Der Senat konnte in der Sache verhandeln und entscheiden, obwohl der Kläger nicht zum Termin erschienen ist. Er ist mit ordnungsgemäßer Terminsbenachrichtigung auf diese zulässige Verfahrensweise (§§ 124
Abs. 1, 153
Abs. 1
SGG) hingewiesen worden. Sein nach Schluss der mündlichen Verhandlung und Urteilsverkündung dem Senat vorgelegter Schriftsatz vom 01.03.2005, eingegangen auf der Poststelle des Landessozialgerichts um 11:15 Uhr des Sitzungstages, konnte bei der Entscheidungsfindung nicht berücksichtigt werden.
Nach seinem schriftsätzlichen Vorbringen begehrt der Kläger,
1. den Gerichtsbescheid des SG Dortmund zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger einen Krankenstuhl zu gewähren sowie
2. festzustellen, dass die Beklagte die Aufklärung des Sachverhalts durch wahrheitswidrige Äußerungen, Behinderung der Akteneinsicht und durch Einflussnahme auf Gerichte vereitelt habe.
Die Berufung ist zulässig. Es bedarf keiner Entscheidung, ob im seltenen Ausnahmefall im Verfahren nach dem
SGG ein Rechtsmittel mangels Prozessfähigkeit des Klägers abgewiesen werden kann, oder -
ggf. diesen Grundsatz ergänzend - bei Prozessunfähigkeit des Klägers seit Klageerhebung nicht die Berufung als unzulässig zu verwerfen, sondern die Klage abzuweisen ist, da sie unzulässig ist (
vgl. insgesamt, die Frage offen lassend, zu ersterem BSGE 91, 46
ff. = SozR4-1500 § 72 Nr 1; BGHZ 143, 122ff. = NJW 2000, 2089ff mwN zur letzteren Position).
In der Sozialgerichtsbarkeit darf ein Rechtsmittel grundsätzlich nicht mangels Prozessfähigkeit des Klägers abgewiesen werden. Vielmehr ist, so lange kein gesetzlicher Vertreter (insbesondere ein Betreuer - § 1896
BGB - ) bestellt ist, ein besonderer Vertreter nach § 72 Abs 1
SGG zu bestellen (
BSG vom 28. Mai 1957, BSGE 5, 176, 178f). Hiervon gilt jedoch dann eine Ausnahme, wenn das Rechtsmittel eines Prozessunfähigen derart offensichtlich haltlos ist, dass die Genehmigung der Prozessführung durch den gesetzlichen oder besonderen Vertreter von vornherein ausgeschlossen erscheint (s
BSG aaO).
Weder ist dem Kläger ein besonderer Vertreter zu bestellen noch ist ein Ausnahmefall im vorgenannten Sinne zu diskutieren, da der Kläger prozessfähig ist. Nach § 71 Abs 1
SGG ist ein Beteiligter prozessfähig, soweit er sich durch Verträge verpflichten kann. Nach § 104 Nr 2 Bürgerliches Gesetzbuch (
BGB) ist geschäftsunfähig, wer sich in einem die freie Willensbestimmung ausschließendem Zustande krankhafter Störung der Geistestätigkeit befindet, sofern nicht der Zustand seiner Natur nach ein vorübergehender ist. Die Prozessunfähigkeit kann auch bloß partiell bestehen (
vgl. z.B. BSGE 91, 146ff; Meyer-Ladewig, § 71
SGG Rdnr. 6a mwN).
Bei gewichtigen Bedenken gegen die Prozessfähigkeit hat das Gericht von der Prozessunfähigkeit auszugehen, wenn sich auch nach Ausschöpfung aller Beweismöglichkeiten nicht feststellen lässt, dass der betreffende Beteiligte prozessfähig ( § 71 Abs 1
SGG) ist (zB BSGE 91, 146ff.; Bundesverwaltungsgericht (
BVerwG) vom 7. November 1986 - 5 B 58/86 ua, in JURIS; Bundesarbeitsgericht (
BAG) vom 20. Januar 2000, BAGE 93, 248, 251; Bundesgerichtshof (
BGH) vom 4. November 1999, BGHZ 143, 122, 124;
BGH vom 9. Januar 1996 - VI ZR 94/95, NJW 1996, 1059, 1060; jeweils mwN).
So aber liegt der Fall hier nicht. Das Gesamtbild der Akten vermittelt den Eindruck, dass der Kläger zielgerichtet und konsequent sein Begehren verfolgt, mögen ihn dabei auch teilweise rechtsirrige Vorstellungen leiten. Die Fähigkeit, adäquat auf geänderte Situationen zu reagieren, wird durch die Klagerücknahme in der Sache S 39 P 184/98 nach Erhalt des Anerkenntnisses beleuchtet. Dementsprechend fand
Dr. H keinen die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit, sondern nur eine deutliche psychisch-seelische Mindestbelastbarkeit bei depressiver Stimmungslage und Hinweis auf fortschreitende Persönlichkeitsstörung, allerdings noch ohne Rückwirkung auf seinen täglichen Pflegeaufwand und ohne Hinweis auf eine Gedächtnisstörung. Ebenso wie
Dr. H konnten sowohl
Dr. B als auch der vom
AG beauftragte Sachverständige
Dr. U das Vorliegen einer Geisteskrankheit oder Geistesschwäche nach Aktenlage nicht bestätigen. Soweit
Dr. B eine "Selbst- und Wahrnehmungsstörung"
bzw. Dr. H1 (Schreiben vom 11. 04.2000 in der Streitsache S 39 P 184/ 98) ein "absurdes" Verhalten bezüglich der behaupteten Nachlassverwaltung annehmen, steht dies nicht in Widerspruch zu den Ausführungen
Dr. Hs.
Die Berufung des Klägers ist nicht begründet. Bezüglich des Begehrens zu 1) ist bereits die Klage unzulässig. Bei der Klage auf Gewährung eines Hilfsmittels handelt es sich der Klageart nach um eine kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage gemäß § 54 Abs 4
SGG (vgl zu § 33
SGB V BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 24). Diese setzt voraus, dass der Leistungsträger durch Verwaltungsakt über das Begehren entschieden hat. Ohne Verwaltungsakt ist die Klage unzulässig (vgl
BSG SozR 1500 § 54 Nr 45 mwN; BSGE 14, 230). So aber liegt es hier. Die Beklagte hat darauf hingewiesen, mangels Antrags bisher kein Verwaltungsverfahren durchgeführt zu haben. Etwas anderes ist auch nicht aus den Akten ersichtlich oder sonst vorgetragen.
Auch hinsichtlich des Begehrens zu 2) ist die Klage unzulässig. Es fehlt das erforderliche Feststellungsinteresse. Entgegen der Rechtsauffassung des Sozialgerichts legt der Senat das Klagebegehren zu 2) als Fortsetzungsfeststellungsklage (§ 131
Abs. 1 Satz 3
SGG) aus. Die vom Kläger zunächst zulässig erhobene Anfechtungs- und Leistungsklage - zur zulässigen Klageart - (hier: auf Gewährung eines funktionsgerechten Pflegebettes und einer Toilettenstuhlerhöhung) hat sich mit der Übergabe der Hilfsmittel als Leistungen der Beklagten (vom Kläger unterschriebene Empfangsbescheinigungen vom 20.10.2000) im obigen Sinne erledigt (zum Erschöpfen der Rechtswirkungen von Verwaltungsakten durch Erfüllung: vgl KassKomm- Steinwedel § 39
SGB X RdNr 24). Dem Kläger geht es nach dem von ihm angenommenen Anerkenntnis der Beigeladenen zu 1. in der Streitsache SG Dortmund S 39 P 184/98 (Erklärung vom 15.08.2000) und dem Erhalt der Hilfsmittel erkennbar insoweit nur noch darum, die "Behinderungen" von Seiten der Beklagten unter "Mithilfe" des Gerichts festzustellen. So sieht er den Sachverhalt nicht als "rechtlich aufgeklärt und abgeschlossen" an, sondern begehrt insoweit weitere gerichtliche Beweiserhebung.
Die begehrte Feststellungsklage setzt ein berechtigtes Feststellungsinteresse voraus. Hat sich der belastende Verwaltungsakt durch Rücknahme oder anders (hier: durch Erfüllung) erledigt, kann das Gericht auf Antrag durch Urteil gemäß § 131
Abs. 1 Satz 3
SGG aussprechen, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat (sog. Fortsetzungsfeststellungsklage). Dabei handelt es sich um keine Klageänderung (ständige Rechtsprechung,
vgl. BSG, Urteile vom 21.10.1958, Az: 6 RKa 22/55 = BSGE 8, 178, 180; vom 07.05.1986, Az: 9a RVs 28/84 = SozSich 1987, 186 (Leitsatz); vom 22.06.1994, Az: 6 RKa 21/92 = SozR 3-2500 § 116
Nr. 6).
Das erforderliche berechtigte Interesse kann in Übereinstimmung mit der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (
BSG) rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Natur sein (Urteile vom 25.10.1989, Az: 7 RAr 148/88 =
BSG SozR 4100 § 91
Nr. 5; vom 23.07.1992, Az: 7 RAr 44/91 = SozR 3-7815 Art 1 § 3 Nr 4; vom 24.07.1996, Az: 7 KlAr 1/95 = SozR 3-4100 § 116
Nr. 4). Es kommt in vier verschiedenen Richtungen in Betracht: Als Präjudizinteresse (weil die Frage der Rechtmäßigkeit der Bescheide in einem anderen gerichtlichen Verfahren vorgreiflich ist), als Schadensinteresse (weil der Kläger beabsichtigt, den ihm durch rechtswidrige Bescheide zugeführten Schaden geltend zu machen), als Rehabilitationsinteresse (weil die Verwaltungsentscheidung eine diskriminierende, die Menschenwürde oder das Ansehen erheblich beeinträchtigende Wirkung haben) oder als Vorbeugungsinteresse (wegen der Gefahr der Wiederholung der Entscheidung). Dabei muss der Rechtsuchende die Umstände darlegen, die sein Feststellungsinteresse begründen. Ein Rechtsschutzinteresse ist zu verneinen, wenn es nur darum geht, dass der Kläger die Richtigkeit seiner Auffassung lediglich bestätigt sehen will (zur vergleichbaren Norm des § 113
Abs. 1 Satz 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VWGO),
vgl. Urteil des
BVerwG vom 21.11.1980, Az: 7 C 18/79 = BVerwGE 61, 164). Eine gerichtliche Sachentscheidung kann billigerweise nur erwartet werden, wenn diese geeignet ist, abträglichen Nachwirkungen des erledigten Verwaltungsaktes wirksam zu begegnen (Urteil
BVerwG vom 09.02.1967, Az: 1 C 49.64 = BVerwGE 26, 161). Weder dem Vorbringen des Klägers noch dem Akteninhalt lässt sich ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Verwaltungsentscheidung entnehmen (Bescheide vom 19.07.1996, 07.05.1997, 17.07.1998 und 12.11.1998).
Für eine Wiederholungsgefahr oder eine präjudizierende Wirkung der erledigten Verwaltungsentscheidung spricht nichts. Über Hilfsmittel ist jeweils auf Antrag (§ 19
SGB IV) in eigenständigen Verwaltungsverfahren zu entscheiden. Auch für ein Rehabilitationsinteresse ist nichts erkennbar. Dieses setzt eine irreparable Verletzung durch besonders einschneidende, diskriminierende Maßnahmen voraus, die durch die gerichtliche Feststellung als Ausgleich abgemildert werden können (vgl zB
BVerwG Urteil vom 01.07.1975, Az: 1 C 35.70 = BVerwGE 49, 37; ebenso zuletzt:
BSG, Beschluss vom 27.01.2004, Az: B 11 Al 169/03 B - nicht veröffentlicht -). Die angegriffenen Entscheidungen haben den Kläger entgegen seiner Rechtsauffassung nicht diskriminiert oder in Grundrechten verletzt. In der Sache war allein streitig, ob ihm nach den §§ 27 Abs 1 Satz 2 Nr 3, 33 Abs 1 Satz 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB V) ein Anspruch auf Versorgung mit einem Pflegebett und mit einer Toilettenstuhlerhöhung zustand. Die Beklagte hat ihre ablehnende Entscheidung mit rein sachlichen Argumenten begründet und auf das gerichtliche Sachverständigengutachten hin den Anspruch anerkannt. Das Ansehen des Klägers hat dies nicht berührt.
Ebenso wenig bietet sein Vortrag Anhaltspunkte für ein bestehendes Schadensinteresse. Zwar hat er bereits im Laufe des Verwaltungsverfahrens vorgetragen, bis jetzt einen Schaden von "mehr als 100.000 DM" erlitten zu haben (Telefonvermerk der Beklagten vom 04.02.1997). Wieso aus der erst späteren Gewährung von Pflegebett und Toilettenstuhl ein Schaden erwachsen ist, ergibt sich allerdings nicht. Sollte der Kläger insoweit darauf abstellen wollen, dass die Beigeladene zu 1 Pflegegeldzahlungen wegen der Weigerung, sich durch den MDK untersuchen zu lassen, vorübergehend eingestellt hat, betrifft dies nicht den erledigten Streitgegenstand ( Pflegebett und Toilettensstuhl).
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193
Abs. 1
SGG.
Anlass, die Revision zuzulassen, besteht nicht (§ 160
Abs. 2
SGG). Insbesondere ist die Rechtssache nicht von grundsätzlicher Bedeutung. Maßgebend für die Entscheidung sind vielmehr die konkreten Umstände des Einzelfalls.