Urteil
Streichung eines Produktes aus dem Hilfsmittelverzeichnis der gesetzlichen Krankenversicherung

Gericht:

LSG Nordrhein-Westfalen 1. Senat


Aktenzeichen:

L 1 KR 304/10


Urteil vom:

06.10.2011


Tenor:

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 24.03.2010 geändert und die Klage abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen. Die Revision wird zugelassen. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 40.000 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Streitig ist die Streichung eines Produktes aus dem Hilfsmittelverzeichnis der gesetzlichen Krankenversicherung.

Die Klägerin vertreibt neben verschiedenen Hilfsmitteln auch den Raumluftbefeuchter Bonito-Air-Comfort, Modell 1345, Art.-Nr. 59000. Bei diesem Gerät handelt es sich um einen elektrisch betriebenen Luftbefeuchter, der für eine keim-, bakterien- und mineralfreie Luftbefeuchtung sorgt.

Mit Bescheid vom 02.04.2001 hatte der seinerzeit für die Erstellung des Hilfsmittelverzeichnisses federführende IKK-Bundesverband im Namen der Spitzenverbände der Krankenkassen der Klägerin mitgeteilt, dass dieser Raumluftbefeuchter unter der Pos.-Nr. 12.24.08.0004 in die Produktgruppe 12 "Hilfsmittel bei Tracheostoma" in das Hilfsmittelverzeichnis aufgenommen werde. Eine entsprechende Mitteilung wurde im Bundesanzeiger veröffentlicht.

Im Rahmen der Fortschreibung des Hilfsmittelverzeichnisses (Bekanntmachung vom 28.10.2005) wurde die bisher in der Produktgruppe 12 enthaltene Produktart 12.24.08 (Elektrische Atemluftbefeuchter für Tracheotomierte) gestrichen und mit "nicht besetzt" gekennzeichnet. Die Bekanntmachung enthält hierzu den Hinweis, dass Raumluftbefeuchter zur Verbesserung des Raumklimas nicht der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung unterlägen, da sie Gebrauchsgegenstände darstellten. Die gesetzliche Krankenversicherung sei nicht für die Schaffung eines gesunden beziehungsweise besseren Raumklimas zuständig. Diese Bekanntmachung wurde im Bundesanzeiger Nr. 66 am 04.04.2006 veröffentlicht.

Mit Schreiben vom 18.04.2006 wurde die Klägerin darüber informiert, dass die Spitzenverbände der Krankenkassen vor diesem Hintergrund beabsichtigten, den Aufnahmebescheid für das Produkt Raumluftbefeuchter Bonito Air Comfort gemäß § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) aufzuheben und den Produkteintrag bei der bisherigen Positionsnummer mit "nicht besetzt" zu kennzeichnen.

Die Klägerin trat dem entgegen und machte geltend, der Raumluftbefeuchter sei ein Hilfsmittel zum Behinderungsausgleich. Das Produkt diene nicht allein der Verbesserung des Raumklimas, um das Wohlbefinden zu steigern, sondern zur Aufbereitung der Raumluft, um den für Tracheotomierte/Laryngektomierte aus gesundheitlichen Gründen notwendigen Feuchtigkeitsgehalt der Luft herzustellen.

Mit Bescheid vom 06.09.2006 hoben die Spitzenverbände der Krankenkassen den Bescheid vom 02.04.2001 gemäß § 48 Abs. 1 S. 1 SGB X auf und strichen das Produkt der Klägerin aus dem Hilfsmittelverzeichnis. Zur Begründung führten sie aus, es gehöre nicht zu den Aufgaben der gesetzlichen Krankenversicherung, die Kosten für Gegenstände und Produkte zu übernehmen, die zum allgemeinen Lebensbedarf oder zur normalen Lebensführung gehörten. Atemluftbefeuchter seien heute allgemein im Handel erhältlich und für jedermann käuflich zu erwerben. Sie würden unabhängig vom Vorliegen einer Krankheit bzw. Behinderung in zahlreichen Fällen auch von gesunden bzw. nicht behinderten Menschen erworben und zur Verbesserung des Raumklimas eingesetzt. Sie seien daher als allgemeine Gebrauchsgegenstände anzusehen. Die Verbesserung des Raumklimas falle in den eigenen Verantwortungsbereich des Einzelnen und nicht in die Zuständigkeit der gesetzlichen Krankenversicherung. Durch die Fortschreibung der Produktgruppe 12 hätten sich die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse, die für die Aufnahme des Produktes in das Hilfsmittelverzeichnis maßgebend gewesen seien, im Sinne des § 48 Abs. 1 S. 1 SGB X wesentlich geändert. Eine weitere Listung des Produktes sei vor diesem Hintergrund nicht möglich.

Den Widerspruch der Klägerin wiesen die Spitzenverbände mit Widerspruchsbescheid vom 27.02.2007 zurück.

Dagegen hat die Klägerin am 27.03.2007 vor dem Sozialgericht Köln (SG) Klage erhoben. Zur Begründung hat sie auf ihr Vorbringen im Widerspruchsverfahren verwiesen und ergänzend die Auffassung vertreten, dass keine wesentliche Änderung im Sinne des § 48 SGB X eingetreten sei. Der Umstand, dass Raumluftbefeuchter auch von gesunden Menschen benutzt würden, sei keine neue Erkenntnis. Raumluftbefeuchter würden schon seit mehr als zwei Jahrzehnten vertrieben und mindestens auch schon so lange nicht nur von kranken Menschen, sondern auch von gesunden Menschen zur präventiven Gesundheitsvorsorge, d.h. zur Verhinderung von Erkrankungen gekauft. In dem Sinne habe es keine Änderung der Tatsachen gegeben. Auch die Tatsache, dass die Geräte nicht über den Fachhandel, sondern auch über den allgemeinen Handel frei verkäuflich angeboten würden, sei nicht neu.

Soweit die Beklagte auf die Entscheidung des BSG zum Luftreinigungsgerät aus dem Jahre 1999 verweise, handele es sich dabei um eine Entscheidung, die bei Antragstellung für das Produkt am 10.08.2000 bereits bekannt gewesen sei.

Zum 01.07.2008 ist die gesetzliche Zuständigkeit für die Führung des Hilfsmittelverzeichnisses im Wege der Funktionsnachfolge auf den GKV-Spitzenverband der Krankenkassen übergegangen (§ 139 Abs. 1 S.1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Krankenversicherung - SGB V). Dieser hat die Auffassung vertreten, dass eine wesentliche Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen nach § 48 SGB X - obwohl die Entscheidung des BSG vom 16.09.1999 bereits im Zeitpunkt des Aufnahmebescheides vorgelegen habe - insoweit angenommen werden könne, als Raumluftbefeuchter nunmehr regelmäßig auch von Gesunden benutzt würden. Selbst wenn man dieser Ansicht nicht folge, sei eine ausreichende Rechtsgrundlage für die Streichung des streitgegenständlichen Produktes aus dem Hilfsmittelverzeichnis in § 139 Abs. 8 S. 2 SGB V i.V.m. § 139 Abs. 6 S. 5 SGB V zu sehen.

Durch Urteil vom 14.03.2010 hat das SG den angefochtenen Bescheid aufgehoben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass weder die Voraussetzungen für eine Aufhebung des Bescheides nach § 48 Abs. 1 SGB X noch für eine Rücknahme nach § 45 SGB X vorliegen würden. Auch § 139 Abs. 6 S. 5 SGB V könne nicht herangezogen werden.

Gegen das ihm am 12.05.2010 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 10.06.2010 Berufung eingelegt. Zur Begründung macht er geltend, als Rechtsgrundlage komme in erster Linie unmittelbar die am 01.04.2007 in Kraft getretene klarstellende Regelung in § 139 Abs. 8 S. 2 SGB V in Betracht. Sie umfasse die regelmäßige Fortschreibung des Hilfsmittelverzeichnisses, zu der der Beklagte verpflichtet sei. Dies betreffe auch die Streichung von Produkten, deren Aufnahme zurückgenommen oder widerrufen wurde. Dabei könne es sich nicht um eine Ermessensentscheidung handeln. Dies ergebe sich aus einem "Erst-Recht-Schluss", der aus § 139 Abs. 6 S. 5 SGB V abzuleiten sei. Hierfür spreche auch der besondere Zweck des Hilfsmittelverzeichnisses, denn die Entscheidungen des Beklagten über die Aufnahme eines Hilfsmittels in das Hilfsmittelverzeichnis seien nicht nur für den jeweiligen Hersteller von Bedeutung, sondern dienten auch dem Zweck, Ärzten und Leistungserbringern eine Übersicht über die Produkte zu verschaffen. Im Übrigen könne die Klägerin nach der neueren Rechtsprechung des BSG als reines Vertriebsunternehmen weder selbst die Eintragung eines Hilfsmittels in das Hilfsmittelverzeichnis beantragen, noch das Aufnahmeverfahren betreiben, da diese Rechte ausschließlich bei dem jeweiligen Hersteller lägen. Auch handele es sich bei dem streitgegenständlichen Produkt um einen allgemeinen Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens, der von seiner Konzeption her nicht vorwiegend für Kranke und/oder Behinderte hergestellt und auch nicht ausschließlich oder ganz überwiegend von diesem Personenkreis benutzt werde.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 24.03.2010 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie ist mit dem SG der Auffassung, dass keine Rechtsgrundlage für die Aufhebung des Bescheides vom 02.04.2001 zur Verfügung stehe. Abzustellen sei auf die Rechtslage zum Zeitpunkt der Entscheidung durch den Bescheid vom 06.09.2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 27.02.2007, so dass die ab dem 01.04.2007 bestehende Rechtslage, auf die sich der Beklagte stütze, unbeachtlich sei. Im Übrigen sei die Aufnahme des Produkts in das Hilfsmittelverzeichnis nicht rechtswidrig gewesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakten Bezug genommen. Diese Akten haben vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Rechtsweg:

SG Köln Urteil vom 24.03.2010 - S 9 KR 81/07
BSG - B 3 KR 22/11 R

Quelle:

Sozialgerichtsbarkeit BRD

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Beklagten ist begründet. Das Urteil des SG ist zu ändern und die Klage abzuweisen. Die Klägerin kann die Aufhebung des angefochtenen Bescheides vom 06.09.2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 27.02.2007 nicht beanspruchen, denn sie ist durch diesen Bescheid nicht beschwert i.S.d. § 54 Abs. 2 S. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Der angefochtene Bescheid bezieht sich nämlich auf den Bescheid vom 02.04.2001, der die Aufnahme des Raumluftbefeuchters Bonito-Air-Comfort in das Hilfsmittelverzeichnis regelte. Aus dem Bescheid vom 02.04.2001 kann die Klägerin indes keine Rechte mehr herleiten, denn durch die Fortschreibung des Hilfsmittelverzeichnisses hat sich dieser Bescheid gemäß § 39 Abs. 2 SGB X auf andere Weise erledigt.

Die Erledigung eines Verwaltungsaktes auf andere Weise nach § 39 Abs. 2 SGB X ist anzunehmen, wenn durch eine Änderung der Sach- oder Rechtslage das Regelungsobjekt des Verwaltungsaktes entfällt. Dazu zählen insbesondere Sachverhalte, bei denen für die getroffene Regelung nach der eingetretenen Änderung kein Anwendungsbereich mehr verbleibt, bzw. bei denen der geregelte Tatbestand selbst entfällt, der Verwaltungsakt damit seine regelnde Wirkung verliert. Für die Gegenstandslosigkeit des Verwaltungsaktes bei nachträglicher Änderung der Sach- oder Rechtslage ist damit maßgeblich, ob er auch für den Fall geänderter Umstände noch Geltung beansprucht oder nicht. Waren Bestand oder Rechtswirkungen des Verwaltungsaktes von vornherein für den Adressaten erkennbar an den Fortbestand einer bestimmten Situation gebunden, wird er gegenstandslos, wenn diese Situation nicht mehr besteht (BSG, Urteil v. 11.07.2000 - B 1 KR 14/99 R -, SozR 3-1300 § 39 Nr. 7 Rn. 20; BSG, Urteil v. 06.09.2006 - B 6 KA 43/05 R -, SozR 4-2500 § 75 Nr. 5 Rn. 24; vgl. auch Gregarek in: Jahn SGB X, Stand Dezember 2007, § 39 Rn. 14; Steinwedel in: Kasseler Kommentar, Stand April 2011, § 39 SGB X Rn. 25 f.).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist hier von einer Erledigung des Bescheides vom 02.04.2001 über die Aufnahme des von der Klägerin vertriebenen Raumluftbefeuchters Bonito-Air-Comfort in das Hilfsmittelverzeichnis auszugehen, weil das fortgeschriebene Hilfsmittelverzeichnis in der Produktgruppe XII die Produktart "Elektrische Atemluftbefeuchter für Tracheotomierte" nicht mehr enthält. Der Fortbestand der Listung des von der Klägerin vertriebenen Produktes, bei dem es sich um einen solchen Atemluftbefeuchter handelt, ist ersichtlich abhängig gewesen davon, dass diese Produktart weiterhin im Hilfsmittelverzeichnis aufgeführt wird. Nach deren Streichung verbleibt für die Listung buchstäblich kein Raum mehr. Vor diesem Hintergrund kann auch für den Bescheid vom 02.04.2001, der sich auf ein Produkt der jetzt entfallenden Produktart bezog, keine Geltung mehr beansprucht werden. Mit der Änderung des Hilfsmittelverzeichnisses musste die Klägerin im Übrigen auch rechnen, denn bereits durch den Bescheid vom 02.04.2001 selbst ist sie auf die bestehende Verpflichtung der Spitzenverbände der Krankenkassen zur regelmäßigen Fortschreibung des Hilfsmittelverzeichnisses hingewiesen worden.

Diesem Ergebnis steht nicht etwa entgegen, dass die Fortschreibung des Hilfsmittelverzeichnisses, die zum Wegfall der genannten Produktart geführt hat, selbst rechtswidrig gewesen wäre und damit unbeachtlich sein könnte. Die Fortschreibung ist nämlich nicht zu beanstanden.

Zu Recht sind die bis zum 31.03.2007 gem. § 128 SGB V für die Erstellung und Fortschreibung des Hilfsmittelverzeichnisses zuständigen Spitzenverbände der Krankenkassen davon ausgegangen, dass es sich bei Raumluftbefeuchtern nicht um Hilfsmittel handelt, sondern um Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens. Da Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens von der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung nach § 33 Abs. 1 S. 1 SGB V indes nicht umfasst sind, durfte die entsprechende Produktart auch aus dem Hilfsmittelverzeichnis gestrichen werden.

Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens sind nach der mittlerweile ständigen Rechtsprechung des BSG solche, die allgemein auch von Gesunden im täglichen Leben verwendet werden. Maßgebend hierfür ist die jeweilige Zweckbestimmung, ausgehend von Funktion und Gestaltung des Gegenstands, wie er konkret beansprucht wird und beschaffen ist. Danach ist ein Gegenstand trotz geringer Verbreitung und trotz hohen Verkaufspreises als allgemeiner Gebrauchsgegenstand einzustufen, wenn er von der Konzeption her nicht vorwiegend für Kranke und Behinderte gedacht ist. Keine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens sind dagegen für die speziellen Bedürfnisse kranker oder behinderter Menschen entwickelte und so benutzte Gegenstände, selbst wenn sie - wie bei Brillen oder Hörgeräten - millionenfach verbreitet sind (vgl. nur BSG, Urteil v. 16.09.1999 - B 3 KR 1/99 R -, BSGE 84, 266 ff.; BSG, Urteil v. 25.06.2009 - B 3 KR 4/08 R -, SozR 4-2500 § 33 Nr. 26 Rn. 11 m.w.N; Gerlach in: Hauck/Noftz SGB V, Stand 3/09, K § 33 Rn. 105; Nolte in: Kasseler Kommentar, Stand Dezember 2010, § 33 SGB V Rn. 22a ff.).

Vor diesem Hintergrund ist nicht zweifelhaft, dass Raumluftbefeuchter als Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens eingeordnet werden müssen. Sie sind schon im Allgemeinen nicht vorwiegend für Kranke und Behinderte gedacht, sondern werden auch - wie die Klägerin selbst einräumt - von gesunden Menschen zur Herstellung eines gesunden Raumklimas genutzt. Diese Produkte sind von Ihrer Konzeption her auch keinesfalls nur für Tracheotomierte entwickelt wurden, was aber im Hinblick auf die konkret entfallene Produktart (Elektrische Atemluftbefeuchter für Tracheotomierte) zu fordern wäre. Dagegen spricht schon, dass sich ihre Wirkweise gar nicht auf eine bestimmte - erkrankte oder gesunde - Person bezieht, sondern nur, was der Name "Raumluftbefeucher" deutlich zum Ausdruck bringt, auf den Raum, in dem das Produkt eingesetzt wird. Die Herstellung eines gesunden Raumklimas unterliegt aber, worauf der Beklagte zu Recht hingewiesen hat, der Eigenverantwortung des Einzelnen und nicht der Zuständigkeit der gesetzlichen Krankenversicherung.

Soweit die Klägerin auf den möglichen medizinischen Nutzen des von ihr vertriebenen Produktes im Einzelfall hinweist, vermag dies die generelle Beurteilung der Produktgruppe als Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens im Rahmen der Fortschreibung des Hilfsmittelverzeichnisses nicht in Frage zu stellen. Ein solcher medizinischer Nutzen könnte allenfalls im Einzelfall eine Verordnung des konkreten Produktes als Hilfsmittel rechtfertigen. Dies ist trotz der fehlenden Listung im Hilfsmittelverzeichnis nicht ausgeschlossen (ständige Rechtsprechung, vgl. nur BSG, Urteil v. 25.06.2009 - B 3 KR 4/08 R, SozR 4-2500 § 33 Nr 26 Rn. 9, m.w.N.; Gerlach in: Hauck/Noftz SGB V, Stand 3/09, K § 33 Rn. 39 f.). Ein allgemeiner Anspruch des Herstellers oder Vertreibers auf Listung im Hilfsmittelverzeichnis folgt hieraus indes nicht.

Kann demnach die Klage schon wegen der Erledigung des Bescheides vom 02.04.2001 keinen Erfolg haben, kommt es vorliegend auf die Anwendbarkeit der §§ 45, 48 SGB X oder § 139 SGB V nicht an.

Zutreffend ist im Übrigen der Hinweis des Beklagten, dass die Klägerin nur Vertreiber, nicht aber der Hersteller des Raumluftbefeuchters Bonito-Air-Comfort ist und schon aus diesem Grunde eine Listung dieses Raumluftbefeuchters als ein Produkt der Klägerin nicht hätte erfolgen dürfen (vgl. dazu BSG, Urteil v. 22.04.2009 - B 3 KR 11/07 -, SozR 4-2500 § 33 Nr. 22, Rn. 44 ff.; LSG NRW, Urteil v. 27.01.2011 - L 5 KR 105/07 - Rn. 44). Doch kommt auch diesem Umstand nach den vorstehenden Ausführungen keine Bedeutung mehr zu. Der insoweit schon bei seinem Erlass nicht rechtmäßige Bescheid vom 02.04.2001 hat sich erledigt und einer evt. zukünftigen Listung des Raumluftbefeuchters Bonito-Air-Comfort als Produkt der Klägerin steht bereits entgegen, dass Raumluftbefeuchter generell als Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens einzuordnen sind.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG, weil Klägerin und Beklagte nicht zu dem in § 183 SGG genannten privilegierten Personenkreis gehören. Die Kostenbelastung der Klägerin folgt aus deren Unterliegen (§ 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung).

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 und 3, § 47 Abs. 1 S. 1 sowie § 63 Abs. 2 und 3 Gerichtskostengesetz (GKG).

Die Revision wird wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zugelassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).

Referenznummer:

R/R3775


Informationsstand: 20.01.2012