Die Beteiligten streiten um die Gewährung einer Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben.
Die 1964 geborene Klägerin hat keinen Beruf erlernt. Sie war im wesentlichen von August 1980 bis Juli 1982 als Fleisch- und Wurstverkäuferin, 1983 als Altenpflegehelferin (ABM), 1989 als Bestückerin, von 1989 bis 1991 als Fleisch- und Wurstverkäuferin, von Ende 1999 bis Februar 2002 als Taxifahrerin und schließlich von März 2002 bis zum Eintritt ihrer Arbeitsunfähigkeit Anfang September 2002 als Altenpflegehelferin tätig. Zwischen diesen Beschäftigungszeiten war die Klägerin als Hausfrau mit der Erziehung ihrer Kinder beschäftigt und zeitweise auch arbeitslos. Seit der Beendigung des letzten Beschäftigungsverhältnisses ist die Klägerin arbeitslos.
Die Klägerin befand sich im Oktober/November 2002 und nochmals im April 2003 zur stationären Rehabilitation im Reha-Zentrum B E. Im Reha-Entlassungsbericht vom 7. Mai 2003 wurden rezidivierende Lumbalgien bei Fehlhaltung der Wirbelsäule, belastungsabhängige Coxalgien links bei initialer Coxarthrose, belastungsabhängige Gonalgien links bei initialer Gonarthrose, eine Hypercholesterinämie sowie einer Hyperurikämie diagnostiziert. Die Klägerin wurde für fähig erachtet, ihre bisherige Tätigkeit als Altenpflegehelferin noch drei bis unter sechs Stunden zu verrichten. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könne sie noch körperlich leichte bis mittelschwere Arbeiten unter weiteren Einschränkungen sechs Stunden und mehr verrichten.
Die Klägerin beantragte am 8. Mai 2003 bei der Beklagten die Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben. Ihre bisherige Tätigkeit als Altenpflegehelferin, die mit schwerem Heben und Tragen sowie mit häufigem Gehen und Bücken verbunden sei, könne sie auf Grund ihrer gesundheitlichen Beeinträchtigungen nicht mehr ausüben. Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 20. Mai 2003 mit der Begründung ab, die Erwerbsfähigkeit der Klägerin sei nicht erheblich gefährdet oder gemindert, weil sie in der Lage sei, eine zumutbare Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt weiterhin auszuüben.
Dagegen erhob die Klägerin im Wesentlichen mit der Begründung Widerspruch, sie wolle wieder am Arbeitsleben teilhaben und beantrage eine Umschulung als Berufskraftfahrerin, um einen Busschein zu erwerben. In der Altenpflege könne sie nach Angaben ihrer Ärzte wegen ihrer gesundheitlichen Beeinträchtigungen nicht mehr arbeiten. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 21. Juli 2003 im Wesentlichen mit der Begründung zurück, die Klägerin sei nach dem Ergebnis der medizinischen Ermittlungen noch in der Lage, leichte bis mittelschwere Arbeiten mindestens sechs Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu verrichten. Darauf, dass sie die Tätigkeit als Altenpflegehelferin nicht weiter ausüben könne, komme es auf Grund ihres beruflichen Werdegangs nicht an. Sie sei mit ihrem Leistungsvermögen auch ohne die Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben in der Lage, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen.
Dagegen hat die Klägerin Klage beim Sozialgericht Lüneburg erhoben und weiterhin die Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben begehrt. Zur Begründung hat sie im Wesentlichen ausgeführt, sowohl die Ärzte des Reha-Zentrums B E als auch ihr behandelnder Orthopäde hätten ihr geraten, sich umschulen zu lassen, weil sie ihre bisherige Tätigkeit als Altenpflegehelferin nicht mehr ausüben könne. Sie besitze neben dem Taxischein auch einen LKW-Führerschein, könne jedoch als Taxi- oder LKW-Fahrerin nicht mehr tätig sein, da sie nicht mehr schwer heben dürfe. Eine Stelle als Busfahrerin könne ihr nach der von ihr angestrebten Umschulung jedoch vermittelt werden. Das vom Sozialgericht eingeholte chirurgische Gutachten des
Dr. R bestätige, dass sie gerade die Tätigkeiten noch verrichten könne, die sie als Busfahrerin verrichten müsse.
Das Sozialgericht hat Befundberichte des behandelnden Arztes
Dr. G vom 15. September 2003 sowie des behandelnden Orthopäden
Dr. H vom 26. September 2003 eingeholt und die Klägerin durch den Chirurgen
Dr. R begutachten lassen. Der Sachverständige
Dr. R hat die Klägerin in seinem Gutachten vom 15. März 2004 für fähig erachtet, körperlich leichte und gelegentlich mittelschwere Arbeiten wechselweise im Gehen, Stehen und Sitzen vollschichtig mindestens sechs Stunden und länger zu verrichten. Die Arbeit solle vorwiegend sitzend erfolgen. Es bestehe eine Leistungseinschränkung für Arbeiten in Zwangshaltungen mit häufigem Bücken oder Knien sowie das Heben und Tragen von schweren Lasten ohne mechanische Hilfsmittel oder Haltungsstereotypien. Zudem sollten Arbeiten unter Einfluss von Kälte, Feuchtigkeit oder Zugluft ausgeschlossen werden.
Mit Urteil vom 27. Mai 2004 hat das Sozialgericht den Bescheid der Beklagten vom 20. Mai 2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Juli 2003 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, der Klägerin Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach den gesetzlichen Vorschriften zu gewähren. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin sei im Sinne von § 10
Abs. 1
Nr. 1
SGB VI in ihrer Erwerbsfähigkeit gemindert. Bei der Beurteilung der Erwerbsfähigkeit sei nur auf die bisherige Tätigkeit abzustellen. Diese sei mit dem bisherigen Beruf im Sinne des § 240
Abs. 2
SGB VI nicht identisch. Leistungen zur Teilhabe könnten daher nicht mit der Begründung verweigert werden, die Erwerbsfähigkeit sei zwar für die bisherige Tätigkeit, nicht aber für Verweisungstätigkeiten im Sinne des § 240
Abs. 2
SGB VI gefährdet oder eingeschränkt. Abzustellen sei grundsätzlich auf den zuletzt ausgeübten Beruf. Die Klägerin könne nach dem Ergebnis der medizinischen Ermittlungen die zuletzt verrichteten Tätigkeiten als Altenpflegehelferin, die mit schwerem Heben und Tragen von Lasten verbunden seien, nicht mehr durchführen.
Die Beklagte hat gegen das ihr am 10. Juni 2004 zugestellte Urteil am 22. Juni 2004 Berufung eingelegt. Das erstinstanzliche Urteil habe übersehen, dass bei der Auslegung und Anwendung der einzelnen Leistungsvorschriften des Abschnitts "Leistungen zur Teilhabe" des
SGB VI die Zielvorgaben des § 9
SGB VI zu beachten seien. Die dort beschriebene Aufgabe der Leistungen zur Teilhabe, nämlich die dauerhafte Eingliederung der Versicherten in das Erwerbsleben, führe dazu, dass eine Minderung
bzw. Gefährdung der Erwerbsfähigkeit im Sinne des § 10
Abs. 1
Nr. 1
SGB VI nicht gegeben sei, wenn eine zumutbare Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt
bzw. im einem Verweisungsberuf weiterhin ausgeübt werden könne. Diese Zielvorgaben hätten nicht nur deklaratorische Bedeutung, sondern seien bei der Auslegung und Anwendung der einzelnen Leistungsvorschriften zu beachten. Die Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 11. September 1980 (1 RA 47/79) habe diese Ziele des § 9
SGB VI bei der Auslegung nicht heranziehen können, da diese Vorschrift erst am 1. Januar 1992 in Kraft getreten sei. Die finale Betrachtungsweise, die sich an der Vermeidung von Rentenleistungen orientiere, gebiete, heute immer eine Rehabilitationsleistung im Kontext zu einer möglichen Rentenleistung zu betrachten. Wo also keine Rentenleistung "drohen" könne, sei auch keine Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben durch den Rentenversicherungsträger zu erbringen. Aus § 44
Abs. 2 Satz 2
Nr. 2
SGB VI n.F. habe sich der Wille des Gesetzgebers ergeben, das Risiko mit einem vollschichtigen Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt einen Arbeitsplatz zu finden, der Arbeitslosen- und nicht der Rentenversicherung zuzuweisen. Ab dem 1. Januar 2001 finde sich dieser Rechtsgedanke in § 43
Abs. 3
SGB VI a.F. wieder. Durch die Zusammenfassung der Rechtsvorschriften zur Rehabilitation und Eingliederung Behinderter zum Recht der Teilhabe im
SGB IX seien diese zwar vereinheitlicht worden und würden nunmehr originär und unmittelbar für alle Rehabilitationsträger gelten. Die Zuständigkeiten und Leistungsvoraussetzungen richteten sich jedoch nach dem jeweiligen trägerspezifischen Leistungsgesetz. Das angefochtene Urteil sei aber auch deshalb fehlerhaft, weil es sich nicht darauf beschränkt habe, lediglich zu einer erneuten Bescheidung zu verurteilen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Berufungsvorbringens wird auf den Schriftsatz der Beklagten vom 1. Oktober 2004 verwiesen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Lüneburg vom 27. Mai 2004 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Lüneburg vom 27. Mai 2004 zurückzuweisen.
Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend und meint, dass es nach dem eindeutigen Wortlaut der §§ 9 und 10
SGB VI für eine Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben nicht Voraussetzung sei, dass eine Rente unmittelbar drohe. Aus dem Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 13. Dezember 1999 (
L 16 KR 118/98) könne die Beklagte nichts zur Stützung ihrer Auffassung ableiten. Da sie ihren Antrag auf Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben bei der Beklagten gestellt und diese den Antrag auch sachlich beschieden habe, sei sie gemäß § 14
SGB IX die zuständige Behörde und müsse letztlich die Leistungen auch erbringen, wenn es sich dabei möglicherweise um solche handele, die von der Arbeitsverwaltung zu erbringen seien. Sie habe (teilweise) jahrelang als Berufskraftfahrerin
gearbeitet und wolle in diesem Bereich auch weiterhin tätig sein.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung durch Urteil einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen. Ihr Inhalt hat der Entscheidungsfindung zu Grunde gelegen.
Der Senat hat mit Einverständnis der Beteiligten
gem. § 124
Abs. 2
SGG ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entschieden.
Die zulässige Berufung hat in der Sache nur zu einem geringen Teil Erfolg. Sie ist nur insoweit begründet, als das Sozialgericht die Beklagte nicht lediglich zur Neubescheidung des Antrags der Klägerin auf Gewährung einer Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben verpflichtet hat.
Eine (kombinierte Anfechtungs- und) Leistungsklage (§ 54
Abs. 4
SGG) der Klägerin ist nicht statthaft, weil die angefochtenen Bescheide der Beklagten nicht eine Leistung betreffen, auf die ein Rechtsanspruch besteht. Die Entscheidung über die Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben steht, wie sich aus § 9
Abs. 2
SGB VI ("können erbracht werden") ergibt, im Ermessen der Beklagten.
Eine Reduzierung dieses Ermessens auf Null besteht nicht. Richtige Klageart ist daher die (kombinierte Anfechtungs- und) Bescheidungsverpflichtungsklage (
vgl. BSG, Urteil vom 16. November 1993, Az.
4 RA 22/93, SozR 5765 § 10
Nr. 1 und Urteil vom 31. Mai 1989, Az.
4 RA 50/88, SozR 2200 § 1236
Nr. 50
m.w.N.).
Dementsprechend war der Klageantrag der Klägerin auszulegen und neben der Aufhebung der angefochtenen Bescheide lediglich die Verpflichtung der Beklagten zur Neubescheidung auszusprechen, § 131
Abs. 3
i.V.m. Abs. 2
SGG. Die vom Sozialgericht im Tenor des angegriffenen Urteils ausgesprochene Verurteilung zur Leistung "im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften" beabsichtigt offenbar eine Beschränkung der Verurteilung auf eine solche dem Grunde nach. Dies ergibt sich aus den Entscheidungsgründen des angegriffenen Urteils, in denen das Sozialgericht zutreffend darauf hingewiesen hat, dass die Bestimmung der Leistung im Auswahlermessen der Beklagten liege. Da nur die Frage des "wie" der Leistung, nicht jedoch die Entscheidung der Frage, ob der Klägerin eine Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben zu gewähren ist, im Ermessen der Beklagten steht (
vgl. BSG, Urteil vom 23. Februar 2000, Az:
B 5 RJ 8/99 R, SozR 3-2600 § 10
Nr. 2 m. w. N.), greift das angegriffene Urteil zwar entgegen dem Vorbringen der Beklagten nicht in deren Ermessensbereich ein. Eine nur von § 130
Abs. 1
SGG vorgesehene Verurteilung zur Leistung dem Grunde nach ist hier jedoch nicht möglich, weil die Voraussetzungen dieser Norm nicht erfüllt sind, denn ein Fall des § 54
Abs. 4
SGG liegt - wie ausgeführt - nicht vor.
Im Übrigen ist die Berufung nicht begründet. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtswidrig. Die Beklagte hat den Antrag der Klägerin auf Gewährung einer Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben zu Unrecht abgelehnt.
Gemäß § 9
Abs. 2
iVm Abs. 1
SGB VI können Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erbracht werden, wenn die persönlichen und versicherungsrechtlichen Voraussetzungen dafür erfüllt sind. Die in § 11
SGB VI genannten versicherungsrechtlichen Voraussetzungen sind erfüllt, und ein zum Ausschluss von Leistungen zur Teilhabe führender Tatbestand des § 12
Abs. 1
SGB VI liegt nicht vor.
Entgegen der Auffassung der Beklagten sind auch die in § 10
Abs. 1
SGB VI bestimmten persönlichen Voraussetzungen - die ebenso wie die in § 11
SGB VI geregelten versicherungsrechtlichen Voraussetzungen und die Ausschlusstatbestände des § 12
SGB VI der Ermessensausübung durch den Versicherungsträger vorangestellt sind und deshalb der uneingeschränkten gerichtlichen Überprüfung unterliegen - erfüllt.
Die Erwerbsfähigkeit der Klägerin ist im Sinne von § 10
Abs. 1
Nr. 1
SGB VI durch Krankheit gemindert.
Erwerbsfähigkeit ist als Fähigkeit zu verstehen, seinen bisherigen Beruf oder eine seiner Eignung, Neigung und bisherigen Tätigkeit angemessene Erwerbs- oder Berufstätigkeit dauernd auszuüben (
vgl. Hauck in Hauck/Noftz,
SGB VI, K § 10 Rz. 4 unter Hinweis auf
BSG in SozR 2200 § 1237 a
Nr. 6). Die Erwerbsfähigkeit im Sinne des § 10
Abs. 1
SGB VI ist nicht identisch mit der Erwerbsfähigkeit im Sinne von § 43
Abs. 2
SGB VI in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung und im Sinne des § 240
Abs. 2
SGB VI in der ab 1. Januar 2001 geltenden Fassung. Leistungen zur Teilhabe können daher nicht mit der Begründung verweigert werden, die Erwerbstätigkeit sei zwar für die bisherige Tätigkeit, nicht aber für Verweisungstätigkeiten im Sinne des § 240
Abs. 2
SGB VI (
bzw. des § 43
Abs. 2
SGB VI) jeweils in der vorgenannten Fassung gefährdet oder eingeschränkt (Hauck in Hauck/Noftz,
SGB VI, K § 10 Rz. 5; Niesel in Kasseler Kommentar, SG B VI § 10 Rz. 3;
BSG, Urteile vom 29. Februar 1968, Az: 4 RJ 423/66, BSGE 28, 18, 19, vom 14. März 1979, Az: 1 RA 43/78, BSGE 48, 74, 75, vom 31. Januar 1980, Az: 11 RA 8/79, BSGE 49, 263, 267 und vom 11. September 1980, Az: 1 RA 47/79, SozR 2200 § 1237 a
Nr. 16
S. 39 zum Recht der RVO
bzw. des AVG;
LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 27. Oktober 2004, Az.: L 2 RI 48/04). Eine Leistung zur Teilhabe kann daher entgegen der Auffassung der Beklagten nicht mit der Begründung versagt werden, der Versicherte sei noch in der Lage, eine zumutbare Verweisungstätigkeit zu verrichten. Eine solche Verweisbarkeit auf (andere) Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes anstelle der Gewährung einer Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben ergibt sich auch nach der neuen Rechtslage nicht. Aus den in § 9
SGB VI genannten Zwecken (Zielvorgaben) der Leistungen zur Teilhabe folgt entgegen der Argumentation der Beklagten nicht, dass eine Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben nur dann zu erbringen ist, wenn (andernfalls) eine Rentenleistung "droht". Das Erfordernis des "Drohens" einer Rentenleistung (und damit des Fehlens einer Verweisungsmöglichkeit) wäre eine die Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erheblich einschränkende weitere (persönliche) Voraussetzung, die der Gesetzgeber - wenn er sie gewollt hätte - neben den anderen Voraussetzungen ausdrücklich hätte regeln müssen und geregelt hätte. Daher ist schon mangels ausdrücklicher Regelung eine "drohende" Rentenleistung nicht Voraussetzung einer Leistung zur Teilhabe.
Zudem spricht folgendes gegen die Auffassung der Beklagten: Nach § 9
Abs. 1 Satz 2
SGB VI haben Leistungen zur Teilhabe Vorrang vor Rentenleistungen, die bei erfolgreichen Leistungen zur Teilhabe nicht oder voraussichtlich erst zu einem späteren Zeitpunkt zu erbringen sind. Gleiches ergibt sich aus § 8
Abs. 2
SGB IX. Gem. § 33
Abs. 1
SGB IX werden die erforderlichen Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erbracht, um die Erwerbsfähigkeit Behinderter oder von Behinderungen bedrohter Menschen entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit zu erhalten, zu verbessern, herzustellen oder wieder herzustellen und ihre Teilhabe am Arbeitsleben möglichst auf Dauer zu sichern. Würde dies für ungelernte Arbeiter wegen Verweisbarkeit auf den allgemeinen Arbeitsmarkt keine Geltung haben, so wären diese Versicherten dauerhaft von entsprechenden Leistungen zur Teilhabe ausgeschlossen. Ein solcher Ausschluss ergibt sich aber nicht aus dem Gesetz. Nach § 10
Abs. 1
Nr. 2 c
SGB VI sind vielmehr die persönlichen Voraussetzungen auch bei teilweiser Erwerbsminderung ohne Aussicht auf eine wesentliche Besserung der Erwerbsfähigkeit erfüllt, wenn der Arbeitsplatz durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erhalten werden kann. Hierin zeigt sich deutlich die Entscheidung des Gesetzgebers für die Beibehaltung berufsfördernder Leistungen zur Rehabilitation durch die Möglichkeit der Zuerkennung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach der neuen Rechtslage wenn dadurch Rentenleistungen vermieden oder voraussichtlich erst zu einem späteren Zeitpunkt erbracht werden. Denn auch ein ungelernter Versicherter unterliegt der Gefahr, bei fortschreitender Minderung seiner Erwerbsfähigkeit eine Erwerbsminderungsrente beantragen zu müssen. Hieran hat sich auch durch das Gesetz zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit ab dem 1. Januar 2001 nichts geändert. Bereits die Materialien des Rentenreformgesetzes (RRG) 1992 (vom 18. 12.1989, BGBl. I, 2261) begründen den ab 1. Januar 1992 geltenden § 10
SGB VI u.a. damit begründet, dass die Vorschrift die medizinischen Voraussetzungen für Leistungen zur Rehabilitation der Rentenversicherung weitgehend entsprechend dem seit 1. Januar 1982 geltenden Recht bestimmt (BT-Drs. 11/4124, 154). Zu § 10
SGB VI i.d.F. des RRG 1999 (vom 16.12.1997, BGBl. I, 2998) führen die Gesetzesmaterialien (BT-Drs. 13/8671, 117) weiter aus: "Die abstrakte Betrachtungsweise bei den Erwerbsminderungsrenten und damit verbunden die Abschaffung der Rente wegen BU und der Wegfall des Berufsschutzes bei der Rentengewährung erfordern eine Klarstellung des künftigen Umfangs von Leistungen zur beruflichen Rehabilitation in der Rentenversicherung. Auch wenn eine Minderung der Erwerbsfähigkeit vorliegt, die einen Rentenanspruch nicht begründet, ist gleichwohl eine Rehabilitation möglich, wenn im konkreten Einzelfall eine wesentliche Besserung der Erwerbsfähigkeit sowohl bei Gefährdung als auch bei Minderung der Erwerbsfähigkeit aussichtsreich erscheint." Damit hat der Gesetzgeber die getrennte Bewertung der Rehabilitationsvoraussetzungen von denen der Erwerbsminderungsrenten beibehalten wollen. Auch deshalb kommt somit nicht darauf an, ob aktuell eine Rentenleistung "droht".
Die Erwerbsfähigkeit ist im Sinne von § 10
Abs. 1
Nr. 1
SGB VI nicht erst dann gemindert, wenn eine Erwerbsminderung nach § 43
SGB VI vorliegt, sondern bereits dann, wenn die Leistungsfähigkeit im Erwerbsleben nicht unwesentlich eingeschränkt und der Versicherte daher nicht mehr in der Lage ist, seine berufliche Tätigkeit normal auszuüben (
vgl. Niesel in Kasseler Kommentar,
SGB VI § 10 Rz. 6; Hauck in Hauck/Noftz, K § 10 Rz. 7). Das Leistungsvermögen der Klägerin für ihre zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Altenpflegehelferin ist derart wesentlich eingeschränkt.
Der Klägerin sind nach den Feststellungen des Sachverständigen
Dr. R in seinem orthopädischen Gutachten vom 5. März 2004 nur noch körperlich leichte und gelegentlich mittelschwere Arbeiten im Wechsel von Gehen, Stehen und überwiegendem Sitzen zumutbar. Nicht mehr zumutbar sind ihr Tätigkeiten in Zwangshaltungen, mit häufigem Bücken oder Knien, das Heben und Tragen von schweren Lasten ohne mechanische Hilfsmittel und Arbeiten unter Einfluss von Kälte, Feuchtigkeit und Zugluft. Die Tätigkeit als Altenpflegehelferin verlangt häufigeres Bücken sowie zumindest das Heben von schweren Lasten ohne mechanische
Hilfsmittel und kann auch nicht überwiegend im Sitzen ausgeübt werden. Selbst wenn man die von der Klägerin in den Jahren 2000 und 2002 in versicherungspflichtigem Umfang ausgeübte berufliche Tätigkeit als Taxifahrerin mit in den Blick nimmt, ergibt sich nichts anderes. Die Tätigkeit als Taxifahrerin kann zwar überwiegend im Sitzen ausgeübt werden, erfordert aber auch das Ein- und Ausladen von Gepäckstücken der Fahrgäste und damit zumindest gelegentlich auch das der Klägerin nicht zumutbare Heben und Tragen schwerer Lasten. Zudem kann der notwendige Hebevorgang über die Ladekante des Kofferraums nur in einem der Klägerin aufgrund ihrer gesundheitlichen Beeinträchtigungen im Bereich der Wirbelsäule und der Hüfte nicht mehr zumutbaren Bewegungsablauf mit Armvorhalte erfolgen. Des weiteren ist die Klägerin in ihrer Leistungsfähigkeit für Tätigkeiten als Taxifahrerin dadurch eingeschränkt, dass ihr Zwangshaltungen - wie sie mit lang andauerndem Führen eines Kraftfahrzeugs verbunden sind - nicht zumutbar sind.
Die weitere Voraussetzung des § 10
Abs. 1
Nr. 2 Buchstabe b)
SGB VI ist ebenfalls erfüllt. Die Erwerbsfähigkeit der Klägerin kann durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben voraussichtlich wesentlich gebessert oder wiederhergestellt werden. Der Senat hält es in Anbetracht dessen, dass die Klägerin erst vierzig Jahre alt ist und stark motiviert scheint, für wahrscheinlich, dass ihr bei gleichbleibendem Gesundheitszustand mit einer geeigneten Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben Möglichkeiten eröffnet werden können, wieder in vollem Umfang dauerhaft einer Erwerbstätigkeit nachzugehen.
Ist somit die Frage des "ob" dahingehend geklärt, dass die Beklagte der Klägerin eine Leistung zur Teilnahme am Arbeitsleben zu gewähren hat, so ist die Beklagte nunmehr verpflichtet, ihr nicht auf Null reduziertes und bisher nicht betätigtes Ermessen zur Frage, welche Leistung nach Art, Dauer und Umfang gewährt wird, auszuüben und die Klägerin dann neu zu bescheiden.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193
SGG. Da die Berufung der Beklagten mit Ausnahme eines nicht ins Gewicht fallenden geringen Teils erfolglos geblieben ist, hat sie der Klägerin deren Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.
Die Revision ist
gem. § 160
Abs. 2
Nr. 1
SGG wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen, weil die hier strittige Frage, ob die Verweisbarkeit des Versicherten auf eine (andere) Tätigkeit des allgemeinen Arbeitsmarktes der Gewährung einer Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben
gem. § 9 ff
SGB VI entgegensteht, nicht nur einen Einzelfall betrifft und bisher - soweit ersichtlich - unter der Geltung des
SGB VI noch nicht höchstrichterlich entschieden ist.