II. Der zulässige Antrag ist unbegründet.
Die Rechtswegzuständigkeit ergibt sich aus § 51
Abs. 1
Nr. 3
SGG. Ein Fall von § 51
Abs. 3
SGG liegt nicht vor. Die örtliche Zuständigkeit ergibt sich aus § 57
Abs. 1 Satz 1
SGG. Eine abweichende örtliche Zuständigkeit ergibt sich auch nicht nach § 57a
Abs. 4
SGG. Denn es ist vorliegend kein Vertrag auf Bundesebene "betroffen" (
vgl. SG Dortmund, Beschluss vom 13.12.2011, S 12 KR 1300/11 ER; krit. auch SG Berlin, Beschluss vom 22.11.2011, S 210 KR 2084/11 ER,
Rdnr. 25;
vgl. zur restriktiven Auslegung dieses Merkmals Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG., 10 Aufl. 2012, § 57a
Rdnr. 5).
Nach § 86
Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) kann das Gericht der Hauptsache eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt voraus, dass das geltend gemachte Begehren im Rahmen der beim einstweiligen Rechtsschutz allein möglichen und gebotenen summarischen Prüfung begründet erscheint (Anordnungsanspruch) und erfordert zusätzlich die besondere Eilbedürftigkeit der Durchsetzung des Begehrens (Anordnungsgrund) (
vgl. hierzu Keller, a.a.O., § 86b
Rdnr. 27
ff.).
Hier ist ein Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht.
Die Antragstellerin begehrt im Ergebnis einen sogenannten Teilbeitritt zum Vertrag
Nr. 1002, beschränkt auf bestimmte Postleizahlen- und Produktbereiche. Der Beitritt zu Verträgen über die Versorgung mit Hilfsmitteln ist geregelt in
§ 127 Abs. 2a SGB V. Danach können Leistungserbringer den Verträgen nach
Abs. 2 Satz 1 zu den gleichen Bedingungen als Vertragspartner beitreten, soweit sie nicht auf Grund bestehender Verträge bereits zur Versorgung der Versicherten berechtigt sind (
vgl. zur Einbettung dieser Norm in das Konzept der §§ 126, 127 SGB und deren Entwicklung
BSG, Urteile vom 21.07.2011, B 3 KR 14/10 R,
Rdnr. 9
ff.; 10.03.2010,
B 3 KR 26/08 R,
Rdnr. 15
ff.).
Ob mit dem Beitritt direkt ein Vertrag mit der Krankenkasse zustande kommt oder ob der Beitritt ein Angebot darstellt, das von der Krankenkasse noch angenommen werden muss, kann dahinstehen (
vgl. hierzu SG Dortmund, Beschluss vom 13.12.2011, S 12 KR 1300/11 ER; SG Berlin, Beschluss vom 01.12.2011, S 81 KR 2085/11 ER,
Rdnr. 28; SG Berlin, Beschluss vom 22.11.2011, S 210 KR 2084/11 ER,
Rdnr. 40;
LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 15.04.2011, L 16 KR 7/11 B ER;
LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 15.03.2011, L 11 KR 4724/10 ER-B,
Rdnr. 29
ff.;
LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 13.07.2010,
L 11 KR 1313/10 ER-B).
Aus Sicht der Kammer ist ein Teilbeitritt entgegen einer verbreiteten Auffassung (
vgl. SG Dortmund, Beschluss vom 13.12.2011, S 12 KR 1300/11 ER; SG Berlin, Beschluss vom 22.11.2011, S 210 KR 2084/11 ER;
LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 15.04.2011, L 16 KR 7/11 B ER;
LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 15.03.2011, L 11 KR 4724/10 ER-B; Weber, NZS 2010,
S. 53, 56; a.A. hinsichtlich des örtlichen Geltungsbereichs SG Berlin, Beschluss vom 01.12.2011, S 81 KR 2085/11 ER) grundsätzlich nicht statthaft. Entgegen der vorgenannten verbreiteten Auffassung stehen Wortlaut und Systematik einem solchen Teilbeitritt gerade entgegen.
Der Wortlaut sieht vor, dass "den Verträgen " nur "zu den gleichen Bedingungen" beigetreten werden kann. Ein Beitritt zu einem (bestimmten) Vertrag kann deshalb nur ein solcher zum gesamten Vertrag sein, da andernfalls ein völlig neuer Vertrag mit anderem Inhalt entstünde (
vgl. SG Hamburg, Beschluss vom 26.02.2009,
S 34 KR 164/09 ER, juris,
Rdnr. 8, 20, 22, 24). Dann würde nicht mehr "dem Vertrag"
bzw. "den Verträgen" beigetreten. Das
LSG Baden-Württemberg weist allerdings in seinem Beschluss vom 15.03.2011 (L 11 KR 4724/10 ER-B,
Rdnr. 30 f.) darauf hin, dass ohnehin ein eigener Vertrag zwischen Beitretendem und Krankenkasse entstehe, da ersichtlich keine Gesamtschuldnerschaft gewollt sei. Aber auch dann entsteht nur insofern ein anderer Vertrag, als andere Vertragspartner vorliegen. Dies könnte Anlass dafür gewesen sein, dass die Formulierung "zu den gleichen Bedingungen" in das Gesetz aufgenommen wurde. Jedenfalls liegt es aus Sicht der Kammer nahe, dass mit "den gleichen Bedingungen" der gleiche - und zwar der gesamte - Vertragsinhalt gemeint ist (
vgl. zur fehlenden Möglichkeit der Einwirkung des Beitretenden auf den Inhalt
LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 13.07.2010, L 11 KR 1313/10 ER-B).
Gleiches ergibt die historisch/systematische Auslegung. Es ist nicht ersichtlich, dass mit der Einführung von § 127
Abs. 2a
SGB V beabsichtigt war, den Kassen Verträge aufzuzwingen, die inhaltlich von den bereits geschlossenen abweichen, wobei eine inhaltliche Abweichung eben schon dann vorliegt, wenn die Versorgungsbereiche in sachlicher oder örtlicher Hinsicht abweichend geregelt sind.
In der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 16/10609,
S. 57) heißt es: "Mit der Schaffung eines Beitrittsrechts zu Verhandlungsverträgen nach § 127
Abs. 2 wird die weitere Versorgungsberechtigung der Leistungserbringer, die bisher noch keine Verträge mit den Krankenkassen abschließen konnten, über den 31. Dezember 2008 hinaus sichergestellt. Dadurch wird auch verhindert, dass Leistungserbringer willkürlich von ausgehandelten Verträgen ausgeschlossen werden. Das Beitrittsrecht gilt für alle Leistungserbringer, die bereit und in der Lage sind, sich zu den gleichen Bedingungen an der Versorgung zu beteiligen, und ist nicht auf bestimmte Verträge beschränkt." Wenn dort von "ausgehandelten" Verträgen gesprochen wird, so bestätigt dies, dass der Inhalt der Verträge unangetastet bleiben soll. Sachlicher und örtlicher Versorgungsbereich sind aber Teil des Inhalts.
Bereits das mit dem
GKV-WSG eingeführte Regelungskonzept sollte vor allem dazu dienen, den Wettbewerb unter den Leistungserbringern zu fördern. Abweichend vom bis dahin gültigen Verfahren sollte die Frage der Wirtschaftlichkeit nunmehr Gegenstand der Verträge nach § 127
SGB V sein (
vgl. BSG, Urteil vom 21.07.2011, B 3 KR 14/10 R,
Rdnr. 16 f., 20). In der Gesetzesbegründung wird gleich mehrfach vom "Preiswettbewerb"
bzw. dem "preisgünstigsten" Anbieter gesprochen (
vgl. BT-Drs. 16/3100,
S. 141 zu §§ 126, 127
SGB V). Dem Vertragspartnermodell liegt die Überzeugung zugrunde, dass sachgerechte Versorgungslösungen dem freien Spiel der (Markt-) Kräfte überantwortet werden sollen (
vgl. BSG, Urteil vom 10.03.2010, B 3 KR 26/08 R,
Rdnr. 21; SG Hamburg, Beschluss vom 24.04.2009,
S 2 KR 87/09 ER,
Rdnr. 4). Die Funktion des zum 01.01.2009 hinzugekommenen § 127
Abs. 2a
SGB V besteht (allein) darin, ein Korrektiv für die fehlende Ausschreibung des Vertrags zu liefern (
vgl. SG Berlin, Beschluss vom 01.12.2011, S 81 KR 2085/11 ER,
Rdnr. 28; krit. zu § 127
Abs. 2a
SGB V vor dem Hintergrund des gesetzgeberischen Ziels einer Kosteneinsparung SG Hamburg, Beschluss vom 26.02.2009, S 34 KR 164/09 ER, juris,
Rdnr. 18 a.E.).
Mit der Eröffnung eines Teilbeitritts würde die vom Gesetzgeber den Vertragsparteien zugewiesene zentrale Aufgabe der Preisbestimmung (
vgl. SG Hamburg, Beschluss vom 26.02.2009, S 34 KR 164/09 ER, juris,
Rdnr. 22) konterkariert und die Funktion von § 127
Abs. 2a
SGB V überspannt. Denn die potentiell (teilweise) Beitretenden werden einen Beitritt zu demjenigen Vertrag mit dem höheren Vergütungsniveau anstreben. So auch hier: Die Antragstellerin hat ausdrücklich klargestellt, dass es ihr um den Beitritt zum Vertrag
Nr. 1002 geht, obwohl mit dem Vertrag
Nr. 1003 ein Vertrag zur Verfügung steht, der gerade die von der Antragstellerin angestrebte nur regionale Versorgung vorsieht - nur eben zu einer geringeren Vergütung. Wäre ein Teilbeitritt der Antragstellerin zum Vertrag
Nr. 1002 zulässig, müsste die Antragsgegnerin eine Vergütung zahlen, die sie für die konkrete Gegenleistung - wie aus den angebotenen Verträgen ersichtlich - so nie vereinbart hätte. Wenn verschiedentlich zumindest indirekt Erwägungen zum Zustandekommen der Versorgungspauschalen angestellt und Zweifel am Vorliegen
bzw. der Berechtigung von "Mischkalkulationen" vorgebracht werden (
vgl. etwa SG Dortmund, Beschluss vom 13.12.2011, S 12 KR 1300/11 ER;
LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 15.04.2011, L 16 KR 7/11 B ER; Weber, NZS 2010,
S. 53, 56), hält die Kammer dies insofern für bedenklich, als es nach dem soeben beschriebenen Konzept gerade nicht Aufgabe der Gerichte ist, eine Preiskontrolle vorzunehmen. Der Vortrag der Antragsgegnerin zum Zustandekommen der unterschiedlichen Versorgungspauschalen in ihren Verträgen ist jedenfalls durchaus nachvollziehbar.
Gleichwohl bestehen zumindest in Teilen erhebliche Bedenken gegen das Vorgehen der Antragsgegnerin. Das
BSG hat ausgeführt, dass es zwar zulässig sei, die Hilfsmittelversorgung mit anderen Leistungsbereichen zu verbinden. Gleichzeitig könne aber demjenigen, der keine solchen zusätzlichen Leistungen anbiete, nicht allein deswegen ein Vertrag generell versagt werden (
vgl. BSG, Urteil vom 21.07.2011, B 3 KR 14/10 R,
Rdnr. 20;
vgl. auch Urteil vom 10.03.2010, B 3 KR 26/08 R,
Rdnr. 23, 35). Gleiches dürfte für die Verbindung von Versorgungsbereichen
bzw. Vorgaben hinsichtlich des Versorgungsgebiets gelten. Die Antragsgegnerin dürfte daher gehindert sein, ausschließlich solche Verträge zu schließen, die die gleichzeitige Versorgung mit allen von ihr genannten Produktgruppen und/oder nur eine bundesweite Versorgung vorsehen. Der von der Antragsgegnerin beschriebene sachliche Zusammenhang der in ihren Verträgen gebündelten Versorgungsbereiche ist schon angesichts der vorgetragenen Überschneidung bei (lediglich) 13,5 % Prozent ihrer Versicherten kein durchschlagendes Argument (gegen einen zwingenden Zusammenhang der Versorgungsbereiche in den dortigen Fällen auch SG Dortmund, Beschluss vom 13.12.2011, S 12 KR 1300/11 ER; SG Berlin, Beschluss vom 01.12.2011, S 81 KR 2085/11 ER,
Rdnr. 36; SG Berlin, Beschluss vom 22.11.2011, S 210 KR 2084/11 ER,
Rdnr. 34 f.).
Rechtsschutz gegen ein solches Vorgehen ist aber nicht darüber sicherzustellen, dass - gleichsam als Sanktion - der Krankenkasse im Wege eines Teilbeitritts ein so nicht gewollter (inhaltlich) neuer Vertrag aufgezwungen wird. Im Ergebnis würde über die Zulassung eines Teilbeitritts der Grundsatz umgangen, dass kein Anspruch auf Abschluss bestimmter Verträge besteht (
vgl. BSG, Urteil vom 21.07.2011, B 3 KR 14/10 R,
Rdnr. 8; Urteil vom 10.03.2010, B 3 KR 26/08 R,
Rdnr. 21). Sollte ein Vertrag, wie er von dem jeweiligen Leistungserbringer gewünscht ist, noch nicht existieren, ist er auf entsprechende Verhandlungen zu verweisen. Soweit die Krankenkasse dann aus den zuvor genannten Gründen rechtswidrigerweise einen Vertragsabschluss ablehnt, ist Rechtsschutz wie in den vom
BSG entschiedenen Fällen über entsprechende Feststellungsklagen zu suchen (
vgl. BSG, Urteil vom 21.07.2011, B 3 KR 14/10 R,
Rdnr. 8).
Jedenfalls ist es nach der beschriebenen gesetzlichen Konzeption aus Sicht der Kammer ausgeschlossen, dass der Leistungserbinger sich denjenigen Vertrag mit dem höchsten Vergütungsniveau aussucht und diesem dann nur im Hinblick auf die gewünschten Versorgungsbereiche (inhaltlich wie örtlich) beitritt. Der Gesetzgeber wollte mit § 127
Abs. 2a
SGB V allein einen "willkürlichen" Ausschluss verhindern (
vgl. BT-Drs. 16/10609,
S. 57), nicht aber ein Recht auf einseitige Vertragsgestaltung für die Leistungserbringer schaffen.
Die von der Antragsgegnerin im Vorfeld durchgeführte Abfrage zum Versorgungsbereich ist erst recht nicht geeignet, die Zulässigkeit des begehrten Teilbeitritts zu begründen (
vgl. SG Berlin, Beschluss vom 01.12.2011, S 81 KR 2085/11 ER,
Rdnr. 42).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a
Abs. 1 Satz 1, 3.
HS SGG i.V.m. § 154
Abs. 1
VwGO.
Die Zulässigkeit der Beschwerde ergibt sich daraus, dass der Wert der Beschwer 750,00
EUR übersteigt (§§ 172
Abs. 3
Nr. 1, 1.
HS; 144
Abs. 1 Satz 1
Nr. 1
SGG). Der Streitwert wird in analoger Anwendung von § 50
Abs. 2 GKG in Höhe von 5% des zuletzt mit den bei der Antragsgegnerin versicherten Kunden der Antragstellerin erzielten Jahresumsatzes, gerechnet auf drei Jahre, angesetzt (
vgl. SG Dortmund, Beschluss vom 13.12.2011, S 12 KR 1300/11 ER; SG Berlin, Beschluss vom 01.12.2011, S 81 KR 2085/11 ER,
Rdnr. 49;
LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 15.03.2011, L 11 KR 4724/10 ER-B,
Rdnr. 37; Sächsisches
LSG, Beschluss vom 01.12.2010,
L 1 KR 99/10 B ER,
Rdnr. 49;
LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 13.07.2010, L 11 KR 1313/10 ER-B; SG Dresden, Beschluss vom 01.06.2010, S 15 KR 119/10 ER; SG Hamburg, Beschluss vom 24.04.2009, S 2 KR 87/09 ER; teilweise a.A. SG Berlin, Beschluss vom 22.11.2011, S 210 KR 2084/11 ER,
Rdnr. 46: 5 % des Umsatzes nur eines Jahres und Abschlag von 50% wegen Eilverfahren; für letzteres auch SG Hamburg, Beschluss vom 24.04.2009, S 2 KR 87/09 ER,
Rdnr. 14). Der entsprechende Jahresumsatz der Antragstellerin wird angesichts einer steigenden Umsatzentwicklung auf 50.000
EUR geschätzt. Dies ergibt einen Streitwert von 7.500,00
EUR (5% von 50.000,00
EUR = 2.500,00
EUR mal drei = 7.500,00
EUR).