Urteil
Gesetzliche Unfallversicherung - Entschädigung für Kleider- und Wäscheverschleiß (KWV) wegen Gebrauchs eines Rollstuhls

Gericht:

LSG Berlin-Brandenburg 3. Senat


Aktenzeichen:

L 3 U 236/11


Urteil vom:

20.03.2014


Grundlage:

  • SGB VII § 31 Abs. 2 S. 1 |
  • OrthVersorgUVV § 7 |
  • BVG § 15 |
  • DVBVG § 1 Nr. 19

Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 20. September 2011 und der Bescheid der Beklagten vom 18. Juli 2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 14. Februar 2008 geändert und die Beklagte verurteilt, der Klägerin für die Zeit ab Dezember 2007 eine Entschädigung für rollstuhlbenutzungsbedingten Kleider- und Wäschemehrverschleiß zu gewähren. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen. Die Beklagte erstattet der Klägerin zwei Drittel ihrer notwendigen außergerichtlichen Kosten des gesamten Verfahrens. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt von der Beklagten eine Entschädigung für Kleider- und Wäscheverschleiß (KWV) zuletzt noch wegen Gebrauchs eines Rollstuhls.

Die Klägerin wurde 1970 geboren. Sie arbeitete bis zum 24. Juli 1997 als Krankengymnastin. Sie stürzte am 25. Juli 1997 auf dem Weg zu einem Hausbesuch mit dem Fahrrad und zog sich eine Verletzung ihres linken Knies zu, vgl. Unfallschilderung nebst von der Klägerin ausgefülltem Fragebogen vom 30. Juli 1998. Die Beklagte erkannte das Ereignis als Arbeitsunfall an. Es stellte sich ein komplizierter Heilungsverlauf mit heftigen Schmerzen, Bewegungseinschränkungen und mit weiteren arthroskopischen Behandlungen ein, vgl. etwa Berichte des M Krankenhauses vom 11. und 23. Dezember 1998, von Dr. M vom 17. März 1999 und der Hstiftung vom 03. Mai und 12. September 2000. Am 27. Januar 2004 wurde der Klägerin am linken Kniegelenk ein Fixateur externe zur Patellasehnendistraktion angelegt, vgl. Entlassungsbericht der Charité - Centrum für Muskuloskeletale Chirurgie - vom 24. Februar 2004. Es folgte ein mehrwöchiger stationärer Krankenhausaufenthalt.

Zwischenzeitlich gewährte ihr die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) eine Rente wegen voller Erwerbsminderung, nachdem die BfA im Rentenverfahren u.a. Gutachten von Dr. R vom 02. Oktober 2002, wonach die Klägerin im ausgeübten Beruf als Physiotherapeutin aktuell nicht mehr einsetzbar sei, und Dr. Z vom 13. August 2003, wonach die berufliche Tätigkeit der Krankengymnastin ihr eindeutig nicht mehr zumutbar sei und eine Wegstreckenbegrenzung vorliege, eingeholt hatte. Dr. M erachtete die Klägerin in einem für die BfA unter dem 16. August 2005 aufgrund einer ambulanten Untersuchung an demselben Tag erstellten Gutachten in ihrer Tätigkeit als Physiotherapeutin für vollschichtig einsetzbar. Das äußere Erscheinungsbild der Klägerin sei unauffällig. Das Gangbild sei kleinschrittig, links hinkend. Es würden ein Paar französische Unterarmgehstützen getragen.

Unter dem 11. Juli 2005 berichtete der Berufshelfer über ein Gespräch mit der Klägerin am 08. Juli 2005. Dort habe die Klägerin geschildert, dass sie weiterhin keine Belastungen auf das Kniegelenk übertragen könne. Sie sei an zwei Unterarmgehstützen mobilisiert und habe sich nunmehr mit der Frage der weiteren medizinischen Heilbehandlung erneut an Dr. M in M gewandt.

Dr. B vom Klinikum der Universität M berichtete unter dem 22. August 2005, dass der Klägerin eine Mobilisation der Patellasehne und gleichzeitig eine Schienenquengelbehandlung vorgeschlagen worden sei, wohingegen sie auf einen Innenmeniskusersatz fixiert sei. Die Klägerin schrieb unter dem 01. Oktober 2005, aus eigener Kraft überhaupt nicht wegefähig zu sein und mehrmals täglich vor Schmerzen ohnmächtig zu werden. Unter dem 15. November 2005 berichtete Prof. Dr. L von der Hstiftung, keine Indikation zu einer erneuten operativen Intervention zu sehen, auch nicht zur Umstellungsosteotomie.

Die Beklagte stellte das Verletztengeld mit Bescheid vom 07. Oktober 2005 zum 11. Oktober 2005 ein. Im anschließenden Klage- und Berufungsverfahren L 3 U 78/12 wurde die Einstellung des Verletztengelds letztlich bestätigt. Die Beklagte gewährte der Klägerin im Anschluss an die Einstellung des Verletztengelds wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 25. Juli 1997 mit Bescheid vom 07. Juli 2006 ab dem 12. Oktober 2005 eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 30 vom Hundert (v.H.). Die Beklagte erkannte als Folgen des Arbeitsunfalls an: ausgeprägte Bewegungseinschränkung des Kniegelenks, Patellatiefstand bei kapsulärem Kontraktursyndrom, Hyperkompressionssyndrom des medialen Kompartiments des Kniegelenks, massive Muskelverschmächtigung des Oberschenkels, narbige Einziehungen am Knie und Beugekontraktur des Hüftgelenks nach Distorsionstrauma des linken Kniegelenks mit Innenmeniskushinterhornverletzung links. Wegen der der Rentengewährung zugrunde zu legenden MdE ist beim Senat ein weiteres Berufungsverfahren (L 3 U 265/09) anhängig.

Der Orthopäde Dr. Z erstellte für den Rentenversicherungsträger am 25. Januar 2007 aufgrund einer ambulanten Untersuchung der Klägerin am 16. Januar 2007 ein fachorthopädisches Gutachten, in welchem er u.a. festhielt, die Klägerin habe angegeben, sie würde sich regelmäßig in der häuslichen Umgebung auf dem Hosenboden bewegen und kurzstreckig mit zwei Unterarmgehstützen laufen. Ein barfüßiger Gang ohne Hilfsmittel sei praktisch nicht möglich. Bildhaft demonstriere die Klägerin, wie sie sich auf dem Gesäß rutschend fortbewege. Ein Gangbild im eigentlichen Sinne sei nicht festzustellen. Im Stehen, welches praktisch ausschließlich auf dem rechten Bein erfolge, zeige sich naturgemäß durch ein fixiert angebeugtes Kniegelenk ein unsicherer Stand mit unharmonischem Gefüge der Lendenwirbelsäule. Zehenspitzen- und Fersenstand seien rechts andeutungsweise möglich, wobei die Klägerin gehalten werden müsse. Sie demonstriere den beidfüßigen Stand, wobei dann eine deutlich nach vorn geneigte Haltung mit erheblicher Verwringung der Wirbelsäule und der Beckenstruktur eingenommen werde.

Zwischenzeitlich führte der Beratungsarzt der BfA L unter dem 07. Februar 2007 aus, man müsse von Wegeunfähigkeit aus orthopädischen Gründen ausgehen.

Dr. H hat in einem für die Beklagte erstellten sog. Zweiten Rentengutachten vom 20. März 2007 ausgeführt, die Klägerin sei mit einem Rollstuhl zur Untersuchung erschienen. Bei der stehenden Klägerin müssten zwei Gehstützen benutzt werden. Ohne Gehstützen werde ein Einbeinstand rechts demonstriert; das linke Bein erreiche den Boden nicht. Eine Prüfung des Gangbilds ohne Stützen sei nicht möglich. Mit Stützen wirke das Gangbild flüssig, wobei das linke Bein aufgrund der Streckhemmung in keiner Phase aufgesetzt werde.

Die Beklagte gewährte der Klägerin mit Bescheid vom 18. Juli 2007 für die Zeit ab dem 07. März 2002 eine Entschädigung für KWV wegen dauernden Gebrauchs zweier Gehstützen und für die Zeit vom 06. November 2001 bis zum 17. Dezember 2001 wegen des Gebrauchs einer PTS-Schiene. Entschädigung für KWV wegen des Gebrauchs eines Rollstuhls werde nicht erbracht, weil der Gebrauch eines Rollstuhls wegen der Unfallfolgen nicht erforderlich sei.

Die Klägerin erhob unter dem 31. Juli 2007 Widerspruch und führte u.a. zur Begründung aus, mit eingebautem Fixateur externe an der unteren Extremität sei eine belastungsfreie Fortbewegung an Stützen nur sehr eingeschränkt möglich gewesen. Da ihr seit Januar 2004 auch die komplette muskuläre Kniegelenkskontrolle fehle und ihre Armkraft für maximal 50 m reiche, sei seitdem die Indikation für eine Rollstuhlversorgung mehr als gegeben.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 14. Februar 2008 als unbegründet zurück.

Zwischenzeitlich führte der Orthopäde Dr. W am 01. November 2007 im sozialgerichtlichen Verfahren S 25 U 762/06 eine Begutachtung durch und erstattete unter dem 01. November 2007 ein schriftliches Sachverständigengutachten. Dr. W führte aus, dass der Klägerin ein gleichförmiges Stehen auf beiden Beinen nicht möglich sei. Mit zwei Unterarmgehstützen habe sich die - auch mit einem Rollstuhl zur Untersuchung erschienene - Klägerin beim Durchstrecken des linken Beines aufrichten können. Die Belastung des Beins sei nicht möglich gewesen. Im Rahmen der Untersuchung sei kurzfristig ein Stehen an zwei Unterarmgehstützen mit gestrecktem Fuß möglich gewesen, wobei der Vorfuß den Fußboden erreicht habe.

Die Klägerin hat ihr Begehren nach einer weitergehenden KWV-Entschädigung mit ihrer am 18. Februar 2008 zum Sozialgericht Berlin (SG) erhobenen Klage weiterverfolgt. Auch nach Entfernung des Fixateurs im April 2004 sei ihre Geh- und Stehfähigkeit letztlich aufgehoben gewesen. Sie hat auf ärztliche Rollstuhlverordnungen vom 29. August 2006 und 30. August 2007 (jeweils leihweise) und 01. Dezember 2008 verwiesen sowie eine Quittung über die Ausleihe eines Rollstuhls für einen Tag am 29. März 2007 vorgelegt. Das Gericht solle auch eine Grundsatzentscheidung treffen, welcher Kostenträger nun für alle unfallbedingten Leistungen aufzukommen habe. Im häuslichen Bereich rutsche sie mit einem Aktionsradius von wenigen Metern auf dem Hosenboden vorwärts. Vom Versorgungsamt sei sie bereits 2001 als erheblich gehbehindert eingestuft worden. Nach der Operation am 27. Januar 2004 sei sie bis zum 24. Februar 2004 vollstationär im Krankenhaus untergebracht gewesen. Dort habe sie den Stationsrollstuhl benutzt. Als sie am 24. Februar 2004 nach Hause entlassen worden sei, sei sie sich selbst überlassen worden. Eine zugesagte Anschlussrehabilitation habe nicht stattgefunden. Ein Rollstuhl sei teilweise privat organisiert und bezahlt worden. So habe sie von einer Schwester S von der Unfallchirurgie einen Leihrollstuhl bekommen. Später habe sie einen aus dem Pflegeheim ihres Opas erhalten.

Das SG hat das im Sozialrechtsstreit S 25 U 596/07 vom Orthopäden Dr. E unter dem 15. April 2008 erstellte Gutachten beigezogen. Dr. E führte darin aus, bei der Klägerin seien folgende Gesundheitsstörungen auf den Unfall vom 25. Juli 1997 zurückzuführen:
1. Hochgradige Bewegungseinschränkung linkes Kniegelenk
2. Infrapatellares Kontraktursyndrom linkes Kniegelenk mit Tiefertreten der Patella und verminderter Patellabeweglichkeit
3. Zustand nach Innenmeniskusentfernung, Knorpelschaden medialer Femurcondylus sowie retropatellar
4. Erhebliche Muskel- und Kraftminderung linkes Bein
5. Narbenbildung linkes Knie und Narbenbildung linke Leiste mit Sensibilitätsstörung
6. Leichte Streckhemmung linke Hüfte durch Schonhaltung bedingt
7. Unphysiologisches Gangbild, teilweise unter Benutzung eines Rollstuhles, teilweise mit Gehstützen
8. Außergewöhnliches chronisches Schmerzsyndrom mit der Notwendigkeit der Einnahme hochpotenter Schmerzmittel.

Man könne an der Klägerin eine Versteifungsoperation vornehmen. Dann wäre die Klägerin in ihrem Beruf als Physiotherapeutin mit leichter Behinderung voll einsatzfähig. Laut Dr. E war die Klägerin zur Begutachtung am 12. März 2008 mit einem Rollstuhl erschienen. Sie habe angegeben, sie müsse sich den Rollstuhl borgen. Ansonsten benutze sie zu Hause ein Skateboard oder zwei Unterarmgehstützen zur Fortbewegung in der Wohnung. Er stellte fest, dass das Gangbild barfuß 10 m möglich sei, wobei die linke Zehenspitze kaum belastet werde. Die mitgeführten Unterarmgehstützen seien mäßig abgenutzt. Er folgerte aus der von ihm festgestellten erheblichen Bewegungseinschränkung des linken Kniegelenks bei infrapatellarem Kontraktursyndrom mit Gefühlsstörungen im Verlauf des Nervus peroneus, dass Laufen nur unter Entlastung des linken Beins mit zwei Gehstützen sehr kurze Strecken möglich und die Klägerin auf die Benutzung von zwei Unterarmgehstützen oder auf einen Rollstuhl angewiesen sei. Die Notwendigkeit der Rollstuhlbenutzung bescheinigte Dr. E zudem unter dem 12. März 2008 gegenüber dem SG im Rahmen des Begutachtungsverfahrens zur Prüfung der Notwendigkeit einer Begleitperson.

Das SG hat die Klägerin u.a. mit Verfügung vom 12. Juli 2011 darauf hingewiesen, dass sich eine Rollstuhlbenutzung bzw. der entsprechende Zeitraum bislang nicht objektivieren lasse, und sie aufgefordert, eine Erklärung ihrer Krankenkasse vorzulegen, aus welcher hervorgehe, für welchen Zeitraum dort jeweils die Verordnung eines Rollstuhls abgerechnet wurde. Die Klägerin hat daraufhin u.a. eine Bescheinigung des Orthopäden Dr. M vom 03. April 2009 vorgelegt, wonach ein Rollstuhl erforderlich sei. Für den Rentenversicherungsträger dürfe sie keinen Rollstuhl über die gesetzliche Krankenversicherung besitzen, da sie damit sofort die Anspruchsvoraussetzungen ihrer Erwerbsminderungsrente (aufgehobene Wegefähigkeit) verliere.

Das SG hat, nachdem die Beklagte bezüglich der Entschädigung wegen eines KWV infolge Benutzung von Unterarmgehstützen und einer Orthese ein Teilanerkenntnis abgegeben hat, die zuletzt nur noch auf Gewährung einer Entschädigung wegen eines rollstuhlbenutzungsbedingten KWV gerichtete Klage mit Urteil vom 20. September 2011 abgewiesen. Es hat zur Begründung ausgeführt, dass die Klägerin den Nachweis eines rollstuhlbenutzungsbedingten KWV nicht erbracht habe. Zwar bestünden keine Zweifel daran, dass die Klägerin zeitweise einen Rollstuhl benutzt habe. Es lasse sich jedoch nicht objektivieren, in welchem Zeitraum die Klägerin mit einem Rollstuhl versorgt gewesen sei. Zwar habe die Klägerin im Laufe des Klageverfahrens Verordnungen für die Versorgung mit einem Rollstuhl, jedoch nicht eine Bestätigung ihrer Krankenkasse vorgelegt, für welchen Zeitraum dort eine Rollstuhlversorgung abgerechnet worden sei. Einen konkreten Nachweis, für welchen Zeitraum die Klägerin einen unter der Hand beschafften Rollstuhl besessen habe, gebe es ebenfalls nichts.

Die Klägerin hat gegen das ihr am 24. September 2011 zugestellte Urteil am 17. Oktober 2011 Berufung eingelegt. Nach der Operation vom 27. Januar 2004 seien alle Maßnahmen zur medizinischen Rehabilitation, der Hilfsmittelversorgung und eine Kostenübernahme durch die Beklagte für benötigte Folgeoperationen verweigert worden. Deshalb sei der Übergang von temporärer zu dauerhafter Rollstuhlnotwendigkeit fließend gewesen. Sie liege im häuslichen Bereich so flach, wie sie jeweils 2004 und 2005 mit aufgehobener Gehfähigkeit aus stationärer Behandlung entlassen worden sei. Nach über zehnjähriger ausschließlicher Fortbewegung an zwei Unterarmgehstützen vermeldeten ihre Armgelenke deutliche Überlastungsschäden. Der Befund einer Schulter sei derweil so schlecht, dass seit 2008 eine OP-Indikation gegeben sei. Unstreitig sei, dass sie funktionell einbeinig wenige Meter an Unterarmgehstützen vorwärts hopsen könne. Ihre eingeschränkte Armkraft reiche jetzt im Idealfall gerade noch, um die ganzen Treppen von der Wohnung (Altbau ohne Aufzugsanlage) und die Gehstrecke über Hof und Vorderhaus bis zur Haustür zu bewältigen. Spätestens dort sei ihre Gehleistung erschöpft und ein Umstieg auf einen Rollstuhl obligat, wenn sie nicht ein Chauffeur direkt ins Auto verfrachte. Eine angemessene Mobilisation sei in ihrem Fall nur mit einem Aktivrollstuhl zu bewirken. Das SG habe es versäumt, auch darüber zu entscheiden, welcher Kostenträger für die Beschaffung und Reparatur ihrer orthopädischen Hilfsmittel (Orthesen und Rollstuhl) aufzukommen habe. Der hier verfahrensgegenständliche Bescheid umfasse explizit auch die Ablehnung aller orthopädisch-technischen Hilfsmittel. Dies sei ihr mit Schreiben der Beklagten vom 21. Oktober 2011 bestätigt worden. Davon abgesehen erfülle sie mit der Verordnung der Rollstuhlnotwendigkeit vom 29. August 2006, 30. August 2007 und 01. Dezember 2008 die gesetzlichen Voraussetzungen für die Gewährung eines KWV. Dabei sei es unerheblich, wie häufig dieser genutzt werde. Es sei ihr neu, dass für orthopädische Krankenfahrstühle ein Nutzungsnachweis oder Fahrtenbuch geführt werden müsse. Schon weil ihre Wohnung nur mit einer Innentoilette, jedoch nicht mit einer Dusche oder Badewanne ausgestattet sei, müsse sie zur regelmäßigen Haar- und Körperpflege die Wohnung verlassen. Hierfür gebe es ausreichend Zeugen, welche ihren Transport sicherstellten. Der Rollstuhl werde also kontinuierlich genutzt. Hierdurch würde ihre Oberbekleidung erheblich verschlissen und verschmutzt. Zur Untermauerung ihres Vorbringens legt die Klägerin u.a. ein Schreiben der Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie vom 19. September 2007 vor, wonach sich bei der Klägerin eine fast aufgehobene Gehfähigkeit zeige, welche an Unterarmgehstützen mobil sei. Dies sei mit größter Wahrscheinlichkeit auf die fortbestehende Immobilität der Klägerin zurückzuführen. Sie legt ferner ärztliche Rollstuhlverordnungen vom 07. November 2011 und - anonymisiert - vom 02. Dezember 2012 vor.

Zwischenzeitlich setzte die Beklagte das Teilanerkenntnis mit Bescheid vom 30. September 2011 um.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 20. September 2011 aufzuheben sowie den Bescheid der Beklagten vom 18. Juli 2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 14. Februar 2008 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, ihr eine Entschädigung wegen rollstuhlbenutzungsbedingten Kleider- und Wäscheverschleißes ab dem 27. Januar 2004 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Der Berichterstatter hat der Klägerin mit Verfügung vom 15. Mai 2012 Gelegenheit gegeben vorzutragen, in welchen konkreten Zeiträumen ab dem 27. Januar 2004 sie einen Rollstuhl tatsächlich regelmäßig benutzte, und die Person zu benennen, welche ihr ihren eigenen Aktivrollstuhl zur Verfügung stellte. Daraufhin hat die Klägerin das Schreiben der Zeugin S D aus U vom 06. Juni 2012 vorgelegt, demzufolge sie der Klägerin einen Aktivrollstuhl zur Verfügung gestellt habe. Die Zeugin D hat auf die Verfügung des Berichterstatters vom 11. Juni 2012 ihre Angaben mit Schreiben vom 03. Juli 2012 dahingehend ergänzt, dass sie den Aktivrollstuhl der Klägerin ab November 2007 bis auf weiteres überlassen habe. Es handele sich um einen faltbaren Aktivrollstuhl (Easy max.) der Firma Sopur.

Die Beklagte hat sich hierzu dahingehend verhalten, dass die Zeugin D schon aufgrund der räumlichen Entfernung nicht bekunden könne, eine Rollstuhlnutzung zu bestätigen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten und beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten sowie auf die aus den Rentenakten gefertigten Auszüge verwiesen und inhaltlich Bezug genommen, ferner auf die Gerichtsakten L 3 U 265/09.

Rechtsweg:

SG Berlin Urteil vom 20.09.2011 - S 68 U 207/08

Quelle:

Sozialgerichtsbarkeit BRD

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist im aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Das SG hat die auf Gewährung einer Entschädigung wegen rollstuhlbenutzungsbedingten KWV zu Unrecht vollständig abgewiesen. Insofern ist der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 18. Juli 2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 14. Februar 2008 rechtlich zu beanstanden. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Gewährung einer Entschädigung eines rollstuhlbenutzungsbedingten KWV ab Dezember 2007.

Zulässiger Streitgegenstand ist nach §§ 123, 157, 95 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) der von der Klägerin mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage gemäß § 54 Abs. 1 und 4 SGG verfolgte Anspruch auf Gewährung einer Entschädigung wegen des rollstuhlbenutzungsbedingten KWV. Soweit die Klägerin zwischenzeitlich der Auffassung gewesen ist, dass vorliegend auch die Verpflichtung bzw. Verurteilung der Beklagten zu ihrer Versorgung mit einem (Aktiv-) Rollstuhl zulässiger Gegenstand des Klage- und Berufungsverfahrens sei, trifft dies nicht zu. Eine Regelung i.S.v. § 31 S. 1 des Zehnten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB X) hierzu enthält der hierfür maßgebliche Bescheid der Beklagten nicht. Unter Zugrundelegung eines verobjektivierten Empfängerhorizonts verhält sich der Bescheid lediglich dazu, ob und gegebenenfalls inwieweit der Klägerin eine Entschädigung wegen KWV zusteht. Soweit in der Begründung des Bescheids eine Rollstuhlversorgung für nicht erforderlich gehalten wird, führt dies erkennbar noch nicht zu einer von entsprechendem rechtlichen Bindungs- und Gestaltungswillen getragenen Ablehnung einer Rollstuhlversorgung.

Die Voraussetzungen der für die Gewährung einer Entschädigung wegen rollstuhlbenutzungsbedingten KWV allein in Betracht zu ziehenden Anspruchsgrundlage aus § 31 Abs. 2 S. 1 des Siebten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB VII) i.V.m. § 7 der Verordnung über die orthopädische Versorgung Unfallverletzter (OrthVersorgUVV) i.V.m. § 15 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) i.V.m. § 1 Nr. 19 der Verordnung zur Durchführung des § 15 (DVBVG) sind für die Zeit ab Dezember 2007 erfüllt.

Nach § 31 Abs. 2 S. 1 SGB VII ist die Bundesregierung ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates u.a. die Ausstattung mit orthopädischen Hilfsmitteln zu regeln und bei bestimmten Gesundheitsschäden eine Entschädigung für KWV vorzuschreiben. Aufgrund dieser Verordnungsermächtigung ist in § 7 OrthVersorgUVV bestimmt, dass für die Voraussetzungen und Höhe der Entschädigung für KWV die Vorschriften des § 15 BVG und der Verordnung zur Durchführung des § 15 BVG in der jeweils geltenden Fassung entsprechend gelten. § 15 BVG bestimmt in der aktuellen, ab dem 01. Juli 2013 geltenden Fassung, dass, wenn die anerkannten Folgen der Schädigung außergewöhnlichen KWV verursachen, die dadurch entstehenden Kosten mit einem monatlichen Pauschbetrag von 19 bis 124 EUR zu ersetzen sind (Satz 1). Der Pauschbetrag ergibt sich aus der Multiplikation von 1,907 EUR mit der aufgrund einer Rechtsverordnung nach § 24a lit. d BVG, dies ist die DVBVG, für den jeweiligen Verschleißtatbestand festgesetzten Bewertungszahl (Satz 2), wobei die sich ergebenden Beträge bis 0,49 EUR auf volle EUR abzurunden und von 0,50 EUR an auf volle EUR aufzurunden sind (Satz 3) und, soweit in besonderen Fällen die tatsächlichen Aufwendungen die höchste Stufe des Pauschbetrags übersteigen, diese erstattungsfähig sind (Satz 4). Der Pauschbetragsrahmen und der Faktor werden gemäß § 56 Abs. 1 und 2 BVG jeweils entsprechend dem Vomhundertsatz angepasst, um den sich die Renten der gesetzlichen Rentenversicherung verändern. Dementsprechend hat der Gesetzgeber den Pauschbetrag bis hin zur aktuellen Fassung im Laufe der Zeit wiederholt nach oben geändert (vom 01. Juli 2007 bis zum 30. Juni 2008 Pauschbetragsrahmen von 18 bis 116 EUR und Faktor 1,780, vom 01. Juli 2008 bis zum 30. Juni 2009 Pauschbetragsrahmen von 18 bis 117 EUR und Faktor 1,800, vom 01. Juli 2009 bis zum 30. Juni 2011 Pauschbetragsrahmen von 18 bis 120 EUR und Faktor 1,843, vom 01. Juli 2011 bis zum 30. Juni 2012 Pauschbetragsrahmen von 19 bis 121 EUR und Faktor 1,861 und vom 01. Juli 2012 bis zum 30. Juni 2013 Pauschbetragsrahmen von 19 bis 124 EUR und Faktor 1,902). In § 1 Nr. 19 DVBVG ist bestimmt, dass der durch die anerkannten Folgen der Schädigung verursachte außergewöhnliche KWV für die Bemessung des Pauschbetrags nach § 15 BVG für Beschädigte, die ein handbetriebenes Krankenfahrzeug für den Straßengebrauch erhalten haben, mit der Bewertungszahl 19 bewertet wird.

Hiervon ausgehend erachtet es der Senat nach dem unmissverständlichen Wortlaut der hier zugrunde zu legenden Vorschriften (§ 15 S. 1 BVG: "Verursachen die anerkannten Folgen der Schädigung außergewöhnlichen KWV"; § 1 Nr. 19 DVBVG: "Beschädigte, die ein handbetriebenes Krankenfahrzeug für den Straßengebrauch erhalten haben") für den von der Klägerin geltend gemachten Anspruch als maßgeblich und ausreichend, dass sie an bestimmten anerkannten Unfallfolgen leidet, derentwegen sie einen Rollstuhl zum Straßengebrauch besitzt.

Soweit § 15 S. 1 BVG auf die anerkannten Folgen der Schädigung abstellt, sind dies die anerkannten Gesundheitsstörungen. Dies ergibt sich aus einem systematischen Vergleich mit § 10 Abs. 1 S. 1 BVG, wonach Heilbehandlung Beschädigten für Gesundheitsstörungen gewährt wird, die als Folge einer Schädigung anerkannt oder durch eine anerkannte Schädigungsfolge verursacht worden sind, um die Gesundheitsstörungen oder die durch sie bewirkte Beeinträchtigung der Berufs- oder Erwerbsfähigkeit zu beseitigen oder zu verbessern etc. Eben hieraus folgt zunächst für § 10 Abs. 1 S. 1 BVG, dass Anfangsglied der Kausalkette (hier der haftungsausfüllenden Kausalität) die Gesundheitsstörung und das Endglied ein Zustand ist, der eine bestimmte Heilbehandlungsmaßnahme erforderlich macht (so etwa Rohr/ Sträßer/ Dahn, Bundesversorgungsgesetz - Kommentar, 100. Lieferung, Stand Juli 2013, § 10 Anm. 6). Soweit § 15 S. 1 BVG eine Kausalität ("Verursachen") zwischen anerkannten Folgen der Schädigung und außergewöhnlichem KWV für eine Entschädigung entsprechender Kosten verlangt, ist dementsprechend die Gesundheitsstörung das Anfangsglied der Kette und der KWV das Endglied (vgl. zur Entsprechung der Kausalitätserwägungen zwischen § 10 und § 15 BVG Rohr et al., a.a.O., Erläuterung zu § 15).

Dies zugrunde gelegt ist der Senat gemäß § 128 Abs. 1 S. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) überzeugt, dass die tatsächlichen Voraussetzungen für die Entschädigung eines KWV im Fall der Klägerin spätestens ab Dezember 2007 vorliegen. Es steht für den Senat ab diesem Zeitpunkt außer Frage, dass der bei der Klägerin bestehende rollstuhlbenutzungsbedingte KWV Folge der bei ihr anerkannten Unfallfolgen ist.

Zunächst liegen Gesundheitsstörungen als anerkannten Folgen der Schädigung vor, welche zur Benutzung eines Rollstuhls führten. Die Beklagte selbst stellte mit Bescheid vom 07. Juli 2006 "ausgeprägte Bewegungseinschränkung des Kniegelenks, Patellatiefstand bei kapsulärem Kontraktursyndrom, Hyperkompressionssyndrom des medialen Kompartiments des Kniegelenks, massive Muskelverschmächtigung des Oberschenkels, narbige Einziehungen am Knie und Beugekontraktur des Hüftgelenks nach Distorsionstrauma des linken Kniegelenks mit Innenmeniskushinterhornverletzung links" als Unfallfolgen bindend fest.

Aus diesen Unfallfolgen lässt sich unschwer auf die Erforderlichkeit orthopädischer Hilfsmittel zur Ermöglichung der Fortbewegung schließen. Bereits der Orthopäde Dr. Z erstellte für den Rentenversicherungsträger am 25. Januar 2007 aufgrund einer ambulanten Untersuchung der Klägerin am 16. Januar 2007 ein fachorthopädisches Gutachten, in welchem er u.a. festhielt, dass die Klägerin angab, dass sie sich regelmäßig in der häuslichen Umgebung auf dem Hosenboden bewegt und kurzstreckig mit zwei Unterarmgehstützen läuft. Einen barfüßigen Gang ohne Hilfsmittel schloss Dr. Z in seinem Gutachten praktisch aus und konnte ein Gangbild im eigentlichen Sinne nicht mehr feststellen. Im Stehen, welches praktisch ausschließlich auf dem rechten Bein erfolgte, zeigte sich Dr. Z naturgemäß durch ein fixiert angebeugtes Kniegelenk ein unsicherer Stand mit unharmonischem Gefüge der Lendenwirbelsäule. Die Klägerin demonstrierte den beidfüßigen Stand, wobei dann eine deutlich nach vorn geneigte Haltung mit erheblicher Verwringung der Wirbelsäule und der Beckenstruktur eingenommen wurde. Zwischenzeitlich führte der Beratungsarzt der BfA L unter dem 07. Februar 2007 aus, dass man von der Wegeunfähigkeit aus orthopädischen Gründen ausgehen muss. Dr. H hat in einem für die Beklagte erstellten sog. Zweiten Rentengutachten vom 20. März 2007 ebenfalls ausgeführt, dass die Klägerin mit einem Rollstuhl zur Untersuchung erschien und beim Stehen zwei Gehstützen benutzen musste. Dr. H beschrieb, dass eine Prüfung des Gangbilds ohne Stützen nicht möglich war und mit Stützen das Gangbild flüssig wirkte, wobei das linke Bein aufgrund der Streckhemmung in keiner Phase aufgesetzt werde.

Schließlich führte etwa auch Dr. E in einem im Sozialrechtsstreit S 25 U 596/07 unter dem 15. April 2008 erstellten Gutachten aus, dass die Klägerin zur Begutachtung am 12. März 2008 mit einem Rollstuhl erschien, welchen sie sich ihren Angaben zufolge geborgt hatte. Nachvollziehbar schilderte die Klägerin Dr. E, dass sie ansonsten zu Hause ein Skateboard oder zwei Unterarmgehstützen zur Fortbewegung in der Wohnung nutzte. Dr. E bestätigte im Wesentlichen die im Bescheid der Beklagten vom 07. Juli 2006 festgestellten Unfallfolgen und stellte fest, dass das Gangbild barfuß 10 m möglich war und die mitgeführten Unterarmgehstützen mäßig abgenutzt waren. Dr. E bezeichnete als Unfallfolge ein unphysiologisches Gangbild, teilweise unter Benutzung eines Rollstuhls, teilweise mit Gehstützen. Er folgerte aus der von ihm festgestellten erheblichen Bewegungseinschränkung des linken Kniegelenks bei infrapatellarem Kontraktursyndrom mit Gefühlsstörungen im Verlauf des Nervus peroneus nachvollziehbar, dass Laufen nur unter Entlastung des linken Beins mit zwei Gehstützen sehr kurze Strecken möglich ist. Die Notwendigkeit der Rollstuhlbenutzung bescheinigte Dr. E zudem unter dem 12. März 2008 ausdrücklich gegenüber dem SG im Rahmen des Begutachtungsverfahrens.

Vor diesem Hintergrund hat der Senat auch keine Zweifel, dass die Klägerin sich im November 2007 definitiv einen Rollstuhl von der Zeugin D verschaffte, wie diese es zuletzt mit an den Senat gerichtetem Schreiben vom 03. Juli 2012 bestätigt hat, ohne dass sich Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit der Angaben oder eine fehlende Glaubwürdigkeit der Zeugin dartun.

Soweit hiernach davon auszugehen ist, dass die Klägerin im November 2007 für den dauernden Gebrauch einen Rollstuhl erhielt, hat der Senat beim von der Beklagten festgestellten und etwa durch Dr. E bestätigten Gesundheitszustand der Klägerin auch keine vernünftigen Zweifel, dass sie zumindest ab Dezember 2007 fortwährend ihren Rollstuhl außerhalb ihrer Wohnung, also im Straßengebrauch benutzt. Dies findet u.a. auch in den von der Klägerin vorgelegten ärztlichen Rollstuhlverordnungen vom 01. Dezember 2008, 07. November 2011 und 06. Dezember 2012 Bestätigung.

Für die Zeiten vor Dezember 2007 erscheint eine unfallbedingte Rollstuhlbenutzung demgegenüber nicht im Vollbeweis gesichert. Zwar liegen Rollstuhlverordnungen vor, und zwar von der Orthopädischen Poliklinik vom 29. August 2006 sowie von Dr. L und Dr. M jeweils vom 30. August 2007. Jedoch decken die vereinzelt bleibenden Verordnungen den Zeitraum zurück bis Frühjahr 2004 nur ungenügend ab. Ferner hat die Klägerin trotz mehrfacher Hinweise im ausgangsgerichtlichen und Berufungsverfahren keinerlei Beweis dafür angetreten, in welchen Zeiträumen vor Dezember 2007 sie nun tatsächlich einen Rollstuhl benutzte, sondern immer wieder nur argumentiert, dass ihr für diese Zeit ein Rollstuhl zugestanden habe. Insbesondere hat sie für diese Zeit - anders als nach November 2007 - nicht den dauerhaften Besitz eines Rollstuhls nachgewiesen. Hieran ändert auch der Umstand nichts, dass die Klägerin - wie gezeigt - auch in der Zeit vor Dezember 2007 zu Begutachtungen wiederholt mit einem Rollstuhl erschien, zumal sie etwa zur Begutachtung bei Dr. M am 16. August 2005 lediglich mit einem Paar französischer Unterarmgehstützen erschienen war und selbst bezüglich der Zeit nach der Operation im Januar 2004 auch nur von einem fließenden Übergang von der temporären zur dauernden Rollstuhlnotwendigkeit berichtet.

Soweit die Klägerin infolge der operativen Einbringung eines Fixateur externe im Januar 2004 während ihrer stationären Krankenhausunterbringung unzweifelhaft auf einen Rollstuhl angewiesen war, erfüllt dies bereits von vornherein nicht das in § 1 Nr. 19 DVBVG enthaltene Merkmal "für den Straßengebrauch".

Angesichts des eingeschränkten Berufungsgegenstands muss der Senat nicht darüber befinden, inwieweit sich die Bewertungszahl etwa für den dauernden Gebrauch von zwei Krücken (vgl. § 1 Nr. 16 DVBVG) durch das Zusammentreffen mit dem Tatbestand nach § 1 Nr. 19 DVBVG ändert. Dies wird die Beklagte in Umsetzung dieses (Grund-) Urteils zu berücksichtigen haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ausgang des Verfahrens in der Sache selbst.

Die Revision wird mangels Zulassungsgrunds nach § 160 Abs. 2 SGG nicht zugelassen.

Referenznummer:

R/R6276


Informationsstand: 14.08.2014

BEARBEITE MICH
BMJV: SGB VII
SGB VII beim Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz