Die zulässige Leistungsklage des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg. Er hat keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten für die Versorgung des Versicherten
S. mit einem Elektroscooter, da es sich hierbei nicht um ein Hilfsmittel im Sinne von
§ 33 SGB V gehandelt hat.
Werden Leistungen zur Teilhabe beantragt, stellt nach
§ 14 Abs 1 Satz 1 des Neunten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB IX) der Rehabilitationsträger innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Antrages bei ihm fest, ob er nach dem für ihn geltenden Leistungsgesetz für die Leistung zuständig ist. Stellt er bei der Prüfung fest, dass er für die Leistung nicht zuständig ist, leitet er nach § 14 Abs 1 Satz 2
SGB IX den Antrag unverzüglich dem nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger zu. Wird nach Bewilligung der Leistung durch einen Rehabilitationsträger nach § 14 Abs 1 Satz 2 - 4
SGB IX festgestellt, dass ein anderer Rehabilitationsträger für die Leistung zuständig ist, erstattet dieser gemäß § 14 Abs 4 Satz 1
SGB IX dem Rehabilitationsträger, der die Leistung erbracht hat, dessen Aufwendungen nach den für diesen geltenden Rechtsvorschriften.
Versicherte haben nach § 33 Abs 1
SGB V Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach
§ 34 Abs 4 SGB V ausgeschlossen sind.
Ein Elektroscooter ist ein allgemeiner Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens, so dass es sich hierbei nicht um ein Hilfsmittel im Sinne von § 33 Abs 1 Satz 1
SGB V handelt. Ob es sich bei einem Gegenstand um einen Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens oder ein Hilfsmittel handelt, richtet sich danach, ob das Mittel spezifisch der Bekämpfung einer Krankheit oder dem Ausgleich einer Behinderung dient. Was daher regelmäßig auch von Gesunden benutzt wird, fällt auch bei hohen Kosten nicht in die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung (
BSG, Urteil vom 29.4.2010,
B 3 KR 5/09 R). Zur Ermittlung des Vorliegens der Eigenschaft eines Hilfsmittels der Krankenversicherung ist danach allein auf die Zweckbestimmung des Gegenstandes abzustellen, die einerseits aus der Sicht der Hersteller, andererseits aus der Sicht der tatsächlichen Benutzer zu bestimmen ist. Geräte, die für die speziellen Bedürfnisse kranker oder behinderter Menschen entwickelt sowie hergestellt worden sind und die ausschließlich oder ganz überwiegend auch von diesem Personenkreis benutzt werden, sind nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen; das gilt selbst dann, wenn sie millionenfach verbreitet sind (zB Brillen, Hörgeräte). Umgekehrt ist ein Gegenstand auch trotz geringer Verbreitung in der Bevölkerung und trotz hohen Verkaufspreises als allgemeiner Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens einzustufen, wenn er schon von der Konzeption her nicht vorwiegend für Kranke und Behinderte gedacht ist (
BSG, Urteil vom 16.9.1999,
B 3 KR 1/99 R).
Bei dem Elektroscooter handelt es sich um ein Elektrofahrzeug, das nicht als Hilfsmittel anzusehen ist. Ein Hilfsmittel ist erforderlich, wenn es die Auswirkungen der Behinderung im gesamten täglichen Leben beseitigt oder mildert und damit ein Grundbedürfnis des täglichen Lebens betrifft. Zu den Grundbedürfnissen des täglichen Lebens gehören das Gehen, Stehen, Greifen, Sehen, Hören, die Nahrungsaufnahme, das Ausscheiden, die Körperpflege, das selbstständige Wohnen sowie das Erschließen eines körperlichen Freiraums im Nahbereich der Wohnung und das Bedürfnis, bei Krankheit oder Behinderung Ärzte und Therapeuten aufzusuchen. Das Grundbedürfnis des Erschließens eines gewissen körperlichen Freiraums ist nur im Sinne eines Basisausgleichs und nicht als vollständiges Gleichziehen mit den letztlich unbegrenzten Mobilitätsmöglichkeiten des Gesunden zu verstehen. Der Basisausgleich umfasst insoweit die Fähigkeit, sich in der Wohnung zu bewegen und die Wohnung zu verlassen, um bei einem kurzen Spaziergang in die frische Luft zu gelangen oder die Stellen zu erreichen, an den Alltagsgegenstände, zu denen das Einkaufen von Lebensmitteln und Gebrauchsgegenständen des täglichen Lebens gehört, zu erledigen sind (
BSG, Urteil vom 24.5.2006,
B 3 KR 16/05 R). Die Benutzung eines Kraftfahrzeuges gehört nicht zu den Grundbedürfnissen, die durch die Leistung der Krankenversicherung zu befriedigen sind.
Allerdings hat das
BSG im Urteil vom 3.11.1999 (
B 3 KR 16/99 R) entschieden, dass ein Elektromobil (Shoprider) für Gehbehinderte ein Hilfsmittel der gesetzlichen Krankenversicherung sei. Hinsichtlich der Frage, ob es sich hierbei um einen Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens handelt, wurde allerdings lediglich ausgeführt, ein Elektromobil werde nur von Personen genutzt, die durch Krankheit oder Behinderung in ihrer Gehfähigkeit eingeschränkt seien. Diese Rechtsprechung hat offensichtlich auch dazu geführt, dass Elektromobile in das Hilfsmittelverzeichnis der gesetzlichen Krankenversicherung aufgenommen worden sind.
Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg (Urteil vom 10.10.2011,
2 S 1369/11) hat dagegen entschieden, dass ein Elektromobil kein beihilfefähiges Hilfsmittel für einen Beamten sei, da es sich hierbei um ein Fortbewegungsmittel handele, das der allgemeinen Lebenshaltung zuzurechnen sei. Es spreche einen breiteren Personenkreis an, der keines Rollstuhls bedürfe, aber seine Mobilität erhöhen wolle. Ein Elektromobil könne - unabhängig von bestimmten Krankheitszuständen oder Behinderungen - auch etwa von älteren, nicht krankheitsbedingt in ihrer Gehfähigkeit eingeschränkten, aber allgemein körperlich schwächeren Menschen benutzt werden. Vor diesem tatsächlichen Hintergrund begegnet die Annahme des
BSG, Elektromobile würden ausschließlich von Kranken oder Behinderten benutzt, gewissen Zweifeln.
Entsprechend hat auch der Gerichtshof der Europäischen Union mit Urteil vom 22.12.2010 (C-12/10) entschieden, dass es sich bei einem Elektromobil zollrechtlich nicht um einen Rollstuhl oder ein anderes Fahrzeug für Behinderte handele, sondern um ein allgemeines Beförderungsmittel. Elektromobile seien Gebrauchsgegenstände des allgemeinen Lebens, da sie überwiegend von Gesunden benützt würden, sei es beispielsweise beim Golfspielen oder von Personen, die beim Einkauf nicht weitere Strecken zu Fuß zurücklegen wollten. Vielfach werden Elektromobile insbesondere auch in Touristenorten zur Erkundung der Umgebung zum Anmieten angeboten. Darüber hinaus sind Elektroscooter nicht speziell für die Bedürfnisse von Behinderten konstruiert. Zwar werben Hersteller und Verkäufer vereinzelt auch damit, dass diese Fahrzeuge für Gehbehinderte geeignet seien, jedoch ist eine spezielle Ausrüstung für Behinderte, beispielsweise eine entsprechende Sicherheitseinrichtung, nicht vorhanden. Auch wenn in der Bundesrepublik Deutschland Elektroscooter noch nicht so verbreitet sind wie in anderen Ländern mit günstigeren klimatischen Bedingungen, handelt es sich somit um ein Fahrzeug, das allgemein der Fortbewegung dient und nicht den speziellen Bedürfnissen Behinderter. Weil es sich somit um kein Hilfsmittel im Sinne von § 33 Abs 1
SGB V handelt, ist der Kostenerstattungsanspruch des Klägers ausgeschlossen.
Die Klage ist nach alledem abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Sozialgerichtsgesetz (
SGG).