II.
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.
Der Beschluss des Sozialgerichts Marburg vom 10. Juni 2008 ist im Ergebnis nicht zu beanstanden. Die Antragstellerin ist berechtigt, die gesetzlich Versicherten der Antragsgegnerin bis zum 31. Dezember 2008 mit Anti-Dekubitus-Systemen zu versorgen. Diese Berechtigung besitzt die Antragstellerin kraft Gesetzes. Insoweit war der Tenor des angefochtenen Beschlusses abzuändern.
Nach § 86 b
Abs. 2
SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts (Anordnungsanspruch) des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Anordnungsgrund; Satz 1). Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2). Der nach dieser Vorschrift erforderliche Anordnungsanspruch stellt ab auf eine summarische Prüfung der Erfolgsaussicht in der Hauptsache, was mit dem Anordnungsgrund von dem Antragsteller glaubhaft zu machen ist (§ 86 b
Abs. 2
S. 4 Sozialgerichtsgesetz -
SGG - in Verbindung mit § 920
Abs. 2 Zivilprozessordnung
ZPO -). In dem vorliegenden Verfahren geht der Senat auf der Grundlage der Übergangsvorschrift des § 126
Abs. 2
SGB V von einer überwiegenden Erfolgsaussicht aus. Nach dieser Vorschrift bleiben Leistungserbringer, die am 31. März 2007 über eine Zulassung nach § 126
SGB V in der zu jenem Zeitpunkt geltenden Fassung verfügten, bis zum 31. Dezember 2008 zur Versorgung der Versicherten berechtigt. Der Senat bejaht mit der von dem Sozialgericht dargelegten Begründung auch einen Anordnungsgrund.
Mit Wirkung vom 1. April 2007 sind die Beziehungen der Versicherten zu den Leistungserbringern von Hilfsmitteln in wesentlichen Teilen neu gefasst worden. Nach
§ 126 Abs. 1 S. 1 SGB V in der Fassung des Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (
GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz -
GKV-WSG -) vom 26. März 2007 (BGBl. I/
S. 378) dürfen Hilfsmittel an Versicherte nur auf der Grundlage von Verträgen nach § 127
Abs. 1, 2 und 3
SGB V abgegeben werden.
§ 127 SGB V sieht grundsätzlich Verträge der Krankenkassen, ihrer Verbände oder Arbeitsgemeinschaften mit Leistungserbringern oder zu diesem Zweck gebildeten Zusammenschlüssen der Leistungserbringer vor, die nach erfolgter Ausschreibung zu Stande kommen (
Abs. 1). Verträge ohne Ausschreibung sind möglich, wenn Ausschreibungen nicht zweckmäßig sind (
Abs. 2). Bestehen keine solchen Verträge, trifft die Krankenkasse eine Vereinbarung im Einzelfall mit einem Leistungserbringer (
Abs. 3).
Über eine Zulassung verfügte die Antragstellerin bisher nach § 126
SGB V (a.F.) und war berechtigt, gesetzliche Versicherte der Antragsgegnerin und Beschwerdeführerin aufgrund einer Fallpauschalenvereinbarung zu versorgen. Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin und Beschwerdeführerin bleibt die Antragstellerin aber gemäß § 126
Abs. 2
SGB V weiterhin bis zum 31. Dezember 2008 zur Versorgung der Versicherten berechtigt. Der Wortlaut des § 126
Abs. 2
SGB V lässt eine andere Entscheidung nicht zu. Vor allem scheitert dies nicht an § 33
Abs. 6 Satz 2
SGB V in der seit dem 1. April 2007 geltenden Fassung (a.a.O.). Hat hiernach die Krankenkasse Verträge nach § 127
Abs. 1
SGB V über die Versorgung mit bestimmten Hilfsmitteln geschlossen, erfolgt die Versorgung durch einen Vertragspartner, der den Versicherten von der Krankenkasse zu benennen ist. Da die Beschwerdeführerin nach einem Ausschreibungsverfahren entsprechende Verträge geschlossen hat, leitet sie hieraus ab, dass die Antragstellerin seitdem nicht mehr berechtigt ist, die Übergangsfrist bis zum 31. Dezember 2008 auszunutzen.
Diese Auffassung teilt der erkennende Senat nicht. In der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 16/3100,
S. 141) zu § 126
Abs. 2
SGB V heißt es: "
Abs. 2 (des § 126
SGB V) enthält Übergangsvorschriften für die bisherigen Zulassungsinhaber. Diesen muss die Möglichkeit gegeben werden, sich während einer angemessenen Übergangszeit auf die neuen Bedingungen einzustellen, soweit sie nicht ohnehin schon vertragliche Beziehungen zu den Krankenkassen unterhalten." Wenn das Sozialgericht in dem angefochtenen Beschluss auf der Grundlage des § 126
Abs. 2
SGB V ausführt, dass mit dieser Übergangsvorschrift der "grundlegende Systemwechsel im Leistungserbringungsrecht für Hilfsmittel zeitlich gestreckt werden" solle, folgt der Senat dem. Eine solche vom Gesetzgeber eingeführte Übergangsregelung wäre sinnlos, wenn nach Abschluss von Verträgen der Krankenkassen alle Leistungserbringer als Lieferanten sofort aus dem Versorgungssystem herausfallen müssten. Zutreffend führt das Sozialgericht dementsprechend aus, dass eine solche Vertrauensschutzregelung ihren Sinn verfehlte, wollte man ihre Anwendbarkeit (in zeitlicher Hinsicht) zur Disposition der Krankenkassen stellen. Es käme nur darauf an, wie schnell die jeweilige Krankenkasse Verträge abschließt.
Die mit der Übergangsfrist bezweckte Planungssicherheit für die betroffenen Leistungserbringer ließe sich so nicht erreichen. Verfassungskonform gestaltet wirke sich die neue Regelung nur aus, indem sie für die bis zum 31. März 2007 zugelassenen Leistungserbringer, die im Vertrauen auf die alte Rechtslage ihren eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb entsprechend betrieben haben, eine Frist einräumt, sich auf die geänderten Rahmenbedingungen einzustellen
(so auch Thüringer Landesssozialgericht, Beschluss vom 22. August 2008 - L 6 KR 324/08 ER -).
Diesem "verfassungsrechtlichen Erfordernis" liefe es zuwider, wenn der Gesetzgeber "die Länge der Übergangsfrist nicht eindeutig gesetzlich festschriebe, sondern lediglich als Maximalfrist ansähe und damit die Bestimmung der Länge den vom Gesetz Betroffenen überließe. Dann hätten es die Krankenkassen in der Hand, durch eine unverzüglich durchgeführte Ausschreibung mit unmittelbar anschließendem Vertragsschluss die Übergangsfrist so zu verkürzen, dass sie ihre grundrechtlich vorausgesetzte Funktion, nämlich eine zeitlich ausreichende Möglichkeit zur Einstellung auf die geänderten Marktbedingungen einzuräumen, nicht mehr erfüllen könnte" (Thüringer Landesssozialgericht, a.a.O., unter Hinweis auf US., Vertrauensschutz gegen Wirksamkeit von Ausschreibungen, MedR 2008, Seite 206, 207). Die Wirkung und Dauer der Übergangsfrist kann nicht geprägt sein von Elementen der Zufälligkeit (Zeitpunkt des jeweiligen Vertragsabschlusses). Auch im Interesse der Rechtssicherheit und mit Blick auf eine bundeseinheitliche Verfahrensweise muss die Fristen- und Übergangsregelung des § 126
Abs. 2
SGB V dispositionsfrei wirken.
Auch der Hilfsantrag ist unbegründet. Zwar kann nach §§ 86 b
Abs. 2 Satz 4
SGG, 926
ZPO eine Klageerhebung in der Hauptsache angeordnet werden. Vorliegend war aber zu berücksichtigen, dass seitens der Antragstellerin wohl kaum die "Absicht weiterer Rechtsverfolgung beliebig lange" aufrecht erhalten werden kann (Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann,
ZPO, 66. Aufl.; § 926
Anm. 2), weil die gesetzliche Übergangsfrist am 31. Dezember 2008 endet. Für ein Hauptsacheverfahren sieht der Senat deshalb keine Notwendigkeit. Soweit die Beschwerdeführerin rügt, dass sie der in dem angefochtenen Beschluss tenorierten Verpflichtung nicht nachkommen könne, ist darauf hinzuweisen, dass es nicht um eine Umsetzung oder Vollziehung des Tenors geht. Der angefochtene Beschluss enthielt eine Feststellung. Diese ist zwar einem Vollzug nicht zugänglich. Die begünstigte Partei kann aber das festgestellte Recht nutzen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a
SGG i.V.m. § 154
Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (
VwGO). Soweit der Tenor des Beschlusses geändert wurde, stellt dies kein Obsiegen, sondern lediglich eine Klarstellung in dem Sinne dar, dass die Antragstellerin und Beschwerdegegnerin ohne weitere Umsetzung bis zum Ablauf der gesetzlichen Frist zur Versorgung zugelassen ist.
Die Festsetzung des Gegenstandswerts folgt aus §§ 1
Nr. 4, 3
Abs. 1, 52
Abs. 1, 53
Abs. 3
Nr. 4, 63
Abs. 2 Gerichtskostengesetz (GKG). Der Senat folgt auch hier der Festsetzung des Sozialgerichts.
Dieser Beschluss kann mit der Beschwerde nicht angefochten werden (§ 177
SGG).