Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist zulässig, aber unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Versorgung mit einem Fahrrad mit Hilfsmotor in Form eines selbstfahrenden Leichtmofas.
Die Sachleistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung für die Versorgung ihrer Versicherten mit Hilfsmitteln bestimmt sich nach
§ 33 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V). Versicherte haben nach § 33
Abs. 1
SGB V Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach
§ 34 SGB V ausgeschlossen sind. Anspruch auf Versorgung besteht nur, soweit das begehrte Hilfsmittel ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich ist und das Maß des Notwendigen nicht überschreitet; darüber hinausgehende Leistungen darf die Krankenversicherung gemäß
§ 12 Abs. 1 SGB V nicht bewilligen. Nicht entscheidend für den Versorgungsanspruch ist, ob das begehrte Hilfsmittel im Hilfsmittelverzeichnis (
§ 139 SGB V) gelistet ist, denn es handelt sich bei diesem Verzeichnis nicht um eine abschließende Regelung im Sinne einer Positivliste. (
vgl. BSG, Urt. v. 07.10.2010 -
B 3 KR 5/10 R m.w.N., zitiert nach Juris).
Hiervon ausgehend hat die Klägerin keinen Sachleistungsanspruch auf Versorgung mit dem begehrten Leichtmofa. Denn Aufgabe der
GKV bei der Hilfsmittelversorgung ist allein die an Gesundheit, Organfunktion und Behandlungserfolg orientierte medizinische Rehabilitation. Darüber hinausgehende soziale oder berufliche Rehabilitationsleistungen können grundsätzlich allenfalls von anderen Sozialleistungsträgern erbracht werden. Bei Hilfsmitteln, die - wie hier - nicht unmittelbar eine körperliche Funktion ersetzen, sondern lediglich die direkten oder indirekten Folgen einer Behinderung ausgleichen ("mittelbarer Behinderungsausgleich"), kann von medizinischer Rehabilitation aber nur dann die Rede sein, wenn der Zweck des Hilfsmitteleinsatzes der Befriedigung körperlicher Grundfunktionen und in diesem Sinne einem Grundbedürfnis dient. Dies ist der Fall, wenn das Hilfsmittel die Auswirkungen einer Behinderung im gesamten täglichen Leben beseitigt oder mildert und damit ein Grundbedürfnis des täglichen Lebens betroffen ist. (
vgl. BSG, Urt. v. 07.10.2010 - B 3 KR 5/10 R
m.w.N., zitiert nach Juris)
Eine Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung besteht vorliegend nicht, denn das Fahrrad mit Hilfsmotor ist als allgemeiner Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens
gem. § 33
Abs. 1 Satz 1 letzter Halbsatz
SGB V von der Sachleistungspflicht ausgenommen. Die Einordnung als allgemeiner Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens hängt davon ab, ob ein Gegenstand bereits seiner Konzeption nach den Zwecken des § 33
Abs. 1 Satz 1
SGB V dienen soll oder - falls dies nicht so ist - den Bedürfnissen erkrankter oder behinderter Menschen jedenfalls besonders entgegenkommt und von körperlich nicht beeinträchtigten Menschen praktisch nicht genutzt wird. Fährräder in Form eines üblichen Zweirades sind allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens (
vgl. BSG, Urt. v. 07.10.2010 - B 3 KR 5/10 R
m.w.N., zitiert nach Juris). Gleiches wurde für serienmäßig hergestellte Liegedreiräder angenommen - die auch von gesunden Menschen genutzt werden (
vgl. BSG SozR 4-2500 § 33
Nr. 12 RdNr. 17). Damit ist auch das hier begehrte Elektrofahrrad vergleichbar. Es ist keine individuell angefertigte Konstruktion, und auch nicht für die speziellen Bedürfnisse von Kranken und Behinderten konzipiert, sondern es wird für einen breiten Markt serienmäßig hergestellt. Es wird auch nicht über Hilfsmittellieferanten wie Sanitätshäuser vertrieben, sondern ist für Jedermann im normalen Fahrradhandel zu erwerben. Ein Elektrofahrrad wird (im Gegensatz etwa zu einem Rollstuhl als klassisches Hilfsmittel) nicht speziell für behinderte Menschen hergestellt, sondern für breite Bevölkerungsschichten und insbesondere auch gesunde Menschen. Zweck und Funktion des Fahrrades mit Hilfsmotor sind nicht vorrangig auf behinderte Menschen zugeschnitten, sondern zum einen auf ältere Menschen, die möglichst noch längere Radfahrten bewältigen wollen, aber auch auf junge, gesunde Menschen wie Berufspendler als Alternative zu Stau im Berufsverkehr und steigenden Benzinpreisen. Elektrofahrräder werden in erheblichem Umfang von körperlich nicht (erheblich) beeinträchtigten Menschen genutzt, die Marktanteile verzeichnen gegenüber klassischen Fahrrädern rasante Zuwächse. Sie sind daher als allgemeiner Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens zu qualifizieren und unterfallen nicht der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung.
Es kommt vorliegend nicht mehr darauf an, ob die Klägerin das Elektrofahrrad für Strecken nutzen würde, die über den Nahbereich der Wohnung hinausgehen, ob es also dem Grundbedürfnis dient, bei einem kurzen Spaziergang "an die frische Luft zu kommen" oder die üblicherweise (die ländliche Wohnsituation der Klägerin ist insofern nicht ausschlaggebend) im Nahbereich der Wohnung liegenden Stellen zu erreichen, an denen Alltagsgeschäfte zu erledigen sind (
vgl. zu den Voraussetzungen im Einzelnen BSGE 102, 90).
Wenn die Klägerin gesundheitlich tatsächlich nur noch kürzeste Strecken zurücklegen kann, so hat sie unter Umständen einen Anspruch auf ein Fortbewegungsmittel, das als Hilfsmittel der gesetzlichen Krankenversicherung zu qualifizieren ist, etwa einen Rollstuhl. Mit einem Rollator ist sie bereits versorgt. Nach alledem war die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Sozialgerichtsgesetz.