Nachdem die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung vom 7. Mai 2014 ihr Einverständnis für eine Entscheidung im schriftlichen Verfahren durch die Berichterstatterin erklärt haben, konnte die Berichterstatterin über den Rechtsstreit nach mündlicher Verhandlung im schriftlichen Verfahren gemäß § 155
Abs. 3, 4
SGG sowie §§ 153
Abs. 1, 124
Abs. 2
SGG entscheiden.
I.
Die Berufung ist statthaft (§§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz -
SGG -) und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht (§ 151
SGG) erhoben worden.
II.
Die Berufung bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg. Das Sozialgericht hat die als Anfechtungs- und Leistungsklage zulässige Klage zu Recht als unbegründet abgewiesen. Der angegriffene Bescheid vom 24. Juli 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. Oktober 2009 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger daher nicht gemäß § 154
Abs. 2 Satz 1
SGG in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die begehrte Kostenerstattung.
1. Als Rechtsgrundlage des geltend gemachten Anspruchs kommt allein
§ 13 Abs. 3 S. 1 SGB V in Betracht. Nach dieser Vorschrift besteht ein Kostenerstattungsanspruch, sofern die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte oder eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und dadurch einem Versicherten für die selbst beschaffte Leistung Kosten entstanden sind. Da der Kostenerstattungsanspruch nicht weiter reicht als ein entsprechender Sachleistungsanspruch, setzt er voraus, dass die selbst beschaffte Behandlung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (
vgl. grundlegend
BSG 24.9.1996 - 1 RK 33/95 - Juris; aus jüngerer Zeit etwa
BSG 12.9.2012 -
B 3 KR 20/11 R - Juris,
m.w.N.; st. Rspr.).
2. Die vom Kläger beim Orthopädieschuhmacher Kramer K. in Auftrag gegebenen und selbst beschafften orthopädischen Straßenschuhe erfüllen diese Voraussetzung nicht. Wie das Sozialgericht mit zutreffender Begründung, auf die gemäß § 153
Abs. 2
SGG vollen Umfangs Bezug genommen wird, entschieden hat, hat der Kläger keinen Anspruch auf die Erstattung der Kosten, die durch die Herstellung der orthopädischen Straßenschuhe bei dem nicht zu den Vertragspartnern der Beklagten gehörenden orthopädischen Schuhmacher Kramer K. entstanden sind.
Nach
§ 33 Abs. 1 S. 1 SGB V in der seit dem 1. April 2007 geltenden Fassung (
Art. I
Nr. 17 des Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung GKVWSG vom 26. März 2007, BGBl. I
S. 378) haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach
§ 34 Abs. 4 SGB V ausgeschlossen sind. Die Frage der Notwendigkeit der Versorgung des Antragstellers mit orthopädischem Schuhwerk ist zwischen den Beteiligten dem Grunde nach nicht streitig. Der vorliegende Rechtsstreit betrifft nur die Frage, ob die Beklagte auch verpflichtet ist, dem Kläger die Kosten für orthopädische Schuhe zu erstatten, die bei einem Schuhmacher angefertigt worden sind, der nicht zu ihren Vertragspartnern nach
§ 127 SGB V gehört. Dies ist i.E. zu verneinen. Nach § 33
Abs. 6 Satz 1
SGB V können die Versicherten alle Leistungserbringer in Anspruch nehmen, die Vertragspartner ihrer Krankenkassen oder nach
§ 126 Abs. 2 SGB V versorgungsberechtigt sind. Hat die Krankenkasse als Ergebnis eines Ausschreibungsverfahrens Verträge nach § 127
Abs. 1
SGB V über die Versorgung mit bestimmten Hilfsmitteln geschlossen, erfolgt die Versorgung durch den Ausschreibungsgewinner, der den Versicherten von der Krankenkasse zu benennen ist (§ 33
Abs. 6
S. 2
SGB V). Abweichend von § 33
Abs. 6
S. 2
SGB V kann der Versicherte nur ausnahmsweise und bei berechtigtem Interesse einen anderen Anbieter wählen (§ 33
Abs. 6
S. 3). Während also §§ 126, 127
SGB V die Rechtsbeziehungen zwischen Krankenkassen und Leistungserbringern regeln, räumt § 33
Abs. 6 dem Versicherten das Recht ein, unter den Vertragspartnern und versorgungsberechtigten Leistungserbringern zu wählen (Gerlach in: Hauck/Noftz, Kommentar
SGB V, § 33 Rn. 118, juris). Allerdings besteht auch die Pflicht sich ausschließlich eines der Vertragspartner zu bedienen.
Bei dem zwischen der Beklagten und den Leistungserbringern geschlossenen Vertrag vom 12. Juni 2008 handelt es sich um einen nach § 127
Abs. 2
SGB V.
§ 127
Abs. 1 Satz 4
SGB V bestimmt, dass Ausschreibungen (im Wege des § 127
Abs. 1
SGB V) für Hilfsmittel, die für einen bestimmten Versicherten individuell angefertigt werden - wie
z.B. die hier streitbefangenen maßangefertigten orthopädischen Schuhe - oder Versorgungen mit hohem Dienstleistungsanteil in der Regel nicht zweckmäßig sind. § 127
Abs. 2
S. 1
SGB V regelt den Fall, dass keine Ausschreibungen nach Absatz 1 erfolgt sind. In diesem Fall, so heißt es dort weiter, schließen die Krankenkassen, ihre Landesverbände oder Arbeitsgemeinschaften Verträge mit Leistungserbringern oder Verbänden oder sonstigen Zusammenschlüssen der Leistungserbringer über die Einzelheiten der Versorgung mit Hilfsmitteln, deren Wiedereinsatz, die Qualität der Hilfsmittel und zusätzlich zu erbringender Leistungen, die Anforderungen an die Fortbildung der Leistungserbringer, die Preise und die Abrechnung. § 127
Abs. 2
S. 2
SGB V stellt dabei durch die Bezugnahme auf § 127
Abs. 1 Satz 2 und 3
SGB V einen Qualitäts- und Beratungsstandard der Hilfsmittel und der Versorgung der Versicherten sicher. Dass die Leistungserbringer nach dem Vertragssystem die Voraussetzungen für eine ausreichende, zweckmäßige und funktionsgerechte Herstellung, Abgabe und Anpassung der Hilfsmittel erfüllen, soll § 126
Abs. 1
S. 2, 3 sicherstellen.
Um einen derartigen Versorgungs-Rahmenvertrag mit dem Zentralverband Orthopädieschuhtechnik handelt es sich bei dem hier zugrunde liegenden Rahmenvertrag zwischen dem Zentralverband Orthopädieschuhtechnik und der Beklagten vom 12. Juni 2008 - im Folgenden: Rahmenvertrag -. Die vom Gesetz aufgestellten Anforderungen an die Hilfsmittelversorgung durch die leistungserbringenden Vertragspartner werden dort in den §§ 2 bis 8 sowohl in qualitativer Hinsicht als auch mit Blick auf die Verfahrensgestaltung im Interesse einer hochwertigen Versorgung der Versicherten ausführlich geregelt.
Unter anderem ist dort auch vorausgesetzt, dass Vertragspartner der Krankenkassen nur Leistungserbringer sein können, die die Voraussetzungen für eine ausreichende, zweckmäßige und funktionsgerechte Herstellung, Abgabe und Anpassung der Hilfsmittel erfüllen (§ 3
Nr. 1 des Rahmenvertrags). Weiter werden hohe qualitative Anforderungen an die Leistungserbringer in Form eines zertifizierten Qualitätsmanagement-Systems für die Versorgung mit Hilfsmitteln gestellt (§ 5 des Vertrags). Dass die Leistungserbringer auch nach dem neuen Vertragssystem die Voraussetzungen für eine ausreichende, zweckmäßige und funktionsgerechte Herstellung, Abgabe und Anpassung der Hilfsmittel erfüllen, wird auch direkt durch Gesetz (126
Abs. 1
S. 2, 3
SGB V) sichergestellt.
Im Ergebnis besteht damit für den Versicherten in den Fällen des § 127
Abs. 2
SGB V anders als in den Fällen, in denen Versorgungsverträge, die aufgrund eines förmlichen Vergabeverfahrens mit einem oder wenigen Zuschlagsempfängern
gem. § 127
Abs. 1
SGB V über die Versorgung mit bestimmten Hilfsmitteln als Ergebnis eines Ausschreibungsverfahrens abgeschlossen worden sind, eine weitgehend umfassende Wahlfreiheit unter den vertraglich erfassten Leistungserbringern. In den Fällen des § 127
Abs. 1
SGB V besteht für den Versicherten auch kein Wahlrecht zwischen mehreren Ausschreibungsgewinnern (
z.B. zwischen Ausschreibungsgewinnern in verschiedenen Gebietslosen (Knispel in: BeckOK SozR § 33
SGB V Rn. 47a; abw. Adelt/Kraftberger in LPK-SGB V § 33 Rn. 94&8201;
ff.). Denn Zweck der Ausschreibungen und der daraus folgenden Vertragsabschlüsse ist es, den bei Einhaltung der erforderlichen Qualität preisgünstigsten Anbieter zu ermitteln und (nur diesen) zur Versorgung der Versicherten heranzuziehen (
vgl. FraktEntw.
BT-Drucks 16/3100 S. 103). Um das Funktionieren dieses Verfahrens zu gewährleisten, musste den Krankenkassen ein Bestimmungsrecht für den Leistungserbringer im konkreten Fall eingeräumt werden. Um dem Versicherten in besonders gelagerten Einzelfällen die Möglichkeit einer abweichenden Versorgung zu ermöglichen, lässt § 33
Abs. 6
S. 3
SGB V bei Verträgen nach § 127
Abs. 1
SGB V die Wahl eines anderen Leistungserbringers ausnahmsweise zu. Voraussetzung ist dann jedoch ein berechtigtes Interesse
z.B., wenn die Inanspruchnahme des von der Krankenkasse benannten Anbieters den Versicherten aus triftigen persönlichen Gründen nicht zugemutet werden kann, aber selbst dann haben sie die dadurch entstehenden Mehrkosten selbst zu tragen (§ 33
Abs. 6 Satz 3
SGB V).
Diese Ausnahmeregelung gilt nach § 33
Abs. 6 Satz 3, 2
SGB V jedoch nur für die Fälle des § 127
Abs. 1
SGB V, also den Fall des Vertragsabschlusses nach Ausschreibung, nicht aber für den Fall der Verträge nach § 127
Abs. 2
SGB V, denn hier hat der Versicherte im Unterschied zu dem Fall der Versorgung nach Ausschreibung, der nur einen (oder gebietsweise mehrere) Ausschreibungsgewinner zum Vertragspartner der Krankenkasse qualifiziert, bereits die Wahl zwischen mehreren Leistungserbringern.
Der von der Beklagten für den hier streitbefangenen Zeitraum am 12. Juni 2008 abgeschlossene Vertrag nach § 127
Abs. 2
SGB V u.a. mit dem Zentralverband Orthopädieschuhtechnik stellt die Versorgung des Klägers mit orthopädischen Maßschuhen durch diverse, u.a. auch in Hamburg H. ansässige Unternehmen sicher. Dass es hierbei nicht möglich sein soll, eine der Erkrankung des Klägers angemessene Versorgung durch einen der Vertragspartner der Beklagten zu gewährleisten, ist zur Überzeugung des Gerichts nicht zu befürchten. Daran ändert auch der Vortrag des Klägers, wonach er auf diese nicht zurückgreifen möchte, weil er bereits einmal zuvor mit einem der Vertragspartner der Beklagten schlechte Erfahrungen gemacht hat, nichts. Es ist für das Gericht zwar nachvollziehbar, dass der Kläger subjektiv die Gefahr für sich sieht, mit der Beauftragung eines Leistungserbringers der Beklagten aus dem Rahmenvertrag, der mangels Zugehörigkeit zum fraglichen Vertrag nicht der aktuell ihn versorgende Schuhmacher Kramer K. sein kann, ein auch nur entferntes Risiko einzugehen, (erneut) eine unzureichende orthopädische Versorgung seines Fußes zu erleiden. Ein Rechtsanspruch des Klägers auf die begehrte Kostenerstattung ergibt sich daraus jedoch zur Überzeugung des Gerichts nicht. Denn es ist nicht erkennbar, dass es keinem der im fraglichen Rahmenvertrag ausgewiesenen Leistungserbringer möglich sein sollte, zudem auch nach der konkreten Vorlage des bereits einmal angefertigten und dem Kläger passenden orthopädischen Schuh, den Kläger angemessen zu versorgen. Dies wiederum hat zur Folge, dass Anhaltspunkte für ein erhöhtes Risiko einer unangemessenen Schuhversorgung für den Kläger derzeit nicht gegeben sind.
Da der Kläger sich das streitbefangene Hilfsmittel bereits anfertigen lassen und die Rechnung beglichen hat, bedarf es auch keiner Ausführungen mehr dazu, ob die Regelung von § 127
Abs. 3 Satz 1 1. Hs. 1 Alt.
SGB V dem Kläger eine subjektive Rechtsposition dergestalt vermitteln kann, dass er auch in den Vertragsfällen des § 127
Abs. 2
SGB V einen vom Vertrag nicht erfassten Leistungserbringer wählen kann. Eine systematische Betrachtung spricht allerdings dagegen. Die Vorschrift findet sich im Sechsten Abschnitt des Vierten Kapitels des
SGB V und damit in dem Regelungsbereich, der - im Gesetz selbst überschrieben - "Beziehungen der Krankenkassen zu den Leistungserbringern" lautet.
§ 69 SGB V, der den Anwendungsbereich dieses Kapitels definiert, regelt wie folgt: Dieses Kapitel sowie die
§§ 63 und
64 regeln abschließend die Rechtsbeziehungen der Krankenkassen und ihrer Verbände zu sonstigen Leistungserbringern und ihren Verbänden, einschließlich der Beschlüsse des gemeinsamen Bundesausschusses und der Landesausschüsse nach den
§§ 90 -
94.
Fraglos kann die Beklagte selbst jedoch auf Grundlage dieser Norm einen Vertrag mit einem Leistungserbringer abschließen, der nicht Vertragspartner des Rahmenvertrags ist. Hierbei handelt es sich um eine weitere Form der Hilfsmittelversorgung als dritte Variante der in § 127 SGB vorgesehenen Vertragsabschlüsse. Diese Verträge mit einzelnen Leistungserbringern sind zwar die Ausnahme gegenüber Verträgen nach § 127
Abs. 1 und 2
SGB V. Sie werden insbesondere für Einzelanfertigungen bei schwerstbehinderten Patienten, für deren Behandlung weder ein Standardprodukt noch ein individualisiert angepasstes Produkt ausreichend ist,
bzw. die Erbringung durch bestehende Vertragspartner der Krankenkassen in für die Versicherten zumutbarer Weise nicht möglich ist, geschlossen (
vgl. Nolte, Kasseler Kommentar,
SGB V, § 127 Rn. 15). Ob diese Voraussetzungen beim Kläger vorliegen, bedarf in der Konstellation einer Kostenerstattungsforderung - wie ausgeführt - jedoch keiner Entscheidung.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193
SGG.
IV.
Die Revision wird nicht zugelassen, weil weder die Voraussetzungen des § 160
Abs. 2
Nr. 1 noch
Nr. 2
SGG vorliegen. Insbesondere hat die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung, weil sich keine über den Einzelfall hinaus klärungsbedürftige Rechtsfrage stellt.