Die Berufung der Beklagten ist zulässig. Die Kosten für den im Streit befindlichen Rollstuhl lagen im Jahr 2000 bei 1.951,64 DM
bzw. 997,86
EUR. Daher ist die Berufung insbesondere gemäß § 144
Abs. 1 Satz 1
Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) statthaft.
Die Berufung ist auch begründet. Der Kläger hat gegenüber der Beklagten keinen Anspruch darauf, dass diese die Kosten für einen Dusch-/Toilettenrollstuhl übernimmt. Das Urteil des Sozialgerichts war daher aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Aus dem Gutachten von
Dr. L vom 9. Februar 2003 ist zu ersehen, dass der Kläger bereits mit dem Dusch-/ Toilettenrollstuhl, dessen Kosten hier streitig sind, ausgestattet ist. Weder ergibt sich aus den Akten noch konnte in der Berufungsverhandlung geklärt werden, auf welchem Wege und mit welchen Mitteln dem Kläger dieser Rollstuhl zur Verfügung gestellt werden konnte. Es kann jedoch dahingestellt bleiben, ob der Kläger gegenüber der Beklagten einen Kostenerstattungsanspruch nach § 13
Abs. 3 Sozialgesetzbuch, Fünftes Buch (
SGB V) oder einen Sachleistungsanspruch nach § 33
Abs. 1
SGB V erhebt. Denn in beiden Fällen ist ein Anspruch nicht gegeben.
Der Kostenerstattungsanspruch nach § 13
Abs. 3 Satz 1
SGB V setzt in seiner 2. Fallalternative - die Voraussetzungen der 1. Alternative einer Notfallversorgung liegen erkennbar nicht vor - voraus, dass die Beklagte eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat. Dies würde - wie auch bei einer Sachleistung - voraussetzen, dass der Kläger gegenüber der Beklagten einen entsprechenden Anspruch hat. Das ist nicht der Fall. Nach § 33
Abs. 1 Satz 1
SGB V haben Versicherte einen Anspruch auf Versorgung mit Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit diese Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen sind oder nach § 34
SGB V ausgeschlossen sind. Bei einem Dusch-/Toilettenrollstuhl handelt es sich nicht um einen Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens (vergl.
BSG, Urteil vom 28. Mai 2003,
B 3 KR 30/02 R, SozR 4-2500, § 33
Nr. 4). Hiervon geht auch die Beklagte aus. Der Toilettenrollstuhl ist nicht durch
Rechtsverordnung als Hilfsmittel ausgeschlossen, sondern im Hilfsmittelverzeichnis der Spitzenverbände der Krankenkassen nach § 128
SGB V in Produktgruppe 18 unter Gruppe 2 ausdrücklich aufgeführt.
Der Dusch-/Toilettenrollstuhl dient bei dem Kläger nicht dazu, den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern. Hier kommt lediglich die dritte Fallvariante des § 33
Abs. 1
SGB V in Betracht, nach der Hilfsmittel zur Verfügung gestellt werden können, um eine Behinderung auszugleichen. Allerdings kann in derartigen Fällen auch der Träger der Pflegeversicherung
bzw. bei vollstationärer Pflege der Träger des Pflegeheims für die Hilfsmittelversorgung eintrittspflichtig sein. Dies schließt allerdings nicht grundsätzlich die Leistungspflicht der Krankenkasse aus. Deren Leistungspflicht ist lediglich eingeschränkt und umfasst nicht mehr alle Gegenstände, die dem Ausgleich einer Behinderung dienen. Besteht der Verwendungszweck eines Gegenstands ganz überwiegend darin, die Durchführung der Pflege zu ermöglichen oder zu erleichtern, so begründet allein die Tatsache, dass er auch zum Behinderungsausgleich eingesetzt wird, noch nicht die Leistungspflicht der Krankenkasse (
BSG, Urteil vom 6. Juni 2002,
B 3 KR 67/01 R, SozR 3-2500, § 33
Nr. 43 - Ernährungspumpe; Urteil vom 24. September 2002,
B 3 KR 15/02 R, SozR 3-2500, § 33
Nr. 47 - Dekubitusmatratze). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor.
Denn der Dusch-/Toilettenrollstuhl ist kein notwendiges Inventar, um die vollstationäre Pflege des Klägers zu ermöglichen oder zu erleichtern. Dies ergibt sich aus den Gutachten, die das Sozialgericht eingeholt hat. Insbesondere der Krankenpfleger B hat ausgeführt, dass die Bedeutung des Rollstuhls für den Kläger lediglich darin liegt, dass er bestimmte Verrichtungen selbst bewerkstelligen kann. Er kann sich innerhalb des Bades mit dem Stuhl langsam fortbewegen und den Stuhl rangieren. Er ist damit in die Lage versetzt, sich selbst das Gesicht waschen und die Zähne putzen zu können. Offen blieb in den Gutachten, ob der Kläger den Stuhlgang selbständig tätigen kann. Nach der Aussage von
Dr. L ist die Verdauung medikamentös unterstützt und es müssen regelmäßige Abführtage eingehalten werden, die Urinableitung erfolgt über ein Urinal. Die Verrichtungen, die dem Kläger durch den Dusch-Toilettenrollstuhl ermöglicht werden, stellen keine Arbeitserleichterung für die Pflegekräfte dar. Der Pfleger B hat darauf hingewiesen, dass die Beaufsichtigung und Anleitung einer pflegerischen Tätigkeit regelmäßig einen größeren Zeitaufwand erfordert als die Durchführung durch die Pflegekräfte.
Legt man zu Grunde, dass der Kläger in den Rollstuhl hineingesetzt und in das Bad gefahren werden muss, die Pflegekräfte hierfür also ohnehin benötigt werden, ist diese Aussage nachvollziehbar. Eine Erleichterung der Pflege erfolgt durch den Stuhl daher nicht, so dass für die Hilfsmittelversorgung nicht auf den Träger der Pflegeversicherung oder den Träger des Pflegeheims verwiesen werden kann.
Die Hilfsmittelversorgung nach § 33
Abs. 1
SGB V setzt voraus, dass das Hilfsmittel für den Behinderungsausgleich erforderlich ist, allerdings nicht im Sinne eines Vollausgleichs sämtlicher direkter und indirekter Folgen der Behinderung. Notwendig ist für eine Leistungspflicht aus der gesetzlichen Krankenversicherung der Ausgleich als medizinische, nicht aber als berufliche oder soziale Rehabilitation. Letzteres ist Aufgabe anderer Sozialleistungssysteme (§§ 5
Nr. 1 und 6
Abs. 1
Nr. 1 Sozialgesetzbuch, Neuntes Buch -
SGB IX -;
BSG, Urteil vom 21. November 2002,
B 3 KR 8/02 R).
Ein Hilfsmittel ist von der gesetzlichen Krankenversicherung daher nur dann zu gewähren, wenn es die Auswirkungen der Behinderung im gesamten täglichen Leben beseitigt oder mildert und damit ein Grundbedürfnis des täglichen Lebens, zu dem auch die Erschließung eines gewissen körperlichen und geistigen Freiraums gehört, betrifft. Dabei hat die Rechtsprechung das hier in Betracht kommende Grundbedürfnis der "Erschließung eines gewissen körperlichen Freiraumes" im Sinne eines Basisausgleichs der Behinderung selbst und nicht im Sinne des vollständigen Gleichziehens mit den letztlich unbegrenzten Möglichkeiten des Gesunden, Nichtbehinderten verstanden. Auch wenn ein Behinderungsausgleich keinen Vollausgleich voraussetzt, sondern verhältnismäßig geringfügige Ausweitungen des körperlichen Freiraums für den betroffenen Behinderten ausreichen lässt, ist gleichwohl erforderlich, dass dieser ein gewisses Maß an Selbständigkeit durch das Hilfsmittel erlangt und einen entscheidenden Gewinn hieraus erzielen kann (
BSG, Urteil vom 28. Mai 2003, a.a.O.).
Dieser Zuwachs an Selbständigkeit ist nach objektiven Maßstäben zu bemessen, nicht aber an dem Maß des persönlichen Zugewinns für den Behinderten. Zwar stellt die Regelung des § 33
Abs. 1 Satz 1
SGB V auf eine Einzelfallbetrachtung ab. Jedoch ist nach dem Zusammenhang der Regelung des § 33
Abs. 1
SGB V eine an objektiven Kriterien orientierte Auslegung des Begriffs der Erforderlichkeit vorzunehmen. Dies folgt daraus, dass die Erforderlichkeit am Hilfsmittel selbst ansetzt, nicht aber an dem Zugewinn der Selbständigkeit für den Versicherten. Nach diesen Grundsätzen sind hier die Leistungsvoraussetzungen nicht erfüllt.
Der Senat sieht durchaus, dass der körperliche Freiraum des Klägers und die damit verbundenen Möglichkeiten der Selbstentfaltung außerordentlich gering sind und demzufolge der verhältnismäßig geringe Nutzen, den er aus dem Dusch-/Toilettenrollstuhl ziehen kann, für ihn eine größere Bedeutung hat, als für eine andere Person, die noch weiter gehende körperliche Möglichkeiten hat. Unter der gebotenen objektiven Betrachtungsweise darf der Senat diese subjektiven Belange jedoch nicht berücksichtigen. In dem Urteil vom 28. Mai 2003 (a.a.O.) hat das
BSG ausgeführt, dass das notwendige Maß an Selbstständigkeit, die als rechtfertigendes Grundbedürfnis für den Behinderungsausgleich anzusehen ist, nur dann erreicht ist, wenn ein Versicherter die Grundverrichtungen des täglichen Lebens eigenständig durchzuführen in die Lage versetzt wird. Dies setzt voraus, dass er nicht nur die Körperhygiene und den Toilettengang selbständig tätigen, sondern dass er darüber hinaus auch den Transfer durchführen kann. Der Senat lässt es dahinstehen, ob der Transfer unabdingbares Erfordernis für einen Anspruch auf Hilfsmittelversorgung ist. Maßgeblich ist jedoch, dass die Grundverrichtungen des täglichen Lebens auf jeden Fall selbständig ausgeführt werden müssen. Dies ist bei dem Kläger nicht der Fall. Wie oben ausgeführt, ist nicht bekannt, ob er den Toilettengang selbständig durchführen kann. Die Ausführungen der erstinstanzlich gehörten Sachverständigen sprechen eher dagegen. Das Duschen ist ihm eigenständig nicht möglich, er kann sich lediglich selbst mit dem Rollstuhl in die Dusche hineinfahren. Lediglich die Reinigung des Gesichts, der Zähne und - eingeschränkt - des Oberkörpers sind ihm selbständig möglich, also nur ein Teilbereich der Körperhygiene. Durch das Hilfsmittel wird es dem Kläger nur in sehr eingeschränktem Maße ermöglicht, dem Grundbedürfnis, sich selbst waschen und pflegen zu können, nachzukommen; sehr wesentliche Bereiche müssen von den Pflegekräften vorgenommen werden. Dadurch gewinnt der Kläger kein erhebliches Maß an Selbstständigkeit. Ein Anspruch nach § 33
Abs. 1 Satz 1
SGB V besteht daher nicht.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193
SGG.
Angesichts des Urteils des
BSG vom 28. Mai 2003 (a.a.O.) sieht der Senat keine Veranlassung, gemäß § 160
Abs. 2
SGG die Revision zuzulassen.