Die zulässige Berufung ist im aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Das SG hat die auf Gewährung einer Entschädigung wegen rollstuhlbenutzungsbedingten KWV zu Unrecht vollständig abgewiesen. Insofern ist der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 18. Juli 2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 14. Februar 2008 rechtlich zu beanstanden. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Gewährung einer Entschädigung eines rollstuhlbenutzungsbedingten KWV ab Dezember 2007.
Zulässiger Streitgegenstand ist nach §§ 123, 157, 95 des Sozialgerichtsgesetzes (
SGG) der von der Klägerin mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage gemäß § 54
Abs. 1 und 4
SGG verfolgte Anspruch auf Gewährung einer Entschädigung wegen des rollstuhlbenutzungsbedingten KWV. Soweit die Klägerin zwischenzeitlich der Auffassung gewesen ist, dass vorliegend auch die Verpflichtung
bzw. Verurteilung der Beklagten zu ihrer Versorgung mit einem (Aktiv-) Rollstuhl zulässiger Gegenstand des Klage- und Berufungsverfahrens sei, trifft dies nicht zu. Eine Regelung
i.S.v. § 31
S. 1 des Zehnten Buchs des Sozialgesetzbuchs (
SGB X) hierzu enthält der hierfür maßgebliche Bescheid der Beklagten nicht. Unter Zugrundelegung eines verobjektivierten Empfängerhorizonts verhält sich der Bescheid lediglich dazu, ob und gegebenenfalls inwieweit der Klägerin eine Entschädigung wegen KWV zusteht. Soweit in der Begründung des Bescheids eine Rollstuhlversorgung für nicht erforderlich gehalten wird, führt dies erkennbar noch nicht zu einer von entsprechendem rechtlichen Bindungs- und Gestaltungswillen getragenen Ablehnung einer Rollstuhlversorgung.
Die Voraussetzungen der für die Gewährung einer Entschädigung wegen rollstuhlbenutzungsbedingten KWV allein in Betracht zu ziehenden Anspruchsgrundlage aus § 31
Abs. 2
S. 1 des Siebten Buchs des Sozialgesetzbuchs (
SGB VII)
i.V.m. § 7 der Verordnung über die orthopädische Versorgung Unfallverletzter (OrthVersorgUVV)
i.V.m. § 15 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG)
i.V.m. § 1
Nr. 19 der Verordnung zur Durchführung des § 15 (DVBVG) sind für die Zeit ab Dezember 2007 erfüllt.
Nach § 31
Abs. 2
S. 1
SGB VII ist die Bundesregierung ermächtigt, durch
Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates u.a. die Ausstattung mit orthopädischen Hilfsmitteln zu regeln und bei bestimmten Gesundheitsschäden eine Entschädigung für KWV vorzuschreiben. Aufgrund dieser Verordnungsermächtigung ist in § 7 OrthVersorgUVV bestimmt, dass für die Voraussetzungen und Höhe der Entschädigung für KWV die Vorschriften des § 15 BVG und der Verordnung zur Durchführung des § 15 BVG in der jeweils geltenden Fassung entsprechend gelten. § 15 BVG bestimmt in der aktuellen, ab dem 01. Juli 2013 geltenden Fassung, dass, wenn die anerkannten Folgen der Schädigung außergewöhnlichen KWV verursachen, die dadurch entstehenden Kosten mit einem monatlichen Pauschbetrag von 19 bis 124
EUR zu ersetzen sind (Satz 1). Der Pauschbetrag ergibt sich aus der Multiplikation von 1,907
EUR mit der aufgrund einer
Rechtsverordnung nach § 24a lit. d BVG, dies ist die DVBVG, für den jeweiligen Verschleißtatbestand festgesetzten Bewertungszahl (Satz 2), wobei die sich ergebenden Beträge bis 0,49
EUR auf volle
EUR abzurunden und von 0,50
EUR an auf volle
EUR aufzurunden sind (Satz 3) und, soweit in besonderen Fällen die tatsächlichen Aufwendungen die höchste Stufe des Pauschbetrags übersteigen, diese erstattungsfähig sind (Satz 4). Der Pauschbetragsrahmen und der Faktor werden gemäß § 56
Abs. 1 und 2 BVG jeweils entsprechend dem Vomhundertsatz angepasst, um den sich die Renten der gesetzlichen Rentenversicherung verändern. Dementsprechend hat der Gesetzgeber den Pauschbetrag bis hin zur aktuellen Fassung im Laufe der Zeit wiederholt nach oben geändert (vom 01. Juli 2007 bis zum 30. Juni 2008 Pauschbetragsrahmen von 18 bis 116
EUR und Faktor 1,780, vom 01. Juli 2008 bis zum 30. Juni 2009 Pauschbetragsrahmen von 18 bis 117
EUR und Faktor 1,800, vom 01. Juli 2009 bis zum 30. Juni 2011 Pauschbetragsrahmen von 18 bis 120
EUR und Faktor 1,843, vom 01. Juli 2011 bis zum 30. Juni 2012 Pauschbetragsrahmen von 19 bis 121
EUR und Faktor 1,861 und vom 01. Juli 2012 bis zum 30. Juni 2013 Pauschbetragsrahmen von 19 bis 124
EUR und Faktor 1,902). In § 1
Nr. 19 DVBVG ist bestimmt, dass der durch die anerkannten Folgen der Schädigung verursachte außergewöhnliche KWV für die Bemessung des Pauschbetrags nach § 15 BVG für Beschädigte, die ein handbetriebenes Krankenfahrzeug für den Straßengebrauch erhalten haben, mit der Bewertungszahl 19 bewertet wird.
Hiervon ausgehend erachtet es der Senat nach dem unmissverständlichen Wortlaut der hier zugrunde zu legenden Vorschriften (§ 15
S. 1 BVG: "Verursachen die anerkannten Folgen der Schädigung außergewöhnlichen KWV"; § 1
Nr. 19 DVBVG: "Beschädigte, die ein handbetriebenes Krankenfahrzeug für den Straßengebrauch erhalten haben") für den von der Klägerin geltend gemachten Anspruch als maßgeblich und ausreichend, dass sie an bestimmten anerkannten Unfallfolgen leidet, derentwegen sie einen Rollstuhl zum Straßengebrauch besitzt.
Soweit § 15
S. 1 BVG auf die anerkannten Folgen der Schädigung abstellt, sind dies die anerkannten Gesundheitsstörungen. Dies ergibt sich aus einem systematischen Vergleich mit § 10
Abs. 1
S. 1 BVG, wonach Heilbehandlung Beschädigten für Gesundheitsstörungen gewährt wird, die als Folge einer Schädigung anerkannt oder durch eine anerkannte Schädigungsfolge verursacht worden sind, um die Gesundheitsstörungen oder die durch sie bewirkte Beeinträchtigung der Berufs- oder Erwerbsfähigkeit zu beseitigen oder zu verbessern
etc. Eben hieraus folgt zunächst für § 10
Abs. 1
S. 1 BVG, dass Anfangsglied der Kausalkette (hier der haftungsausfüllenden Kausalität) die Gesundheitsstörung und das Endglied ein Zustand ist, der eine bestimmte Heilbehandlungsmaßnahme erforderlich macht (so etwa Rohr/ Sträßer/ Dahn, Bundesversorgungsgesetz - Kommentar, 100. Lieferung, Stand Juli 2013, § 10
Anm. 6). Soweit § 15
S. 1 BVG eine Kausalität ("Verursachen") zwischen anerkannten Folgen der Schädigung und außergewöhnlichem KWV für eine Entschädigung entsprechender Kosten verlangt, ist dementsprechend die Gesundheitsstörung das Anfangsglied der Kette und der KWV das Endglied (
vgl. zur Entsprechung der Kausalitätserwägungen zwischen § 10 und § 15 BVG Rohr
et al., a.a.O., Erläuterung zu § 15).
Dies zugrunde gelegt ist der Senat gemäß § 128
Abs. 1
S. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (
SGG) überzeugt, dass die tatsächlichen Voraussetzungen für die Entschädigung eines KWV im Fall der Klägerin spätestens ab Dezember 2007 vorliegen. Es steht für den Senat ab diesem Zeitpunkt außer Frage, dass der bei der Klägerin bestehende rollstuhlbenutzungsbedingte KWV Folge der bei ihr anerkannten Unfallfolgen ist.
Zunächst liegen Gesundheitsstörungen als anerkannten Folgen der Schädigung vor, welche zur Benutzung eines Rollstuhls führten. Die Beklagte selbst stellte mit Bescheid vom 07. Juli 2006 "ausgeprägte Bewegungseinschränkung des Kniegelenks, Patellatiefstand bei kapsulärem Kontraktursyndrom, Hyperkompressionssyndrom des medialen Kompartiments des Kniegelenks, massive Muskelverschmächtigung des Oberschenkels, narbige Einziehungen am Knie und Beugekontraktur des Hüftgelenks nach Distorsionstrauma des linken Kniegelenks mit Innenmeniskushinterhornverletzung links" als Unfallfolgen bindend fest.
Aus diesen Unfallfolgen lässt sich unschwer auf die Erforderlichkeit orthopädischer Hilfsmittel zur Ermöglichung der Fortbewegung schließen. Bereits der Orthopäde
Dr. Z erstellte für den Rentenversicherungsträger am 25. Januar 2007 aufgrund einer ambulanten Untersuchung der Klägerin am 16. Januar 2007 ein fachorthopädisches Gutachten, in welchem er u.a. festhielt, dass die Klägerin angab, dass sie sich regelmäßig in der häuslichen Umgebung auf dem Hosenboden bewegt und kurzstreckig mit zwei Unterarmgehstützen läuft. Einen barfüßigen Gang ohne Hilfsmittel schloss
Dr. Z in seinem Gutachten praktisch aus und konnte ein Gangbild im eigentlichen Sinne nicht mehr feststellen. Im Stehen, welches praktisch ausschließlich auf dem rechten Bein erfolgte, zeigte sich
Dr. Z naturgemäß durch ein fixiert angebeugtes Kniegelenk ein unsicherer Stand mit unharmonischem Gefüge der Lendenwirbelsäule. Die Klägerin demonstrierte den beidfüßigen Stand, wobei dann eine deutlich nach vorn geneigte Haltung mit erheblicher Verwringung der Wirbelsäule und der Beckenstruktur eingenommen wurde. Zwischenzeitlich führte der Beratungsarzt der BfA L unter dem 07. Februar 2007 aus, dass man von der Wegeunfähigkeit aus orthopädischen Gründen ausgehen muss.
Dr. H hat in einem für die Beklagte erstellten sog. Zweiten Rentengutachten vom 20. März 2007 ebenfalls ausgeführt, dass die Klägerin mit einem Rollstuhl zur Untersuchung erschien und beim Stehen zwei Gehstützen benutzen musste.
Dr. H beschrieb, dass eine Prüfung des Gangbilds ohne Stützen nicht möglich war und mit Stützen das Gangbild flüssig wirkte, wobei das linke Bein aufgrund der Streckhemmung in keiner Phase aufgesetzt werde.
Schließlich führte etwa auch
Dr. E in einem im Sozialrechtsstreit S 25 U 596/07 unter dem 15. April 2008 erstellten Gutachten aus, dass die Klägerin zur Begutachtung am 12. März 2008 mit einem Rollstuhl erschien, welchen sie sich ihren Angaben zufolge geborgt hatte. Nachvollziehbar schilderte die Klägerin
Dr. E, dass sie ansonsten zu Hause ein Skateboard oder zwei Unterarmgehstützen zur Fortbewegung in der Wohnung nutzte.
Dr. E bestätigte im Wesentlichen die im Bescheid der Beklagten vom 07. Juli 2006 festgestellten Unfallfolgen und stellte fest, dass das Gangbild barfuß 10 m möglich war und die mitgeführten Unterarmgehstützen mäßig abgenutzt waren.
Dr. E bezeichnete als Unfallfolge ein unphysiologisches Gangbild, teilweise unter Benutzung eines Rollstuhls, teilweise mit Gehstützen. Er folgerte aus der von ihm festgestellten erheblichen Bewegungseinschränkung des linken Kniegelenks bei infrapatellarem Kontraktursyndrom mit Gefühlsstörungen im Verlauf des Nervus peroneus nachvollziehbar, dass Laufen nur unter Entlastung des linken Beins mit zwei Gehstützen sehr kurze Strecken möglich ist. Die Notwendigkeit der Rollstuhlbenutzung bescheinigte
Dr. E zudem unter dem 12. März 2008 ausdrücklich gegenüber dem SG im Rahmen des Begutachtungsverfahrens.
Vor diesem Hintergrund hat der Senat auch keine Zweifel, dass die Klägerin sich im November 2007 definitiv einen Rollstuhl von der Zeugin D verschaffte, wie diese es zuletzt mit an den Senat gerichtetem Schreiben vom 03. Juli 2012 bestätigt hat, ohne dass sich Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit der Angaben oder eine fehlende Glaubwürdigkeit der Zeugin dartun.
Soweit hiernach davon auszugehen ist, dass die Klägerin im November 2007 für den dauernden Gebrauch einen Rollstuhl erhielt, hat der Senat beim von der Beklagten festgestellten und etwa durch
Dr. E bestätigten Gesundheitszustand der Klägerin auch keine vernünftigen Zweifel, dass sie zumindest ab Dezember 2007 fortwährend ihren Rollstuhl außerhalb ihrer Wohnung, also im Straßengebrauch benutzt. Dies findet u.a. auch in den von der Klägerin vorgelegten ärztlichen Rollstuhlverordnungen vom 01. Dezember 2008, 07. November 2011 und 06. Dezember 2012 Bestätigung.
Für die Zeiten vor Dezember 2007 erscheint eine unfallbedingte Rollstuhlbenutzung demgegenüber nicht im Vollbeweis gesichert. Zwar liegen Rollstuhlverordnungen vor, und zwar von der Orthopädischen Poliklinik vom 29. August 2006 sowie von
Dr. L und
Dr. M jeweils vom 30. August 2007. Jedoch decken die vereinzelt bleibenden Verordnungen den Zeitraum zurück bis Frühjahr 2004 nur ungenügend ab. Ferner hat die Klägerin trotz mehrfacher Hinweise im ausgangsgerichtlichen und Berufungsverfahren keinerlei Beweis dafür angetreten, in welchen Zeiträumen vor Dezember 2007 sie nun tatsächlich einen Rollstuhl benutzte, sondern immer wieder nur argumentiert, dass ihr für diese Zeit ein Rollstuhl zugestanden habe. Insbesondere hat sie für diese Zeit - anders als nach November 2007 - nicht den dauerhaften Besitz eines Rollstuhls nachgewiesen. Hieran ändert auch der Umstand nichts, dass die Klägerin - wie gezeigt - auch in der Zeit vor Dezember 2007 zu Begutachtungen wiederholt mit einem Rollstuhl erschien, zumal sie etwa zur Begutachtung bei
Dr. M am 16. August 2005 lediglich mit einem Paar französischer Unterarmgehstützen erschienen war und selbst bezüglich der Zeit nach der Operation im Januar 2004 auch nur von einem fließenden Übergang von der temporären zur dauernden Rollstuhlnotwendigkeit berichtet.
Soweit die Klägerin infolge der operativen Einbringung eines Fixateur externe im Januar 2004 während ihrer stationären Krankenhausunterbringung unzweifelhaft auf einen Rollstuhl angewiesen war, erfüllt dies bereits von vornherein nicht das in § 1
Nr. 19 DVBVG enthaltene Merkmal "für den Straßengebrauch".
Angesichts des eingeschränkten Berufungsgegenstands muss der Senat nicht darüber befinden, inwieweit sich die Bewertungszahl etwa für den dauernden Gebrauch von zwei Krücken (
vgl. § 1
Nr. 16 DVBVG) durch das Zusammentreffen mit dem Tatbestand nach § 1
Nr. 19 DVBVG ändert. Dies wird die Beklagte in Umsetzung dieses (Grund-) Urteils zu berücksichtigen haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193
SGG und folgt dem Ausgang des Verfahrens in der Sache selbst.
Die Revision wird mangels Zulassungsgrunds nach § 160
Abs. 2
SGG nicht zugelassen.