Urteil
Versorgung im Rahmen der privaten Pflegeversicherung mit einem fremdbedienbaren Stehübungsgerät X. Multiposition - Abgrenzung Hilfsmittel zur Pflege von Hilfsmitteln zum Behinderungsausgleich

Gericht:

LSG Hessen 8. Senat


Aktenzeichen:

L 8 P 41/08


Urteil vom:

10.09.2009


Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 17. Dezember 2008 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt im Wege des Klageverfahrens von dem Beklagten die Versorgung im Rahmen der privaten Pflegeversicherung mit dem Hilfsmittel des Herstellers X. Typ "X Multiposition".

Der 1949 geborene Kläger ist bei dem Beklagten seit 1983 privat krankenversichert mit Anspruch auf allgemeine Krankenhausleistungen. Er ist aufgrund dessen seit Einführung der Sozialen Pflegeversicherung (SGB XI) zum 1. Januar 1995 bei dem Beklagten auch pflegepflichtversichert. Grundlage des Pflegeversicherungsvertrages ist der Tarif "PV" in Verbindung mit den Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die private Pflegeversicherung (Bedingungsteil MB/PPV). Der Kläger leidet an einer Multiplen Sklerose mit progredientem Krankheitsverlauf. Das Versorgungsamt GF. hat aufgrund dieser Erkrankung einen Grad der Behinderung von 100 sowie die Nachteilsausgleiche "B", "G", "aG", und "H" festgestellt. Seinen Beruf als Rechtsanwalt musste der Kläger wegen seiner Erkrankung aufgeben. Seit September 2000 bezieht der Kläger tarifliche Leistungen aus der Pflegeversicherung, zunächst nach der Pflegestufe I, seit Mai 2004 nach der Pflegestufe II und aufgrund eines im Gerichtsverfahren vor dem Sozialgericht Marburg (Az.: S 7 P 13/07) abgeschlossenen Vergleiches Leistungen nach Pflegestufe III ab April 2007.

Im Januar 2001 hatte der Kläger bei dem Beklagten beantragt, ihn mit einem elektrischen Rollstuhl und einer Steuerungsmöglichkeit für die rechte Hand als Leistung der Pflegeversicherung auszustatten. Der Beklagte hatte dies abgelehnt und dem Kläger angeboten, ihm einen tariflichen Zuschuss bis zu 800 EUR als Leistung der privaten Krankenversicherung zu zahlen. Der Kläger hatte daraufhin Klage zum Sozialgericht Marburg erhoben, welches den Beklagten mit Gerichtsbescheid vom 18. September 2002 verurteilt hatte, ihn mit einem eigenbedienbaren Elektrorollstuhl als Hilfsmittel zu versorgen. Diese Verpflichtung war dem Beklagten bereits vorab durch Beschluss im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes auferlegt worden. Der Beklagte hatte den Kläger hierauf mit einem solchen Elektrorollstuhl ausgestattet, der sich noch heute im Besitz des Klägers befindet. Auf die Berufung des Beklagten hatte das Hessische Landessozialgericht mit Urteil vom 19. August 2004 (Az.: L 14 P 1091/02) die Vorentscheidung aufgehoben und die Klage abgewiesen. Die hiergegen vom Kläger eingelegte Revision hatte das Bundessozialgericht durch Urteil vom 10. November 2005 (Az.: B 3 P 10/04 R) zurückgewiesen.

Am 30. März 2007 hatte der Chefarzt der Abteilung Neurologie der Fachklinik E. Prof. Dr. Dr. D. dem Kläger ein fahrbares Stehübungsgerät vom Typ X. verordnet. Der Kläger hatte hierauf einen Kostenvoranschlag des Sanitätshauses F. GmbH, QA. vom 20. August 2007 eingeholt, wonach für die Anschaffung dieses Gerätes ein Kaufpreis von insgesamt 14.650,38 Euro (incl. Mehrwertsteuer) anfallen würde und diesen Kostenvoranschlag bei dem Beklagten eingereicht. Dieser hatte eine vollständige Kostenerstattung für das vom Kläger beantragte Hilfsmittel aus der bestehenden Pflegeversicherung abgelehnt, weil dieses kein Hilfsmittel im Sinne der Pflegeversicherung sei. Der Beklagte hatte jedoch dem Kläger unter dem 24. August 2007 eine auf den tariflichen Höchstsatz von 800,00 Euro begrenzte Kostenübernahme gemäß den Bedingungen des zwischen den Beteiligten bestehenden Krankenversicherungsvertrages zugesagt.

Am 8. Oktober 2007 erhob der Kläger in dieser Sache Klage zum Sozialgericht Marburg (Az.: S 7 P 23/07) und beantragte darüber hinaus den Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem sinngemäßen Antrag, vorläufig im Wege der einstweiligen Anordnung mit rechtlicher Wirkung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet sei, ihm die Kosten für die Anschaffung des Multifunktionsrollstuhles "X. Compact" zu erstatten.

Das Sozialgericht lehnte den Antrag des Klägers auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit Beschluss vom 31. Dezember 2007 (Az.: S 7 P 22/07 ER) ab. Im Beschwerdeverfahren verpflichtete der Senat mit Beschluss vom 14. Mai 2008 (Az.: L 8 P 1/08 B ER) den Beklagten, den Kläger vorläufig bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens durch Bereitstellung oder durch Kostenübernahme mit dem Hilfsmittel "X. Multiposition" oder einem vergleichbaren Gerät auszustatten. In den Gründen dieser Entscheidung heißt es:

"Allerdings begehrt der Antragsteller nunmehr im Wege der vom Senat für zulässig erachteten Konkretisierung seines Klagebegehrens die Versorgung mit dem Typ X. Multiposition. Bei diesem technischen Hilfsmittel bestehen hinreichend Anhaltspunkte, welche seine Einordnung als Pflegehilfsmittel durchaus als möglich erscheinen lassen. Es handelt sich um eine Abwandlung und durch Zusatzfunktionen veränderte Variante des X. Rollstuhls. Dabei ist dem Antragsteller zuzugestehen, dass hierbei neben den beschriebenen Hauptfunktionen der Mobilitätsverschaffung auch eine weitere Funktion von diesem Gerät erfüllt wird, die sich günstig auf die Pflegesituation auswirken kann. Hierbei handelt es sich vorrangig um die Liege-Liftfunktion. Laut Herstellerbeschreibung kann dadurch der Benutzer auf gleiche Höhe mit dem Bett gebracht werden, so dass der Transfer vom Rollstuhl ins Bett und umgekehrt gefahrlos und ohne übermäßige Belastung von Pflegepersonen oder sogar ohne Fremdhilfe für den Antragsteller möglich wird. Auch wenn diese Verwendungsmöglichkeit nicht völlig im Vordergrund der Konstruktion und der Nutzbarkeit des technischen Hilfsmittels X. Multiposition steht, kann sie sich nach Überzeugung des Gerichts doch in bedeutsamen Maße - abgesehen von den positiven Effekten auf die Gesundheitssituation - auch günstig auf den allgemeinen Pflegebedarf des behinderten Menschen auswirken. Inwieweit dies bei dem Antragsteller in concreto der Fall ist, bedarf der weiteren Klärung durch Ermittlungsmaßnahmen, deren Durchführung dem Hauptsacheverfahren vorbehalten ist. Ankommen dürfte es insoweit auf die konstruktiv vorgegebenen Einsatzmöglichkeiten des X. Multiposition, deren Nutzbarmachung unter den besonderen krankheitsbedingten körperlichen Handicaps und Funktionseinschränkungen und unter Berücksichtigung der Wohnsituation des Antragstellers. Die rechtliche Vorgabe ist dabei, dass von einem Pflegehilfsmittel dann ausgegangen werden kann, wenn das streitgegenständliche Hilfsmittel im konkreten Fall allein oder jedenfalls schwerpunktmäßig der Erleichterung der Pflege dient und wenn dieser Zweck im Einzelfall ganz überwiegend verfolgt wird (vgl. jüngst Urteil des Bundessozialgerichts vom 15. November 2007, B 3 A 1/07 R; das Urteil des Bundessozialgerichts vom 6. September 2007, B 3 P 3/06 R, in dem eine Einstandspflicht der privaten Pflegepflichtversicherung für einen reinen Stehtrainer verneint wurde, dürfte hier nur bedingt einschlägig sein). Aus den vorgenannten Gründen ergibt sich somit, dass eine summarische Prüfung der Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens des Antragstellers keine offensichtliche Aussichtslosigkeit ergibt, sondern die Erfolgsaussichten für den Antragsteller und Antragsteller als nach beiden Seiten hin offen beurteilt werden müssen. Das in Artikel 19 Abs. 4 GG gewährte Grundrecht auf lückenlosen gerichtlichen Rechtsschutz gebietet es nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bei Vornahmesachen in öffentlich-rechtlich geprägten Rechtsbeziehungen, zu denen insbesondere Streitigkeiten um Leistungen aus der gesetzlichen Sozialversicherung zählen, jedenfalls dann vorläufigen Rechtsschutz zu gewähren, wenn ohne ihn schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Nachteile entstünden, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre. Je schwerer die Belastungen des Betroffenen liegen, die mit der Versagung des vorläufigen Rechtsschutzes verbunden sind, um so weniger darf das Interesse an einer vorläufigen Regelung oder Sicherung der geltend gemachten Rechtsposition zurückgestellt werden (vgl. die Beschlüsse des Bundesverfassungsgerichtes vom 22. November 2002, NJW 2003, S. 1236 f.; vom 19. März 2004, NJW 2004, S. 310 und vom 6. Dezember 2005 1 BvR 347/98). So liegt es hier. Angesichts der dokumentierten Schwere der Grunderkrankung des Antragstellers, deren rapidem Fortschreiten in den letzten Monaten und der stetigen Zunahme des pflegerischen Hilfebedarfs führt die hier anzustellende Folgenabwägung nach Überzeugung des Senats dazu, dass dem Antragsteller zur Ermöglichung einer behinderungsgerechten Pflege und hinreichender Lebensqualität das streitgegenständliche Hilfsmittel vorläufig und leihweise zur Verfügung zu stellen ist "

Im Hauptsacheverfahren (Az.: S 7 P 21/07) holte das Sozialgericht von Amts wegen ein medizinisches Sachverständigengutachten zum Pflegebedarf des Klägers und zum Nutzen des begehrten Hilfsmittels für die Pflege des Klägers ein. Das Gutachten erstellte der Arzt für Neurologie und Psychiatrie, Rehabilitationswesen - Psychotherapie Dr. MJ., tätig in der CA Abteilung Neurologie der G. Klinik H.-Stadt, auf der Grundlage einer Untersuchung des Klägers in dessen häuslicher Umgebung. Dr. MJ. führt in seinem schriftlichen Gutachten vom 1. November 2008 aus, die Ausstattung mit dem begehrten Hilfsmittel sei notwendig um die Krankheitsbeschwerden und Folgebeschwerden des Kläger zu lindern sowie um den Eintritt zusätzlicher Behinderung vorzubeugen. Mit dem Hilfsmittel wäre der Kläger in der Lage, gefahrlos zu stehen, was sich auf etliche Körperfunktionen positiv auswirkte. Die Stehfunktion des Hilfsmittels ermögliche es, negative Folgen der wegen der ausgeprägten Lähmung der Beine zwangsweise einzunehmenden Sitzhaltung zu lindern. Hingegen sei das Hilfsmittel nur in geringem Umfang zweckmäßig, um die Pflege zu erleichtern. Der Kläger wäre mit ihm zwar in der Lage, sich selbst in die Liegeposition zu bringen und dadurch für den Mittagsschlaf nicht auf die Hilfe einer Pflegeperson angewiesen. Allerdings wäre das Hilfsmittel zur Erleichterung des Transfers - z. B. Rollstuhl / Toilette - nur untergeordnet nützlich. Für die Höhenadaption wäre ein einfaches Rutschbrett geeigneter und zweckmäßiger. Darüber hinaus gäbe es weitere, besser geeignete Hilfsmittel, um die Pflegeperson beim Transfer zu unterstützen, wie Umsetze- und Hebehilfen in Form von Liftern, Drehscheiben, Positionswechselhilfen. Ganz im Vordergrund der Zielsetzung des Hilfsmittels stünden die medizinische Indikation und die selbständigere Lebensführung. Der Erleichterung der Pflege diene es nur in geringem Maße. Gestützt auf dieses Sachverständigengutachten wies das Sozialgericht mit nach mündlicher Verhandlung und Beratung verkündetem Urteil vom 17. Dezember 2008 die Hauptsacheklage ab.

Sein Urteil in dem Hauptsacheverfahren begründete das Sozialgericht wie folgt: Die Kammer folge uneingeschränkt der die identischen Beteiligten betreffenden Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes in dessen Urteil vom 10. November 2005 (Az.: B 3 P 10/04 R, SozR 4-3300 § 40 Nr. 2) im vorausgegangenen Verfahren um die Versorgung des Klägers mit einem Elektrorollstuhl. Der geltend gemachte versicherungsvertragliche Anspruch richte sich nach den zum Vertragsinhalt gewordenen Versicherungsbedingungen die nicht gegen höherrangiges Recht verstießen und damit verbindlich seien. Für die "Leistungen der häuslichen Pflege" sei in Verbindung mit § 178b Abs. 4 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) die Regelung des § 4 (7) M B/PPV maßgeblich, der zur Folge versicherte Personen gemäß Nr. 4 des Tarifes PV Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen für Pflegehilfsmittel und technische Hilfen oder deren leihweise Überlassung hätten, wenn und soweit die Pflegehilfsmittel und technischen Hilfen zur Erleichterung der Pflege oder zur Linderung von Beschwerden der versicherten Personen beitragen oder diesen eine selbständigere Lebensführung ermöglichen und die Versorgung notwendig ist. Nach Nr. 4 des Tarifs PV seien erstattungsfähig die Aufwendungen für die in dem Pflegehilfsmittelverzeichnis der privaten Pflegepflichtversicherung aufgeführten Pflegehilfsmittel und technischen Hilfen. Im Pflegehilfsmittelverzeichnis der privaten Pflegepflichtversicherung sei das begehrte Stehübungsgerät vom Typ "X. Multiposition" nicht aufgeführt.

Das Gesetz über die soziale Pflegeversicherung schreibe in § 23 Abs. 1 Satz 2 SGB XI vor, dass ein Vertrag der privaten Pflegeversicherung ab dem Zeitpunkt des Eintritts der Versicherungspflicht für den Versicherungsnehmer Vertragsleistungen vorsehen müsse, die nach Art und Umfang den Leistungen des Vierten Kapitels (§§ 28 bis 45 SGB XI) gleichwertig sein müssten. Dabei trete an die Stelle der Sachleistungen eine der Höhe nach gleiche Kostenerstattung (§ 23 Abs. 1 Satz 3 SGB XI). Diesen Bedingungen würden die Regelungen des § 4 MB/PPV 1996 sowie auch der Neufassung 2007 gerecht. Maßstab für die Frage der Gleichwertigkeit des Leistungsanspruches sei § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB XI. Danach hätten Pflegebedürftige der sozialen Pflegeversicherung Anspruch auf Versorgung mit Pflegehilfsmitteln, die zur Erleichterung der Pflege oder zur Linderung der Beschwerden des Pflegebedürftigen beitragen oder ihm eine selbständigere Lebensführung ermöglichen, soweit die Hilfsmittel nicht wegen Krankheit oder Behinderung von der Krankenversicherung oder anderen zuständigen Leistungsträgern zu leisten sind.

Ein Stehübungsgerät vom Typ "X. Multiposition" sei kein Hilfsmittel der sozialen Pflegeversicherung. Dies stehe nach den Ausführungen des Sachverständigen Dr. MJ. zur Überzeugung des Sozialgerichts fest. Dem Kläger sei nach den Feststellungen des Sachverständigen zwar einzuräumen, dass ein solches Gerät geeignet ist, zur Erleichterung der Pflege beizutragen und vor allem eine selbständigere Lebensführung zu ermöglichen. Dadurch werde das Gerät aber noch nicht zu einem Hilfsmittel der Pflegeversicherung, weil diese Eigenschaften auch mehr oder weniger allen Hilfsmitteln zukommen, die dem Behinderungsausgleich dienen und deshalb als Hilfsmittel von der gesetzlichen Krankenversicherung gemäß § 33 SGB V zu leisten seien (Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts). Um ein reines Hilfsmittel, das der gesetzlichen Krankenversicherung nicht zugerechnet werden könne, handele es sich nur dann, wenn das Hilfsmittel im konkreten Fall alleine oder doch jedenfalls schwerpunktmäßig der Erleichterung der Pflege diene. Diese Rechtsprechung habe das Bundessozialgericht auch in den die Beteiligten betreffenden Verfahren über Revisionsnichtzulassungsbeschwerden gegen die Urteile des 8. Senats des Hessischen Landessozialgerichts vom 24. April 2008 (L 8 P 7/07 - Rollstuhllifter zum Transport eines Elektrorollstuhls mit dem Pkw; L 8 P 8/07 - Trainingsgerät I.; L 8 P 9/07 - Industrie-Plattformlift zur Überwindung der Höhendifferenz zwischen Hauseingang und Straße unter Benutzung des Rollstuhls) mit aktuellen Beschlüssen vom 20. November 2008 (Az.: B 3 P 18/08 B, B 3 P 19/08 B und B 3 P 20/08 B) nochmals bestätigt.

Bei dem Hilfsmittel vom "Typ X. Multiposition" stehe der Behinderungsausgleich nach den Feststellungen des Sachverständigen ganz im Vordergrund. Das Hilfsmittel würde dem Kläger, der sich nicht mehr aus eigener Kraft in den Stand aufrichten könne, ermöglichen, gefahrlos zu stehen, was sich wiederum auf verschiedene Körperfunktionen positiv auswirke. Die medizinischen Indikationen bestünden sowohl nach der ursprünglichen Verordnung von Prof. D. als auch nach den Feststellungen des Gerichtssachverständigen in einer Kontrakturprophylaxe für die Gelenke, der Schmerzlinderung durch einseitige Fehlbelastung, der Vermeidung von Hautdruckgeschwüren, der Osteoporoseprophylaxe, weiter dem orthostatischen Kreislauftraining, der Thromboseprophylaxe und der verbesserten Verdauungs- und Atemsituation. Ein Behinderungsausgleich würde insbesondere auch dadurch erreicht, dass der Kläger selbständig innerhalb der Wohnung durch die Aufrichtfunktion erhöhte Gegenstände erreichen oder erhöhte Funktionen bedienen könne. Dadurch werde zwangsläufig sein allgemeiner Pflegebedarf verringert und damit die Pflege erleichtert; außerdem werde ihm dadurch eine selbständigere Lebensführung ermöglicht. Diese Aspekte seien aber nur Folge des Behinderungsausgleiches und änderten nichts daran, dass ein solches Hilfsmittel allein der Leistungspflicht der Krankenversicherung zuzuordnen sei. Zur Pflegeerleichterung sei das streitgegenständliche Gerät nach den Feststellungen des Dr. MJ., denen sich das Sozialgericht auch in dieser Hinsicht voll umfänglich anschließe, nur in geringem Umfange zweckmäßig. Es ermögliche dem Benutzer, sich in eine Liegeposition zu bringen, was eine Pflegeerleichterung beim Mittagsschlaf bedeute. Zur Verbesserung des Transfers sei es jedoch nur sehr eingeschränkt geeignet. Hierfür existierten geeignetere Hilfsmittel. Darüber hinausgehende Pflegeerleichterungen habe der Sachverständige nicht feststellen können.

Nicht zu folgen sei dem Kläger in dessen Auffassung, eine Kostenübernahmepflicht der privaten Pflegeversicherung bestehe jedenfalls dann, wenn im konkreten Fall die Krankenversicherung nicht eintrete. Dies sei entgegen den Rechtsausführungen des Klägers nicht aus dem Wortlaut des § 40 Abs. 1 Satz 1 SGG XI herzuleiten, wonach der Anspruch auf Versorgung mit Pflegehilfsmitten bestehe, "soweit" die Hilfsmittel nicht von der Krankenversicherung oder anderen zuständigen Leistungsträgern zu leisten seien. Wie das Bundessozialgericht bereits in dem zwischen den Beteiligten zum 1. Elektrorollstuhlverfahren ergangenen Urteil vom 10. November 2005 (B 3 P 10/04 R) überzeugend dargelegt habe, bedeute diese Gesetzesfassung nicht, dass zwischen der Krankenversicherung und der Pflegeversicherung ein Vorrang-Nachrang-Verhältnis in der Weise bestehe, dass ein Überschneidungsbereich bestünde, in dem grundsätzlich beide Leistungsträger für Hilfsmittel zuständig seien, wobei die Leistungspflicht der Pflegekasse vergleichbar der Sozialhilfe subsidiär eintrete, wenn im Einzelfall kein vorrangiger Versicherungsschutz bestehe. Vielmehr komme nur die Zuständigkeit des einen oder des anderen Leistungsträgers in Betracht, obwohl sich nach dem gesetzlichen Tatbestand die Anwendungsbereiche von § 33 SGB V und § 40 XI zu überschneiden schienen. Doppelte Zuständigkeiten für Sozialhilfeleistungen seien nämlich nur ausnahmsweise anzunehmen und jeweils ausdrücklich im Gesetz angeordnet, was hier nicht der Fall sei. Der gesetzliche Wortlaut von § 40 SGB XI ("soweit") sei nur gewählt worden, um deutlich zu machen, dass es auch hier nach Inkrafttreten der Pflegeversicherung bei der bisherigen Leistungsverpflichtung anderer Leistungsträger (mit Ausnahme der Sozialhilfe) bleiben solle. Das Sozialgericht folge dem Bundessozialgericht in dessen Darlegungen im Urteil vom 10. November 2005 auch insoweit, als das Revisionsgericht dort ausgeführt habe, die beim Kläger dadurch auftretende Versorgungslücke, dass er, anders als in der gesetzlichen Krankenversicherung Versicherte, keinen Anspruch auf Hilfsmittelversorgung gegenüber einer privaten Krankenkasse habe, sei nicht durch das Eintreten der privaten Pflegeversicherung zu schließen. § 23 SGB XI verlange nicht, dass privat pflegeversicherte Personen im Ergebnis gesetzlich Krankenversicherten gleichzustellen seien. Es werde lediglich eine Gleichwertigkeit der Vertragsleistungen der privaten Pflegeversicherung mit denen der sozialen Pflegeversicherung vorgeschrieben. Dass der Kläger im Rahmen seiner privaten Krankenversicherung nur einen beschränkten Leistungsanspruch bei der Hilfsmittelversorgung habe, sei Folge des eigenverantwortlich ausgehandelten Vertragsabschlusses.

Eine ergänzende schriftliche oder mündliche Erläuterung des Gutachtens durch den Gerichtssachverständigen Dr. MJ. werde nicht für notwendig erachtet, da die entscheidungsrelevanten Feststellungen von diesem deutlich und unmissverständlich dargelegt worden seien.

Mit Beschluss (S 7 P 20/08 ER) der Kammer vom gleichen Verhandlungstag lehnte das Sozialgericht den vom Kläger gestellten weiteren einstweiligen Rechtsschutzantrag auf erneute Verpflichtung der Beklagten, ihn bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens mit dem Hilfsmittel "X. Multiposition" zu versorgen, ab. Die hiergegen gerichtete Beschwerde des Klägers hat der Senat mit Beschluss vom 19. August 2009 (L 8 P 42/08 B ER) zurückgewiesen, soweit sie sich nicht gegen die Kostenentscheidung richtete. Dem erneuten Antrag auf Erlass einer Regelungsverfügung habe im Hinblick auf die einstweilige Anordnung des Senats vom 14. Mai 2008 das Rechtsschutzbedürfnis gefehlt.

Gegen das ihm am 30. Dezember 2008 zugestellte Urteil hat der Kläger am 31. Dezember 2008 Berufung eingelegt.

Er trägt vor, bei dem "X. Multiposition" handele es sich um ein Hilfsmittel, das der Linderung von Beschwerden und der Ermöglichung einer selbständigen Lebensführung diene. Für eine "Schwerpunkt-Rechtsprechung", wie sie zur Abgrenzung der Zuständigkeit zwischen gesetzlicher Krankenversicherung und sozialer Pflegeversicherung angewandt werde, lasse das hier anzuwendende Privatrecht keinen Raum. Die private Pflegeversicherung müsse mindestens dasjenige leisten, was einem Pflegebedürftigen, der im Leistungssystem gesetzliche Krankenversicherung, soziale Pflegeversicherung versichert ist, zustehe. Nach den Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts vom 10. Juni 2009 (1 BvR 706, 814, 819, 832 und 837 jeweils aus 2008), in denen diese die Pflicht des Staates zur umfassenden sozialen Sicherung der Bürger auch unter Heranziehung der privaten Versicherungswirtschaft verdeutlicht habe, sei die allgemeine Anwendung der sogenannten Schwerpunktrechtsprechung des Bundessozialgerichts ad absurdum geführt. Zu Unrecht habe das Sozialgericht seine Entscheidung auf das eingeholte Sachverständigengutachten von Dr. MJ. gestützt. Dr. MJ. habe ohne eine Demonstration unter Einsatz des strittigen Hilfsmittels nicht individuell und sachgerecht dessen Nutzen für die Pflege beurteilen können. Auch sei der Sachverständige Dr. MJ. in erster Linie Mediziner und verfüge deshalb allenfalls über theoretische Kenntnisse zu Verrichtungen in Sinne des Pflegerechts. Weiter sei der Gutachter entgegen seinem Antrag nicht gehört worden und eine Präzisierung der Beweisfragen sei nicht erfolgt. Auch habe Dr. SE. in seinem unter dem 23. Juni 2007 im Auftrag der J. GmbH erstellten Gutachten dargelegt, dass die Versorgung mit einem Hilfsmittel, das auch die Stehfunktion ermögliche, medizinisch notwendig sei. Schließlich verstoße das Urteil gegen eine Vielzahl von Grundrechten und Verfassungsbestimmungen, insbesondere gegen Art. 1, 2, 3, 5, 6, 19, 20, 28, 31, 79, 72, 103 GG und auch gegen Art. 6 MRK. Mit Telefaxschreiben vom 9. September 2009, dem Vortag des anberaumten Termins zur mündlichen Verhandlung, hat der Kläger mitgeteilt, er sei am 24. August 2009 gestürzt und habe hierdurch neben multiplen Prellungen eine Gehirnerschütterung erlitten. Hierzu wäre es nicht gekommen, wenn er im Besitz des beanspruchten Hilfsmittels gewesen wäre und mit diesem ein gesicherter Transfer durchgeführt hätte werden können. Mit gleicher Telefaxsendung übermittelte der Kläger noch einen Kostenvoranschlag der Sanitätshäuser K., Zentrale L. vom 22. Juni 2009 für die Lieferung eines Stehübungsgerätes Modell M." des Herstellers O. über einen Gesamtbetrag von 25.137,15 Euro sowie eine diesbezügliche ärztliche Hilfsmittelverordnung der Klinik Neurologie, P., in der der Kläger eine stationäre Rehabilitationsbehandlung absolvierte. Weiter hat der Kläger seiner Telefaxsendung noch eine ärztliche Begründung der Rehabilitationsklinik vom 30. Juli 2009 zur Notwendigkeit der Versorgung mit dem Multifunktionselektrorollstuhl Modell M. der Firma O. beigefügt. Ferner hat er mitgeteilt, dass er an der mündlichen Verhandlung nicht teilnehmen werde und die Sache für ausgeschrieben ansehe.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 17. Dezember 2008 aufzuheben und den Beklagten Zug um Zug gegen Herausgabe des ihm von diesem leihweise überlassenen Elektro-Rollstuhls der Marke O. zu verpflichten, ihn mit einem fremdbedienbaren Stehübungsgerät "X. Multiposition" zu versorgen,

hilfsweise,

ihm gegenüber die Kostenübernahme für dieses Gerät zu erklären,

hilfsweise,

entweder eine schriftliche Ergänzung des Gutachtens durch den Sachverständigen einzuholen oder diesen zur Erläuterung seines Gutachtens in die mündliche Verhandlung zu laden.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend und führt ergänzend aus, das beanspruchte Hilfsmittel diene vorrangig dem Behinderungsausgleich und sei zur Pflegeerleichterung nur in geringem Umfange zweckmäßig. Dies habe der gerichtliche Sachverständige in seinem Gutachten klar zum Ausdruck gebracht.

Auch aus der Hilfsmittelverordnung der Fachklinik E. vom 30. März 2007 gehe hervor, dass das strittige Hilfsmittel vorrangig zur Verfolgung von Zielen der Krankenbehandlung bzw. des Behinderungsausgleiches diene. Dies gehe auch aus denen bereits im Hauptsacheverfahren 1. Instanz vorgelegten Informationen und Prospekten des Herstellers des "X. Multiposition" hervor. Danach handele es sich um einen elektrischen Multipositions-Rollstuhl, der für sichere Fahrten im Außenbereich ausgestattet sei und eine Reichweite von über 30 Kilometern habe. Dieses Hilfsmittel stelle eine Fortentwicklung des ursprünglich vom Antragsteller begehrten X. Compact dar, und zwar insoweit, dass der ursprüngliche elektrische Stehrollstuhl unter anderem um eine Liege-Lift-Funktion erweitert worden sei. Mit beiden Modellen sollen laut Herstellerprospekt diverse medizinische und gesundheitliche Funktionsverbesserungen erreicht werden. Unzutreffend sei die Rechtsauffassung des Antragstellers, der Versicherer schulde aus der privaten Pflegeversicherung 100 % des medizinisch Erforderlichen. Nach dem Tarif PV betrügen die Leistungen des Versicherers nach der Tarifstufe PVN für versicherte Personen ohne Anspruch auf Beihilfe 100 % der nach den Nummern 1 bis 10 vorgesehenen Beträge. Da der Tarif immer in Verbindung mit den allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Private Pflegeversicherung gelte, müssten zunächst die dort vorgesehenen Leistungsvoraussetzungen vorliegen. Die für Pflegehilfsmittel einschlägige Ziffer 4 im Tarif PVN regle jedoch genau, unter welchen Voraussetzungen ein Anspruch auf Pflegehilfsmittel und technischen Hilfen bestehe. Danach erstatte der Versicherer die im Pflegehilfsmittelverzeichnis der Privaten Pflegepflichtversicherung aufgeführten Hilfsmittel und technischen Hilfen und darüber hinaus nur dann solche Pflegehilfsmittel oder technischen Hilfsmittel, wenn die Voraussetzungen des § 4 Abs. 7 Satz 1 2. Halbsatz MBTTV 1996 erfüllt sind und die Hilfsmittel nicht wegen Krankheit oder Behinderung von der Krankenversicherung oder anderen zuständigen Leistungsträgern zu leisten sind. Zudem seien nach Ziffer 4 des Tarifes ausdrücklich solche Hilfsmittel und technischen Hilfen von der Erstattung aus der Pflegeversicherung ausgeschlossen, die nicht alleine oder jedenfalls schwerpunktmäßig der Pflege, sondern vorwiegend dem Behinderungsausgleich dienen. Damit entspreche die Tarifbestimmung der Vorschrift des § 40 SGB XI sowie der einschlägigen Rechtsprechung des BSG.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf die Gerichtsakten zu diesem Verfahren und die ergänzend herangezogenen Gerichtsakten zu dem einstweiligen Rechtsschutzverfahren L 8 P 42/08 B ER verwiesen, die Gegenstand der Beratung des Senats gewesen sind.

Rechtsweg:

SG Marburg Urteil vom 17.12.2008 - S 7 P 21/07
BSG Urteil vom 09.02.2010 - B 3 P 1/10 C

Quelle:

Sozialgerichtsbarkeit BRD

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte trotz des angekündigten Nichterscheinens des Klägers zum Gerichtstermin die mündliche Verhandlung durchführen und in der Sache entscheiden. Der rechtskundige Kläger hat in seinem Telefaxschreiben vom Vortag des Gerichtstermins keinen Vertagungsantrag gestellt sondern vielmehr zum Ausdruck gebracht, dass er die Sache für ausgeschrieben erachte und eine Entscheidung wünsche. Die Beklagtenvertreterin konnte nicht mehr rechtzeitig von dem letzten Telefaxschreiben des Klägers informiert werden und war deshalb zum Gerichtstermin erschienen. Da ein Antrag auf Entscheidung nach Aktenlage (§ 126 SGG) nicht gestellt wurde, führte der Senat die mündliche Verhandlung durch.

Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat zu Recht der zulässigen Klage des Klägers auf Verpflichtung der Beklagten, ihn mit dem streitigen Hilfsmittel "X. Multiposition" zu versorgen, hilfsweise die Kosten für dessen Anschaffung zu übernehmen, nicht stattgegeben. Der Kläger hat keinen im Sozialrechtsweg zu verfolgenden Anspruch gegen die Beklagte hierauf.

Aus dem Pflegeversicherungsverhältnis steht dem Kläger kein solcher zu. Gemäß § 178 b Abs. 4 VVG haftet der Versicherer im Falle der Pflegebedürftigkeit im vereinbarten Umfang für Aufwendungen, die für die Pflege der versicherten Person entstehen (Pflegekostenversicherung) oder er leistet das vereinbarte Tagegeld (Pflegetagegeldversicherung). Der Leistungsumfang der hier vorliegenden Pflegekostenversicherung bestimmt sich demgemäß nach den im Versicherungsvertrag vereinbarten Konditionen. Für die "Leistungen der häuslichen Pflege" ist die Regelung des § 4 MB/PPV 1996 maßgeblich. Nach § 4 Abs. 7 MB/PPV haben versicherte Personen gemäß Nr. 4 des Tarifes PV Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen für Pflegehilfsmittel und technische Hilfen oder deren leihweise Überlassung, wenn und soweit die Pflegehilfsmittel und technischen Hilfen zur Erleichterung der Pflege oder zur Linderung von Beschwerden der versicherten Personen beitragen oder ihr eine selbständigere Lebensführung ermöglichen und die Versorgung notwendig ist. Nach der angeführten Regelung des Nr. 4 des Tarifes PV sind erstattungsfähig die Aufwendungen für die in dem Pflegehilfsmittelverzeichnis der privaten Pflegepflichtversicherung aufgeführten Pflegehilfsmittel und technischen Hilfen. Im Pflegehilfsmittelverzeichnis der privaten Pflegepflichtversicherung sind zur Erleichterung der Pflege u. a. Pflegebetten mit Zubehör (Ziff. 1.2), Pflegeliegestühle (Ziff. 1.2.5), ferner als Pflegehilfsmittel zur Linderung von Beschwerden Sitzhilfen (Ziff. 4.1.1), Liegehilfen (Ziff. 4.1.2) aufgeführt. In Bezug auf die Mobilität sind, was das Bundessozialgericht bereits in seinem den Kläger betreffenden Urteil vom 10. November 2005 (B 3 P 10/04 R) hervorgehoben hat, lediglich fremdbedienbare Elektrorollstühle (Ziff. 1.4.2) und ansonsten Zimmerrollstühle (Ziff. 1.3.1) und schließlich Schieberollstühle (Ziff. 1.4.1) ausgewiesen. Hingegen führt das Pflegehilfsmittelverzeichnis der Beklagten weder das begehrte Hilfsmittel "X. Multiposition" noch vergleichbare Geräte als Hilfsmittel auf. Dies gilt auch unter Berücksichtigung dessen, dass das Pflegehilfsmittelverzeichnis auch eine Rubrik mit "Pflegehilfsmittel zur selbständigeren Lebensführung/Mobilität" (Ziff. 3.1.1) ausweist. Aber auch unter dieser Rubrik ist das streitgegenständliche Gerät nicht aufgeführt. Wie das Bundessozialgericht in seinem Urteil vom 10. November 2005 überzeugend dargelegt hat, sind die zum Vertragsinhalt gewordenen Versicherungsbedingungen auch verbindlich, weil sie nicht gegen höherrangiges Recht verstoßen. Sie stehen insbesondere im Einklang mit den Vorschriften des VVG sowie auch mit den Vorgaben nach dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Die Regelungen des § 4 MB/PPV 1996 und in seiner aktuellen Fassung stehen auch mit § 23 Abs. 1 S. 2 SGB XI in Einklang. Diese Norm sieht vor, dass ein Vertrag der privaten Pflegeversicherung ab dem Zeitpunkt des Eintritts der Versicherungspflicht für den Versicherungsnehmer Vertragsleistungen vorsehen muss, die nach Art und Umfang den Leistungen des Vierten Kapitels (§ 28 bis § 45 SGB XI) gleichwertig sind. Dabei tritt an die Stelle des Sachleistungsanspruchs eine der Höhe nach gleiche Kostenerstattung (§ 23 Abs. 1 S. 3 SGB XI).

Maßstab für die Frage der Gleichwertigkeit des Leistungsanspruches ist § 40 Abs. 1 SGB XI. Danach haben Pflegebedürftige der sozialen Pflegeversicherung Anspruch auf Versorgung mit Pflegehilfsmitteln, die zur Erleichterung der Pflege oder zur Linderung der Beschwerden des Pflegebedürftigen beitragen oder ihm eine selbständigere Lebensführung ermöglichen, soweit die Hilfsmittel nicht wegen Krankheit oder Behinderung von der Krankenversicherung oder anderen zuständigen Leistungsträgern zu leisten sind. Aus § 40 SGB XI ist zu entnehmen, dass Pflegehilfsmittel zum einen zum Verbrauch bestimmte und vorrangig leihweise zu überlassende technische Hilfsmittel darstellen.

Zur Überzeugung des Senats steht fest, dass das Hilfsmittel "X. Multiposition" kein technisches Pflegehilfsmittel ist sondern ein Hilfsmittel darstellt, das im Rahmen der Mobilitätsverschaffung und zur Verbesserung von Krankheitssymptomen eingesetzt wird, z. B. zur Kontrakturprophylaxe für die Gelenke und zur Schmerzlinderung indem einseitige Fehlbelastungen durch ständiges Sitzen vermindert werden. Weiter vermag die mit dem Hilfsmittel dem Benutzer eröffnete Möglichkeit, selbständig eine aufrechte Haltung einzunehmen, zur Vermeidung von Hautdruckgeschwüren, zur Osteoporose- und Thromboseprophylaxe und zu einer verbesserten Verdauungs- und Atemsituation beitragen. Soweit der Kläger mit diesem Hilfsmittel selbständig innerhalb der Wohnung über die Aufrichtfunktion erhöhte Gegenstände erreichen oder höher angebrachte technische Apparaturen nutzen und bedienen kann, sind Aspekte des Behinderungsausgleiches betroffen. Sie sind ebenfalls nicht dem Pflegebereich zuzuordnen. Insbesondere für den Transfer im Zusammenhang mit Verrichtungen der Körperpflege, wie etwa dem Aufsuchen der Toilette oder dem Aufrichten aus dem Bett oder dem Umlagern, stehen besser geeignete Hilfsmittel zur Verfügung wie der Sachverständige Dr. MJ. in seinem Gutachten ausführlich und nachvollziehbar begründet dargelegt hat. Der Senat hat keinen Anlass an der Erfahrung und Kompetenz des Gutachters für die Beurteilung dieser Aspekte zu zweifeln. Als Neurologen und Arzt für Rehabilitationswesen, der in der Abteilung Neurologie der G. Klinik H. tätig ist, sind dem Gutachter schwere Funktionsbeeinträchtigungen durch neurologische Erkrankungen wie die beim Kläger bestehende MS-Erkrankung und die zur Kompensation der Funktionsstörungen eingesetzten Hilfsmittel vertraut. Dr. MJ. hat in seinem Gutachten auch ausdrücklich dargelegt, ihm sei der Steh-Rollstuhl der Firma X. nicht nur aus Modellvorführungen in der G. Klinik sondern auch aus eigenen Verordnungen in seinen Funktionen bekannt.

Der Senat folgt dem Sozialgericht auch in dessen Darlegung, dass keine Notwendigkeit für eine schriftliche oder mündliche Erläuterung des Gutachtens bestehe, da die entscheidungserheblichen Ausführungen in dem Gutachten klar und deutlich seien. Schließlich hat der Kläger weder im erstinstanzlichen noch im Berufungsverfahren diejenigen Punkte benannt, welche seiner Auffassung zufolge der weiteren Aufklärung bedürften und auch nicht ansatzweise die vom Gutachter noch zu beantwortenden Fragen formuliert. Dem letzten Hilfsantrag des Klägers war daher nicht stattzugeben.

Schließlich sprechen auch die Ausführungen der ärztlichen Leiterin der Q. Klinik Neurologie und Fachärztin für Neurologie sowie für Rehabilitative Medizin, Rehabilitationsmedizin Frau Dr. R. vom 30. Juli 2009 zur Begründung der Notwendigkeit der Versorgung des Klägers mit einem Multifunktionselektrorollstuhl des Modells M. der Firma O. für die Richtigkeit der Beurteilung des gerichtlichen Sachverständigen. Frau Dr. R. führt aus, die Stehvorrichtung des Hilfsmittels beuge der Entkalkung der Knochen und der Bildung von Kontrakturen der Hüft-, Knie- und Fußgelenke vor, unterstütze den Abfluss aus den Nieren, trainiere den Kreislauf und verbessere Atmung, Verdauung und Blasenfunktion. Die elektrische Liegefunktion ermögliche Dehnungsübungen sowie das Einnehmen einer Stellung, in welcher Muskulatur und Gelenke entlastet würden. Dies diene der Prophylaxe in Bezug auf Kontrakturen, Skoliose, Störungen im Bereich des Herzens und der Lunge. Weiter könne durch die mit diesem Hilfsmittel einnehmbare Liegeposition der venöse Rückfluss verbessert werden. Der mit dem M. erreichbare biomechanische Längenausgleich bei der Steh-/Sitzfunktion ermögliche auch eine korrekte Sitzposition und entlaste damit die Wirbelsäule. Da das von Dr. R. beschriebene Modell M. der Firma O. im Kern die gleichen Grundfunktionen aufweist wie das vom Kläger begehrte Hilfsmittel X. Multiposition, gilt auch insoweit, dass bei diesem Hilfsmitteltyp der Schwerpunkt der Nutzbarkeit auf der Mobilitätsverschaffung und der Verbesserung von Krankheitssymptomen liegt. Allein dadurch, dass die mit diesem Hilfsmittel erreichbare Sitzhöhenverstellung zur Pflege von Vorteil ist, wie Frau Dr. R. ausführt, macht es nicht zu einem echten Pflegehilfsmittel. Die bloße Erleichterung des Transfers genügt nicht, wie Dr. MJ. in seinem Sachverständigengutachten für den Senat überzeugend dargelegt hat, da für den Transfer zu Zwecken der Körperpflege besser geeignete Hilfsmittel zur Verfügung stehen.

Somit stehen im Ausgangsfall Versorgungsziele im Vordergrund, für die nach § 40 Abs. 1 S. 1 SGB XI i.V.m. § 33 Abs. 1 S. 1 SGB V vorrangig die gesetzliche Krankenversicherung einzustehen hat. Dies gilt ungeachtet dessen, dass ein solches Gerät geeignet ist, zur Erleichterung der Pflege beizutragen und eine selbständigere Lebensführung zu ermöglichen. Dieser Aspekt ist aber nur Folge der Krankheitsbehandlung und ändert nichts daran, dass ein solches Hilfsmittel allein der Leistungspflicht der Krankenversicherung zuzuordnen ist; denn diese Eigenschaft kommt mehr oder weniger allen Hilfsmitteln zu, die therapeutischen Zwecken dienen und als Hilfsmittel gemäß § 33 SBG V von der gesetzlichen Krankenversicherung zu leisten sind. Um ein reines Pflegehilfsmittel, das der gesetzlichen Krankenversicherung nicht zugerechnet werden kann, handelt es sich nur dann, wenn es im konkreten Fall allein oder jedenfalls schwerpunktmäßig der Erleichterung der Pflege dient (vgl. neben dem Urteil des BSG vom 10. November 2005, die diese Sichtweise bestätigenden Urteile vom 6. September 2007 - B 3 P 3/06 R - und 15. November 2007 - B 3 A 1/07 R).

Wie das Bundessozialgericht bereits in seinem den Kläger betreffenden Urteil vom 10. November 2005 entschieden und in dem Urteil vom 6. September 2007 (B 3 P 3/06 R) bekräftigt hat, gilt diese Abgrenzung auch dann, wenn die Krankenversicherung etwa wegen des Fehlens eines privaten Versicherungsschutzes - im konkreten Fall nicht einzutreten hätte. Aus § 40 Abs. 1 S 1 SGB XI folgt nicht, dass zwischen der Krankenversicherung und der Pflegeversicherung ein Vorrang-Nachrang-Verhältnis in der Weise besteht, dass ein Überschneidungsbereich zustandekommt, in dem grundsätzlich beide Leistungsträger für Hilfsmittel zuständig sind, wobei die Leistungspflicht der Pflegekasse vergleichbar der Sozialhilfe subsidiär eintritt, wenn im Einzelfall kein vorrangiger Versicherungsschutz besteht. Es kommt nur die Zuständigkeit des einen oder des anderen Leistungsträgers in Betracht. Welcher Leistungsträger im Einzelnen für Hilfsmittel zuständig ist, richtet sich im Zweifel nach dem Schwerpunkt der Zweckbestimmung. Besteht danach eine Leistungslücke im Bereich der privaten Krankenversicherung, so ist diese nicht von der privaten Pflegeversicherung zu schließen.

Entgegen der Auffassung des Klägers ergibt sich auch aus der sog. Subsidiaritätsklausel des § 40 Abs. 1 Satz 1 letzter Halbsatz SGB XI nicht, dass die Beklagte für das streitgegenständliche Hilfsmittel leistungspflichtig ist. Gemäß dieser Norm besteht der Anspruch auf Versorgung mit Hilfsmitteln nur, soweit diese nicht wegen Krankheit oder Behinderung von der Krankenversicherung oder anderen zuständigen Leistungsträgern zu erbringen sind. Diese Norm ist aber nicht in der vom Kläger vorgetragenen Weise zu verstehen, dass die Pflegepflichtversicherung immer bereits dann Pflegebedürftige mit Hilfsmitteln zu versorgen hätte, wenn diese Hilfsmittel nicht von anderen Leistungsträgern, insbesondere der Krankenversicherung, erlangbar sind. Die Frage der Abgrenzung von Zuständigkeiten der Pflegepflichtversicherung und anderer Leistungsträger stellt sich immer nur dann, wenn Hilfsmittel im Sinne des pflegeversicherungsrechtlichen Hilfsmittelbegriffes vorliegen, also die beanspruchten Hilfsmittel im konkreten Fall allein oder doch jedenfalls "schwerpunktmäßig", d. h. "ganz überwiegend" der Erleichterung der Pflege dienen oder zur Linderung der Beschwerden des Pflegebedürftigen beitragen oder diesem eine selbständigere Lebensführung ermöglichen. Diese Zweckbestimmung ist bei dem von dem Kläger begehrten Multifunktionsstehrollstuhl gerade nicht erfüllt. Bei dem streitgegenständlichen Hilfsmittel handelt es sich auch nicht um ein sog. doppelfunktionales Hilfsmittel, das zumindest im gleichen Maße neben den Therapiezwecken zugleich den Zwecken des § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB XI zugute kommt. Wie bereits dargelegt, stehen die Verhinderung eines Fortschreitens der krankheitsbedingten Ausfälle von Körperfunktionen sowie die Schmerzlinderung völlig im Vordergrund. Der in § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB XI angeordnete Nachrang der Hilfsmittelversorgung aus der Pflegepflichtversicherung spricht wiederum dafür, den Begriff des Pflegehilfsmittels eng zu ziehen. Würde nämlich jede noch so geringe Förderung pflegerischer Zwecke bereits die Leistungspflicht der Pflegekassen nach sich ziehen, so würde sich die gesetzlich angeordnete Nachrangigkeit der Hilfsmittelversorgung durch die Pflegepflichtversicherung in ihr Gegenteil verkehren. Für die Beschränkung des Anspruches aus § 40 Abs. 1 SGB XI auf "reine" Pflegehilfsmittel spricht weiter, das die Pflegeversicherung nach der Krankenversicherung geschaffen wurde, ohne dass dabei die Vorschriften des SGB V über die Hilfsmittelversorgung verändert, geschweige denn in ihrem Leistungsumfang beschnitten wurden. Dies ergibt sich sowohl aus der Fassung des § 40 Abs. 1 SGB XI und des § 78 Abs. 2 Satz 2 SGB XI als auch aus der Entstehungsgeschichte des SGB XI.

Die Leistungspflicht der Pflegekassen sollte lediglich ergänzend dort einsetzen, wo das Recht der Krankenversicherung für bestimmte Hilfsmittel keine Leistungspflicht vorsah, wie z. B. beim Pflegebett (vgl. die Nachweise in dem Urteil des BSG vom 15. November 2007, B 3 A 1/07 R). Die wesentliche Änderung, die mit der Schaffung des SGB XI durch das Gesetz zur sozialen Absicherung des Risikos der Pflegebedürftigkeit (Pflege-Versicherungs-Gesetz) vom 26. Mai 1994 bewirkt wurde, betraf nicht die Hilfsmittelversorgung, sondern die Weiterentwicklung der bis dahin in den §§ 53 ff. SGB V - diese sind am 1. April 1995 aufgrund des Pflegeversicherungsgesetzes außer Kraft getreten - enthalten gewesenen Leistungsansprüche für den Fall der Schwerpflegebedürftigkeit.

Den Ausgangspunkt des neugeschaffenen Leistungssystems bildet die häusliche Pflege, die Vorrang vor stationärer Pflege hat. Die häuslichen Pflegeleistungen wurden in § 36 Abs. 1 Satz 1 SGB XI ausdrücklich als Sachleistungen vorgesehen. An ihrer Stelle kann jedoch eine Geldleistung, das sog. Pflegegeld für selbstbeschaffte Pflegehilfen in Anspruch genommen werden. Ferner wurde durch § 43 SGB XI die weitere Grundleistung vollstationäre Pflege eingeführt, und zu diesen Grundleistungsarten traten dann noch einige weitere, die auf spezielle Bedarfssituationen abzielen, nämlich häusliche Pflege bei Verhinderung der Pflegeperson (§ 39 SGB XI, Pflegehilfsmittel und technische Hilfen (§ 40 SGB XI), Tagespflege und Nachtpflege (§ 41 SGB XI), Kurzzeitpflege als vollstationäre Pflege, § 42 SGB XI), Leistungen zur sozialen Sicherung der Pflegepersonen (§ 44 SGB XI) sowie Pflegekurse für Angehörige und ehrenamtlich tätige Pflegepersonen (§ 45 SGB XI). Aus der Gesetzgebungsentwicklung und dem Leistungssystem des SGB XI ergibt sich - entgegen der Auffassung des Klägers - allerdings auch, dass die Pflegepflichtversicherung keine echte Vollversicherung gegen das Risiko der Pflegebedürftigkeit darstellt und keinen vollen Bedarfsausgleich gewährt. An die Stelle eines am tatsächlichen Bedarf orientierten Leistungsumfangs tritt ein pauschalisierter Leistungsumfang. Zwar geht das Gesetz davon aus, dass der Umfang des Hilfebedarfes der Pflegebedürftigen durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen zu ermitteln ist (§ 18 SGB XI). Dieser Feststellung des Umfanges des Hilfebedarfes folgt allerdings dann lediglich eine Klassifizierung der Pflegebedürftigen nach drei (bzw. bei gesonderter Berücksichtigung der Härtefallregelung: vier) Stufen der Pflegebedürftigkeit (§ 15 SGB XI). Innerhalb der einzelnen Stufen darf der Umfang der gewährten Sachleistungen die gesetzlich festgelegten wertmäßigen Grenzen nicht überschreiten. In Bezug auf das an die Stelle der Sachleistungen tretende Pflegegeld hat sich der Gesetzgeber von vornherein zu einer pauschalen Festlegung der Leistungshöhe innerhalb der einzelnen Stufen der Pflegebedürftigkeit entschieden (§ 37 SGB XI). Weiter wurde durch die konsequente Orientierung am Konzept der Beitragssatzstabilität (vgl. § 70 SGB XI sowie die kritische Analyse dazu bei Schulin, NZS 1994, 433, 443) im Kern eine Begrenzung der sozialen Pflegeversicherung auf eine "Grundversorgung" bewirkt (vgl. Wasem, in: Schulin, Handbuch des Sozialversicherungsrechtes, Band IV Pflegeversicherungsrecht, 1997, § 2 Rz. 80 ff.).

Weder in Bezug auf die Versorgung mit Hilfsmitteln noch in sonstiger Weise ergibt sich aus den gesetzlichen Vorschriften, der Systematik und der Entstehungsgeschichte, dass - wie der Kläger meint - die Einführung der Pflegeversicherung zu ausgeweiteten Leistungspflichten in Bezug auf Risiken und Schadensfällen geführt habe, die nach herkömmlichen Verständnis dem Verantwortungsbereich der Krankenversicherung unterliegen. Insbesondere hat die Einführung des SGB XI nicht bewirkt, dass bislang privat Krankenversicherte und in Folge des SGB XI zum Abschluss einer privaten Pflichtversicherung verpflichtete Personen hinsichtlich ihres Leistungsanspruches auf Hilfsmittel, die keine Pflegehilfsmittel darstellen, denjenigen Personen gleichzustellen sind, die in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert sind. Rechtsirrig ist insbesondere die Vorstellung des Klägers, die private Pflegepflichtversicherung müsste Leistungen erbringen, die überhaupt nicht in den Verantwortungsbereich der Pflegeversicherung fallen, weil er diese Leistungen aus seiner privaten Krankenversicherung nicht erhalten könne. Für die von dieser Argumentation vorausgesetzte und behauptete Verlagerung von Zuständigkeiten für bereits vor Einführung der Pflegepflichtversicherung bestehende Leistungspflichten aus dem Krankenversicherungsbereich auf die Pflegekassen gibt es keinerlei Anhaltspunkte. Gegen eine solche Sichtweise und Rechtsauslegung sprechen die einschlägigen Normen, die Gesetzessystematik und auch die Entstehungsgeschichte des SGB XI. So lassen die Normtexte des § 40 Abs. 1 SGB XI und des § 78 Abs. 2 SGB XI den Rückschluss auf eine vom Gesetzgeber bezweckte und angeordnete Zuständigkeitsverlagerung nicht zu. Eine solche Zuständigkeitsverlagerung hätte zudem den - nicht beabsichtigten - Nachteil gehabt, dass Versicherte, deren Pflegebedarf nicht den Mindestwert für die Grundpflege von "mehr als 45 Minuten" für die Pflegestufe I (§ 15 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 SGB XI) erreicht, einen Versicherungsanspruch auf die Gewährung von Hilfsmitteln verloren hätten.

Auch aus § 23 Abs. 1 Satz 2 und 3 SGB XI lässt sich die vom Kläger behauptete Zuständigkeitsverlagerung nicht ableiten. Das sog. Gleichwertigkeitsgebot dieser Norm gibt vor, dass die private Pflegepflichtversicherung Vertragsleistungen vorsehen muss, die nach Art und Umfang den Leistungen des 4. Kapitels des SGB XI (§ 28 ff.) gleichwertig sind. Das gilt für die Leistungsvoraussetzungen, die Leistungsstufen und die Leistungshöhe. An die Stelle der Sachleistungen tritt nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Satz 3 SGB XI allerdings die Kostenerstattung. Auch im Hinblick auf den persönlichen und zeitlichen Umfang der Leistungen gilt das Gleichwertigkeitsgebot. Dieses war die notwendige Folge des vom Gesetzgeber im Streit um eine privatversicherungsrechtliche oder sozialversicherungsrechtliche Lösung gewählten Kompromisses. Dieser besteht in der Wahl der gespaltenen Pflegeversicherung. Wie im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung hat sich der Gesetzgeber für eine Zweigleisigkeit der Pflegeversicherung entschieden. Neben der öffentlich-rechtlich organisierten sozialen Pflegeversicherung steht die private Pflege-Pflichtversicherung. Dabei folgt die Pflegeversicherung der Krankenversicherung. Der sozialen Pflegeversicherung gehören diejenigen an, die in der gesetzlichen Krankenversicherung tatsächlich versichert sind, auch die freiwillig Versicherten. Alle privat Krankenversicherten werden Mitglieder einer privaten Pflegeversicherung (§ 1 Abs. 2 SGB XI). § 23 Abs. 1 SGB XI bestimmt hierzu weiter, dass bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen mit einem Anspruch auf allgemeine Krankenhausleistungen Versicherte verpflichtet sind, grundsätzlich bei diesem Unternehmen zur Absicherung des Risikos der Pflegebedürftigkeit einen Versicherungsvertrag abzuschließen.

Das Bundesverfassungsgericht hat die Vorschriften des Pflege-Versicherungsgesetzes über die Verpflichtung privat Krankenversicherter zum Abschluss und zur Aufrechterhaltung privater Pflegeversicherungsverträge als verfassungsgemäß eingeordnet, weil diese durch die Gesetzgebungskompetenz des Bundesgesetzgebers in Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG gedeckt sind und auch der mit der gesetzlichen Verpflichtung zum Abschluss und zur Aufrechterhaltung eines privaten Pflegeversicherungsvertrages verbundene Eingriff in das Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG verfassungsgemäß ist (BVerfG, Urteil vom 3. April 2001, 1 BvR 2014/95). Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung weiter dargelegt, dass das dem SGB XI unterliegende gesetzgeberische Gesamtkonzept einer möglichst bürgerumfassenden sozialen Absicherung des Risikos der Pflegebedürftigkeit durch die soziale Pflegeversicherung und die private Pflege-Pflichtversicherung und seine Verwirklichung auf der Grundlage von Regelungen, die aus verschiedenen Gesetzgebungskompetenzen des Bundes beruhen, keinen verfassungsrechtlichen Bedenken begegne. Soweit der durch Pflegebedürftigkeit hervorgerufene Hilfsbedarf finanzielle Aufwendungen notwendig mache, sei es ein legitimes Konzept des zur sozialpolitischen Gestaltung berufenen Gesetzgebers, die dafür notwendigen Mittel auf der Grundlage einer Pflichtversicherung sicherzustellen, die im Grundsatz alle Bürger als Volksversicherung erfasse. Es hat in diesem Zusammenhang zu Recht darauf verwiesen, dass die Pflegeversicherung keine Vollversicherung darstellt, d. h. die Leistungen nicht so gestaltet sind, dass sie in jedem Fall den konkreten Bedarf des Versicherten abdecken (vgl. dazu, dass der Gesetzgeber in der Pflegeversicherung nur das Konzept einer sozialen Grundsicherung verwirklichen wollte auch Fuchs, in: Schulin, Band 4, Pflegeversicherungsrecht, 1997, § 5 Rz. 17, 42 ff.). Mit seiner Einordnung der privaten Pflege-Pflichtversicherung als einer Mindestversicherung, die dem privaten Versicherungsrecht jedoch nicht fremd sei, bestätigt und rechtfertigt das Bundesverfassungsgericht die Konzeption einer nur fragmentarischen Sicherung des Pflegebedarfes durch das SGB XI.

Die Überantwortung des Risikos der Pflegebedürftigkeit bestimmter Personengruppen an die Privatversicherung konnte allerdings nicht ohne Einschnitte in privatversicherungsrechtliche Prinzipien erfolgen. Im Gegensatz zur Sozialversicherung, die von jeher Elemente des sozialen Ausgleichs aufweist, ist die Privatversicherung grundsätzlich dem versicherungstechnischen Äquivalenzprinzip verpflichtet, d. h. Prämien- und Gefahrtragungsleistung der Versicherten müssen gleichwertig sein. Bei strenger Anwendung des Äquivalenzprinzips hätte die Privatversicherung die Aufgabe einer Pflegeversicherung nicht übernehmen können. So hätten etwa bereits Pflegebedürftige oder Personen mit einem Risiko des Eintritts von Pflegebedürftigkeit keinen oder nur einen sehr teuren privaten Versicherungsschutz erhalten können. Es mussten deshalb Abweichungen vom Äquivalenzprinzip vorgenommen werden, um eine sozialverträglich Lösung zu ermöglichen. Die gebotene Modifizierung der herkömmlichen Grundsätze aus dem Privatversicherungsrecht leistet insbesondere die Gleichwertigkeitsklausel des § 23 Abs. 1 SGB XI. Aus ihr folgt zum einen, dass sich der Leistungsanspruch auch auf diejenigen Personen erstrecken muss, für die in der sozialen Pflegeversicherung eine Familienversicherung besteht. Die geforderte Gleichwertigkeit verlangt zudem, dass bei ambulanter oder stationärer Pflege entweder Geldleistungen erbracht oder Kosten für Sachleistungen erstatten werden und zwar in der Höhe, wie sie in der sozialen Pflegeversicherung für die jeweilige Stufe der Pflegebedürftigkeit vorgesehen sind. § 23 Abs. 6 Nr. 1 SGB XI verpflichtet die privaten Versicherungsunternehmen, für die Feststellung der Pflegebedürftigkeit sowie für die Zuordnung zu einer Pflegestufe, dieselben Maßstäbe anzulegen, wie sie in der sozialen Pflegerversicherung gelten. Weitere Abweichungen von den für Privatversicherer im Gesundheitsbereich in der Bundesrepublik im Übrigen typischen Gestaltungsmerkmale ergeben sich aus § 110 Abs. 1 Nr. 1 SGB XI, der einen Kontrahierungszwang für private Versicherungsunternehmen vorgibt, wenn sie die Pflegeversicherung betreiben. Eine Risikoprüfung findet nur vorgelagert mit der Risikoprüfung bei Abschluss des privaten Krankenversicherungsvertrages statt. Nach § 110 Abs. 1 Nr. 2a - g SGB XI dürfen in Verträgen der privaten Pflegepflichtversicherung der Ausschluss von Vorerkrankungen der Versicherten oder bereits pflegebedürftiger Personen, längere Wartezeiten als in der sozialen Pflegeversicherung sowie eine Staffelung der Prämien nach Geschlecht und Gesundheitszustand der Versicherten nicht vorgesehen werden. Diese Einschränkungen der Vertragsfreiheit bestehen nach § 110 Abs. 2 SGB XI bei dem Abschluss von Pflegeversicherungsverträgen mit Personen, die bereits vor dem In-Kraft-Treten des PflegeVG privat krankenversichert waren.

Das aufgezeigte Regelungskonzept des Gesetzgebers zur Einführung der Pflegepflichtversicherung und die aufgezeigten Normen zur Modifizierung von Strukturprinzipien der allgemeinen Privatversicherung erweisen somit, dass die private Pflegepflichtversicherung auf dem Konzept der privaten Krankenversicherung fußt, jedoch die Einführung der privaten Pflegepflichtversicherung nicht zu einer Erweiterung des Versicherungsschutzes privat Versicherter für das Risiko der Krankheit und der infolge von Behinderung und Krankheit benötigen Hilfsmittel geführt hat. Insbesondere kann das Gleichwertigkeitsgebot des § 23 Abs. 1 Satz 2 SGB XI nur dahin verstanden werden, dass es die Gleichwertigkeit der Vertragsleistungen der privaten Pflegepflichtversicherung mit denen der sozialen Pflegeversicherung verlangt. Normtext, Gesetzessystematik und Gesetzeshistorie sprechen gegen eine Gesetzesauslegung, die bewirkte, dass privat Pflegepflichtversicherte gesetzlich Krankenversicherten gleichzustellen sind. Insbesondere kann dies nicht in der Weise gelten, dass die private Pflegepflichtversicherung dann Leistungen zu erbringen hätte, die überhaupt nicht in den Verantwortungsbereich beider Zweige der Pflegepflichtversicherung fallen, weil es nicht um die Absicherung eines vorrangig aus dem verwirklichten Risiko der Pflegebedürftigkeit resultierenden Bedarf geht.

Diese vom Senat bereits in seinen zwischen den Beteiligten ergangenen Urteilen vom 24. April 2008 (L 8 P 7/07, L 8 P 8/07 und L 8 P 9/07) dargelegte Rechtslage hat auch das Bundessozialgericht in den die Revisionsnichtzulassungsbeschwerden des Klägers verwerfenden Beschlüssen vom 20. November 2008 (B 3 P 19/08 B zu L 8 P 8/07) und 2. Dezember 2008 (B 3 P 18/08 B zu L 8 P 7/07; B 3 P 20/08 B zu L 8 P 9/07) zu Grunde gelegt. In seinem Beschluss vom 20. November 2008 führt das Bundessozialgericht aus: "Die Pflegeversicherung ist nicht eintrittspflichtig für Hilfsmittel, die nach ihrer Funktion und ihrem Zweck in den Zuständigkeitsbereich der Krankenversicherung fallen, es dort aber - aus welchen Gründen auch immer - an den leistungsrechtlichen Voraussetzungen fehlt. Ein gesetzliches Gleichwertigkeitsgebot zwischen privatem und öffentlich-rechtlichem Versicherungsschutz gibt es nur bei der Pflegeversicherung (§ 23 Abs. 1 SGB XI), nicht aber bei der Krankenversicherung (BSG, Urteil vom 10.11.2005 - B 3 P 10/04 R - SozR 4-3300 § 40 Nr. 2; Urteil vom 06.09.2007 - B 3 P 3/06 R - SozR 4-3300 § 40 Nr. 6; Urteil vom 15.11.2007 - B 3 A 1/07 R - SozR 4-2500 § 33 Nr. 16).

Entgegen der Auffassung des Klägers ergibt sich aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 10. Juni 2008 im Verfahren "Reform der gesetzlichen und privaten Krankenversicherungen" (Verfahren 1 BvR 706/08; 1 BvR 814/08; 1 BvR 819/08; 1 BvR 832/08; 1 BvR 837/08) mit dem die Verfassungsbeschwerden von Unternehmen der privaten Krankenversicherung und privat krankenversicherter Personen gegen Vorschriften des Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 26. März 2007 (GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz) und gegen Normen des Gesetzes zur Reform des Vertragsversicherungsgesetzes vom 23. November 2007 zurückgewiesen worden sind, nichts anderes. Soweit das Bundesverfassungsgericht durch die angegriffenen Regelungen einen Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit der Unternehmen der privaten Krankenversicherung bejaht, hält es diesen durch das Ziel gerechtfertigt, allen Bürgern einen bezahlbaren Krankenversicherungsschutz zu gewähren. Dieser ist jedoch in seinem nunmehr auch für privat Versicherte eröffneten Basistarif, für den zudem eine hohe Prämie von rund 570 Euro monatlich bezahlt werden muss, deutlich eingeschränkt und bietet in seinen zentralen Leistungen nicht den üblichen Leistungsumfang der Normaltarife der privaten Krankenversicherung. Auch aus dem Umstand, dass das Bundesverfassungsgericht die Verpflichtung der Krankenversicherungsunternehmen durch Gesetz, ihren Versicherten selbst im Falle des Zahlungsverzugs eine Notversorgung erbringen zu müssen, durch das Sozialstaatsprinzip und legitime Gemeinwohlinteressen für verfassungskonform einstuft, kann nicht hergeleitet werden, privat Krankenversicherte müssten im Hinblick auf die Hilfsmittelversorgung mit Versicherten in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung gleichgestellt werden. Von Verfassungs wegen ist die vom Kläger verlangte und aus seinem privaten Versicherungsvertrag nicht herzuleitende Vollversicherung nicht geboten. Insbesondere führt die Leistungsversagung nicht zu einem verfassungswidrigen Eingriff in die Schutzbereiche von Art. 2 Abs. 2 S. 1, Art. 3 Abs. 1 und Abs. 3 S. 2 GG. Aus Art. 3 Abs. 3 S. 2 GG lassen sich unmittelbar keine konkreten Leistungsansprüche auf Hilfsmittel ableiten (vgl. BSG SozR 4-2500, § 33 Nr. 6 m.w.N. aus der Rechtsprechung).

Über mögliche Ansprüche des Klägers auf Übernahme der Kosten für das beanspruchte Hilfsmittel des Typs "X. Multiposition" aus der mit dem Beklagten abgeschlossenen privaten Krankenversicherung hat der Senat nicht zu entscheiden. Die Beurteilung dieser Frage ist ausschließlich den Zivilgerichten vorbehalten. Die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit sind gemäß § 51 Abs. 1 S. 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG - grundsätzlich zur Entscheidung über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten berufen. In Angelegenheiten der Pflegeversicherung ist dies nach § 51 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG ausnahmsweise anders. Danach entscheiden die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit in Angelegenheiten der Pflegeversicherung nach dem SGB XI auch dann, wenn die Pflegepflichtversicherung bei einem Unternehmen der privaten Pflegeversicherung durchzuführen ist und Ansprüche aus dem privatrechtlichen Pflegeversicherungsvertrag streitig sind. Für Rechtsstreitigkeiten aus der privaten Krankenversicherung besteht eine vergleichbare Regelung indessen nicht (vgl. BSG, Urteil vom 6. September 2007 - B 3 P 3/06 R sowie die Ausführungen des Senats in dem zwischen den Beteiligten ergangenen Urteil vom 24. April 2008, L 8 P 8/07 - Übungsgerät S.).

Die Berufung war daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision lagen nicht vor.

Referenznummer:

R/R4730


Informationsstand: 17.08.2010