Die frist- und formgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig. Der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 27. Oktober 2012 ist am 1. November 2012 an die Beklagte per Empfangsbekenntnis zur Post aufgegeben worden. Wenngleich die Bestätigung über den Empfang des Gerichtsbescheides nicht an das Gericht zurückgesandt worden ist, ist selbst unter Zugrundelegung des 1. November 2012 der Eingang der Berufungsschrift vom 30. November 2012 bei dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg am 3. Dezember 2012 (einem Montag) rechtzeitig innerhalb der Monatsfrist erfolgt (§ 64
Abs. 2, 3 des Sozialgerichtsgesetzes -
SGG).
Die Beklagte ist auch ordnungsgemäß vertreten. Nach § 73
Abs. 1
S. 2
Nr. 1
SGG in der seit dem 1. Juli 2008 geltenden Fassung des
Art. 12
Nr. 3 des Gesetzes zur Neuregelung des Rechtsberatungsrechts vom 12. Dezember 2007 (BGBl. I
S. 2840) sind vertretungsbefugt u.a. Beschäftigte des Beteiligten oder eines mit ihm verbundenen Unternehmens, d.h. alle Personen, die zu den Beteiligten oder dem verbundenen Unternehmen in einen privaten oder auch in einem öffentlich-rechtlichen Beschäftigungsverhältnis stehen (
vgl. Leitherer, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG-Kommentar, 11. Auflage 2014, § 73 Rz.12 f). Die Wirksamkeit einer im Namen der Beklagten vorgenommenen Verfahrenshandlung wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass der Beklagtenvertreter die Berufungsschrift mit dem Zusatz "im Auftrag" unterzeichnet hat. In einem solchen Fall muss - jedenfalls nach dem seit dem 1. Juli 2008 geltenden Recht - angenommen werden, dass der mit dem Zusatz "im Auftrag" unterzeichnende Beschäftigte nicht lediglich in Wahrnehmung eines beklagteninternen Innenverhältnisses zu dem eigentlichen Sachbearbeiter, sondern zumindest auch im Auftrag des ihm selbst von der Beklagten erteilten Mandats tätig geworden ist (s.a., Bundesgerichtshof [BGH], Beschluss vom 25. September 2012, VIII
ZB 22/12, zitiert nach juris zur Unterzeichnung einer Berufungsschrift durch einen Rechtsanwalt mit dem Zusatz "im Auftrag"). An der ordnungsgemäßen Vertretung der Beklagten hat der Senat somit - auch vor dem Hintergrund der beigebrachten Vollmacht - keinerlei Zweifel.
Die Berufung der Beklagten ist auch begründet. Das Sozialgericht Berlin hat die Beklagte zu Unrecht verurteilt, dem Kläger 1.707,77 Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 30. September 2011 zu zahlen. Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Übernahme des selbstbeschafften WC-Sitzes mit Dusche des Typs Geberit AquaClean 5000plus.
Gemäß § 192
Abs. 6 Satz 1 des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) ist der Versicherer verpflichtet, im Fall der Pflegebedürftigkeit im vereinbarten Umfang die Aufwendungen für die Pflege der versicherten Person zu erstatten (Pflegekostenversicherung) oder das vereinbarte Tagegeld zu leisten (Pflegetagegeldversicherung). Gemäß § 192
Abs. 6 Satz 3 VVG bleiben die Regelungen des Elften Buches Sozialgesetzbuch (
SGB XI) über die private Pflegeversicherung unberührt.
Die Leistungsansprüche privat Pflegeversicherter sind gesetzlich in § 23
Abs. 1, 3 und 4
SGB XI geregelt. Danach muss ein Vertrag der privaten Pflegeversicherung ab dem Zeitpunkt des Eintritts der Versicherungspflicht für den Versicherungsnehmer und seinen Angehörigen oder Lebenspartner, für die in der sozialen Pflegeversicherung nach § 25
SGB XI eine Familienversicherung bestünde, Vertragsleistungen vorsehen, die nach Art und Umfang den Leistungen des Vierten Kapitels (§ 28 bis 45
SGB XI) gleichwertig sind (§ 23
Abs. 1 Satz 2
SGB XI). Dabei tritt an Stelle des Sachleistungsanspruchs eine der Höhe nach gleiche Kostenerstattung (§ 23
Abs. 1 Satz 3
SGB XI).
In Ausführung der gesetzlichen Verpflichtung haben die privaten Versicherungsunternehmen, die die private Pflegeversicherung durchführen, Musterbedingungen - die Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die private Pflegepflichtversicherung (
MB/PPV - hier maßgeblich nach dem Stand 1. Januar 2010:
MB/PPV 2010) - entwickelt, in denen das öffentlich-rechtliche Leistungsrecht des
SGB XI weitgehend übernommen worden ist. Der Umfang des Versicherungsschutzes ergibt sich hiernach aus dem Versicherungsschein, ergänzenden schriftlichen Vereinbarungen, den Allgemeinen Versicherungsbedingungen (Bedingungsteil
MB/PPV 2010, Tarif PV) sowie den gesetzlichen Vorschriften, insbesondere dem
SGB XI (§ 1
Abs. 10
MB/PPV 2010).
Nach § 4
Abs. 7
S. 1
MB/PPV 2010 haben versicherte Personen gemäß
Nr. 4 des Tarifs PV Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen für Pflegehilfsmittel oder deren leihweise Überlassung, wenn und soweit die Pflegehilfsmittel und technischen Hilfen zur Erleichterung der Pflege oder zur Linderung von Beschwerden der versicherten Person beitragen oder ihr eine selbstständigere Lebensführung ermöglichen und die Versorgung notwendig ist.
Für Maßnahmen zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes der versicherten Person, beispielsweise für technische Hilfen im Haushalt, können gemäß
Nr. 4.3 des Tarifs PV subsidiär finanzielle Zuschüsse gezahlt werden, wenn dadurch im Einzelfall die häusliche Pflege ermöglicht oder erheblich erleichtert oder eine möglichst selbständige Lebensführung der versicherten Person wiederhergestellt wird (§ 4
Abs. 7
S. 4
MB/PPV 2010).
Hinsichtlich der vorgenannten Ziele, denen die Hilfsmittelversorgung dienen soll, ist die Regelung in § 4
Abs. 7
MB/PPV 2010 mit den Vorgaben in § 40
Abs. 1 und 4
SGB XI identisch.
Dabei liegt der privaten Pflegeversicherung wie der privaten Krankenversicherung das Prinzip der Kostenerstattung zugrunde, d.h. der Versicherte bezahlt die Leistungen in der Regel zunächst selbst und erhält seine Aufwendungen nach Vorlage der Rechnung erstattet, § 1
MB/PPV 2010. Ein Anspruch des Versicherten auf Leistung durch den Versicherer besteht erst dann, wenn er selbst die entsprechenden Aufwendungen getätigt hat (
vgl. Oberlandesgericht [OLG], Urteil vom 23. Januar 2009, 10 U 213/08 in OLGR 2009, 776). Eines vorherigen Antrages - wie in der sozialen Pflege- und Krankenversicherung erforderlich (Sachleistungsprinzip) - bedarf es folglich nicht.
Der Leistungsumfang der hier vorliegenden Pflegekostenversicherung bestimmt sich demgemäß nach den im Versicherungsvertrag vereinbarten Konditionen. Für die "Leistungen bei häuslicher Pflege" ist - wie bereits ausgeführt - die Regelung des § 4
MB/PPV 2010 maßgeblich. Nach der bezeichneten Regelung der
Nr. 4 des Tarifs PV (Stand 1. Januar 2010) sind erstattungsfähig die Aufwendungen für die in dem Pflegehilfsmittelverzeichnis der privaten Pflegepflichtversicherung aufgeführten Pflegehilfsmittel (Satz 1). Das Pflegehilfsmittelverzeichnis wird vom Verband der privaten Krankenversicherung e.V. regelmäßig unter Berücksichtigung des medizinisch-technischen Fortschritts, der pflegewissenschaftlichen Erkenntnisse und der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts fortgeschrieben (Satz 2). Im Einzelfall sind Aufwendungen für im Pflegehilfsmittelverzeichnis nicht aufgeführten Pflegehilfsmittel nur dann erstattungsfähig, wenn die Voraussetzungen in § 4
Abs. 7 Satz 1 2. Halbsatz erfüllt sind und die Pflegehilfsmittel nicht wegen Krankheit oder Behinderung von der Krankenversicherung oder anderen zuständigen Leistungsträgern zu leisten sind (Satz 3). Dabei können Pflegehilfsmittel grundsätzlich nur im Hinblick auf solche Betätigungen beansprucht werden, die für die Lebensführung im häuslichen Umfeld erforderlich sind (Satz 4). Von der Erstattung aus der Pflegeversicherung ausgeschlossen sind Pflegehilfsmittel, die nicht alleine oder jedenfalls schwerpunktmäßig der Pflege, sondern vorwiegend dem Behinderungsausgleich dienen (Satz 5).
Nach
Nr. 4.1 des Tarifs PV (Stand 1. Januar 2010) werden technische Pflegehilfsmittel in allen geeigneten Fällen vorrangig leihweise überlassen (Satz 1). Lehnen versicherte Personen die leihweise Überlassung eines technischen Pflegehilfsmittels ohne zwingenden Grund ab, haben sie die Aufwendungen für das technische Pflegehilfsmittel in vollem Umfang selbst zu tragen (Satz 2). Soweit Leihe nicht möglich ist, werden Aufwendungen für technische Pflegehilfsmittel zu 100 v.H. erstattet (Satz 3). Dabei tragen Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, eine Selbstbeteiligung von 10 v.H. der Aufwendungen, höchstens jedoch 25 Euro je Pflegehilfsmittel; in Härtefällen kann der Versicherer von der Selbstbeteiligung absehen (Satz 4).
Nach
Nr. 4.3 des Tarifs PV (Stand 1. Januar 2010) sind die Zuschüsse für Maßnahmen zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes unter Berücksichtigung der Kosten der Maßnahme sowie eines angemessenen Eigenanteils in Abhängigkeit vom Einkommen der versicherten Person auf 2.557 Euro je Maßnahme begrenzt.
Im Pflege-/Hilfsmittelverzeichnis der privaten Pflegepflichtversicherung (Stand Januar 2010) sind zur Erleichterung der Pflege
u. a.- Sitzhilfen zur Pflegeerleichterung (Sitzhilfen zur Pflegeerleichterung im Bett) (Ziff. 1.5),
ferner als
- Pflegehilfsmittel zur Körperpflege/Hygiene u.a. Waschsysteme (
z.B. Hygienesitze) (Ziff. 2.2), - Toilettensitze (Toilettensitzerhöhungen, Toilettensitzerhöhungen, höhenverstellbar, Toilettensitzerhöhungen, mit Armlehnen, Toilettensitzerhöhungen, mit Armlehnen, höhenverstellbar, Toilettensitze für Kinder) (Ziff. 2.2)
aufgeführt.
Dieses Pflege-/Hilfsmittelverzeichnis, welches, wie auch dasjenige der privaten Krankenversicherung, eine abschließende Aufzählung enthält, führt hingegen weder das selbst beschaffte Hilfsmittel "AquaClean 5000plus WC-Sitz mit Dusche" noch vergleichbare Geräte als Hilfsmittel auf. Insbesondere handelt es sich bei den unter Waschsystemen aufgeführten Hygienesitzen nicht um das beschaffte Hilfsmittel. Hierbei handelt es sich nach einer Recherche im Internet u.a. um selbstreinigende Toilettensitze zur Gewährleistung einer sauberen Benutzung der Toilette (saniclean.de/portfolio-view/hygienesitz). Darüber hinaus sind Hygienesitze auch Badewannenaufsätze, die ein teilentkleidetes Sitzen auf einer Badewanne mit Sitzrichtung quer zur Längsachse der Wanne ermöglichen, um die Intimhygiene durch eine Pflegeperson zu ermöglichen (Beschreibung des Produkts im Hilfsmittelverzeichnis der gesetzlichen Krankenversicherung, s.a. www.arzneimittel.de/hilfsmittelart/hygienesitze). Auch Badewannenhocker werden als Hygienesitze bezeichnet (www.find-clever.de/hygienesitz).
Wie das Bundessozialgericht (
BSG) in seinem Urteil vom 10. November 2005 (
B 3 P 10/04 R, Rn. 14, 15, zitiert nach juris) überzeugend dargelegt hat, sind die zum Vertragsinhalt gewordenen Versicherungsbedingungen verbindlich, weil sie nicht gegen höherrangiges Recht verstoßen. Die Beklagte ist weder nach den Vorschriften des VVG, des
SGB XI noch nach dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (§§ 305 des Bürgerlichen Gesetzbuches [BGB]) verpflichtet, dem Kläger die Kosten für das begehrte Hilfsmittel zu erstatten. Die Regelungen des § 4
MB/PPV 1996 und in seiner hier maßgeblichen Fassung nach dem Stand Januar 2010 (§ 4
MB/PPV 2010) stehen auch mit § 23
Abs. 1
S. 2
SGB XI in Einklang (vergleiche auch juris Rn. 15).
Aufwendungen für im Pflege-/Hilfsmittelverzeichnis nicht aufgeführte Pflegehilfsmittel sind gemäß
Nr. 4 Satz 3 Tarif PV im Einzelfall nur dann erforderlich, wenn die Voraussetzungen in § 4
Abs. 7 Satz 1 Hs. 2
MB/PPV 2010 erfüllt und die Pflegehilfsmittel nicht wegen Krankheit oder Behinderung von der Krankenversicherung oder anderen zuständigen Leistungsträgern zu leisten sind. Diese Regelung korrespondiert mit dem Gleichwertigkeitsgebot des § 23
Abs. 1 Satz 2
SGB XI.
§ 23
Abs. 1 Satz 2
SGB XI sieht vor, dass ein Vertrag der privaten Pflegeversicherung ab dem Zeitpunkt des Eintritts der Versicherungspflicht für den Versicherungsnehmer und seinen Angehörigen oder Lebenspartner, für die in der sozialen Pflegeversicherung nach § 25
SGB XI eine Familienversicherung bestünde, Vertragsleistungen vorsehen muss, die nach Art und Umfang den Leistungen des Vierten Kapitels (§ 28 bis 45
SGB XI) gleichwertig sind. Dabei tritt an Stelle des Sachleistungsanspruchs eine der Höhe nach gleiche Kostenerstattung (§ 23
Abs. 1 Satz 3
SGB XI).
Zwar sieht das Hilfsmittelverzeichnis der gesetzlichen Krankenversicherung (
GKV-Hilfsmittelverzeichnis, www.unter der Positionsnummer 33.40.05.0008 den hier streitigen WC-Sitz mit Dusche vor. Soweit das Sozialgericht deshalb und vor dem Hintergrund der Gleichwertigkeit davon ausgeht, dass sich die Beklagte nicht auf das Fehlen des in Rede stehenden Sitzes in ihrem eigenen Hilfsmittelkatalog berufen könne, verkennt es aber den Anwendungsbereich des § 23
SGB XI. Diese Vorschrift verlangt nicht, dass privat pflegeversicherte Personen im Ergebnis gesetzlich Krankenversicherten gleichzustellen sind. Es wird lediglich eine Gleichwertigkeit der Vertragsleistungen der privaten Pflegeversicherung mit denen der sozialen Pflegeversicherung vorgeschrieben. Ein gesetzliches Gleichwertigkeitsgebot zwischen privatem und öffentlich-rechtlichem Versicherungsschutz gibt es folglich nur bei der Pflegeversicherung, nicht aber bei der Krankenversicherung (
vgl. BSG, Urteil vom 10. November 2005, a.a.O.; Urteil vom 06. September 2007,
B 3 P 3/06 R in SozR 4-3300 § 40
Nr. 6; Urteil vom 15. November 2007,
B 3 A 1/07 R in SozR 4-2500 § 33
Nr. 16; s. dazu auch ausführlich Hessisches
LSG, Urteil vom 10. September 2009,
L 8 P 41/08, zitiert nach juris). Aus der sozialen Pflegeversicherung wäre der WC-Sitz mit Dusche aber nicht zu leisten (s. unten). Im Pflege-/Hilfsmittelverzeichnis der gesetzlichen Pflegeversicherung ist der in Rede stehende WC-Sitz mit Dusche daher zu Recht nicht aufgeführt. Dort sind unter der Produktgruppe 51 ("Pflegehilfsmittel zur Körperpflege/Hygiene") und der entsprechenden Untergruppe ("Waschsysteme") lediglich "Hygienesitze" als Produktart aufgeführt. Dies entspricht - wie oben ausgeführt - den aufgeführten Pflegehilfsmitteln im Pflege-/Hilfsmittelverzeichnis der privaten Pflegepflichtversicherung.
Maßstab für die Frage der Gleichwertigkeit des Leistungsanspruchs ist § 40
Abs. 1
SGB XI. Danach haben Pflegebedürftige der sozialen Pflegeversicherung Anspruch auf Versorgung mit Pflegehilfsmitteln, die zur Erleichterung der Pflege oder zur Linderung der Beschwerden des Pflegebedürftigen beitragen oder ihm eine selbstständigere Lebensführung ermöglichen, soweit die Hilfsmittel nicht wegen Krankheit oder Behinderung von der Krankenversicherung oder anderen zuständigen Leistungsträgern zu leisten sind. Mittel, die zum täglichen Lebensbedarf gehören, werden nicht berücksichtigt, auch wenn sie die Pflege erleichtern (s. BT-Drucks 12/5262,
S. 113 zu § 36
Abs. 1; s.a.
§ 31 Abs. 1 Nr. 3 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch [SGB IX]).
Entgegen der Auffassung der Beklagten handelt es sich bei dem in Rede stehenden WC-Sitz mit Dusche um ein Hilfsmittel und nicht etwa um einen Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens (
vgl. BSG, Urteil vom 19. Dezember 1978,
3 RK 26/78, zu einer automatischen Toilettenanlage ["clos-o-mat"], einer WC-Sitzkombination mit Warmwasserunterdusche und Warmlufttrocknung, zitiert nach juris). Der WC-Sitz mit Dusche ist eine Hilfe zur Erhaltung der Gesundheit, dient damit medizinischen Zwecken, nämlich der Hygiene. Der Funktionsausfall der Arme des Klägers (
vgl. unter 2.4.1 des Gutachtens des medizinischen Dienstes der privaten Kranken- und Pflegeversicherung Medicproof vom 19. April 2011: Luxationsstellung beider Schultern, rechts Bewegungen rückwärts und seitlich minimal möglich) und die dadurch bedingte Unmöglichkeit, den Anal- und Urogenitalbereich in der üblichen Weise zu säubern, steht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Behinderung, wie noch zu zeigen sein wird.
Der AquaClean 5000plus WC-Sitz mit Dusche ist kein Hilfsmittel der sozialen Pflegeversicherung. Dem Sozialgericht ist zwar zuzugestehen, dass ein solcher WC-Sitz mit Dusche geeignet ist, zur Erleichterung der Pflege beizutragen oder eine solche - wie hier - sogar obsolet zu machen
bzw. vor allem eine selbständigere Lebensführung zu ermöglichen. Dies macht ihn aber noch nicht zu einem Hilfsmittel der Pflegeversicherung, weil diese Eigenschaften auch mehr oder weniger allen Hilfsmitteln zukommen, die dem Behinderungsausgleich dienen und deshalb als Hilfsmittel von der gesetzlichen Krankenversicherung gemäß
§ 33 des Fünften Buches (SGB V) zu leisten sind (st. Rspr. des
BSG, Urteile vom 24. August 1978,
5 RKn 19/77 in SozR 2200 § 182b
Nr. 9; vom 1. April 1981,
5a/5 RKn 12/79 in SozR § 182b
Nr. 20; vom 25. Januar 1995,
3/1 RK 63/93 in SozR 3-2500 § 33
Nr. 13 und vom 10. November 2005,
B 3 P 10/04 R, Rn. 19, zitiert nach juris). Um ein reines Pflegehilfsmittel, dass der gesetzlichen Krankenversicherung nicht zugerechnet werden kann, handelt es sich nur dann, wenn es im konkreten Fall allein oder doch jedenfalls "ganz überwiegend" im Sinne von "schwerpunktmäßig" der Erleichterung der Pflege dient (
BSG, Urteile vom 12. Juni 2008,
B 3 P 6/07 R, zitiert nach juris, vom 15. November 2007, a.a.O., und vom 22. Juli 2004,
B 3 KR 5/03 R in SozR 4-2500 § 33
Nr. 5: insoweit noch "schwerpunktmäßig").
Bei dem streitbefangenen WC-Sitz mit Dusche steht zur Überzeugung des Senats der Behinderungsausgleich ganz im Vordergrund, weil er ein elementares Grundbedürfnis des täglichen Lebens betrifft.
Nach der Rechtsprechung des
BSG ist für die Erforderlichkeit eines Hilfsmittels zwischen solchen Hilfsmitteln zu unterscheiden, die eine beeinträchtigte Körperfunktion unmittelbar ersetzen und solchen, die nur mittelbar einen Ausgleich für ausgefallene Körperfunktionen bewirken (
BSG, Urteil, vom 12. Juni 2008,
B 3 P 6/07 R, zitiert nach juris).
Zur Überzeugung des Senats bezweckt der streitbefangene WC-Sitz mit Dusche den Ausgleich der körperlichen Behinderung selbst, ist also unmittelbar der Behinderung zuzuordnen. Der Senat verweist insoweit auf die Ausführungen in dem Urteil des
BSG vom 19. Dezember 1978, a.a.O., die er für zutreffend hält. Darin heißt es:
"Entgegen der Ansicht der Beklagten stellt der clos-o-mat (WC-Sitzkombination mit Warmwasserunterdusche und Warmlufttrocknung) ein Hilfsmittel im Sinne des § 182b RVO dar. Wie der Senat wiederholt, vor allem im Urteil vom 10. November 1977 -
3 RK 7/77 - (SozR 2200 § 182b RVO
Nr. 4) ausführlich dargelegt und unter Berücksichtigung des RehaAnglG vom 7. August 1974 und des
SGB I vom 11. Dezember 1975 begründet hat, ist die Krankenkasse als Trägerin der Krankenhilfe und einer ausschließlich medizinischen Rehabilitation - im Gegensatz zu anderen Sozialleistungsträgern mit final umfassenderer Zuständigkeit (
z.B. die Rentenversicherungsanstalten, die Berufsgenossenschaften, die Versorgungsverwaltung und die Sozialhilfeträger) - nur zur Gewährung von solchen Hilfsmitteln verpflichtet, die den Ausgleich der körperlichen Behinderung selbst bezwecken, also unmittelbar gegen die Behinderung gerichtet sind. Das klassische Hilfsmittel in diesem Sinne ist dasjenige, das die natürlichen Funktionen eines nicht oder nicht voll funktionsfähigen Körperorgans ersetzt oder ergänzt (
z.B. Prothese, Hörgerät). Kein Anspruch gegen die Krankenkasse besteht daher bei Notwendigkeit eines Hilfsmittels, das nicht bei der Behinderung selbst, sondern bei deren Folgen und Auswirkungen in den verschiedenen Lebensbereichen, insbesondere aus beruflichem, gesellschaftlichem oder privatem Gebiet ansetzt (
z.B. elektrische Schreibmaschine, PKW). Die WC-Automatik wirkt zwar nicht direkt auf den durch die Körperfehlbildung bedingten Funktionsausfall ein. Auch ersetzt das Hilfsmittel die Armfunktion nur bei einer bestimmten, allerdings regelmäßig wiederkehrenden Verrichtung des täglichen Lebens durch einen mit der Armfunktion nicht vergleichbaren apparativen Vorgang (Dusche). Die durch das Hilfsmittel ausgeglichene Unmöglichkeit, die äußeren Anal- und Urogenitalpartien des Körpers in der üblichen Weise zu reinigen, kann jedoch nicht bereits als eine Folge und Auswirkung der Behinderung in einem - vom Gesundheitszustand abtrennbaren - Lebensbereich angesehen werden. Nach Ansicht des Senats steht sie vielmehr in einem so engen Zusammenhang mit der körperlichen Behinderung, dass sie dieser selbst zuzurechnen ist."
Der mit dem clos-o-mat im Wesentlichen vergleichbare AquaClean 5000plus WC-Sitz mit Dusche wirkt zwar nicht direkt auf den durch die chronische Luxationsstellung beider Schultern bedingten Funktionsausfall. Auch ersetzt das Hilfsmittel die Armfunktion nur bei einer bestimmten, allerdings regelmäßig wiederkehrenden Verrichtung des täglichen Lebens durch einen mit der Armfunktion nicht vergleichbaren apparativen Vorgang (Dusche). Durch das Hilfsmittel wird aber die Unmöglichkeit, den Reinigungsvorgang im Anal- und Urogenitalbereich vorzunehmen, ausgeglichen. Da das Ausscheiden ein Grundbedürfnis des täglichen Lebens darstellt (st. Rspr. des
BSG, Urteile vom 7. Oktober 2010,
B 3 KR 13/09 R in SozR 4-2500 § 33
Nr. 31; vom 26. März 2003,
B 3 KR 23/02 R in SozR 4-2500 § 33
Nr. 3 Rn. 9) steht die Unmöglichkeit des Reinigungsvorgangs - jedenfalls in diesem Bereich - in so einem engen Zusammenhang mit der körperlichen Behinderung, dass sie dieser selbst zuzuordnen ist. Das Hilfsmittel ersetzt natürliche Körperfunktionen und dient medizinischen Zwecken, nämlich der Hygiene, also der Gesunderhaltung (
vgl. BSG, Urteil vom 19. Dezember 1978, a.a.O.).
Das Ziel, die Wahrung der Selbständigkeit bei den Ausscheidungsvorgängen möglichst weitgehend zu sichern, betrifft das Recht der behinderten Menschen auf Selbstbestimmung und damit eine Rechtsposition, deren Stellenwert bei der Rehabilitation von Behinderten der Gesetzgeber durch das Neunte Buch Sozialgesetzbuch (
SGB IX) nochmals besonders verdeutlicht hat.
§ 1 SGB IX bezeichnet die Förderung der Selbstbestimmung behinderter Menschen und ihrer gleichberechtigten Teilhabe am Leben in der Gesellschaft als wesentliches Ziel der Leistungen zur Rehabilitation. (
vgl. BSG, Urteil vom 28. Mai 2003,
B 3 KR 30/02 R, zitiert nach juris). Aufgrund dieses Hilfsmittels ist der Kläger bei dem Toilettengang als solchem nicht mehr auf eine Hilfsperson angewiesen. Allein dies stellt bereits eine rechtlich relevante Verselbständigung dar. Denn wegen der Verpflichtung zum Schutz der Menschenwürde (
Art. 1
Abs. 1 des Grundgesetzes [GG]) muss der Kläger die Möglichkeit haben, körperliche Bedürfnisse unter Wahrung der eigenen Intimsphäre zu verrichten (
vgl. hierzu Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 13. November 2007, 2 BvR 939/07; s.a.
LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 1. März 2010,
L 9 KR 294/09 B ER, beides zitiert nach juris).
Wegen der Intimität der Vorgänge der Blasen- und Darmentleerung ist für den Senat nachvollziehbar, dass der Kläger wohl großen Wert darauf gelegt hat, jedenfalls im Bereich dieser Vorgänge seine Selbständigkeit zu wahren. Der Senat verweist insoweit auf den Beschluss des 9. Senats des Landessozialgerichts (
LSG) Berlin-Brandenburg
LSG Berlin-Brandenburg vom 1. März 2010 (L 9 KR 294/09 B ER, zitiert nach juris), wonach es bereits eine beachtliche Verselbständigung darstellt, wenn der Kläger bei dem Vorgang der Blasenentleerung als solchem nicht auf fremde Hilfe angewiesen ist. Das gilt entsprechend auch für den Vorgang der Darmentleerung. Es kommt auch nicht darauf an, ob die Funktion des WC-Sitzes mit Dusche ebenso gut durch eine Pflegeperson hätte erfüllt werden können. Anspruch auf ein Hilfsmittel besteht nicht erst dann, wenn dessen Funktion auch durch Hilfskräfte nicht ausgefüllt werden könnte. Auf die Hilfe von Dritten darf nicht verwiesen werden (Gerlach in Hauck/Noftz,
SGB V, K § 33 Rn. 63, Stand Februar 2015). Die Verwendung von Windeln ist keine zumutbare Alternative, zumal die gewonnene Selbständigkeit verloren ginge.
Dadurch wird zwangsläufig der allgemeine Pflegebedarf des Klägers verringert und damit die Pflege (auch) erleichtert; außerdem wird ihm dadurch eine selbstständigere Lebensführung ermöglicht. Diese Aspekte sind aber nur Folge des Behinderungsausgleichs und ändern nichts daran, dass ein solches Hilfsmittel allein der Leistungspflicht der Krankenversicherung zuzuordnen ist.
Wie das Bundessozialgericht bereits in seinem Urteil vom 10. November 2005, a.a.O. entschieden und in dem Urteil vom 12. Juni 2008, B 3 P 6/07 R, a.a.O., bekräftigt hat, gilt der Maßstab der "Schwerpunktbetrachtung" auch dann, wenn die Krankenversicherung - etwa wegen des Fehlens eines privaten Versicherungsschutzes - im konkreten Fall nicht einzutreten hätte. Aus § 40
Abs. 1
S. 1
SGB XI folgt nicht, dass zwischen der Krankenversicherung und der Pflegeversicherung ein Vorrang-Nachrang-Verhältnis in der Weise besteht, dass ein Überschneidungsbereich zustande kommt, in dem grundsätzlich beide Leistungsträger für Hilfsmittel zuständig sind, wobei die Leistungspflicht der Pflegekasse vergleichbar der Sozialhilfe subsidiär eintritt, wenn im Einzelfall kein vorrangiger Versicherungsschutz besteht. Es kommt nur die Zuständigkeit des einen oder des anderen Leistungsträgers in Betracht. Welcher Leistungsträger im Einzelnen für Hilfsmittel zuständig ist, richtet sich im Zweifel nach dem Schwerpunkt der Zweckbestimmung. Besteht danach eine Leistungslücke im Bereich der privaten Krankenversicherung, so ist diese nicht von der privaten Pflegeversicherung zu schließen. Der gesetzliche Wortlaut von § 40
SGB XI ("soweit") ist nur gewählt worden, um deutlich zu machen, dass es auch hier nach Inkrafttreten der Pflegeversicherung bei der bisherigen Leistungsverpflichtung anderer Leistungsträger (mit Ausnahme der Sozialhilfe) bleiben sollte (
vgl. BSG, Urteil vom 10. November 2005, Rn. 19, a.a.O. mit Hinweis auf die BR-Drucksache 505/93
S. 113/114 zu § 36
Abs. 1).
Gleiches gilt für den Fall, dass der Kläger gesetzlich krankenversichert wäre; dann hätte er nach obigen Ausführungen zum
GKV-Hilfsmittelverzeichnis zwar einen Anspruch auf Hilfsmittelversorgung gemäß
§ 33 SGB V gegen die Krankenkasse. Dass er aber im Rahmen seiner privaten Krankenversicherung nur einen beschränkten Leistungsanspruch bei der Hilfsmittelversorgung hat, ist Folge des eigenverantwortlich ausgehandelten Vertragsabschlusses. Auch diese Folge ist nicht durch Eintreten der privaten Pflegeversicherung zu schließen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193
Abs. 1
SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160
Abs. 2
Nr. 1 und 2
SGG nicht vorliegen.