Die Revision der Beklagten ist i.
S. einer Zurückverweisung des Rechtsstreits an das
LSG begründet.
Die im Berufungsurteil getroffenen Feststellungen reichen nicht aus, um über den vom Kläger geltend gemachten Anspruch entscheiden zu können. Soweit hier einschlägig, haben Versicherte nach § 33
Abs. 1 Satz 1
SGB V Anspruch auf Versorgung mit ("anderen" als in dieser Vorschrift ausdrücklich genannten) Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34
Abs. 4
SGB V ausgeschlossen sind.
Der Senat kann offenlassen, ob der Begriff "erforderlich" in § 33
Abs. 1 Satz 1
SGB V (nach
BSG vom 20.11.1996 - br 1997, 85 f. = SozR 3-2500 § 33
Nr. 21
S. 115 - Blindenführhund, gleichbedeutend mit dem Begriff "notwendig" in § 33
Abs. 1 Satz 1, letzter Teilsatz
SGB V) bereits als solcher die in § 12
Abs. 1 Satz 1
SGB V aufgezählten Kriterien ("ausreichend, zweckmäßig, wirtschaftlich; das Maß der Notwendigkeit nicht überschreitend") umfaßt (so
z.B. Höfler in Kasseler Komm., § 33
SGB V,
Rdnr. 17, Stand: 1997) oder ob beide Vorschriften getrennt zu prüfen sind (so
z.B. BSG vom 25.10.
1995 - 3 RK 30/94 - SozR 3-2500 § 33
Nr. 17
S. 86 - Schreibtelefon;
BSG vom 20.11.1996 - br 1997, 85 f. = SozR 3-2500 § 33
Nr. 21
S. 120 - Blindenführhund, zählt die Geeignetheit augenscheinlich zur Erforderlichkeit nach § 33
Abs. 1 Satz 1
SGB V).
Jedenfalls ist aus § 33
Abs. 1 Satz 1
SGB V - ggfs.
i.V.m. dem Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12
Abs. 1
SGB V - abzuleiten, daß ein Anspruch auf Versorgung mit einem Hilfsmittel i.
S. der vom
LSG geprüften 2. Alternative des § 33
Abs. 1 Satz 1
SGB V ("um eine Behinderung auszugleichen") bei einer Fallkonstellation wie der vorliegenden voraussetzt:
Beim Versicherten muß eine Behinderung bestehen (1), die ihn an der Lebensbetätigung im Rahmen der allgemeinen Grundbedürfnisse hindert (2). Das begehrte Hilfsmittel muß wiederum geeignet sein, einen entsprechenden Ausgleich zu bewirken (3) und es muß erforderlich (notwendig) in dem Sinne sein, daß kein kostengünstigeres und zumindest gleichgeeignetes Hilfsmittel zur Verfügung steht (4); weiterhin dürfen Kosten und Nutzen des Hilfsmittels nicht außerhalb jeden Verhältnisses stehen (5). Auch wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, kann ein Anspruch auf Versorgung mit einem Hilfsmittel daran scheitern, daß sie nach § 34
Abs. 4
SGB V ausgeschlossen ist (6) oder es sich um einen allgemeinen Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens handelt; wird durch das Hilfsmittel ein derartiger Gegenstand ersetzt, sind die entsprechenden Kosten als Eigenanteil vom Versicherten selbst zu tragen (7). Keinen Einfluß auf den Anspruch auf Versorgung hat hingegen der Umstand, daß das begehrte Hilfsmittel im Hilfsmittelverzeichnis nach § 128
SGB V nicht aufgeführt ist (8). Schließlich ergibt sich ein Anspruch auf Versorgung mit einem Hilfsmittel nicht bereits daraus, daß es dem Versicherten durch einen Vertragsarzt verordnet wurde (9). Nur zu einem Teil der angegebenen Voraussetzungen liegen die erforderlichen tatsächlichen Feststellungen des
LSG vor.
(Zu 1) Zu Recht hat das
LSG eine ausgeprägte geistige und körperliche Behinderung des Klägers festgestellt: Er leidet an einer deutlichen, an der Grenze zur Hochgradigkeit liegenden geistigen Behinderung mit motorischem Entwicklungsrückstand sowie einem angeborenen Herzfehler.
(Zu 2) Diese Behinderung schränkt den Kläger auch in seiner Lebensbetätigung der allgemeinen Grundbedürfnisse ein (
BSG vom 17.1.1996 - br 1996, 169
ff. = SozR 3-2500 § 33
Nr. 19
S. 97
m.w.N. - Telefaxgerät). Als einschlägige allgemeine Grundbedürfnisse sind hier der notwendige gewisse körperliche und geistige Freiraum heranzuziehen sowie die Bewegungsfreiheit zumindest in einem Umkreis, der mit einem vom Behinderten selbst handbetriebenen Rollstuhl erreicht werden kann (siehe hierzu
BSG vom 8.6.1994 - Breith. 1995, 315 = SozR 3-2500 § 33
Nr. 7,
S. 26 - Rollstuhlboy). Das
LSG hat festgestellt, daß der Kläger keine längeren Wegstrecken zu Fuß zurücklegen kann und daß ihm gänzlich die Möglichkeit zur eigenständigen, von der Hilfe Dritter freien, Fortbewegung fehlt.
(Zu 3) Ein Anspruch auf Versorgung mit einem Hilfsmittel setzt weiterhin voraus, daß das ins Auge gefaßte Hilfsmittel auch zum Ausgleich der behinderungsbedingten Einschränkungen geeignet, d.h. zweckdienlich ist. Ein Therapie-Tandem kann die oben (unter 2) beschriebenen Defizite - teilweise - ausgleichen. Als Hilfsmittel ist es jedoch nur dann geeignet, wenn es sich darüber hinaus nicht seinerseits gesundheitsschädlich auswirkt (a) sowie vom Versicherten benutzbar ist (b).
(Zu a) An der gesundheitlichen Zuträglichkeit eines Tandem-Therapiefahrrads als Hilfsmittel für den Kläger bestehen insoweit Zweifel, als er nach den Feststellungen des
LSG an einem angeborenen Herzfehler leidet, der ihn - neben anderem - an der Zurücklegung längerer Wegstrecken hindert. Das
LSG hat keine Feststellungen dazu getroffen, daß das Mitfahren auf einem Tandem-Therapiefahrrad den Kläger insoweit nicht überfordert. Es hat zwar in seinem Tatbestand die Aussage des vom SG als Sachverständigen gehörten Facharztes für Neurologie und Psychiatrie
Dr.med. Sch. wiedergegeben, daß die Fortbewegung mit dem Tandem-Therapiefahrrad einen höheren Kraftaufwand erfordere,
ohne das Herz-Kreislauf-System zu überlasten. Diese Aussage hat es jedoch selbst nicht gewürdigt; es ist insbesondere nicht darauf eingegangen, daß
Dr.med. Sch. in seinem Gutachten, auf dessen Einzelheiten das
LSG verwiesen hat, insoweit zwar ausdrücklich ein weiteres Gutachten auf einem anderen Fachgebiet nicht als notwendig erachtet, jedoch ergänzend ausgeführt hat, daß gezielt eine kinderkardiologische Beurteilung eingeholt werden müsse, sollten Zweifel an der Belastbarkeit des Kindes infolge des Herzfehlers bestehen.
Eine dementsprechende Beweiswürdigung fehlt jedoch im Urteil des
LSG; ebensowenig hat das SG insoweit Feststellungen getroffen, denen sich das
LSG angeschlossen haben könnte. Sie kann vom Senat selbst dann nicht ersetzt werden, wenn ihm über die globale Bezugnahme auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakten im Tatbestand des Berufungsurteils der Zugriff hierauf erlaubt wäre. Die Würdigung der Aussagen von Sachverständigen und ihrer Fachkompetenz im Einzelfall stellt eine typisch tatrichterliche Aufgabe dar, die vom Revisionsgericht nicht übernommen werden kann.
Ergänzend sei darauf hingewiesen, daß der Sachverständige - und mit ihm das
LSG - davon auszugehen scheint, daß der Kläger als Beifahrer auf dem Tandem auch dann, wenn er nicht mit eigener Kraftanstrengung "mittritt", zumindest die Pedalbewegung zwangsweise mitvollziehen und damit seine Beine durchbewegen muß. Dies aber könnte von der Bauweise des Tandems abhängen; denkbar scheint insoweit, daß dem Tandem-Beifahrer ein eigener Freilauf zur Verfügung steht. Wäre dem so, so scheint der angestrebte therapeutische (Neben-)Effekt gefährdet: Wie zwar nicht aus den ausdrücklichen Feststellungen des
LSG, sondern aus der von ihm im Tatbestand aufgeführten ärztlichen Äußerung des Orthopäden
Dr.med. P. hervorgeht, wird die Versorgung des Klägers mit einem Tandem-Therapiefahrrad gerade deshalb empfohlen, um nicht nur die Koordination zwischen linker und rechter Körperhälfte, Balancesicherheit, psychisches und physisches Durchhaltevermögen, Sicherheit und Selbständigkeit, sondern auch ein umfassendes Muskeltraining zu gewährleisten. Hieran würde es jedoch fehlen, könnte sich der Kläger auch lediglich passiv umherfahren lassen, ohne zumindest die Beine mitbewegen zu müssen.
(Zu b) Ebensowenig bestehen ausreichende Feststellungen des
LSG dazu, ob das Tandem-Therapiefahrrad vom Kläger in dem Sinne benutzbar ist, daß er in der Lage ist, darauf mitzufahren (aa), es seinen Neigungen angepaßt ist (bb) sowie die erforderlichen Hilfspersonen vorhanden sind (cc).
(Zu aa) Insbesondere hat das
LSG nicht die sich aufdrängenden Zweifel ausgeräumt, ob sich der Kläger in erforderlichem Maß als Beifahrer auf dem Tandem-Therapiefahrrad "halten" kann. Er ist nach den Feststellungen des
LSG an der Grenze zur Hochgradigkeit geistig behindert, seine Grob- und Feinmotorik ist erheblich gestört. Dem Tatbestand des Berufungsurteils kann zwar entnommen werden, daß nach einem Kostenvoranschlag das Tandem-Therapiefahrrad für den Kläger zusätzlich mit einer Fußhalterung und Klettriemen ausgesattet werden müßte, ferner mit einer Rückenlehne als Seitenlehne sowie einem Dehnfeldsattel. Es fehlen jedoch Feststellungen dazu, ob diese Vorrichtungen ausreichend sind; zu prüfen wäre weiterhin, ob der Kläger bei (oder trotz) ihrer Benutzung die Hilfsperson am ordnungsgemäßen Führen des Tandems hindern würde.
(Zu bb) Bei der vorliegenden Gestaltung des Einzelfalls kann als "geeignet" nur ein Hilfsmittel angesehen werden, das auch den Neigungen des Klägers angepaßt ist. Das
LSG weist insoweit nachvollziehbar darauf hin, daß aufgrund der weithin fehlenden verstandesmäßigen Motivation für geistige oder körperliche Aktivitäten eine Förderung des Klägers auf einer sehr einfachen Ebene und "unter Nutzung des Lustprinzips" in Angriff zu nehmen sei. Hieraus folgt die Notwendigkeit, daß der Kläger am Mitfahren auf einem Tandem-Therapiefahrrad "Spaß" hat; auch insoweit fehlen jedoch Feststellungen. Es ist schwer vorstellbar, daß es zu einem sinnvollen Einsatz des Tandem-Therapiefahrrades als Hilfsmittel kommen kann, wenn der Kläger stets nur durch Druck oder Zwang zum Mitfahren bewegt werden muß.
(Zu cc) Ebenso fehlen Feststellungen des
LSG dazu, ob Hilfspersonen vorhanden sind, die ein Tandem mit dem Kläger als Mitfahrer führen können. Die Bewilligung eines Tandem-Therapiefahrrades als Hilfsmittel erscheint dann nicht als sinnvoll, wenn eine geeignete Hilfsperson nicht oder in nur sehr eingeschränktem Maße zur Verfügung steht. Insbesondere muß im vorliegenden Fall die Hilfsperson in der Lage sein, das Tandem auch dann - und zwar selbst bei Gegenwind oder leichten Steigungen - in Bewegung zu halten, wenn der Kläger nicht aktiv "mittritt". Der Kläger wird zwar, auch im Verfahren, gesetzlich durch seine Eltern vertreten. Dieser Umstand läßt jedoch nicht den Schluß zu, daß diese auch als Führer des Tandems in Betracht kommen. Über Alter und Gesundheitszustand finden sich keine Angaben.
Immerhin teilt der Sachverständige
Dr.med. Sch. in seinem Gutachten mit, der Kläger werde bisher noch in einem großen Kinderwagen in die Förderschule gefahren; er müsse (und könne) jedoch auf dem Nachhauseweg selbst
ca. 100 Meter leicht bergan gehen, da die Eltern das Kind mit Kinderwagen auf dieser Strecke kraftmäßig nicht mehr schieben könnten.
(Zu 4) "Erforderlich" kann ein Hilfsmittel schließlich nur dann sein, wenn nicht der Behinderungsausgleich in gleichem Umfang auch mit einem kostengünstigeren Hilfsmittel erreicht werden kann. Insoweit ist nicht nur zu prüfen, ob ein anders geartetes, ebenso geeignetes Hilfsmittel zur Verfügung steht (a), sondern auch, ob innerhalb der Gattung der Tandem-Therapiefahrräder eine kostengünstigere Alternative besteht (b).
(Zu a) Da der Rechtsstreit, wie aufgezeigt, bereits wegen fehlender Feststellungen in anderen Zusammenhängen an das Berufungsgericht zurückverwiesen ist, kann der Senat offenlassen, ob die Feststellungen des
LSG ausreichen, um entscheiden zu können, daß ein Tandem-Therapiefahrrad (als Gattung) im o.a. Sinne erforderlich ist. Das
LSG hat insoweit (lediglich) ausgeführt: "Darüber hinaus kommt die Zurverfügungstellung eines weniger aufwendigen Hilfsmittels unter Beachtung der besonderen Lebenssituation und des Ausmaßes der Behinderung des Klägers nicht in Betracht. Insbesondere scheidet die Zurverfügungstellung eines Dreirades ... aus."
Hieraus ist jedenfalls nicht ersichtlich, daß sich das
LSG mit der Möglichkeit auseinandergesetzt hat, ob nicht ein handelsübliches Tandem, ggfs. mit für seinen Gebrauch durch den Kläger erforderlichen Zusatzvorrichtungen, eine kostengünstigere Alternative darstellt.
Ausgeschlossen werden kann allerdings, daß ein Rollstuhlboy (
vgl. BSG vom 8.6.1994 - Breith. 1995, 315 = SozR 3-2500 § 33
Nr. 7) ein gleichgeeignetes Hilfsmittel für den Kläger wäre. Denn die oben (zu 3 a) erwähnten therapeutischen Nebeneffekte wären bei einem bloß passiven Umherfahren in einem Rollstuhlboy für den Kläger nicht gewährleistet, auch wenn er für ihn ebenso wie ein Tandem-Therapiefahrrad die erstrebte Erweiterung seines Bewegungsradius bewirken könnte. Ebensowenig kommen insoweit die von der Beklagten in der Berufungsbegründung vorgeschlagenen Behandlungsmaßnahmen von Physiotherapeuten, Krankengymnasten oder Masseuren in Betracht. Diese sind bereits dafür in keiner Weise geeignet.
(Zu b) Jegliche Feststellung des
LSG fehlt weiterhin dazu, warum es die erstinstanzliche Verurteilung der Beklagten zur Versorgung des Klägers mit einem "Tandem-Therapiefahrrad 20" der Firma H. bestätigt hat. Ebenso wie im Urteil des SG besteht in demjenigen des
LSG insoweit eine Diskrepanz zwischen den Entscheidungsgründen und der Urteilsformel. In den Entscheidungsgründen ist jeweils nur von einem Tandem-Therapiefahrrad die Rede, ohne die Erforderlichkeit des in der Urteilsformel genannten bestimmten Fabrikats zu erörtern. Insbesondere fehlt jegliche Feststellung dazu, ob dies das einzige oder jedenfalls das kostengünstigste Tandem-Therapiefahrrad auf dem Markt ist. Nur unter dieser Voraussetzung wäre die Verpflichtung der Beklagten zur Versorgung mit einem bestimmten Erzeugnis denkbar; im Regelfall bleibt es dem Krankenversicherungsträger überlassen, das Fabrikat auszuwählen (
vgl. BSG vom 17.1.1996 - Breith. 1996, 633 = SozR 3-2500 § 33
Nr. 18
S. 95 - Farberkennungsgerät; zum richtigen Klageantrag
vgl. BSG vom 25.10.1995, SozR 3-2500 § 33
Nr. 17
S. 81 f. - Schreibtelefon). Hierdurch kann er insbesondere auch sicherstellen, daß das zu überlassende Hilfsmittel den einschlägigen Qualitätsanforderungen (
vgl. § 139
Abs. 1
SGB V) entspricht.
(Zu 5) Nachdem bisher keine Feststellungen des
LSG zu den konkreten Nutzungsmöglichkeiten eines Tandem-Therapiefahrrades für den Kläger oder zu den (nach den Ausführungen zu 4 b) tatsächlich erforderlichen Kosten vorliegen, kann sich der Senat beim gegenwärtigen Streitstand eingehende Ausführungen zur Wirtschaftlichkeit eines entsprechenden Hilfsmittels (siehe
BSG vom 17.1.1996, SozR 3-2500 § 33
Nr. 20
S. 109 - Luftreinigungsgerät) sparen. Er läßt auch offen, ob für ein Tandem-Therapiefahrrad für
ca. 4 000 DM eine ähnliche Nutzungsdauer verlangt werden kann, wie es der 3. Senat des
BSG für ein Lese-Sprechgerät mit etwas höheren Kosten getan hat (durchschnittlich mindestens fünf Stunden/Woche:
BSG vom 23.8.1995, SozR 3-2500 § 33
Nr. 16
S. 79).
Der Einwand der Beklagten jedenfalls, die Nutzung eines Tandem-Therapiefahrrades sei bereits wegen seiner Witterungsabhängigkeit unwirtschaftlich, kann den Ausschlag nicht geben. Denn mit diesem Argument könnte dann die Versorgung mit allen nur im Freien zu verwendenden Hilfsmitteln (wie
z.B. auch dem Rollstuhlboy:
BSG vom 8.6.
1994 - Breith. 1995, 315 = SozR 3-2500 § 33
Nr. 7) abgelehnt werden.
(Zu 6) Eine Versorgung des Klägers mit einem Tandem-Therapiefahrrad als Hilfsmittel ist nicht durch § 34
Abs. 4
SGB V ausgeschlossen. Die nach dieser Vorschrift erlassene Verordnung über Hilfsmittel von geringem therapeutischen Nutzen oder geringem Abgabepreis in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 13.12.1989 (BGBl. I
S. 2237) führt das Tandem-Therapiefahrrad nicht auf.
(Zu 7) Das
LSG hat festgestellt, daß ein Tandem-Therapiefahrrad "nicht zu den Gegenständen des täglichen Lebens zählt". Insoweit hegt auch der Senat keine Zweifel (
vgl. auch
LSG Nordrhein-Westfalen vom 22.8.1996, E-
LSG Kr-105,
S. 2).
Die Frage, ob das vom Kläger begehrte Hilfsmittel hierzu zu rechnen ist, wäre jedoch dann näher zu erörtern, wenn (i.
S. der Ausführungen zu 4 a) als kostengünstigere Alternative die Versorgung des Klägers mit einem handelsüblichen Tandem,
ggf. mit Sonderausstattung, in Betracht käme. Dann wäre Hilfsmittel i.
S. des § 33
Abs. 1 Satz 1
SGB V nur diese Sonderausstattung (
vgl. BSG vom 26.2.1991, SozR 3-2500 § 33
Nr. 3 - schwenkbarer Autositz), wenn ein handelsübliches Tandem seinerseits als allgemeiner Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens aufzufassen wäre. Hierfür wiederum könnte sprechen, daß Tandems nicht nur bei Behinderten in Gebrauch sind. Der Senat läßt im vorliegenden Zusammenhang offen, ob er sich der Rechtsprechung des 3. Senats (
vgl. BSG vom 17.1.
1996, SozR 3-2500 § 33
Nr. 20,
S. 110 f. - Luftreinigungsgerät
m.w.N.) anschließt, daß es insoweit auf Preis und Verbreitungsgrad ankommt, wobei bei einem Verbreitungsgrad von weniger als 3 v.H. eine Qualifizierung als allgemeiner Gebrauchsgegenstand ausgeschlossen sei.
Sollte ein handelsübliches Tandem ein allgemeiner Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens sein, so wäre der Kläger dann, wenn er einen Anspruch auf Versorgung mit einem Tandem-Therapiefahrrad haben sollte, mit einem entsprechenden Eigenanteil zu belasten. Sollten handelsübliche Tandems dagegen nicht zu den allgemeinen Gebrauchsgegenständen des täglichen Lebens zählen, so wäre insoweit zumindest ein Eigenanteil in Höhe der Kosten für ein Fahrrad in Betracht zu ziehen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn im Haushalt kein Fahrrad vorhanden ist, das dem Kläger zur Nutzung zur Verfügung stünde, wäre er nicht behindert (
vgl. BSG vom 17.1.1996, 169
ff. = SozR 3-2500 § 33
Nr. 19
S. 106 Telefaxgerät
m.w.N.). Dem
LSG kann nicht zugestimmt werden, wenn es einen entsprechenden Eigenanteil bereits mit der Begründung ablehnt, der Kläger sei nicht in der Lage, überhaupt selbständig ein Fahrrad zu benutzen. Im Gegenteil setzt eine Belastung mit einem entsprechenden Eigenanteil gerade voraus, daß der entsprechende allgemeine Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens vom Behinderten nicht benutzt werden kann; sonst bestünde von vornherein kein Anspruch auf Ausstattung mit einem Hilfsmittel.
Entsprechend hat das
BSG z.B. entschieden, daß bei Versorgung von Gehörlosen und Ertaubten mit einem Telefaxgerät als Hilfsmittel die Anschaffungs- und Betriebskosten für ein Standardtelefon grundsätzlich vom Versicherten als Eigenanteil selbst zu tragen sind (
BSG vom 17.1.1996 - br 1996, 169, 172 = SozR 3-2500 § 33
Nr. 19
S. 106). Wenn das
BSG beim Rollstuhlboy einen Eigenanteil des Versicherten nicht in Betracht gezogen hat (
BSG vom 8.6.
1994 - Breith. 1995, 315 = SozR 3-2500 § 33
Nr. 7
S. 26: Unerheblichkeit der Vergleichbarkeit mit einem Fahrrad), ist dies daraus zu erklären, daß beim Rollstuhlboy im entschiedenen Einzelfall die Erweiterung der Nutzungsmöglichkeit des Rollstuhls im Vordergrund stand, nachdem der damalige Kläger weder einen handbetriebenen noch einen Elektro-Rollstuhl bedienen konnte; es sollte ihm zumindest der Freiraum eines solchen Behinderten eröffnet werden, der einen Rollstuhl selbst bewegen kann. Damit aber ging es nicht um die Substituierung eines Fahrrades, sondern um die ansatzweise Ermöglichung einer Bewegungsfreiheit, über die Nichtbehinderte bereits zu Fuß verfügen. Dies könnte im Falle des Klägers anders zu beurteilen sein.
(Zu 8) Tandem-Therapiefahrräder und handelsübliche Tandems sind jedenfalls nicht schon wegen der Regelungen zur Produktgruppe 22 ("Mobilitätshilfen") des von den Spitzenverbänden der Krankenkassen erstellten Hilfsmittelverzeichnisses (insoweit Bekanntmachung vom 5.2.
1996,
BAnz.
Nr. 79 a
S. 34) als Hilfsmittel der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen. Hierin heißt es zwar, daß eine Kostenübernahme u.a. nicht in Betracht komme für "Fahrräder mit einer Fremdbedienung für Antrieb und/oder Steuerung (
z.B. Tandems), da es sich ... hierbei um Gebrauchsgegenstände in Form von Freizeitgegenständen" handele. Es kann offenbleiben, ob durch die zitierte Regelung auch die Versorgung mit Tandem-Therapiefahrrädern ausgeschlossen werden soll. Denn das Hilfsmittelverzeichnis bindet die Gerichte nicht.
Nach § 128
SGB V erstellen die Spitzenverbände der Krankenkassen gemeinsam ein Hilfsmittelverzeichnis (Satz 1),
in dem die von der Leistungspflicht umfaßten Hilfsmittel aufzuführen und die dafür vorgesehenen Festbeträge oder vereinbarten Preise anzugeben sind (Satz 2). Das Hilfsmittelverzeichnis ist fortzuschreiben (Satz 3); die Spitzenorganisation der Leistungserbringer sind anzuhören (Satz 4); das Hilfsmittelverzeichnis ist im Bundesanzeiger bekanntzumachen (Satz 5). Aus dieser Regelung folgt jedoch nicht die Aufgabe des Hilfsmittelverzeichnisses, abschließend (als Positivliste) darüber zu befinden, welche Hilfsmittel der Versicherte im Rahmen der Krankenbehandlung (§ 27
Abs. 1 Satz 2
Nr. 3
SGB V) beanspruchen kann; für die Gerichte stellt es vielmehr nur eine unverbindliche Auslegungshilfe dar (
BSG vom 23.8.1995, SozR 3-2500 § 33
Nr.16
S. 72 - Lese-Sprechgerät;
BSG vom 17.1.1996, SozR 3-2500 § 33
Nr. 20
S. 108 - Luftreinigungsgerät). Dies gilt auch dann, wenn man dem Hilfsmittelverzeichnis nach § 128
SGB V eine weitergehende Bedeutung beimißt als dem Hilfsmittelverzeichnis nach § 376 c RVO, dem Vorläufer dieser Vorschrift (s. hierzu
z.B. von Maydell in
GK-SGB V, § 128 Rdnrn. 3, 6 bis 8 und 11, STand: 1991).
Denn die Regelung ist jedenfalls nur dann mit den Grundsätzen des Leistungsrechts zu vereinbaren, wenn das Hilfsmittelverzeichnis nicht als bindender Positivkatalog verstanden wird. Bei einer behandlungsfähigen sowie behandlungsbedürftigen Krankheit räumt § 27
Abs. 1
i.V.m. § 2
Abs. 1, § 12
Abs. 1
SGB V dem Versicherten ein Recht auf diejenige Krankenbehandlung ein, die dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entspricht sowie notwendig ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich ist. Werden diese Voraussetzungen durch ein bestimmtes Hilfsmittel erfüllt, darf dessen fehlende Aufnahme in das Hilfsmittelverzeichnis - oder auch dessen ausdrückliche Ablehnung durch dieses Verzeichnis - nicht dazu führen, daß bis zur Aufnahme in das Hilfsmittelverzeichnis (zum Verfahren s. § 139
Abs. 2 i.V. § 213
Abs. 2
SGB V) - oder bis zu dessen Korrektur - ein an sich erforderliches Hilfsmittel nicht gewährt werden darf und somit der Versicherte unversorgt oder nicht ausreichend versorgt bleibt. Eine derart normative Wirkung kommt dem Hilfsmittelverzeichnis als einer bloßen Verwaltungsvorschrift zu einer gesetzlichen Anspruchsnorm nicht zu.
Nichts anderes ergibt sich für die Gerichte aus den auf der Ermächtigung in § 92
Abs.1 Satz 2
Nr. 6
SGB V beruhenden Richtlinie des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über die Verordnung von Heilmitteln und Hilfsmitteln in der kassenärztlichen und vertragsärztlichen Versorgung ( Heil- und HilfsmittelRL) in der Fassung vom 17.
6.1992, zuletzt geändert am 4.5.1996 (
BAnz.
S. 5188). Nach deren
Nr. 8 können Hilfsmittel zu Lasten der Krankenkassen nur verordnet werden, sofern sie im Hilfsmittelverzeichnis aufgeführt sind. Selbst wenn diese Regelung zulässigerweise die Ärzte an das Hilfsmittelverzeichnis bände (
vgl. jedoch
BSG vom 5.5.1988, BSGE 63, 163
ff. zu
Nr. 21 h der ArzneimittelRL), hätte dies keine Auswirkungen auf den Leistungsanspruch des Versicherten gegen den Krankenversicherungsträger. Denn die ärztliche Verordnung ist nicht Voraussetzung für die Versorgung mit einem Hilfsmittel, der Arztvorbehalt des § 15
Abs. 1 Satz 2
SGB V gilt insoweit nicht (s. § 15
Abs. 3
SGB V ; Noftz in: Hauck/Haines,
SGB V, § 15 RDnr. 17 a. E.).
(Zu 9) Schließlich kommt der - nach den Feststellungen des
LSG vorliegenden - vertragsärztlichen Verordnung über die Versorgung des Klägers mit einem Tandem-Therapiefahrrad keine die Leistungsverpflichtung der Beklagten verbindlich regelnde Wirkung zu (s. hierzu
z.B. die Urteile des 3.
Senats des
BSG vom 17.1.1996, SozR 3-2500 § 33 -
Nr. 19 = br 1996, 169 - Telefaxgerät und SozR a.a. O.
Nr.20 - Luftreinigungsgerät, wo jeweils der Umstand der ärztlichen Verordnung des Hilfsmittels keinerlei Bedeutung beigemessen wurde;
vgl. auch
BSG vom 18.5.1989, BSGE 65,94/97;
BSG vom 11.10.1988 - 3/8 RK 20/87 - UsK 88157; anders jedoch bei Arzneimitteln :
BSG vom 17.1.1996, BSGE 77, 194/198
ff. m.w.
N.). Dies folgt zum einen daraus, daß nach § 12
Abs.1 Satz 2
SGB V die Krankenkassen unwirtschaftliche Leistungen nicht bewilligen dürfen und nach § 275
Abs.3
Nr. 3
SGB V die Krankenkassen vor Bewilligung eines Hilfsmittels in geeigneten Fällen durch den Medizinischen Dienst prüfen lassen können, ob das Hilfsmittel erforderlich ist. Hiermit steht zum anderen in Einklang, daß nach den die Verordnungstätigkeit regelnden Bundesmantelverträgen ( § 30
Abs. 8 Satz1 Bundesmantelvertrag-Ärzte/Ersatzkassen [EKV-Ä],
Stand : 1.1.1996) die Abgabe von Hilfsmitteln einer Genehmigung durch die Krankenkasse bedarf, soweit in ihren Bestimmungen nichts anderes vorgesehen ist. Eine hiervon abweichende Regelung der Beklagten besteht nicht; die Satzung der Bundesknappschaft enthält keine entsprechende Bestimmung (ihr § 45 - Hilfsmittel - regelt lediglich die Möglichkeit einer leihweisen Überlassung von Hilfsmitteln).
Das
LSG wird die fehlenden Feststellungen (s.insbes. unter [3], [4] und [7]) nachzuholen haben. Als Auskunftsperson käme u.U. auch der Behindertenbeauftragte des Allgemeinen Deutschen Fahrrad Clubs (ADFC), Newtonstraße 7, 53125 Bonn, in Betracht.
Abschließend sei darauf hingewiesen, daß bei Feststellung der Anspruchsvoraussetzungen für die Verorgung mit dem begehrten Hilfsmittel und einer entsprechenden Verurteilung der Beklagten dem Grunde nach - die im Regelfall im übrigen lediglich die Gattung nach zu erfolgen hat (s. oben zu 4b) - es dieser freisteht, ob sie diese Versorgung durch Übereignung oder durch leihweise Überlassung (hierzu § 45 der Satzung der Bundesknappschaft) des Hilfsmittels vornimmt (
BSG vom 17.1.1996 - Breith. 1996, 673 = SozR 3-2500 § 33
Nr.18
S.95 - Farberkennungsgerät). Ebenso kann sie die Versorgung mit Auflagen verknüpfen, die den ordnungsgemäßen Gebrauch des Hilfsmittels sicherstellen und dessen Überprüfung ermöglichen ( § 32
Abs. 1,
Abs. 2
Nr. 4
SGB X),
z.B. die Führung eines Fahrtenbuchs.