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Urteil
Mehraufwendung für behindertengerechte Gestaltung eines Wohnhausanbaus keine außergewöhnliche Belastung

Gericht:

BFH


Aktenzeichen:

III R 72/96


Urteil vom:

06.02.1997


Grundlage:

  • EStG § 33

Die Errichtung eines Anbaus mit einem Fahrstuhl für einen schwer gehbehinderten Haushaltsangehörigen führt auch dann nicht zu außergewöhnlichen Belastungen, wenn das Gebäude bereits vor Eintritt der Behinderung von dem Steuerpflichtigen als Familienwohnung genutzt worden ist.

Rechtsweg:

Es liegen keine Informationen zum Rechtsweg vor.

Quelle:

Selbsthilfe 02/1998

Sachverhalt:

Ein Ehepaar hatte das von ihnen bereits seit längerem bewohnte zweigeschossige Einfamilienhaus mit ausgebautem Dachgeschoß erworben und um einen Anbau erweitert. Dabei haben sie für ihre erheblich geh- und stehbehinderte Tochter einen Fahrstuhl errichten lassen, der einen ebenerdigen Zugang zum Haus ermöglicht und das Erdgeschoß mit dem ersten Geschoß verbindet. Sowohl die Kosten für den Einbau des Fahrstuhls als auch 10 % der gesamten Baukosten machten sie als außergewöhnliche Belastung nach § 33 Einkommenssteuergesetz (EStG) geltend. Das Finanzamt berücksichtigte die Kosten jedoch lediglich nach § 10 E Abs.2 EStG ( Steuerbegünstigung der zu eigenen Wohnzwecken genutzten Wohnung im eigenen Haus). Gegen diese Entscheidung des Finanzamtes klagten die Eheleute erfolglos und hatten auch in der Revision keinen Erfolg.

Der Bundesfinanzhof führte in seiner Entscheidung aus, daß der wegen der behindertengerechten Gestaltung eines Hauses entstehende Merhaufwand nur dann als außergewöhnliche Belastung anzuerkennen sei, wenn eine eindeutige und anhand objektiver Merkmale durchführbare Unterscheidung zwischen den steuerrechtlich irrelevanten Privatmotiven für die Errichtung und Gestaltung eines Hauses und den nach § 33 Abs. EStG ( außergewöhnliche Belastung) zu berücksichtigenden - ausschließlich durch eine Krankheit oder einen Unfall verursachten - Aufwendungen möglich sei. Es sei weiterhin zu verlangen, daß eine ebenso eindeutige und anhand objektiver und von ungewissen zukünftigen Ereignissen unabhängiger Kriterien durchführbare Unterscheidung vorgenommen werden könne zwischen den Aufwendungen, durch die für das Haus wertvolle Einrichtungen geschaffen worden sind und "verlorenem Aufwand" für bestimmte, ausschließlich für einen Kranken oder Behinderten wertvolle Bauleistungen. An diesen Voraussetzungen fehle es jedoch in aller Regel beim Bau eines Hauses.

Gleiches gelte für den Einbau eines Fahrstuhls. Denn es sei für die rechtliche Beurteilung nach § 33 EStG ohne Belang, daß die Kläger nicht ein Haus mit Fahrstuhl neu errichtet haben, sondern ein bestehendes, von ihnen offenbar schon vor der Erkrankung ihrer Tochter genutztes Haus erweitert und dabei einen Fahrstuhl eingebaut haben.

Der Begriff der zwangsläufig erwachsenen Aufwendungen des § 33 Abs. 2 EStG sei bei einem Anbau oder einem Umbau, der zu einer wesentlichen baulichen Veränderung des bisherigen Gebäudes führt, grundsätzlich nicht anders zu beurteilen als bei einem Neubau. Der Steuerpflichtige sei im allgemeinen ebensowenig wie er zu einem Neubau gezwungen, sein vorhandenes Haus umzubauen, statt ein anderes, für seine Bedürfnisse besser geeignetes zu erwerben oder zu mieten. auch ließen sich die Beweggründe für den Einbau eines Fahrstuhls ebensowenig wie bei einem Neubau anhand objektiver und praktikabler Maßstäbe daraufhin bewerten, ob für sie eindeutig ausschließlich die Krankheit oder Behinderung oder auch sonstige private Gründe maßgeblich seien, ob er z.B. auch im Erdgeschoß (ggf. nach dessen Erweiterung um einen Anbau) ausreichenden und angemessenen Wohnraum hätte finden können.

Referenznummer:

R/R1146


Informationsstand: 16.10.1998