX eingeräumten Verordnungsermächtigung, die das Nähere über die Voraussetzungen des Anspruchs nach § 102
Abs. 4
SGB IX sowie über die Höhe, Dauer und Ausführung regeln soll, hat der Verordnungsgeber bislang keinen Gebrauch gemacht. Es handelt sich bei dem Begriff der "notwendigen Arbeitsassistenz" um einen unbestimmten Rechtsbegriff ohne Beurteilungsspielraum der zuständigen Behörde, der der vollen gerichtlichen Überprüfung unterliegt.(Vgl.
BVerwG, Urteil vom 23.1.2018 - 5 C 9/16 -,
OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 18.2.2016 -
3 LB 17/15 -, a.A. VGH Kassel, Urteil vom 19.6.2018 - 10 A 923/17 - (
m.w.N.), jeweils bei juris)
Arbeitsassistenz ist ihrer Natur nach eine Unterstützung des schwerbehinderten Menschen bei der Erfüllung seiner arbeitsvertraglichen Pflichten. Sie setzt voraus, dass der schwerbehinderte Mensch selbst in der Lage ist, den das Beschäftigungsverhältnis inhaltlich prägenden Kernbereich der arbeitsvertraglich geschuldeten Arbeitsaufgaben selbständig erledigen zu können.(Vgl. Ziff. 2.1 der
BIH-Empfehlungen (Stand: 15. April 2014)) Dies ist hinsichtlich des Klägers, der eine abgeschlossene Ausbildung als Verwaltungsfachangestellter vorweisen kann, unstreitig der Fall.
Nicht näher geregelt in § 102
Abs. 4
SGB IX a.F. ist, wann eine Arbeitsassistenz "notwendig" ist. Mit den "Empfehlungen der Bundesarbeitsgemeinschaft der Integrationsämter und Hauptfürsorgestellen" (
BIH) für die Erbringung finanzieller Leistungen zur Arbeitsassistenz schwerbehinderter Menschen gemäß § 102
Abs. 4
SGB IX a.F. ist eine verwaltungsinterne Ausgestaltung des Rechtsanspruchs auf Arbeitsassistenz geschaffen worden. Nach
Nr. 2.2. dieser Empfehlungen in der zum streitgegenständlichen Zeitraum angewendeten Fassung vom 15.4.2014 ist eine Arbeitsassistenz der Sache nach notwendig, wenn dem Assistenznehmer erst durch diese Leistung eine wettbewerbsfähige Erbringung der arbeitsvertraglich geschuldeten Tätigkeiten möglich wird. Hiervon ist angesichts der erheblichen körperlichen Einschränkungen des Klägers in Folge der von Geburt an bestehenden Tetraspastik auszugehen. Dies ist zwischen den Beteiligten auch unstreitig.
Der in § 102
Abs. 4
SGB IX a.F. gewährte Anspruch wird allerdings der Höhe nach durch den Begriff der Notwendigkeit begrenzt. Sinn und Zweck des
SGB IX ist die Sicherung und Förderung der Teilhabe schwerbehinderter Menschen am Arbeitsleben auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt.(Vgl. dazu den Gesetzesentwurf der Bundesregierung zum Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit Schwerbehinderter (SchwbBAG) vom 18. Mai 2000, Drucksache 298/00,
S. 28): "Menschen mit Behinderungen sind in besonderem Maße auf den Schutz und die Solidarität der Gesellschaft angewiesen. Ihre Eingliederung in Arbeit und Ausbildung ist wesentlicher Ausdruck und gleichzeitig Voraussetzung für eine gleichberechtigte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Angesichts der seit Jahren überdurchschnittlich hohen Arbeitslosigkeit schwerbehinderter Menschen ist die sich aus
Art. 3
Abs. 3
S. 2
GG ergebende Verpflichtung für Politik und Gesellschaft, sich aktiv um die Integration von Menschen mit Behinderungen in den Beruf zu bemühen, noch nicht ausreichend eingelöst. Mit einem 'Gesetz zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit Schwerbehinderter' soll die Chancengleichheit schwerbehinderter Menschen im Arbeits- und Berufsleben verbessert und die Arbeitslosigkeit schnellstmöglich und nachhaltig abgebaut werden".) Notwendig im Sinne von Sinne § 102
Abs. 4
SGB IX a.F. sind daher diejenigen Kosten, die entstehen, um den Bedarf für eine Arbeitsassistenz zu decken, die - dem Zweck der Regelung entsprechend - den behinderungsbedingten Unterstützungsbedarf bei der Bewältigung des beruflichen Alltags ausgleicht.
Die erwähnten von dem Beklagten herangezogenen
BIH-Empfehlungen liefern taugliche Anhaltspunkte zur Ausfüllung des Begriffs der Notwendigkeit. Hierzu ist in Ziffer 2.8 der
BIH-Empfehlungen in der von dem Beklagten angewendeten Fassung vom 15.4.2014 vorgesehen gewesen, dass die Leistung der Arbeitsassistenz in einem vertretbaren Verhältnis zu dem für das Beschäftigungsverhältnis aufgewendeten Arbeitgeberbrutto stehen müssen und daher im Regelfall 50 % hiervon nicht überschreiten dürfen. Dies ist jedoch in den
BIH-Empfehlungen vom 20.12.2018 - offenbar aus der Einsicht heraus, dass die 50 %-Grenze zu unangemessenen Ergebnissen führen kann - nach oben korrigiert worden. Ziffer 8.2 dieser Empfehlungen(Vgl. Ziff. 8.2 der Empfehlungen der Bundesarbeitsgemeinschaft der Integrationsämter und Hauptfürsorgestellen (
BIH) für die Erbringung finanzieller Leistungen zur Arbeitsassistenz schwerbehinderter Menschen gemäß § 185
Abs. 5
SGB IX, Stand: 20.12.2018) bestimmt nunmehr, dass bei Menschen mit einem Assistenzbedarf von mehr als der Hälfte der eigenen täglichen Arbeitszeit die Grenze von 100 % des Arbeitgeberbruttos nicht überschritten werden soll. Diese Koppelung des Leistungsumfangs für die Arbeitsassistenz mit der Höhe des Bruttolohns, der in dem geförderten Arbeitsverhältnis erzielt wird, stellt ein sachgerechtes, dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gerecht werdendes Kriterium dar.
Von daher hält der Senat bei Würdigung der Umstände des vorliegenden Falles die von dem Beklagten ausgehend von dem Bruttolohn des Klägers (2.975,08
EUR) und der erwähnten 50 %-Grenze von dem Beklagten bewilligten Kosten in einer Höhe von 1.501,50
EUR bzw. 1.557,51
EUR monatlich - bei einem Stundenlohn von 12,60
EUR bzw. 13,07
EUR - für die Arbeitsassistenz nicht für angemessen. Dies gilt auch dann, wenn man berücksichtigt, dass es sich bei der Arbeitsassistenz lediglich um eine Unterstützung der Lohnarbeit des schwerbehinderten Menschen und damit um eine ihrer Natur nach hierzu untergeordnete Tätigkeit handelt, die sich zumeist in einfachen Handreichungen und allgemeinen Hilfestellungen erschöpft.(Vgl. VGH Kassel, Urteil vom 19.6.2018 - 10 A 923/17 -, juris) Nach Ziffer 2.2 der (aktuellen)
BIH-Empfehlungen vom 20.12.2018 kann die Arbeitsassistenz in Form des Arbeitgebermodells oder in Form des Dienstleistermodells durchgeführt werden. Dem schwerbehinderten Menschen steht es grundsätzlich frei, welches Modell er wählt. Dieses Wahlrecht wird nur beschränkt durch das Gebot der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit, soweit dem schwerbehinderten Menschen Alternativen tatsächlich zur Verfügung stehen und zumutbar sind. Der Kläger hat diesbezüglich in der mündlichen Verhandlung glaubhaft dargelegt, dass ihm das Arbeitgebermodell nicht zuzumuten ist. Er hat in dem Zusammenhang nachvollziehbar auf das hohe wirtschaftliche Risiko aufgrund des Anspruchs auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und aufgrund der Pflicht zur Zahlung von Sozialabgaben sowie auf die Notwendigkeit, beim Arbeitgebermodell mindestens zwei Assistenzkräfte zu verpflichten, um Ausfallzeiten
z.B. durch Urlaub oder Krankheit abzusichern, hingewiesen. Der Senat hat auch keine Zweifel daran, dass es dem Kläger nicht möglich gewesen ist, zu dem von dem Beklagten bewilligten Stundenlohn auf der Grundlage des Dienstleistungsmodells eine Arbeitsassistenz zu finden. Der Vater des Klägers hat in der mündlichen Verhandlung glaubhaft dargelegt, dass er bisher "notgedrungen" die Arbeitsassistenz übernommen und dafür seine berufliche Tätigkeit als Ingenieur zurückgestellt hat. Dass der Kläger zu den bewilligten Kosten auf der Grundlage des Dienstleistungsmodells eine Arbeitsassistenz hätte finden können, hat der Beklagte nicht substantiiert behauptet. Zwar fällt insoweit, wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, nicht "lohnerhöhend" ins Gewicht, dass die Tätigkeit besonderes Vertrauen erfordert, da in vielen Bereichen des Arbeitslebens die Arbeitgeber in besonderem Maße darauf angewiesen sind, ihren Mitarbeitern Vertrauen entgegenzubringen, damit die Arbeit erfolgreich bewältigt werden kann. Dieser Umstand hat daher für sich genommen nicht ein solches Gewicht, dass er eine höhere Entlohnung der Arbeitsassistenz nach sich ziehen müsste. Darauf sowie auf die Frage, zu welchem Preis die regionalen Anbieter, zu denen insbesondere das Deutsche Rote Kreuz (DRK) und der Arbeiter Samariter Bund (ASB) gehören, eine Arbeitsassistenz als Dienstleister in dem hier fraglichen Zeitraum angeboten haben, muss hier nicht weiter eingegangen werden. Nach den (eigenen) Richtlinien des Beklagten über "Das Persönliche Budget im Saarland - Für mehr Selbstbestimmung und Selbständigkeit", in denen auf die Absicht, Menschen mit Behinderungen mehr Selbstbestimmung und die Wahlfreiheit, den "Einkauf" von Leistungen eigenverantwortlich, selbständig und selbstbestimmt regeln zu können, hingewiesen wird, ist für eine "Helferstunde (ungelernte Kraft)" ein Persönliches Budget in Höhe von 21,83
EUR "verpreislicht". Als budgetfähig wird dort zudem ausdrücklich unter anderem "die Hilfe zur Teilhabe am Arbeitsleben (
z.B. der Einsatz einer Arbeitsassistenz)" bezeichnet. Hieran muss sich der Beklagte im vorliegenden Verfahren festhalten lassen. Bei den durch die Arbeitsassistenz für den Kläger zu erbringenden Leistungen handelt es sich - wie erwähnt - um einfache Tätigkeiten, für die eine besondere Qualifikation nicht erforderlich ist. Daher ist eine Übernahme der entsprechenden Kosten für eine ungelernte Kraft ausreichend, aber auch - und darauf kommt es im vorliegenden Verfahren an - notwendig. Der Kläger hat daher einen Anspruch auf einen Stundensatz in der von ihm beantragten Höhe von 21,83
EUR.
Der Kläger hat des Weiteren einen Anspruch auf Übernahme der Kosten für eine Arbeitsassistenz für eine tägliche Arbeitszeit von 7,3 Stunden gegen den Beklagten. Die Bewilligung eines Umfangs von lediglich 6,5 Stunden täglich lässt außer Acht, dass die Anwesenheit der Arbeitsassistenz für den Kläger während seiner gesamten Arbeitszeit ständig notwendig und unabdingbar ist. Nach den Angaben seines Arbeitgebers in dem Schreiben vom 20.10.2015 variieren die Einsatzgebiete des Klägers im Servicebereich des Jobcenters täglich bedarfsabhängig in Beginn und Dauer, wobei schnelle, auch mehrfache Wechsel zwischen den einzelnen Aufgabenbereichen im Tagesgeschäft notwendig sind, so dass er eine permanente Assistenz während der gesamten Arbeitszeit benötigt. Der von dem Beklagten vorgenommene Abzug von 0,8 Stunden für administrative Tätigkeiten (Archivarbeiten), die der Kläger nicht selbst verrichten kann, wird dem nicht gerecht. Das Verwaltungsgericht hat selbst eingeräumt, dass diese Zeiten nicht planbar und zudem zeitlich variabel sind. Die von dem Beklagten gleichwohl vorgenommene Trennung wird der Lebenswirklichkeit nicht gerecht und widerspricht dem Ziel der gleichberechtigten Teilhabe schwerbehinderter Menschen am Arbeitsleben auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Nach
Art. 3
Abs. 3 Satz 2
GG darf niemand wegen seiner Behinderung benachteiligt werden. Zum Ausgleich bestehender Behinderungen sieht § 102
Abs. 4
SGB IX a.F. einen Anspruch auf Übernahme von Kosten einer Arbeitsassistenz vor. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Teilnahme am Arbeitsleben nicht allein der Erzielung von Erwerbseinkommen, sondern auch der Selbstverwirklichung und der Teilhabe am normalen Leben dient.(Vgl.
VG Dresden, Beschluss vom 17.2.2017 -
1 L 178/17 -, juris) Zwar geht aus der Stellungnahme des Integrationsamts vom 25.1.2016 hervor, dass, sofern Archivarbeit anfällt, im Prinzip alle Arbeitsschritte durch den Assistenten ausgeführt werden müssen. Dieser Aufgabenteil hat jedoch vom Umfang her nur eine klar untergeordnete Bedeutung im Verhältnis zu den sonstigen Aufgaben des Klägers an seinem Arbeitsplatz. Abgesehen von der Archivtätigkeit ist der Kläger in der Lage, den Kernbereich seiner arbeitsvertraglich geschuldeten Tätigkeit zu verrichten. Die Herausnahme eines verhältnismäßig kleinen Teils der Tätigkeit aus der Bewilligung der Kosten für die Arbeitsassistenz wird - wie erwähnt - der Lebenswirklichkeit, die vorliegend durch schnelle, mehrfache Wechsel zwischen den einzelnen Aufgabenbereichen im Tagesgeschäft gekennzeichnet ist, nicht gerecht. Angesichts der erheblichen gesundheitlichen Einschränkungen des Klägers erscheint es durchaus fraglich, ob es überhaupt einen Arbeitsplatz gibt, an dem er zu 100 Prozent den Kernbereich seiner arbeitsvertraglich geschuldeten Tätigkeit allein verrichten kann. Von den Arbeitgebern kann auch nicht verlangt werden, entsprechende Arbeitsplätze zur Verfügung zu stellen. Vielmehr geht es bei den finanziellen Leistungen zur Arbeitsassistenz darum, die Teilhabe schwerbehinderter Menschen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu sichern. Diesem Ziel läuft die von dem Beklagten vorgenommene Kürzung zuwider.
Anderes gilt hinsichtlich des - berechtigten - Abzugs 0,5 Stunden für die Unterstützung des Klägers bei den Toilettengängen. Die Arbeitsassistenz soll lediglich in Bezug auf die Arbeitstätigkeit die Benachteiligung durch die Behinderung kompensieren. Die pflegerische Versorgung schwerbehinderter Menschen am Arbeitsplatz ist keine Arbeitsassistenz, da ein innerer Zusammenhang mit der Berufstätigkeit bei der Ausführung von pflegerischen Tätigkeiten fehlt. Der lediglich zeitliche Zusammenhang mit der Arbeit reicht hierfür nicht. Zuständig für die pflegerische Versorgung sind die Träger der Kranken- und Pflegeversicherung. Konkret heißt dies, dass allgemeine pflegerische und betreuerische Maßnahmen, zu denen auch die Hilfe bei den Toilettengängen gehört, über die Pflegekasse, d.h. aus dem Pflegegeld, zu finanzieren ist, auch wenn die betreffenden Unterstützungsmaßnahmen während der beruflichen Tätigkeit am Arbeitsplatz erforderlich sind.(Vgl. Ziff. 4 der Empfehlungen der Bundesarbeitsgemeinschaft der Integrationsämter und Hauptfürsorgestellen (
BIH) für die Erbringung finanzieller Leistungen zur Arbeitsassistenz schwerbehinderter Menschen gemäß § 185
Abs. 5
SGB IX, Stand: 20.12.2018)
Soweit der Kläger die erwähnten 0,5 Stunden aufgrund der Wartezeit des Arbeitsassistenten vergütet bekommen möchte, besteht ebenfalls kein entsprechender Anspruch aus § 102
Abs. 4
SGB IX. Es handelt es sich insoweit nicht um Kosten, die den behinderungsbedingten Unterstützungsbedarf bei der Bewältigung des beruflichen Alltags betreffen.
Der Berufung ist daher in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang stattzugeben. Sollte der - aufgrund des Ausbleibens des Beklagten in der mündlichen Verhandlung nicht verifizierbare - Vortrag des Klägers zutreffen, wonach der Beklagte für den streitgegenständlichen Zeitraum bisher noch überhaupt nichts, d.h. nicht einmal die von ihm selbst als notwendig erachteten und bewilligten Kosten der Arbeitsassistenz gezahlt, hat, wäre dies angesichts der unbestrittenen Notwendigkeit einer Arbeitsassistenz im Fall des Klägers, der während des Rechtsstreits von ihm vorgelegten Rechnungen und im Hinblick darauf, dass die betreffenden Bescheide hinsichtlich des Bewilligungsteils nicht angefochten wurden und daher insoweit bestandskräftig geworden sind, nicht verständlich. Der Kläger hätte dann einen Anspruch auf Zahlung der gesamten den streitgegenständlichen Zeitraum betreffenden und aufgrund des Tenors zu errechnenden Summe auf einen Schlag.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154
Abs. 1, 155
Abs. 1 Satz 3, 188 Satz 2
VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 167
VwGO, 708
Nr. 10
ZPO.
Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 132
Abs. 2
VwGO nicht vorliegen.