Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Bescheid des Beklagten vom 30. November 2010, soweit mit ihm Beihilfe zu Aufwendungen für ein Blutdruckmessgerät versagt wurde, sowie der ihn bestätigende Widerspruchsbescheid vom 11. Januar 2011 sind nicht rechtswidrig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113
Abs. 5 Satz 1
VwGO).
Die Verordnung über die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen in Krankheits-, Geburts-, Pflege- und sonstigen Fällen - Bayerische Beihilfeverordnung (BayBhV) vom 2. Januar 2007 (GVBl
S. 15 vom 15.1.2007, zuletzt geändert mit Verordnung vom 16.4.2009 GVBl
S. 117) - trat am 1. Januar 2007 in Kraft und ist somit auf alle ab 1. Januar 2007 entstandenen Aufwendungen und daher auch im vorliegenden Fall anwendbar (§§ 50 und 51
Abs. 2 BayBhV).
Nach § 7
Abs. 1 Satz 1 BayBhV sind nach den folgenden Vorschriften beihilfefähig Aufwendungen, "wenn sie (1.) dem Grunde nach medizinisch notwendig, (2.) sie der Höhe nach angemessen sind und (3.) die Beihilfefähigkeit nicht ausdrücklich ausgeschlossen ist."
In den "folgenden Vorschriften", nämlich § 21
Abs. 1 Satz 1 BayBhV ist festgelegt, dass beihilfefähig die Aufwendungen für die Anschaffung oder Miete der in Anlage 3 genannten oder vergleichbarer Geräte zur Selbstbehandlung und zur Selbstkontrolle beihilfefähig sind, wenn sie ärztlich in Schriftform verordnet sind; dies gilt nicht für Gegenstände von geringem oder umstrittenem therapeutischem Nutzen oder geringem Abgabepreis oder Gegenstände, die der allgemeinen Lebenshaltung unterliegen.
Allein eine ärztliche Verordnung lässt danach noch nicht auf die Beihilfefähigkeit schließen, vielmehr ist sie nur eine von mehreren Voraussetzungen dafür.
Das vom Kläger angeschaffte Blutdruckmessgerät ist nicht in der Positivliste der Anlage 3 zur BayBhV enthalten und ist auch nicht mit einem der dort genannten Gegenstände vergleichbar.
Ob sich dann schon im Umkehrschluss eine fehlende Beihilfefähigkeit für ein Blutdruckmessgerät ergibt (so Mildenberger, Beihilferecht in Bund, Ländern und Kommunen, § 21 BayBhV
Anm. 3 (2)) kann dahingestellt bleiben.
Jedenfalls ist es als Gegenstand, welcher im Sinne von § 21
Abs. 1 BayBhV der allgemeinen Lebenshaltung unterliegt, von der Beihilfefähigkeit ausgeschlossen (ebenso im Ergebnis Mildenberger a.a.O., ferner zur ausdrücklichen Ausschlussregelung des Bundes wegen der Zugehörigkeit zur allgemeinen Lebenshaltung: Mildenberger a.a.O. § 25 BBhV
Anm. 12).
Blutdruckmessgeräte sind weit verbreitet und werden typischerweise auch von Gesunden etwa zur Vorbeugung vor Erkrankungen genutzt. Sie können daher auf Grund ihrer Beschaffenheit und Eigenart nach der Verkehrsauffassung als Gebrauchsgegenstände, wie sie im Alltag häufig verwendet werden, der allgemeinen Lebenshaltung zugerechnet werden (
vgl. zu diesen Kriterien für die allgemeine Lebenshaltung und zur fehlenden Aufteilungsmöglichkeit bei Anschaffungskosten, die nur teilweise die allgemeine Lebenshaltung betreffen, BayVGH Urteil vom 20.1.1988 3 B 87. 00499). Solche Geräte finden etwa bei sportlicher Betätigung oder allgemein zur Vorbeugung von Herz-Kreislauferkrankungen, in der Regel in einer gerade darauf abgestimmten technischen Ausgestaltung, Verwendung (
vgl. etwa die Gesundheitsberichterstattung des Bundes, Heft 43 - Hypertonie -, hrsg. vom Robert Koch Institut Dezember 2008 unter 2.3, 6.1, 6.1.1 und 6.2 - im Folgenden: RKI). Nach Schätzungen haben etwa 35 Millionen Bundesbürger (
vgl. die Angaben der Hochdruckliga e.V. unter www. hochdruckliga.de/ziele. htm)
bzw. jeder zweite Erwachsene (RKI unter 1.) erhöhten Blutdruck. Gerade die Prävention und Behandlung der "Zivilisationserkrankung" Hypertonie und die damit verbundene Umstellung des Lebensstils war in den letzten Jahren Gegenstand von Aufklärungskampagnen (RKI unter 6.1). Der Eigenkontrolle des Blutdrucks wird dabei große Bedeutung beigemessen und von der
WHO sowie der Hochdruckliga empfohlen (
vgl. RKI unter 2. 3). Zur Früherkennung und Vorbeugung wurden zahlreiche geeignete Geräte für die Selbstmessung entwickelt (
vgl. etwa die von der Stiftung Warentest ausdrücklich vor diesem Hintergrund getesteten Geräte: www.test.de/gesundheit kosmetik/test/Blutdruckmessgeraete-Nur-fuenf-mess...).
Das Gericht ist daher der Überzeugung, dass sich ein Gerät, wie das vom Kläger angeschaffte, als Teil einer gesundheitsbewussten Lebensweise in vielen Haushalten befindet. Es handelt sich somit um ein Gerät, welches auch häufig außerhalb einer therapeutischen Betreuung angewendet wird. Eine andere Sichtweise käme nur in Betracht, wenn das Gerät für den oben geschilderten Verwendungszweck ungeeignet wäre und somit keine Verwendung im Alltagsgebrauch in Betracht käme (
vgl. VG Osnabrück, Urteil vom 28.2.2007, Az. 3 A 113/06 zu einem Membran-Blutdruckmessgerät für ein Kind). Dafür hat das Gericht jedoch keine Anhaltspunkte.
Wenn der Kläger hiergegen einwendet, er müsse das Gerät zur Überwachung seines Blutdrucks und zur Dosierung erforderlicher und ärztlich verschriebener blutdrucksenkender Mittel einsetzen, trifft dies zwar zu. Er benutzt das Blutdruckmessgerät aus medizinischen Gründen, und auf Grund medizinischer Indikation hat er das Gerät beschafft. Für die Einordnung, ob ein Gegenstand, sei es als Mittel der Eigenüberwachung oder etwa als Hilfsmittel der allgemeinen Lebenshaltung unterliegt, kommt es jedoch auf die objektive Beschaffenheit und Eigenart, nicht aber darauf an, ob der Gegenstand im Einzelfall auch ohne Erkrankung angeschafft worden wäre. Eine solche Unterscheidung hätte in vielen Fällen ein Eindringen in die Privatsphäre der Betroffenen zur Folge und wäre in der Praxis kaum durchzuführen (
vgl. BVerwG Urteil vom 14.3.1991 ZBR 1991, 350), so dass es nicht auf den hier vorliegenden konkreten Verwendungszweck ankommt.
Soweit der Kläger auf die Übernahme der Aufwendungen für ein Eisenpräparat durch die Beihilfe wegen seiner Anämie verweist und dies als vergleichbar ansieht, trifft dies deshalb nicht zu, weil dies nicht der Regelung des hier anzuwendenden § 21 BayBhV unterliegt, sondern § 18 BayBhV. Bei der zuletzt genannten Bestimmung geht es in diesem Zusammenhang um die Frage, ob ein Arzneimittel oder etwa ein Nahrungsergänzungsmittel vorliegt, was sich nach anderen Kriterien richtet als die Abgrenzung von Gegenständen, die auch der allgemeinen Lebenshaltung unterliegen. Zum einen ist nämlich nach § 18 Satz 1 und 4 BayBhV die Aufnahme in einer Arzneimittelliste zu prüfen, falls dies zu verneinen ist, kommt es auf die Ermittlung des materiellen Zweckcharakter des Mittels und darauf an, ob von ihm nach objektiven Maßstäben eine therapeutische Wirkung zu erwarten ist. Maßgebend ist dabei die Zweckbestimmung, wie sie sich für einen durchschnittlich informierten, aufmerksamen Verbraucher darstellt. Dessen Vorstellung kann sowohl durch wissenschaftliche Auffassungen als auch durch die dem Mittel beigefügten Hinweise und die Aufmachung beeinflusst sein, in der das Mittel dem Verbraucher allgemein entgegentritt. Trotz einer Bezeichnung als Nahrungsergänzungsmittel können aber andere Umstände hinzutreten, die es als Arzneimittel erscheinen lassen, etwa dann, wenn über die ernährungsphysiologische Wirkung hinaus, eine gezielte Beeinflussung des Zustandes und der Funktion des Körpers stattfindet, also eine pharmakologische Wirkung vorliegt (
vgl. zu allem BayVGH Urteil vom 13.12.2010 14 BV 08.1982). Damit wird auf Umstände abgestellt, die im Rahmen des
Art. 21 BayBhV ohne Belang sind.
Wenn der Kläger ferner geltend macht, eine andere Vorgehensweise als die von ihm gewählte, etwa die Feststellung der Blutdruckwerte in der ärztlichen Praxis, wäre finanziell aufwändiger gewesen, so dass er Kosten eingespart habe, ist dies zwar richtig. Dieser Umstand begründet aber keinen Anspruch auf Beihilfe.
Die Beihilferegelung stellt nämlich ein Erstattungssystem dar, das sich auf tatsächlich in Anspruch genommene Aufwendungen beschränkt, was im Einklang mit der Fürsorgepflicht steht. Daher kommt eine Beihilfe unter dem Gesichtspunkt ersparter Aufwendungen für tatsächlich nicht in Anspruch genommene aufwändigere Leistungen nicht in Betracht.
§ 21
Abs. 8 BayBhV, nach dem über die Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für Hilfsmittel und Geräte zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle, die weder in der Anlage 3 aufgeführt noch den dort aufgeführten Geräten vergleichbar sind, die oberste Dienstbehörde entscheidet, ist vorliegend nicht anwendbar, da der Anschaffungswert des Blutdruckmessgerätes einen Betrag von 600
EUR nicht übersteigt.
Auch die Fürsorgepflicht verlangt nicht die Berücksichtigung der vom Kläger geltend gemachten Aufwendungen. Die Beihilfebestimmungen konkretisieren die Fürsorgepflicht (§ 45 BeamtStG) grundsätzlich abschließend, so dass sich ein Beihilfeanspruch regelmäßig nicht aus der Fürsorgepflicht herleiten lässt, soweit die Beihilfevorschriften für bestimmte Aufwendungen die Beihilfefähigkeit nicht vorsehen (
BVerwG, Urteil vom 10.6.1999 NVwZ-RR 2000,99). Unmittelbar auf die Fürsorgepflicht kann ein Anspruch ausnahmsweise nur dann gestützt werden, wenn sie sonst in ihrem Wesenskern verletzt wäre. Dies ist jedoch nicht der Fall. Die Regelung des § 21
Abs. 1 BayBhV
i.V.m. Anlage 3 grenzt in zulässig typisierender Weise Aufwendungen in Krankheitsfällen, derentwegen der Beamte einer ergänzenden Hilfeleistung des Dienstherrn durch Beihilfen bedarf von solchen Kosten ab, die auch sonst bei einer der Gesundheit förderlichen Lebensweise im Rahmen des Üblichen anfallen können, die der Beamte daher aus seinem Gehalt zu bestreiten hat (
vgl. BVerwG Urteil vom 15.11.1990 2 C 13/88 (Juris) zur entsprechenden Vorgängerregelung des § 6
Abs. 1
Nr. 4 BhV).
Das Beihilferecht ist nämlich nach seiner Konzeption, die dem verfassungsverbürgten Fürsorgeprinzip (
Art. 33
Abs. 5
GG) genügt, nur eine Ergänzung der mit eigenen Mitteln zu betreibenden Eigenvorsorge. Die Beihilfe soll den Beihilfeberechtigten lediglich von den Aufwendungen in angemessenem Umfang freistellen, die ihn in Krankheits-, Geburts- und Todesfällen unabwendbar treffen und die er nicht durch sonstige Leistungen, die ihm nach dem Gesetz zustehen, ausgleichen kann. Eine lückenlose Erstattung jeglicher Aufwendungen verlangt die Fürsorgepflicht jedoch nicht (
vgl. BVerfG, Beschluss vom 7.11.2002 NVwZ 2003, 720, 721;
BVerfG, Beschluss vom 13.11.1990 DÖD 1991, 26; Urteil vom 3.7.2003 NJW 2004, 308). Entscheidet sich der Dienstherr für ein Mischsystem aus Eigenleistungen des Beamten und Beihilfen, muss gewährleistet sein, dass dieser nicht mit erheblichen Aufwendungen belastet bleibt, die er auch über eine ihm zumutbare Eigenvorsorge nicht abzusichern vermag. Nach der dem Gericht vorliegenden Rechnung verursachte die Anschaffung des Blutdruckmessgeräts Kosten von 69,50
EUR, so dass sich keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die alimentationsgerechte Lebensführung des Klägers nicht mehr gewährleistet ist.
Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154
Abs. 1
VwGO abzuweisen. Von einem Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit und den Vollstreckungsschutz hat das Gericht in Anbetracht der nur geringfügigen Kosten des Beklagten abgesehen. Die Berufung war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 124 a
Abs. 1
VwGO nicht vorliegen.