Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts München I - 20. Zivilkammer - vom 5. November 2013 aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
I. Die Klägerin unterhält bei der Beklagten eine private Krankheitskostenversicherung. Die Parteien streiten über den Umfang der Erstattungspflicht der Beklagten für den Erwerb eines Hörgeräts.
Dem Versicherungsvertrag liegen die Rahmenbedingungen 2009 (RB/KK 2009) und Tarifbedingungen 2009 (TB/KK 2009) sowie der Tarif ... der Beklagten zugrunde.
In den - insoweit mit den Musterbedingungen
MB/KK 2009 im Wesentlichen übereinstimmenden - RB/KK 2009 heißt es unter anderem:
"§ 1 Gegenstand, Umfang und Geltungsbereich des Versicherungsschutzes
(1) Der Versicherer bietet Versicherungsschutz für Krankheiten, Unfälle und andere im Vertrag genannte Ereignisse. ... Im Versicherungsfall erbringt der Versicherer
a) in der Krankheitskostenversicherung Ersatz für Aufwendungen für Heilbehandlung und sonst vereinbarte Leistungen.
b) ...
(2) ...
(3) ...
§ 4 Umfang der Leistungspflicht
(1) ...
(2) ...
(3) Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmittel müssen von den in
Abs. 2 genannten Behandlern verordnet ... werden.
§ 5 Einschränkung der Leistungspflicht
(1) ...
(2) Übersteigt eine Heilbehandlung oder sonstige Maßnahme, für die Leistungen vereinbart sind, das medizinisch notwendige Maß, so kann der Versicherer seine Leistungen auf einen angemessenen Betrag herabsetzen. Stehen die Aufwendungen für die Heilbehandlung oder sonstige Leistungen in einem auffälligen Missverhältnis zu den erbrachten Leistungen, ist der Versicherer insoweit nicht zur Leistung verpflichtet.
(3) ...
(4) ..."
In den TB/KK 2009 heißt es unter anderem:
§ zu § 4 RB/KK 2009 Umfang der Leistungspflicht
...
(4) zu § 4 (3) RB/KK 2009 Hilfsmittel Erstattungsfähig sind bei medizinischer Notwendigkeit ausschließlich
a) die Aufwendungen für ... Hörgeräte ...
...
In den Tarifbestimmungen heißt es unter anderem:
1. Erstattungsfähige Aufwendungen Erstattungsfähig sind bei 1.1 ambulanter Heilbehandlung ... Aufwendungen für:
...
f) Hilfsmittel
...
Nachdem der Klägerin für ihr linkes Ohr ein Hörgerät verordnet wurde, nahm sie eine vergleichende Anpassung verschiedener Hörgerätetypen vor und erwarb schließlich ein Hörgerät Widex Clear 440c zum Preis von 3.083
EUR. Die Beklagte erstattete hierauf lediglich 1.500
EUR, weil sie der Auffassung ist, dass das Gerät medizinisch nicht notwendig sei, weil es zahlreiche im Falle der Klägerin medizinisch nicht gebotene Ausstattungsmerkmale aufweise. Alternativgeräte seien für 1.500
EUR zu erhalten.
Mit ihrer Klage macht die Klägerin den Differenzbetrag von 1.583
EUR nebst Zinsen geltend. Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Dagegen richtet sich die Revision der Beklagten.
Die Revision ist begründet und führt zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, dass die Kosten für das Hörgerät als medizinisch notwendiges und ärztlich verordnetes Hilfsmittel erstattungsfähig seien. Die Beklagte könne sich nicht erfolgreich auf den Leistungsausschluss nach § 5
Abs. 2 Satz 1 RB/KK berufen. Das Kürzungsrecht wegen einer Übermaßbehandlung erstrecke sich nicht auf alle Leistungen, für die eine Erstattungsfähigkeit vereinbart sei, sondern nur auf Heilbehandlungen und sonstige Maßnahmen, zu denen ein Hörgerät als Hilfsmittel nicht zähle. Im Übrigen stelle das Hörgerät auch keine Überversorgung der Klägerin dar. Insoweit sei es unerheblich, dass einzelne Merkmale des Hörgeräts nicht medizinisch notwendig seien; abzustellen sei darauf, dass es in seiner Hauptfunktion und im Schwerpunkt seiner Funktionen notwendig sei, um die Hörbeeinträchtigung auszugleichen. Schließlich sei auch keine Leistungseinschränkung gemäß § 5
Abs. 2 Satz 2 RB/KK gegeben. Ein auffälliges Missverhältnis liege erst vor, wenn der bezahlte Betrag das Doppelte des Üblichen für ein entsprechendes verordnetes Gerät ausmache. Eine solche Feststellung könne im Streitfall nicht getroffen werden, da die Beklagte hierzu ungenügend vorgetragen, insbesondere keine konkreten Preise für andere, zu einer medizinischen Versorgung der Klägerin geeignete Geräte angegeben habe.
II. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
1. Zunächst ist das Berufungsgericht zu Unrecht der Auffassung, dass sich das Leistungskürzungsrecht des Versicherers in § 5
Abs. 2 Satz 1 RB/KK 2009 nicht auf Aufwendungen für Hilfsmittel bezieht.
a) Allgemeine Versicherungsbedingungen sind nach ständiger Rechtsprechung des Senats so auszulegen, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und unter Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muss. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit auch auf seine Interessen an. In erster Linie ist vom Wortlaut der jeweiligen Klausel auszugehen (Senatsurteile vom 10. Dezember 2014 -
IV ZR 281/14, VersR 2015, 182 Rn. 12 f.; vom 23. Juni 1993 -
IV ZR 135/92, BGHZ 123, 83, 85; st. Rspr.). Der mit dem Bedingungswerk verfolgte Zweck und der Sinnzusammenhang der Klauseln sind zusätzlich zu berücksichtigen, soweit sie für den Versicherungsnehmer erkennbar sind (Senatsurteile vom 8. Oktober 2014 -
IV ZR 16/13, VersR 2014, 1367 Rn. 16; vom 25. Juli 2012 -
IV ZR 201/10, VersR 2012, 1149 Rn. 21
m.w.N.; st. Rspr.).
b) Dem Wortlaut des § 5
Abs. 2 Satz 1 RB/KK 2009 kann der Versicherungsnehmer dabei entnehmen, dass die Leistungseinschränkung für Heilbehandlungen und sonstige Maßnahmen gelten soll.
aa) Als Heilbehandlung ist jegliche ärztliche Tätigkeit anzusehen, die durch die betreffende Krankheit verursacht worden ist, sofern die Leistung des Arztes von ihrer Art her in den Rahmen der medizinisch notwendigen Krankenpflege fällt und auf Heilung, Besserung oder auch Linderung der Krankheit abzielt (Senatsurteil vom 10. Juli 1996 -
IV ZR 133/95, VersR 1996, 1224 unter II 2; st. Rspr.). Eine solche Heilbehandlung liegt hier nicht vor.
bb) Zur Beantwortung der Frage, was als sonstige "Maßnahme" zu verstehen ist, für die Leistungen vereinbart sind, wird der Versicherungsnehmer sodann § 1
Abs. 1 RB/KK 2009 in den Blick nehmen, weil diese Bestimmung näher regelt, welche Leistungen der Versicherer erbringt. Auch dort findet sich ein ähnliches Begriffspaar, nämlich das von "Aufwendungen für Heilbehandlung und sonst vereinbarte Leistungen". Dies verdeutlicht dem verständigen Versicherungsnehmer, dass der Versicherer alle von ihm im Versicherungsfall geschuldeten, aber nicht unter den Begriff der Heilbehandlung zu subsumierenden Leistungen unter dem einheitlichen Oberbegriff "sonstige Leistungen" zusammenfassen will. Nicht anders wird der Versicherungsnehmer danach schon dem Wortlaut nach den Begriff der "sonstige(n) Maßnahme" in § 5 interpretieren. Damit werden Aufwendungen für Hilfsmittel erfasst.
Erst recht erschließt sich dies aus dem auch dem Versicherungsnehmer erkennbaren Sinn und Zweck der Regelung.
Denn der Versicherungsnehmer kann als Ziel der Übermaßregelung erkennen, dass der Versicherer sich vor einer unnötigen Kostenbelastung durch aus medizinischer Sicht nicht notwendige "Maßnahmen" schützen will (
vgl. Senatsurteil vom 12. März 2003 -
IV ZR 278/01, BGHZ 154, 154 unter II 2 c bb). Dies gilt aber für Hilfsmittel ebenso wie für Heilbehandlungsmaßnahmen. Im Gegenteil besteht die Gefahr einer Überversorgung, der die Regelung erkennbar vorbeugen will, gerade dann, wenn die Auswahl des konkreten Hilfsmittels von einer Willensentscheidung des Versicherungsnehmers abhängt.
2. Danach übersteigen die Aufwendungen für ein vom Arzt verordnetes und vom Versicherungsnehmer erworbenes Hilfsmittel das medizinisch notwendige Maß i.
S. von § 5
Abs. 2 Satz 1 RB/KK 2009 dann, wenn einerseits das Hilfsmittel zusätzliche, nicht benötigte Funktionen oder Ausstattungsmerkmale aufweist, und andererseits zugleich preiswertere, den notwendigen medizinischen Anforderungen für den jeweiligen Versicherungsnehmer entsprechende Hilfsmittel ohne diese zusätzlichen Funktionen oder Ausstattungsmerkmale zur Verfügung stehen.
a) Für Heilbehandlungsmaßnahmen hat der Senat Entsprechendes bereits ausgeführt. Mit Urteil vom 12. März 2003 (
IV ZR 278/01, BGHZ 154, 154) hat er - zu § 5
MB/KK 76 - klargestellt, dass der Versicherer, der seine Leistungen wegen einer Übermaßbehandlung kürzen will, zu beweisen habe, dass bei einer an sich medizinisch notwendigen Heilbehandlung eine einzelne Behandlungsmaßnahme medizinisch nicht notwendig war (aaO unter II 2 c aa). Übertragen auf Hilfsmittel muss der Versicherer, um sich auf die Leistungseinschränkung berufen zu können, darlegen und beweisen, dass bei einem an sich notwendigen Hilfsmittel bestimmte Funktionen oder Ausstattungsmerkmale medizinisch nicht notwendig sind. Darüber hinaus muss er aber auch darlegen und beweisen, dass ein Hilfsmittel ohne diese Ausstattungsmerkmale oder Funktionen, welches ebenfalls - gemessen an den Bedürfnissen des Versicherungsnehmers - das medizinisch notwendige Maß erfüllt, zu einem niedrigeren Preis auf dem Markt erhältlich war. Dieser niedrigere Preis, für den ein den medizinischen Notwendigkeiten genügendes Hilfsmittel ohne die nicht benötigten zusätzlichen Ausstattungsmerkmale hätte erworben werden können, stellt dann zugleich den angemessenen Betrag dar, auf den der Versicherer seine Leistung in diesem Falle kürzen kann.
Nicht gefolgt werden kann demgegenüber der Auffassung des Berufungsgerichts, dass eine Übermaßversorgung nur vorläge, wenn das erworbene Hörgerät im Schwerpunkt mehr als die Ersatzfunktion leistete. Diese Betrachtung verfehlt den Zweck der Übermaßregelung. Es ist davon auszugehen, dass jedes Hilfsmittel vorrangig und im Schwerpunkt dazu dient, Defizite infolge einer körperlichen Beeinträchtigung auszugleichen. Vor diesem Hintergrund dient die Übermaßregelung gerade dazu, dass bei der Auswahl unter mehreren, den medizinischen Zweck in gleicher Weise und ausreichend erfüllenden Hilfsmitteln kostenschonend vorgegangen und die Wahl auf das medizinisch Notwendige beschränkt wird. Will ein Versicherungsnehmer darüber hinaus einen zusätzlichen Funktionsumfang, Bedienungskomfort oder ähnliches in Anspruch nehmen, so steht ihm das zwar frei; jedoch muss er die Mehrkosten insoweit selbst tragen.
b) Nach diesen Maßstäben hat die Beklagte das Vorliegen einer Übermaßversorgung schlüssig vorgetragen. Das Berufungsgericht hätte deshalb ihrer Behauptung nachgehen müssen, dass Hörgeräte, die das medizinisch notwendige Maß im Falle der Klägerin erfüllen, zur Zeit der Anschaffung für bis zu 1.500
EUR hätten erworben werden können. Die Benennung mehrerer konkreter Alternativgeräte mit der Angabe, dass diese für bis zu 1.500
EUR erhältlich waren, war insoweit genügend. Anders als das Berufungsgericht meint, bestand keine Notwendigkeit, exakte Preise für diese Geräte zu benennen, weil nur der 1.500
EUR übersteigende Betrag im Streit steht.
c) Das Berufungsgericht ist auf Grundlage des eingeholten Sachverständigengutachtens ausdrücklich davon ausgegangen, dass das von der Klägerin erworbene Hörgerät diverse besondere Ausstattungsmerkmale aufweist, von denen die meisten zu ihrer Behandlung aus medizinischer Sicht nicht notwendig gewesen sind.
Der Sachverständige hat aber darüber hinaus für zwei der von der Beklagten genannten Alternativgeräte ohne diese zusätzlichen Merkmale ausdrücklich bestätigt, dass sie den Anforderungen an eine medizinische Versorgung des Hörverlusts der Klägerin entsprechen, sowie ein drittes, seiner Auffassung nach in gleicher Weise geeignetes Gerät genannt, was sich die Beklagte spätestens in ihrer Berufungsbegründung zu Eigen gemacht hat. Deshalb hätte das Berufungsgericht weiter feststellen müssen, ob auch diesen Ausführungen des Sachverständigen zur hinreichenden Eignung der Geräte für die Klägerin zu folgen ist. Dabei wird es mit Hilfe des Sachverständigen auch zu klären haben, ob die Eignung eines Hörgerätes für einen Patienten allein anhand technischer Daten bestimmt werden kann. Gegebenenfalls wird es den angebotenen Beweis erheben müssen, ob diese Geräte zu einem Preis von maximal 1.500
EUR erhältlich waren, was die Klägerin bestritten hat.
Die Sache ist deshalb zur Nachholung der insoweit gebotenen Feststellungen an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
3. Die Klausel des § 5
Abs. 2 Satz 2 RB/KK 2009 ist hier nicht anzuwenden. Sie betrifft allein die überhöhte Abrechnung von medizinisch notwendigen Leistungen. Vergleichsmaßstab insoweit ist der Marktpreis für die tatsächlich erbrachte Leistung (
vgl. Voit in Prölss/Martin, § 192 VVG Rn. 156; Kalis in Bach/Moser, Private Krankenversicherung 4. Aufl. § 5
MB/KK Rn. 38; a.A. wohl Langheid in Römer/Langheid, VVG 4. Aufl. § 192 Rn. 24 für die gesetzliche Regelung des § 192
Abs. 2 VVG).