Die zulässige Klage ist nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.
Die ablehnende Entscheidung der Oberbürgermeisterin der Stadt N. ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, soweit mit ihr die Gewährung einer weiteren Beihilfe zu den Aufwendungen für die Beschaffung propriozeptiver Fußeinlagen für den Sohn N1. des Klägers abgelehnt wurde. Hinsichtlich der Aufwendungen für die Beschaffung propriozeptiver Fußeinlagen für den Sohn M. des Klägers ist sie rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113
Abs. 5
S. 1
VwGO). Der Kläger hat nur bezüglich N1. einen Anspruch auf die Gewährung weiterer Beihilfeleistungen für die Beschaffung propriozeptiver/sensomotorischer Fußeinlagen.
Nach Maßgabe des § 77
Abs. 3
LBG NRW erhalten Beihilfeberechtigte i.
S. des § 77
Abs.1
LBG NRW Beihilfen zu der Höhe nach angemessenen Aufwendungen für medizinisch notwendige Maßnahmen, deren Wirksamkeit und therapeutischer Nutzen nachgewiesen sind, u.a. zur Vorbeugung und Linderung von Erkrankungen oder Behinderungen sowie zur Erhaltung und Wiederherstellung der Gesundheit und Besserung des Gesundheitszustandes (einschließlich Rehabilitation). Dem folgend bestimmt § 3
Abs. 1
Nr. 1 BVO NRW, dass in Krankheitsfällen
u. a. die zur Wiedererlangung der Gesundheit, zur Besserung oder Linderung von Leiden und die zum Ausgleich angeborener oder erworbener Körperschäden notwendigen Aufwendungen in angemessenem Umfange beihilfefähig sind. Gemäß § 4
Abs. 1
Nr. 10 Satz 1 BVO NRW umfassen die beihilfefähigen Aufwendungen u.a. die Kosten der vom Arzt schriftlich verordneten Hilfsmittel, zu denen auch Fußeinlagen (§ 4
Abs. 1
Nr. 10 Satz 10, Spiegelstrich 8 BVO NRW) gehören.
Dass die Aufwendungen für die Anschaffung von Fußeinlagen im vorliegenden Fall dem Grunde nach notwendig
i.S.d. § 3
Abs. 1
Nr. 1 BVO NRW waren, ist zwischen den Verfahrensbeteiligten bezüglich beider Söhne des Klägers nicht streitig. Ob Aufwendungen notwendig sind, richtet sich danach, ob sie im konkreten Fall medizinisch geboten sind. Dies richtet sich in der Regel nach der Beurteilung des behandelnden Arztes, da dieser über die erforderliche Sachkunde verfügt.
Vgl.
BVerwG, Urteile vom 20. März 2008 - 2 C 19.06 - NVwZ-RR 2008, 713, und vom 29. Juni 1995 - 2 C 15.94 - NJW 1996, 801, jeweils zu § 5 BhV Bund;
OVG NRW, Beschluss vom 17.12.2010 - 3 A 747/08 - (n.v.), Urteile vom 15. August 2008 - 6 A 2861/06 - NWVBl. 2009, 54, vom 31. August 2007 - 6 A 3009/05 - Juris, und vom 24. Mai 2002 - 1 A 5564/99 -, Schütz BeamtR ES/C II 3.3
Nr. 10; Beschlüsse vom 16. März 2010 - 3 A 1344/08 - und vom 28. Februar 2008 - 6 A 309/08 - Juris.
Vor diesem Hintergrund bestimmt auch § 4
Abs. 1
Nr. 10 Satz 1 BVO NRW, dass das jeweilige Hilfsmittel - hier Fußeinlagen - vom Arzt schriftlich verordnet sein muss. Dies ist hier zwar mittels der ärztlichen Verordnungen des Orthopäden
Dr. A. jeweils vom 28. Oktober 2013 erfolgt. Im vorliegenden Fall gilt allerdings die Besonderheit, dass der behandelnde Orthopäde nicht einfach nur Fußeinlagen, sondern eine spezielle Art von Fußeinlagen, nämlich "Propriozeptionseinlagen nach Abdruck (handwerklich gefertigt)" verordnet hat. Während herkömmliche Einlagen (Passiveinlagen) vorwiegend stützend auf die knöchernen Strukturen wirken, sollen die propriozeptiven/sensomotorischen Einlagen (Aktiveinlagen) auch auf Muskeln, Sehnen und Weichteile Einfluss nehmen. Diesem Konzept liegt die Überzeugung zugrunde, dass mit Hilfe gezielter Stimulation eine gestörte Bewegungskoordination verbessert werden kann. Es soll die Aktivität einzelner Muskeln oder Muskelgruppen beim Gehen, Laufen oder Stehen zielgerichtet verändert werden, indem die Muskelspannung erhöht oder vermindert wird.
Vgl. Wikipedia, Stand 15. Januar 2015, zum Stichwort "Sensomotorische Einlagen".
Wie aus vom Kläger vorgelegten früheren ärztlichen Attesten und Rechnungen hervorgeht, wurde sein Sohn N1. in den Jahren 2009 bis Anfang 2013 mit herkömmlichen Schuheinlagen versorgt. Diese Versorgung hat nach dem Attest vom 1. Dezember 2014 und dem Befundbericht vom 2. Januar 2015 jedoch nicht die gewünschte Wirkung gezeigt. Damit durfte der behandelnde Arzt davon ausgehen, dass eine weitere Versorgung von N1. mit herkömmlichen Einlage nicht erfolgversprechend war und damit ein anderes Hilfsmittel "ausprobieren", wobei seitens des Beklagten weder vorgetragen noch sonst ersichtlich ist, dass zu den verordneten propriozeptiven Fußeinlagen eine Alternative bestanden hätte. Da desweiteren auch nicht ersichtlich ist, dass die Fußeinlagen für N1. preisgünstiger als geschehen hätten beschafft werden können, ist auch die Angemessenheit der Aufwendungen nicht zweifelhaft.
Hinsichtlich der Aufwendungen für die Beschaffung propriozeptiver Fußeinlagen für den Sohn M. des Klägers ist die Klage jedoch nicht begründet. Denn wie sich aus dem M. betreffenden Befundbericht vom 30. Dezember 2014 ergibt, sind diesem von vornherein propriozeptive Fußeinlagen verordnet worden, ohne dass zuvor die Verwendung herkömmlicher Einlage erfolgt ist.
Zwar hat der behandelnde Arzt in seiner früheren Bescheinigung vom 21. Oktober 2014 betreffend propriozeptive Fußeinlagen ausgeführt, dass bei vielen Versorgungen auf die gleichzeitige Verwendung konventioneller anderer Hilfsmittel verzichtet werden könne, parallele Behandlungen könnten sich verkürzen oder müssten nicht angewendet werden, und darüber hinaus könne die Versorgungsgesamtzeit verkürzt werden, wodurch die verordneten propriozeptiven Fußbettungen die Kriterien der Wirtschaftlichkeit erfüllten und bei vorliegender Indikation das Hilfsmittel der Wahl seien. Das Behandlungsergebnis könne durch herkömmliche Schuheinlagen nicht erreicht werden. Diese Angaben sind jedoch allgemeiner Art und nicht spezifisch auf M. bezogen: Insbesondere ergibt sich aus ihnen nicht, aus welchen Gründen nicht zunächst die kostengünstigeren herkömmlichen Einlagen -wie bei N1. geschehen- verordnet werden konnten.
Dass sich im konkreten Fall die sofortige Versorgung mit propriozeptiven Fußeinlagen aus medizinischer Sicht als alleiniges erfolgversprechendes Hilfsmittel zur Linderung der Beschwerden
bzw. zur Kompensation der gesundheitlichen Einschränkungen darstellt, weil in Bezug auf die diagnostizierte Erkrankung (Knick-Senkfuß) die Verwendung von Standard-Fußeinlagen ungeeignet ist, lässt sich weder der ärztlichen Verordnung vom 28. Oktober 2013 noch dem ärztlichen Befundbericht vom 30. Dezember 2014 entnehmen. Auch dass durch die Versorgung mit propriozeptiven Fußeinlagen gerade im Falle des Sohnes M. des Klägers sonst erforderliche weitere Behandlungen entbehrlich geworden sind, ist nicht ersichtlich.
Soweit der Kläger auf sozialgerichtliche Rechtsprechung verweist,
SG Trier, Urteil vom 17. März 2009 - S 3 KR 53/08 - Juris und nachfolgend
LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 13. Juli 2009 -
L 5 KR 100/09 NZB - Juris,
lassen sich hieraus keine für den vorliegenden Fall maßgeblichen rechtlichen Erkenntnisse gewinnen, da sowohl die dortige Fallgestaltung als auch die maßgeblichen Rechtsvorschriften von dem hier zu beurteilenden Fall deutlich abweichen.
Im Übrigen unterliegen alle Aufwendungen, die unter den Katalog des § 4 BVO NRW fallen, dem - vom Gesetzgeber bereits in § 77
Abs. 3
LBG NRW zum Ausdruck gebrachten und vom Verordnungsgeber in § 3
Abs. 1 BVO NRW wiederholten - Grundsatz, dass auch die notwendigen Aufwendungen nur in "angemessenem Umfange" beihilfefähig sind. Bei dem Kriterium der Angemessenheit handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der in jedem einzelnen Beihilfefall einer Konkretisierung bedarf. Hierbei ist der Festsetzungsstelle weder ein Ermessen noch ein gerichtlicher Kontrolle teilweise entzogener Beurteilungsspielraum eröffnet. Vielmehr richtet sich die Frage, ob Aufwendungen im Einzelfall einen unangemessenen Umfang haben, im Wesentlichen nach objektiven Maßstäben, die vom Verwaltungsgericht gleichermaßen angewendet werden können wie von der Festsetzungsstelle. Daher ist der Rechtsbegriff der Angemessenheit im Beihilfenrecht gerichtlich voll überprüfbar.
Vgl.
BVerwG, Urteil vom 30. Mai 1996 - 2 C 10.95 - DVBl. 1996, 1150;
OVG NRW, Beschluss vom 17. Dezember 2010 - 3 A 747/08 -.
Die Angemessenheit der Aufwendungen für Hilfsmittel bestimmt sich grundsätzlich nach § 4
Abs. 1
Nr. 10 Satz 11 f. BVO NRW
i.V.m. Anlage 3 zu dieser Verordnung. In dieser Anlage sind beihilferechtliche Höchstbeträge für verschiedene Hilfsmittel, wie Blutdruckmessgeräte, Hörgeräte
etc. festgesetzt. Im Hinblick auf Fußeinlagen befinden sich darin indes keine Festsetzungen.
Geben die Regelungen der Beihilfenverordnung NRW keine konkreten Anhaltspunkte dafür, nach welchem Maßstab der angemessene Umfang der Kosten für die Anschaffung von Fußeinlagen zu bestimmen ist, so lässt sich dieser Maßstab jedoch durch einen Rückgriff auf den rechtlichen Charakter der Beihilfe gewinnen. Die Beihilfe ergänzt die Besoldung und Versorgung bezüglich derjenigen auf den Beamten und seine Familie zukommenden notwendigen Lebensbedürfnisse, die wegen ihrer Unvorhersehbarkeit nicht mit der Besoldung und Versorgung generell und in vollem Umfang im Voraus abgedeckt werden können.
Vgl.
BVerwG, Urteil vom 24. Februar 1966 - VIII C 276.63 - BVerwGE 23, 288.
Das Alimentationsprinzip, welches der Gesetzgeber nach Maßgabe des
Art. 33
Abs. 5
GG zu beachten hat, verpflichtet den Dienstherrn, den Beamten und seine Familie lebenslang angemessen zu alimentieren und ihm nach seinem Dienstrang, nach der mit seinem Amt verbundenen Verantwortung und nach der Bedeutung des Berufsbeamtentums für die Allgemeinheit entsprechend der Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse und des allgemeinen Lebensstandards einen angemessenen Lebensunterhalt zu gewähren.
Vgl.
BVerfG, Beschlüsse vom 2. Oktober 2007 - 2 BvR 1715/03 u.a. - ZBR 2007, 416, vom 19. September 2007 - 2 BvF 3/02 - BVerfGE 119, 247, und vom 11. Juni 1958 - 1 BvR 1/52 - BVerfGE 8, 1.
An diesem Maßstab hat sich auch die für die Gewährung von Beihilfen maßgebliche Fürsorgepflicht zu orientieren. Die Fürsorgepflicht fordert, dass der Dienstherr den angemessenen Lebensunterhalt der Beamten und ihrer Familien auch in besonderen Belastungssituationen wie Krankheit oder Pflegebedürftigkeit sicherstellt. Der Dienstherr muss dafür Sorge tragen, dass Beamte in diesen Lebenslagen nicht mit erheblichen finanziellen Aufwendungen belastet bleiben, die sie nicht mehr in zumutbarer Weise aus ihrer Alimentation bestreiten können. Dies ist auf der Grundlage des gegenwärtig praktizierten "Mischsystems" zu beurteilen, in dem zur Eigenvorsorge der Beamten durch Abschluss einer auf die Beihilfevorschriften abgestimmten Versicherung die ergänzende Beihilfegewährung tritt. Die verfassungsrechtliche Fürsorgepflicht verlangt aber weder, dass Aufwendungen der Beamten in Krankheitsfällen durch Leistungen einer beihilfekonformen Krankenversicherung und ergänzende Beihilfen vollständig gedeckt werden, noch dass die von der Beihilfe nicht erfassten Kosten in vollem Umfang versicherbar sind. Es gilt der beihilferechtliche Grundsatz, dass der Dienstherr nicht verpflichtet ist, den Beamten von sämtlichen Behandlungskosten im Krankheitsfall freizustellen.
Vgl.
BVerwG, Urteile vom 5. Mai 2010 - 2 C 12.10 - Juris, und vom 25. März 2010 - 2 C 52.08 - Juris.
In Anwendung dieser Grundsätze erweist sich im vorliegenden Fall die Anerkennung der beihilferechtlichen Aufwendungen für die Anschaffung von Fußeinlagen in Höhe von 80,00 Euro als angemessen; ein weitergehender Beihilfeanspruch des Klägers besteht nicht. Insbesondere darf sich der Beamte nicht unter verschiedenen geeigneten und (grundsätzlich) beihilfefähigen Hilfsmitteln für das von der Ausstattung her aufwändigste und teuerste Produkt entscheiden.
OVG NRW, Beschluss vom 17. Dezember 2010 - 3 A 747/08 -.
Zu Recht ist deshalb die Beklagte - jedenfalls unter den gegenwärtig gegebenen Umständen - bezüglich des Sohnes M. des Klägers davon ausgegangen, dass propriozeptive Fußeinlagen nur bis zur Höhe der Kosten für normale Einlagen beihilfefähig sind und dass demzufolge im vorliegenden Fall die vom Kläger geltend gemachten beihilfefähigen Aufwendungen i.H.v. 198,00 Euro beihilferechtlich nicht angemessen sind, sondern lediglich Aufwendungen in Höhe von 80,00 Euro. Dass für diesen Betrag keine Fußeinlagen in Standardausführung erhältlich gewesen wären, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 155
Abs. 1
S. 1
VwGO.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167
VwGO i.V.m. §§ 708
Nr. 11, 711
ZPO.
Beschluss:
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 188,80 Euro festgesetzt. Er errechnet sich wie folgt: Streitgegenständlich sind Aufwendungen von 2x 198,00 Euro = 396,00 Euro. Dies ergäbe bei einem Bemessungssatz von 80 % eine Beihilfe in Höhe von 316,80 Euro. Bereits bewilligt sind 128,00 Euro, nämlich 80% von 2x 80,00 Euro = 160,00 Euro.