Urteil
Streit über die Vergütung von orthopädie-schuhtechnischen Leistungen - Rahmenvereinbarung nach § 127 Abs. 2 SGB V - Wirksamkeit des Vertragsbeitritts - Fortgeltung der Versorgungsberechtigung für Leistungserbringer - Übergangszeitraum

Gericht:

LSG Sachsen 9. Senat


Aktenzeichen:

L 9 KR 25/15


Urteil vom:

18.12.2018


Tenor:

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 25. November 2014 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, dem Kläger 6.879,87 EUR nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz zu zahlen, und zwar in Höhe von 2.466,30 EUR seit dem 04.09.2009 und in Höhe von 4.413,57 EUR seit dem 30.12.2013.

II. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens für beide Rechtszüge.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

IV. Der Streitwert wird für beide Instanzen auf 6.879,87 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Vergütung von orthopädie-schuhtechnischen Leistungen, die der Kläger in dem Zeitraum vom 29.01.2009 bis 12.04.2010 für Versicherte der Beklagten erbracht hat.

Der Kläger ist Meister für Orthopädie- und Schuhtechnik und Mitglied der Landesinnung für Orthopädie-Schuhtechnik Sachsen. Er verfügt seit November 2001 über eine Zulassung zur Abgabe von Hilfsmitteln an Versicherte der Beklagten, zuletzt auf der Grundlage der Rahmenvereinbarung nach § 127 Abs. 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) vom 01.10.2003, zu welcher er am 28.06.2004 eine Anerkenntniserklärung abgegeben hatte. Diese Vereinbarung wurde zum 31.12.2008 gekündigt.

Mit Wirkung zum 01.01.2009 wurde zwischen der Beklagten und den Landesinnungen für Orthopädie-Schuhtechnik Sachsen und Thüringen eine neue Rahmenvereinbarung nach § 127 Abs. 2 SGB V geschlossen. Die diesbezügliche Anerkenntniserklärung des Klägers vom 01.01.2009 ging der Beklagten am 27.04.2009 zu.

Teil I - Allgemeine Bestimmungen der Rahmenvereinbarung lauten auszugsweise wie folgt:

Die Regelungen der allgemeinen Bestimmungen sind grundsätzlich bei allen Versorgungen zu beachten. Darüber hinaus kann in spezielleren/besonderen/anderen Bestimmungen Abweichendes geregelt sein.

2. Grundsätze der Leistungserbringung.
2.2. Der Leistungserbringer weist seine Eignung gemäß § 126 Abs. 1 SGB V unter Heranziehung der gemeinsamen Empfehlungen der Spitzenverbände der Krankenkassen in der jeweils gültigen Fassung vor Vertragsabschluss/Leistungserbringung im Einzelfall nach. Er ist verpflichtet, die Eignung während der gesamten Vertragslaufzeit sicherzustellen ...

3. Abgabe und Umfang der Leistung
3.1. Leistungen dürfen nur auf Grundlage einer vertragsärztlichen Versorgung erbracht werden ...

4. Genehmigungspflicht/Genehmigungsverfahren
4.1. Die Versorgung mit Hilfsmitteln bedarf einer vorherigen Genehmigung durch die AOK Plus.
4.2. Davon ausgenommen sind Versorgungen, deren Abgabepreis je verordnetes Hilfsmittel 160,00 EUR (inklusive Mehrwertsteuer) nicht überschreitet.
4.3. Maßnahmen zur Instandhaltung, insbesondere bei Instandsetzung/Reparatur bis zu einer Höhe von 250,00 EUR (inklusive Mehrwertsteuer) können ohne Genehmigung durch die AOK Plus nach einem schriftlich dokumentierten, vom Versicherten erteilten Auftrag durchgeführt werden. Erforderliche Maßnahmen zur Instandhaltung, insbesondere bei sicherheitstechnischen Kontrollen, Wartungen, können ebenfalls bis zu einer Höhe von 250,00 EUR (inklusive Mehrwertsteuer) ohne Genehmigung durch die AOK Plus mit schriftlicher Bestätigung des Versicherten durchgeführt werden.
4.5. Zur Genehmigung sind die vertragsärztliche Versorgung im Original und der Kostenvoranschlag vorzulegen. Die AOK plus prüft im Genehmigungsverfahren den Leistungsanspruch des Versicherten sowie Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit der geplanten Versorgung ...
4.8. Ein Anspruch auf Durchführung der Versorgung aus der Übergabe der Verordnung besteht erst ab Genehmigung durch die AOK Plus, es sei denn, dass diese auf das Genehmigungsverfahren verzichtet hat (4.2. und 4.3.) ...

10. Grundsätze der Vergütung.
10.3. Soweit ein genehmigungspflichtiges Hilfsmittel abgegeben wird, richtet sich die Höhe der Vergütung nach dem genehmigten Kostenvoranschlag ...
10.4. Bei genehmigungsfreien Hilfsmittelversorgungen vergütet die AOK Plus die erbrachten Leistungen maximal in Höhe des niedrigsten Vertragspreises, der für eine vergleichbare Leistung mit anderen Leistungserbringern vereinbart wurde. Soweit für das abgegebene Hilfsmittel ein Festbetrag festgesetzt wurde und keine anderen vertraglichen Regelungen entsprechend Satz 1 bestehen, übernimmt die AOK Plus die Kosten höchstens bis zur Höhe des Festbetrages.
10.5. Sofern keine Genehmigungspflicht der Hilfsmittelversorgung besteht und Vertragspreise mit anderen Leistungserbringern nicht vereinbart und Festbeträge nicht festgesetzt wurden, wird das in der Region der AOK Plus ortsübliche Entgelt gezahlt. Die AOK Plus behält sich die sachliche und rechnerische Prüfung der geltend gemachten Vergütung vor ...

Teil II - Besondere Bestimmungen der Rahmenvereinbarung lauten auszugsweise wie folgt:

1. Präambel
1.1. Die vorliegenden Besonderen Bestimmungen regeln die Grundsätze für die Versorgung der Versicherten der AOK Plus mit Hilfsmitteln der Orthopädie-Schuhtechnik einschließlich aller damit im Zusammenhang stehenden Dienst- und Serviceleistungen aus den folgenden Produktgruppen, soweit es dem Berufsbild des Orthopädieschuh-Schuhtechnikers entspricht:
- PG 31 orthopädische Schuhe,
- PG 05 Bandagen,
- PG 08 Einlagen,
- PG 17 Hilfsmittel zur Kompressionstherapie,
- PG 23 Orthesen,
- PG 24 Prothesen.
1.2. Mit Verbänden oder Organisationen wird der vorliegende Vertrag als Rahmenvereinbarung geschlossen. Leistungserbringer haben die Möglichkeit, mittels einer Anerkenntniserklärung (Anlage 5) einen gesondert kündbaren Einzelvertrag mit dem Inhalt dieser Rahmenvereinbarung zu schließen, nachdem durch den Leistungserbringer gegenüber der AOK Plus die Voraussetzungen nach § 126 Abs. 1 Satz 2 SGB V und nach Ziffern 2.1., 2.2., 2.2.1, 2.2.2., 2.3. sowie 2.4. der Besonderen Bestimmungen vor Vertragsabschluss nachgewiesen worden sind. Der Einzelvertrag gilt bezogen auf die jeweiligen Betriebsstätten des Leistungserbringers, für welche ein fachlicher Leiter benannt ist.
1.3. Soweit für den Leistungserbringer eine Anerkenntniserklärung nach Ziffer 1.2. der Besonderen Bestimmungen nicht möglich ist, wird dieser Vertrag als Einzelvertrag mit dem jeweiligen Leistungserbringer geschlossen. Die Voraussetzungen nach Ziffer 2.1., 2.2., 2.2.1., 2.2.2., 2.3. sowie 2.4. der Besondere Bestimmungen in Verbindung mit § 126 Abs. 1 Satz 2 SGB V sind der AOK Plus vor Vertragsbeginn nachzuweisen.
1.4 ...

2. Grundsätze der Leistungserbringung
2.1. Die Leistungen können nur in der Betriebsstätte erbracht werden, die nach Prüfung durch die AOK Plus die nachfolgend aufgeführten fachlichen, räumlichen und sachlichen Voraussetzungen erfüllt. Grundlage hierfür bilden die Gemeinsamen Empfehlungen der Spitzenverbände der Krankenkassen in der jeweils geltenden Fassung. Die AOK Plus informiert nach Abschluss der Prüfung der fachlichen, räumlichen und sachlichen Voraussetzungen den Leistungserbringer schriftlich darüber, ob der Einzelvertrag zustande gekommen ist.
2.2. Fachliche Voraussetzungen Orthopädie-Schuhtechniker-Meister erfüllen die fachlichen Voraussetzungen insbesondere für die Versorgung mit orthopädischen Schuhen und orthopädischen Einlagen sowie orthopädischen Zurichtungen an Konfektionsschuhen. Diabetesversorgungen dürfen nur von Leistungserbringern gefertigt werden, welche ein durch die Krankenkasse anerkanntes Zertifikat für diabetische Versorgungen nachweisen.
2.2.1. Vorzulegende Nachweise sind:
- Meisterprüfung oder Ausnahmebewilligung gemäß Handwerksordnung (HWO),
- Eintragung in die Handwerksrolle (siehe HWO §§ 7, 6,119),
- für Diabetesversorgungen: Zertifikat für die Versorgung des diabetischen Fußes nach den Richtlinien des Zentralverbandes für Orthopädie-Schuhtechnik oder das Zertifikat des Fortbildungskurses "Das diabetische Fußsyndrom" der Friedrich-Schiller-Universität Jena oder das Zertifikat der Bundesfachschule für Orthopädie-Technik Dortmund "Anfertigung von Diabetes-adaptierten Fußbettungen durch Orthopädie-Techniker" oder gleichwertige, im Einzelfall durch die AOK Plus anerkannte Zertifikate.
2.2.2. Der als fachlicher Leiter eingesetzte Orthopädie-Schuhtechniker-Meister hat sicherzustellen, dass alle Vertragsleistungen unter seiner Leitung und seiner Verantwortung erbracht werden. In der Betriebsstätte, in der die vorgenannten Hilfsmittel gefertigt werden, muss zu den Geschäftszeiten der fachliche Leiter vor Ort sein. Auf Grundlage dieser Maßgabe sind die Zeiten der Anwesenheit gegenüber der AOK Plus auf Verlangen mitzuteilen.
2.2.3.
2.3. Räumliche und sachliche Mindestausstattung
- Werkstatt Diese muss mindestens enthalten: - Werk- oder Arbeitstisch mit entsprechender Werkzeugausstattung sowie - Zuschneidetisch, - Fräs- und Schleifmaschine, - Presse, - Wärmeofen, - Tiefziehgerät, - Oberleder- und Reparaturnähmaschine.
- Verkaufsraum/Warteraum
- Anprobekabine/Maßnehmekabine (mit Sitzgelegenheit und Spiegel)
- Weiterhin zu gewährleisten sind: - behindertengerechter Zugang, - Toilette mit Handwaschbecken und Seifenspender, - ausreichende Beleuchtung, - Be- und Entlüftungsmöglichkeiten.
Eine Überprüfung der räumlichen und sachlichen Gegebenheiten erfolgt grundsätzlich vor Ort. Soweit im Rahmen der Prüfung der fachlichen, räumlichen und sachlichen Voraussetzungen durch die Einbeziehung von externen Sachverständigen Kosten entstehen, trägt diese der Leistungserbringer.
2.4. Annahmestellen
Für die fachlichen Voraussetzungen gilt Ziffer 2.2.2. der Besonderen Bestimmungen. Als räumliche und sachliche Mindestanforderung ist eine Anprobekabine/ Maßnehmekabine vorzuweisen ...

4. Genehmigungspflicht/Genehmigungsverfahren
4.1. Der AOK Plus ist vor Leistungserbringung ein Kostenvoranschlag zur Genehmigung vorzulegen, sofern die Genehmigungspflicht nach Ziffer 4.2. der Besonderen Bestimmungen nicht entfallen ist.
4.2. Versorgungen, deren Abgabepreis je verordnetes Hilfsmittel 160 EUR inklusive Mehrwertsteuer nicht überschreiten, sind genehmigungsfrei. Die Genehmigungspflicht entfällt darüber hinaus, - sofern für Hilfsmittel Festbeträge gemäß § 36 Abs. 2 SGB V festgesetzt wurden, - bei der Versorgung mit orthopädischen Schuhzurichtungen an Konfektionsschuhen entsprechend der Leistungsbeschreibung, - für Bandagen und Orthesen, wenn der Bruttoendpreis von 500 EUR nicht überschritten wird, - bei Ersatzfußbettungen einschließlich Diabetes adaptierter Ersatzfußbettung, sofern sich die Versorgung gegenüber der Originalversorgung nicht verändert.
4.3. Entgegen Ziffer 4.2. und Ziffer 4.3. der Allgemeinen Bestimmungen besteht Genehmigungspflicht - bei erforderlichen Schuhzurichtungen am orthopädischen Maßschuh, - bei Korrektursicherungs- und Orthesenschuhen in der Erstversorgung sowie - bei Instandsetzungen über einen Bruttoendpreis von 160,00 EUR.

17. Inkrafttreten, Dauer und Kündigung
17.1. Diese Rahmenvereinbarung tritt zum 01.01.2009 in Kraft und kann mit einer Frist von drei Monaten zum Ende des Quartals, frühestens zum 31.12.2009 gekündigt werden. Gleiches gilt für die auf dieser Rahmenvereinbarung beruhenden Einzelverträge.
17.2. Diese Rahmenvereinbarung gilt für alle Versorgungen ab dem Verordnungsdatum 01.01.2009 ...

Mit Schreiben vom 27.04.2009 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass sie seine Anerkenntniserklärung und den Abschluss eines Einzelvertrages mit ihm ablehne, da er nicht die notwendigen Voraussetzungen für eine ausreichende, zweckmäßige und funktionsgerechte Herstellung, Abgabe und Anpassung von Hilfsmitteln erfülle und für die Hilfsmittelversorgung nicht geeignet sei. In der Vergangenheit sei es zu zahlreichen Verstößen gegen die Rahmenvereinbarung vom 01.10.2003 gekommen. In diesem Zusammenhang wies die Beklagte auf folgende Umstände hin, die sie mit Schreiben vom 20.05.2009 ergänzte: Durch einen Vertragsausschuss sei dem Kläger am 18.10.2005 eine Verwarnung wegen erheblichen Mängeln bei der Versorgung mit orthopädischen Maßschuhen erteilt und ihm eine Vertragsstrafe in Höhe von 633,75 EUR auferlegt worden. Er habe gegen die vertraglich geregelten Qualitätsgrundsätze verstoßen. Im November 2006 habe sie den Kläger wegen vertragswidriger Werbung abgemahnt. Er habe die Versicherten aufgefordert, sich von ihren Ärzten neue Verordnungen für Schuhzurichtungen ausstellen zu lassen. Mit Schreiben vom 06.03.2007 habe sie ihn verwarnt und ihm untersagt, in den nicht zugelassenen Betriebsstätten in LL ..., MM ... und NN ... Hilfsmittel abzugeben, ferner habe sie ihm die Auflagen erteilt, für die Kunden kenntlich zu machen, zu welchen Zeiten Meisterpräsenz zur Annahme, Ausführung und Abgabe von Leistungen der Orthopädie-Schuhtechnik gewährleistet sei, die Werbeaussagen der tatsächlich erteilten Zulassung anzupassen und Veränderungen, die die persönlich-fachlichen und sachlichen Voraussetzungen der Zulassung betreffen, anzuzeigen. Mit Schreiben vom 29.11.2007 habe sie den Kläger über das Ergebnis ihrer Betriebsprüfungen wiederum informiert. Bei den regelmäßig durchgeführten Qualitätskontrollen habe sie immer wieder Qualitätsmängel und Verstöße gegen die rahmenvertraglichen Bestimmungen festgestellt. Darüber hinaus habe der Kläger Leistungen abgerechnet, die er nicht erbracht habe.

Das auf die Strafanzeige der Beklagten vom 05.02.2008 wegen des Verdachts auf Abrechnungsbetrug und Körperverletzung wegen Fehl- und Mangelversorgungen unter dem Aktenzeichen eingeleitete Ermittlungsverfahren hat die Staatsanwaltschaft C ... mit Verfügung vom 29.04.2009 gemäß § 170 Abs. 2 Strafprozessordnung (StPO) mangels hinreichenden Tatverdachts eingestellt.

Mit Schreiben vom 28.04.2009 lehnte die Beklagte die Begleichung der Rechnung des Klägers vom 02.04.2009 über insgesamt 5.465,11 EUR ab und mit Schreiben vom 12.04.2010 die Rechnung vom 24.03.2010 in Höhe eines Betrages von noch 1,751,57 EUR.

Mit weiteren Schreiben vom 10.06.2009, 09.07.2009, 23.07.2009, 31.07.2009, 15.09.2009 und 28.10.2009 erläuterte die Beklagte dem Kläger die (aus ihrer Sicht bestehende) Sach- und Rechtslage. Im Teil II - Besondere Bestimmungen, Punkt 1.2. der ab 01.01.2009 geltenden Rahmenvereinbarung seien die Voraussetzungen geregelt, unter denen ein Vertrag mit Leistungserbringern zustande käme. Da der Kläger nicht geeignet sei, die entsprechende Heilmittelversorgung durchzuführen, werde mit ihm kein Vertrag abgeschlossen. Er sei kein Vertragspartner geworden. Ergänzend wies sie den Kläger darauf hin, dass seine am 31.03.2007 bestehende Zulassung bis zum 31.12.2009 gemäß § 126 Abs. 2 SGB V wirksam bleibe mit der Folge, dass Leistungen an Versicherte der Beklagten weiterhin erbracht werden könnten, jedoch nach § 127 Abs. 3 SGB V unter der einschränkenden Voraussetzung einer von der Beklagten vorher erteilten Genehmigung.

Am 04.09.2009 hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Leipzig (SG) erhoben und zunächst eine Vergütung in Höhe von insgesamt 2.466,30 EUR zuzüglich Zinsen geltend gemacht. Im Einzelnen handelt es sich um folgende im Zeitraum Januar bis März 2009 an acht Versicherte der Beklagten erbrachte Leistungen:

Versicherte Verordnung Datum Verordnung Betrag Y ... 29.01.2009 Verkürzungsausgleich 165,12 EUR

X ... 02.03.2009 Weichpolstereinlagen Nachversorgung 104,90 EUR W ... 09.03.2009 Kompress.-waden-strümpfe Nachversorgung 45,80 EUR V ... 09.03.2009 diabetesad. Fußbettungen Nachversorgung 349,08 EUR U ... 17.03.2009 Mittelfußrollen, diab. 225,80 EUR T ... 17.03.2009 Mittelfußrollen und diabetesad. Fußbettungen Nachversorgung 676,20 EUR S ... 25.03.2009 Mittelfußrollen und diabetesad. Fußbettungen Nachversorgung 696,20 EUR R ... 26.03.2009 Mittelfußrollen Nachversorgung 203,20 EUR Zwischensumme: 2.466,30 EUR

Mit Beschluss des Amtsgerichts C ... vom 03.03.2010 ist das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Klägers eröffnet worden (Az. ). Der Insolvenzverwalter hat am 11.01.2011 die Masseunzulänglichkeit angezeigt. Am 16.08.2011 hat der Insolvenzverwalter - bedingt durch die Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH) für die Selbstbeteiligung in Höhe von 250,00 EUR - das vorliegende Verfahren aufgenommen. Den den PKH-Antrag des Klägers ablehnenden Beschluss des Sozialgerichts Leipzig vom 05.12.2011 hat das Sächsische Landessozialgericht (LSG) auf die Beschwerde des Klägers mit Beschluss vom 27.07.2017 aufgehoben.

Mit Schriftsatz vom 30.12.2013 hat der Kläger - aus den seit Januar 2009 für überschlägig insgesamt 22.000,00 EUR erbrachten Leistungen - die Klage um Forderungen in Höhe von 4.413,57 EUR erweitert und einen Betrag in Höhe von insgesamt 6.879,87 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit eingeklagt.

Im Einzelnen handelt es sich um folgende im Zeitraum Januar bis April 2010 an 30 Versicherte der Beklagten erbrachte Leistungen:

D ... 08.01.2010 Weichpolstereinlage 47,20 EUR E ... 08.01.2010 Schuhzurichtung konf. Schuh 166,60 EUR F ... 18.01.2010 Weichpolstereinlage 47,20 EUR G ... 19.01.2010 diabetesad. Fußbettungen 470,42 EUR G ... 19.01.2010 Schuhzurichtung konf. Schuh 247,76 EUR H ... 21.01.2010 diabetesad. Fußbettungen 235,21 EUR H ... 21.01.2010 Schuhzurichtung konf. Schuh 225,82 EUR I ... 22.01.2010 Kork-Leder-Einlage 70,53 EUR J ... 28.01.2010 Kork-Leder-Einlage 69,55 EUR K ... 05.02.2010 diabetesad. Fußbettungen 676,24 EUR L ... 11.02.2010 Weichpolstereinlage 94,40 EUR M ... 11.02.2010 Schuhzurichtung konf. Schuh 118,58 EUR N ... 16.02.2010 Kork-Leder-Einlage 126,96 EUR N ... 16.02.2010 Schuhzurichtung konf. Schuh 205,82 EUR O ... 16.02.2010 Weichpolstereinlage 94,40 EUR P ... 16.02.2010 Weichpolstereinlage 94,40 EUR M ... 18.02.2010 Schuhzurichtung konf. Schuh 247,75 EUR Q ... 19.02.2010 Weichpolstereinlage 47,20 EUR AA ... 22.02.2010 Kopieeinlagen/Keil 48,17 EUR BB ... 23.02.2010 Kork-Leder-Einlage 112,70 EUR CC ... 23.02.2010 Schuhzurichtung konf. Schuh 308,73 EUR CC ... 23.02.2010 Weichpolstereinlage 94,40 EUR DD ... 01.03.2010 Schuhzurichtung konf. Schuh 46,10 EUR EE ... 04.03.2010 Weichpolstereinlage 47,20 EUR FF ... 09.03.2010 Weichpolstereinlage 52,45 EUR GG ... 10.03.2010 Schuhzurichtung konf. Schuh 131,57 EUR GG ... 10.03.2010 Kopieeinlagen 69,45 EUR HH ... 11.03.2010 Einlagen mit Korrekturbacken 73,76 EUR II ... 11.03.2010 Weichpolstereinlage 126,96 EUR JJ ... 12.04.2010 Kork-Leder-Einlage 15,84 EUR Zwischensumme: 4.413,57 EUR

Zur Begründung hat der Kläger ausgeführt, durch die Anerkenntniserklärung sei ein Versorgungsvertrag zustande gekommen. Da er am 31.03.2007 über eine Zulassung nach altem Recht verfügt habe, werde nach § 126 Abs. 2 SGB V das Vorliegen der qualitativen Anforderungen fingiert; einer gesonderten Qualitätsprüfung durch die Beklagte habe es daher nicht bedurft. Die von der Beklagten vorgebrachten Mängel hätten (zum Teil) nicht vorgelegen, rechtfertigten jedenfalls nicht das Vorgehen der Beklagten. Die Leistungen ab 2009 habe er entsprechend den Anforderungen nach der neuen Rahmenvereinbarung erbracht; diese seien daher entsprechend durch die Beklagte zu vergüten.

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 25.11.2014 abgewiesen. Dem Kläger stünde kein Vergütungsanspruch zu, weil mangels Annahme der Anerkenntniserklärung des Klägers durch die Beklagte kein Vertrag zustande gekommen sei. Der Kläger habe seine Eignung gemäß § 126 Abs. 1 Satz 2 SGB V als Voraussetzung für den Vertragsabschluss nicht nachgewiesen. Ergänzend hat sich das SG auf eine Entscheidung des Sächsischen Landessozialgerichts (LSG) vom 01.12.2010 (L 1 KR 99/10 B ER) berufen. Auch aus dieser ergebe sich, dass die Vertragserfüllungsfähigkeit des den Beitritt erklärenden Leistungserbringers von der Krankenkasse zu prüfen sei, und ein Beitritt somit erst wirksam werde, wenn diese Eignung im Einzelfall nachgewiesen sei.

Mit Beschluss vom 02.12.2014 hat das SG den Streitwert auf 2.466,30 EUR festgesetzt. Diesen hat das LSG mit Beschluss vom 29.06.2017 abgeändert und den Streitwert auf 6.879,87 EUR festgesetzt (L 1 KR 32/15 B).

Gegen das ihm am 29.12.2014 zugestellte Urteil hat der Kläger am 28.01.2015 Berufung beim LSG eingelegt. Der Vergütungsanspruch stünde ihm aufgrund des durch seine Anerkenntniserklärung zustande gekommenen Vertrages zu. Er erfülle als in der Handwerksrolle eingetragener Orthopädie-Schuhtechnikmeister sowohl die persönlich-fachlichen als auch die unternehmensbezogenen Eignungsvoraussetzungen des § 126 Abs. 1 Satz 2 SGB V. Die vertragliche Grundlage auf der Basis einzelner von der Beklagten behaupteter Qualitätsmängel zu entziehen, sei unverhältnismäßig. Zumindest sei die Beklagte zum Wertersatz gemäß §§ 812 Abs. 1, 818 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) verpflichtet.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 25.11.2014 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 6.879,87 EUR nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Seit dem 01.01.2009 bestehe zwischen dem Kläger und der Beklagten kein Vertrag zur Leistungserbringung, und zwar weder nach § 127 Abs. 1 noch nach Abs. 2 oder Abs. 3 SGB V. Für das Zustandekommen eines Vertrages nach § 127 Abs. 2 SGB V reiche die bloße Abgabe einer Anerkenntniserklärung nicht aus. Vielmehr ergebe sich aus den gesetzlichen Vorgaben und den (besonderen) Bestimmungen in Teil II der neuen Rahmenvereinbarung, dass das Vorliegen der dort sowie in § 126 Abs. 1 Satz 2 SGB V genannten Voraussetzungen vor Vertragsschluss nachgewiesen und die Prüfung der Vertragsvoraussetzungen mit einem positiven Ergebnis abgeschlossen werden müsse. Die Ablehnung des Zustandekommens eines Vertrages sei ausgehend von den Vorkommnissen der Vergangenheit zu Recht erfolgt (Verwarnung und Vertragsstrafe im Jahr 2005, Verwarnung wegen fehlender Meisterpräsenz im Jahr 2007 und Feststellung gravierender Mängel bei einer Qualitätskontrolle 2008). Ein Vergütungsanspruch nach §§ 126 Abs. 2 i. V. m. 33 Abs. 7 SGB V scheitere daran, dass seitens des Klägers jeweils keine Kostenvoranschläge eingereicht und folglich von der Beklagten keine Genehmigungen vorab erteilt worden seien. Bei bestehendem Vertrag seien alle Leistungen der benannten Versicherten genehmigungsfrei und von ihr auch zu bezahlen gewesen, mit Ausnahme bei der Versicherten JJ ... Diesbezüglich habe die ärztliche Verordnung gefehlt.

Auf Veranlassung des LSG hat der Kläger eine CD-ROM übersandt, welche die soweit noch vorhandenen Abrechnungsunterlagen (insbesondere Verordnungen, Rechnungen, Übergabenachweise) für die klageweise geltend gemachten Vergütungsforderungen enthält.

Die Beklagte hat zwei Ordner Verwaltungsakten übersandt, die unter anderem Abrechnungsunterlagen, Rezepte und die Rahmenvereinbarung mit Anlagen zur Leistungsbeschreibung sowie die Vereinbarung über Festbeträge für Einlagen (in der damals geltenden Fassung vom 01.03.2008) enthalten. Darin enthalten ist auch ein von der Fachärztin für Allgemeinmedizin Dipl. Med. KK ... für die Versicherte JJ ... am 12.04.2010 ausgestelltes Rezept über zwei Paar Kork-Leder-Einlagen mit Polstersohle, ein Kostenvoranschlag des Klägers vom 21.04.2010 über zwei Paar Kork-Leder-Einlagen für 98,50 EUR, vier Weichbettungen ¾ lang (inkl. Lederdecke) für 26,72 EUR und vier Weichbettungen Vorfuß (inkl. Lederdecke) für 15,84 EUR (insgesamt: 141,06 EUR) mit einem darauf befindlichen Genehmigungsvermerk der Beklagten vom 20.05.2010, dass die Kosten nach Vertragssätzen übernommen werden, eine Empfangsbestätigung für Hilfsmittel der Versicherten vom 27.05.2010 und eine Rechnung vom 09.07.2010 über Leistungen in Höhe von 141,06 EUR.

Die Beteiligten haben sich in Schriftsätzen vom 30.10.2018 und 12.11.2018 mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt gemäß §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akte des Senats sowie die beigezogenen Akten des SG und die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der Beratung und Entscheidungsfindung waren.

Rechtsweg:

SG Leipzig, Urteil vom 25.11.2014 - S 8 KR 332/09

Quelle:

Sozialgerichtsbarkeit BRD

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil sich die Beteiligten damit einverstanden erklärt haben (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG).

Die zulässige Berufung des Klägers ist begründet. Zu Unrecht hat das SG mit Urteil vom 25.11.2014 die Klage abgewiesen. Der Kläger darf die geltend gemachte Vergütung für die in der Zeit von Januar 2009 bis April 2010 erbrachte Hilfsmittelversorgung von der Beklagten beanspruchen.

Rechtsgrundlage für das klägerische Vergütungsbegehren ist der Vertragsbeitritt gemäß § 127 Abs. 2a in der zum 01.01.2009 in Kraft getretenen Fassung des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Organisationsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-OrgWG) vom 15.12.2008 (BGBl. I S. 2426) (nachfolgend: a. F.). Danach können Leistungserbringer zu den gleichen Bedingungen als Vertragspartner den Verträgen nach § 127 Abs. 2 Satz 1 SGB V beitreten, soweit sie nicht aufgrund bestehender Verträge bereits zur Versorgung der Versicherten berechtigt sind. Mit der Neuregelung des § 127 SGB V durch das GKV-OrgWG hat der Gesetzgeber die vormalige Zulassung der Leistungserbringer aufgegeben und durch ein Vertragsmodell ersetzt. Danach sind drei Stufen der Beteiligung an der Hilfsmittelversorgung vorgesehen (vgl. BSG, Urteil vom 10. März 2010 - B 3 KR 26/08 R -, BSGE 106, 29-43, SozR 4-2500 § 126 Nr. 2, Rn. 20): Demgemäß können - § 127 Abs. 1 Satz 1 SGB V idF des GKV-OrgWG - auf der ersten Versorgungsstufe die Krankenkassen allein, durch ihre Verbände oder in Arbeitsgemeinschaften Verträge im Wege der Ausschreibung schließen. Werden Ausschreibungen nach Absatz 1 nicht durchgeführt - so § 127 Abs. 2 Satz 1 SGB V idF des GKV-OrgWG -, so haben die Krankenkassen oder ihre Verbände oder Arbeitsgemeinschaften von Krankenkassen auf der zweiten Versorgungsstufe mit entweder einzelnen Leistungserbringern oder Verbänden von Leistungserbringern oder sonstigen Zusammenschlüssen von Leistungserbringern Verträge zu schließen über die Einzelheiten der Versorgung mit Hilfsmitteln, deren Wiedereinsatz, die Qualität der Hilfsmittel und zusätzlich zu erbringender Leistungen, die Anforderungen an die Fortbildung der Leistungserbringer, die Preise und die Abrechnung (§ 127 Abs. 2 Satz 1 SGB V idF des GKV-WSG). Über solche Rahmenverträge haben sie die Leistungserbringer nach § 127 Abs. 2 Satz 3 SGB V zuvor wie folgt in Kenntnis zu setzen: "Die Absicht, über die Versorgung mit bestimmten Hilfsmitteln Verträge zu schließen, ist in geeigneter Weise öffentlich bekannt zu machen". Kann hierdurch eine zumutbare Versorgung im Einzelfall nicht gewährleistet werden, ist zu deren Sicherstellung schließlich auf der dritten Versorgungsstufe ein Einzelvertrag nach § 127 Abs. 3 SGB V zu vereinbaren.

Vorliegend hat die Beklagte mit den Landesinnungen für Orthopädie-Schuhtechnik Sachsen und Thüringen mit Wirkung zum 01.01.2009 eine Rahmenvereinbarung nach § 127 Abs. 2 SGB V geschlossen. Dieser konnte der Kläger nach § 127 Abs. 2a Satz 1 SGB V beitreten, so dass mit ihm mit Eingang der Anerkenntniserklärung bei der Beklagten am 27.04.2009 ein Einzelvertrag zustande gekommen ist. Gemäß § 127 Abs. 2a Satz 4 SGB V a. F. in Verbindung mit § 126 Abs. 1a SGB V, können Vertragspartner der Krankenkassen zwar grundsätzlich nur solche Leistungserbringer sein, die die Voraussetzungen für eine ausreichende, zweckmäßige und funktionsgerechte Herstellung, Abgabe und Anpassung der Hilfsmittel erfüllen (§ 126 Abs. 1 Satz 2 SGB V), was die Krankenkassen sicherzustellen haben (§ 126 Abs. 1a Satz 1 SGB V). § 127 Abs. 2a Satz 4 SGB V a. F. verweist in diesem Zusammenhang jedoch auch auf die Anwendbarkeit der Regelung in § 126 Abs. 2 SGB V a. F., nach welcher für Leistungserbringer, die am 31.03.2007 über eine Zulassung nach § 126 SGB V in der zu diesem Zeitpunkt geltenden Fassung verfügten, die Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 2 bis zum 30.06.2010 insoweit als erfüllt gelten (Satz 1). Diese Übergangsvorschrift sollte es bisherigen Zulassungsinhabern - wie dem Kläger - ermöglichen, sich während einer angemessenen Übergangszeit auf die neuen Bedingungen einzustellen. Bis zum Ablauf der Übergangsfrist galten für die genannte Leistungserbringergruppe die gesetzlichen Eignungsanforderungen an Vertragspartner grundsätzlich - sofern keine wesentlichen Änderungen der betrieblichen Verhältnisse gegeben sind, § 126 Abs. 2 Satz 2 SGB V a. F. - als erfüllt (vgl. BT-Drs. 16/3100 S. 141 zu Nr. 92; BT-Drs. 16/10609 S. 71 zu Nr. 2b; BT-Drucksache 17/8005, Seite 119, zu Nummer 44c - neu - § 126 SGB V). § 126 Abs. 2 Satz 1 SGB V a. F. fingiert(e) ein Fortbestehen der Qualifikation des Hilfsmittelerbringers; bis zum 30.06.2010 galten grundsätzlich alle Leistungserbringer, die am 31.03.2007 zur Versorgung zugelassen waren, als geeignet, einem Vertrag beitreten zu können, d. h., ohne eine individuelle Eignungsprüfung oder das Präqualifizierungsverfahren durchlaufen zu müssen (ebenso: Butzer in Becker/Kingreen, SGB V, 2. Auflage, 2010, § 126 Rn. 24 und 30; Hencke in: Peters, SGB V [Stand: 1. April 2010], § 126 Rn. 4; Hinweise des GKV-Spitzenverbandes der Krankenkassen zur Umsetzung des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Organisationsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung [GKV-OrgWG] im Hilfsmittelbereich vom 6. Februar 2009, S. 14).

Auf die in § 126 Abs. 2 Satz 3 SGB V a. F. geregelte Fortgeltung der Versorgungsberechtigung für Leistungserbringer, die am 31.03.2007 über eine entsprechende Zulassung verfügten, bis zum 31.12.2009 und die damit verbundenen Abrechnungsmodalitäten nach § 33 Abs. 7 Satz 2 SGB V a. F. braucht im vorliegenden Fall nicht abgestellt zu werden. Sie betreffen ausschließlich Leistungserbringer, die nicht Vertragspartner sind. Diese Regelungen würden vorliegend nur eingreifen, wenn der Kläger von der ihm eingeräumten Möglichkeit des Vertragsbeitritts keinen Gebrauch gemacht und sich lediglich auf die bis 31.12.2009 fortgeltende Versorgungsberechtigung nach § 126 Abs. 2 Satz 3 SGB V a. F. berufen hätte. Von der Fortgeltung der Versorgungsberechtigung nach § 126 Abs. 2 Satz 3 SGB V a. F. ist die (für einen Vertragsschluss entscheidende) Fiktion der Eignungsvoraussetzungen nach § 126 Abs. 2 Satz 1 SGB V a. F. zu unterscheiden.

Soweit die Beklagte (und mit ihr das SG) auf die besonderen Bestimmungen in Teil II der ab 01.01.2009 geltenden Rahmenvereinbarung verweisen, vermag dies das vorstehende Ergebnis nicht in Frage zu stellen. Es ist zwar zutreffend, dass danach vor Vertragsschluss/-beginn die Voraussetzungen nach § 126 Abs. 1 Satz 2 SGB V und nach Ziffern 2.1, 2.2, 2.2.1, 2.2.2, 2.3 sowie 2.4 der Besonderen Bestimmungen nachzuweisen sind. Dies betrifft - unter Berücksichtigung der Vorgaben in § 127 Abs. 2a Satz 4 i. V. m. § 126 Abs. 2 Satz 1 SGB V a. F. - nur solche Leistungserbringer, die (anders als der Kläger) am Stichtag 31.03.2007 nicht über eine Zulassung verfügten. Die rahmenvertraglichen Bestimmungen vermögen die für den Kläger günstige Fiktion in § 126 Abs. 2 Satz 1 SGB V a. F. nicht zu beseitigen. Die von der Beklagten in diesem Zusammenhang ferner angeführte Regelung in § 127 Abs. 3 Satz 1 SGB V a. F. betrifft nur Leistungserbringer, mit denen für ein erforderliches Hilfsmittel keine Verträge der Krankenkasse nach Abs. 1 und 2 bestehen. Dies ist (bzw. war bis zum 30.06.2010) aus den dargelegten Gründen beim Kläger nicht der Fall.

Soweit sich das SG in seiner Entscheidung schließlich auf den Beschluss des 1. Senats des Sächsischen LSG vom 01.12.2010 (L 1 KR 99/10 B ER) beruft, ist darauf hinzuweisen, dass der entschiedene Fall einen Leistungserbringer betraf, der erst im Jahr 2008 seine Tätigkeit aufgenommen hatte (vgl. a. a. O. juris Rn. 36), und der sich folglich - anders als der Kläger im vorliegenden Verfahren - nicht auf die Fiktion in § 126 Abs. 2 Satz 1 SGB V a. F. berufen konnte.

Vor dem Hintergrund der gesetzlichen Versorgungsberechtigung des Klägers war auch seine faktische Ausgrenzung aus der Versorgung von Versicherten der Beklagten außerhalb eines förmlichen Verfahrens der Zulassungsentziehung aufgrund etwaiger Leistungsmängel bei der Aufgabenwahrnehmung des Klägers in der Vergangenheit nicht gerechtfertigt. Dem Kläger hätte nach der Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG zumindest Gelegenheit gegeben werden müssen, die einzelnen Vorwürfe auszuräumen und die rechtlichen Folgen zur gerichtlichen Überprüfung zu stellen (vgl. BSG, Urteil vom 10. März 2010 - B 3 KR 26/08 R -, BSGE 106, 29-43, SozR 4-2500 § 126 Nr. 2, Rn. 32, juris). Eine Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft erfüllt nicht die Mindestanforderungen an ein faires Verfahren gegenüber dem Kläger.

Der Kläger ist/war damit seit 27.04.2009 Vertragspartner der Beklagten nach § 127 Abs. 2a SGB V. Da gemäß Teil II. Ziffer 17.2 der Rahmenvereinbarung diese für alle Versorgungen ab dem Verordnungsdatum 01.01.2009 gilt und die Eignung bis zum 31.06.2010 unterstellt wurde, war der Kläger dem Grunde nach berechtigt, für die streitgegenständlichen Hilfsmittelversorgungen von der Beklagten eine Vergütung zu fordern.

Die Hilfsmittelversorgungen sind - auch nach dem eigenen Vortrag der Beklagten - im Übrigen nach Teil II. Ziffer 4.2. der Rahmenvereinbarung genehmigungsfrei, da es sich um Hilfsmittel handelte, für welche entweder Festbeträge festgesetzt wurden, oder um orthopädische Schuhzurichtungen an Konfektionsschuhen, um Bandagen und Orthesen, für welche der Bruttoendpreis von 500 EUR nicht überschritten wurde, oder um Ersatzfußbettungen oder Nachversorgungen. Ausnahmsweise genehmigungspflichtige Versorgungen nach Teil II. Ziffer 4.3. liegen nicht vor.

Entgegen der Auffassung der Beklagten steht dem Kläger auch ein Anspruch auf die Hilfsmittelversorgung (hier: vier Weichbettungen Vorfuß [inkl. Lederdecke]) für die Versicherte JJ ... aus Teil I. Ziffer 4.8. i. V. m. 4.5. der Rahmenvereinbarung zu, weil die Beklagte den dazugehörigen Kostenvoranschlag am 20.05.2010 genehmigte. Gemäß Teil I Ziffer 10.3. der Rahmenvereinbarung richtet sich die Höhe der Vergütung nach dem genehmigten Kostenvoranschlag (hier: in Höhe von 15,84 EUR), so dass der Kläger auch die Vergütung dafür beanspruchen kann.

Gegen die Höhe der geltend gemachten Vergütung erhob die Beklagte im Übrigen keine Einwände. Abrechnungsfehler sind auch nicht ersichtlich. Entsprechend hat die Beklagte die Vergütung in der tenorierten Höhe (6.879,87 EUR) an den Kläger zu zahlen.

Der Kläger hat auch Anspruch auf Verzugszinsen auf den nicht erfüllten Vergütungsanspruch seit Rechtshängigkeit der Klage nach Maßgabe der §§ 69 Abs. 1 Satz 3 SGB V, 286 Abs. 1 Satz 2, 288 Abs. 1 BGB (BSG, Urteil vom 20. März 2018 - B 1 KR 25/17 R -, SozR 4 (vorgesehen), Rn. 21; BSG, Urteil vom 15. November 2007 - B 3 KR 4/07 R -, SozR 4-2500 § 125 Nr. 4, Rn. 28, alle juris). Gemäß § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB beträgt der Verzugszinssatz für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem jeweiligen Basiszinssatz; ein höherer Zinssatz ist nicht beantragt worden.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

III.

Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 197a Abs. 1 Satz 1 Teilsatz 1 SGG i. V.m. § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 und § 52 Abs. 1 GKG.

Referenznummer:

R/R8139


Informationsstand: 10.07.2019