Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg. Mit Recht hat das Sozialgericht die Beklagte zur Erstattung von 4.993,60
EUR verurteilt.
Anspruchsgrundlage ist
§ 13 Abs. 3 SGB V. Nach dieser Vorschrift hat die Krankenkasse Kosten in entstandener Höhe zu erstatten, soweit sie eine notwendige Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und dem Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden sind.
Dem Kläger sind durch die Beschaffung des Toilettenlifters Kosten in Höhe von 4.993,60
EUR entstanden. Der Toilettenlifter war eine notwendige Leistung, deren Übernahme die Beklagte durch ihre Bescheide vom in der Gestalt des Widerspruchsbescheides zu Unrecht abgelehnt hatte. Der Kläger hatte Anspruch auf eine Versorgung mit dem Toilettenlifter.
Nach
§ 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens oder nach
§ 34 Abs. 4 SGB V ausgeschlossen sind.
Der Toilettenlift ist ein im Hilfsmittelverzeichnis gelistetes Hilfsmittel im Sinne des
SGB V.
Der Kläger ist behindert im Sinne des
§ 2 SGB IX. Denn seine körperlichen Funktionen wichen wegen der vorliegenden Erkrankungen für mehr als sechs Monate erheblich von dem für sein Lebensalter typischen Zustand ab.
Der streitige Toilettenlift war zum Ausgleich der Behinderung erforderlich. Nach der Rechtsprechung des
BSG ist für die Erforderlichkeit eines Hilfsmittels zwischen solchen Hilfsmitteln zu unterscheiden, die eine beeinträchtigte Körperfunktion unmittelbar ersetzen und solchen, die nur mittelbar einen Ausgleich für ausgefallene Körperfunktionen bewirken (
BSG, Urt. v. 12. Juni 2008 -
B 3 P 6/07 R - juris Rn. 28).
Der beantragte Toilettenlifter gehört zur zweiten Kategorie. Er führte nicht dazu, die Funktionsfähigkeit der Arme und Beine des Klägers wieder herzustellen, sondern sollte nur ermöglichen, dass sich der Kläger trotz seiner Behinderung gefahrlos auf das Toilettenbecken niederlassen und von ihm wieder aufstehen konnte.
Hilfsmittel, die sich auf den mittelbaren Ausgleich einer Behinderung beschränken, sind nur dann als erforderlich im Sinne des § 33
Abs. 1
SGB V anzusehen, wenn sie ein Grundbedürfnis des täglichen Lebens betreffen und dabei eine behinderungsbedingte Funktionseinbuße in nicht nur unwesentlichem Umfang ausgleichen (
BSG, Urt. v. 25. Januar 1995 -
3/1 RK 63/93 - juris Rn. 24). Der Toilettenlift betrifft ein elementares Grundbedürfnis des täglichen Lebens, da er dem Zweck dient, die Ausscheidung von Urin und Stuhl zu erleichtern. Der Toilettenlift sollte dem Kläger dazu dienen, die Ausscheidungsvorgänge im Rahmen des Möglichen selbstständig durchführen zu können. Das Ziel, die Wahrung der Selbstständigkeit bei den Ausscheidungsvorgängen möglichst weitgehend zu sichern, betrifft das Recht der behinderten Menschen auf Selbstbestimmung. Es ist demnach geeignet, eine Leistungspflicht der Beklagten zu begründen (
BSG, Urt. v. 28. Mai 2003 -
B 3 KR 30/02 R juris Rn 15).
Die Versorgung mit einem Toilettenlift bedeutete für den Kläger einen nicht nur marginalen Gewinn an Selbstständigkeit. Das betraf zum einen das Fortbestehen der Möglichkeit zur Blasenentleerung unter Verwendung des AMS-Pumpensystems. Der Senat ist davon überzeugt, dass der Kläger zum Zeitpunkt der Lieferung des Toilettenlifters die Urinpumpe nur im Stehen benutzen konnte. Das ergibt sich aus dem entsprechenden Vortrag des Klägers und der Aussage der als Zeuge gehörten Pflegeperson. Auch die behandelnden Ärzte haben diesen Umstand bestätigt. Das vom Sozialgericht eingeholte Gutachten ist nicht geeignet, diese Angaben zu widerlegen. Dort wird zwar ausgeführt, dass im Allgemeinen eine Urinpumpe auch im Sitzen bedient werden könne. Der Kläger ist wegen seiner ALS-Erkrankung aber kein allgemeiner Fall, sondern ein sehr spezieller. Warum sich die unstreitige Entkräftigung seiner Arme nicht so ausgewirkt haben soll, dass ihm die Bedienung der Pumpe nur im Stehen möglich war, wird in dem Gutachten nicht weiter ausgeführt. Der Hinweis des Gutachters, dass der Kläger beide Hände zur Bedienung der Pumpe brauche und mit einer Hand aber auch eine Urinflasche festhalten müsse, wenn er seine Blase selbständig im Stehen entleeren wolle, geht an dem Vortrag des Klägers vorbei, dass die eigentliche Blasenentleerung im Sitzen erfolgte und gerade aus diesem Grund ein mehrfacher Wechsel zwischen Stehen und Sitzen erforderlich war. Auch der von der Beklagten befragte MDK stellte in seinem Gutachten vom 10. Juni 2009 nur apodiktisch fest "Das Handling bei der Nutzung des Pumpenschalters bei artifizieller Sphinkteranlage ist keineswegs nur im Stehen möglich, sondern auch im Sitzen." Eine körperliche Untersuchung des Klägers ist dieser Feststellung nicht vorausgegangen. Es geht aber nicht um die Funktionsfähigkeit des Pumpensystems, sondern um die Möglichkeit des Klägers, die Pumpe unter den Bedingungen seiner Muskelerkrankung zu betätigen. Naheliegend ist, dass die Benutzung der Pumpe in sitzender Haltung für die Arme eine stärker ausgeprägte oder jedenfalls eine andere Zwangshaltung bedingte als im Stehen. Dementsprechend kann die Kraft im Stehen noch ausgereicht und im Sitzen bereits gefehlt haben. Jedenfalls hätte der MDK seine Einschätzung näher begründen müssen. Wegen des in der Natur der Sache liegenden Fortschreitens der Erkrankung des Klägers sieht der Senat auch keine Möglichkeit mehr, weitere medizinische Sachaufklärung betreffend die Verhältnisse im Juni 2009 zu betreiben. Er geht demnach davon aus, dass die Blasenentleerung mit Hilfe des AMS-Pumpensystems ein mehrmaliges Aufstehen und Hinsetzen während des Toilettengangs erforderte. Unter diesen Bedingungen war der Toilettenlifter notwendig, um dem Kläger die Möglichkeit der selbständigen Blasenentleerung zu sichern.
Zum anderen war der Toilettenlift auch in Bezug auf die Nutzung der Toilette zur Stuhlentleerung erforderlich. Der Kläger war jedenfalls im Juni 2009 noch in der Lage, seine Ausscheidungen zu kontrollieren. Das ergibt sich aus seinem Vortrag und den Bekundungen des Zeugen. Die Angaben in dem vom MDK im Jahre 2008 erstellten Gutachten zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit, wonach eine volle Übernahme bei den Verrichtungen Stuhlgang und Wasserlassen erfolgte, widerlegen diese Annahme nicht. Das Pflegegutachten sieht die Verrichtungen nur als Gesamtheit und differenziert nicht zwischen ihren einzelnen Bestandteilen. Im Übrigen wäre eine vollständige Übernahme gleichbedeutend mit einer digitalen Entleerung, die aber nicht bestätigt ist. Der Toilettenlift versetzte den Kläger in die Lage, sich selbständig auf das Toilettenbecken niederzulassen, sicherte ihm danach jedenfalls eine Teilselbständigkeit auch für die Verrichtung des Stuhlgangs.
Wegen der Intimität der Vorgänge der Blasen- und Darmentleerung ist für den Senat nachvollziehbar, dass der Kläger großen Wert darauf legte, jedenfalls in einzelnen Bereichen dieser Vorgänge seine Selbständigkeit zu wahren, auch wenn er nicht mehr in der Lage war, den gesamten Vorgang der Blasen- und Darmentleerung ohne fremde Hilfe zu meistern. Insoweit verweist der Senat auf den Beschluss des
LSG Berlin-Brandenburg v. 1. März 2010 -
L 9 KR 294/09 B ER, wonach es bereits eine beachtliche Verselbständigung darstellt, wenn der Kläger bei dem Vorgang der Blasenentleerung als solcher nicht auf fremde Hilfe angewiesen war. Das gilt entsprechend auch für den Vorgang der Darmentleerung. Es kommt auch nicht darauf an, ob die Funktion des Toilettenlifts ebenso gut durch eine oder zwei Pflegepersonen hätte erfüllt werden können. Anspruch auf ein Hilfsmittel besteht nicht erst dann, wenn dessen Funktion auch durch Hilfskräfte nicht ausgefüllt werden könnte. Auf die Hilfe von Dritten darf nicht verwiesen werden (Gerlach in Hauck/Noftz,
SGB V, K § 33 Rn 63). Es kommt hinzu, dass die dem Kläger zur Zeit der Beschaffung des Toilettenlifts tatsächlich zur Verfügung stehenden Pflegepersonen nach seinem unwidersprochen gebliebenen Vortrag von ihren körperlichen Voraussetzungen her nicht in der Lage waren, ohne einen Toilettenlift den Transfer des Klägers auf das Toilettenbecken zu bewerkstelligen.
Erst die Verwendung des Toilettenlifts ermöglichte dem Kläger, weiter eine Toilette für seine Ausscheidungen zu nutzen. Die Ermöglichung des Toilettengangs ist deswegen als Grundbedürfnis anzuerkennen, weil der Kläger durch ihn in die Lage versetzt wurde, die ihm verbliebene Mobilität und Kontrolle über seine Ausscheidungsfunktionen nutzen zu können. Die Verwendung von Windeln hätte sich über diese verbliebene Selbständigkeit hinweg gesetzt und wäre deswegen keine zumutbare Alternative gewesen. Der Toilettenlift beinhaltete daher für den Kläger einen erheblichen Zusatznutzen.
Schließlich wird der Anspruch gegen die Beklagte nicht deswegen ausgeschlossen, weil der Toilettenlift jedenfalls auch der Erleichterung der Pflege dient. Die Versorgung mit Hilfsmitteln ist nach den §§ 40
Abs. 1 Satz 1
SGB XI i.V.m. § 33
Abs. 1
SGB V vorrangig Sache der gesetzlichen Krankenversicherung. Die Zuständigkeit der Pflegeversicherung besteht erst wenn sich ergibt, dass das Element des Behinderungsausgleichs ganz in den Hintergrund tritt (
BSG, Urt. v. 12. Juni 2008 -
B 3 P 6/07 R - juris Rn. 32/33). So liegt es hier indessen nicht. Auch wenn die Hilfebedürftigkeit im Bereich der Körperausscheidungen nicht beseitigt wird, dient der Toilettenlift nicht nur der Erleichterung der Pflege, sondern auch der Sicherung einer Teilselbständigkeit.
Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung ergeht nach § 193
SGG und entspricht dem Ergebnis in der Hauptsache.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160
Abs. 2
SGG sind nicht ersichtlich.