Die Klage ist zulässig und in dem aus dem Tenor ersichtlichem Umfang begründet.
Die angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig, da sie auf einer unzureichenden Sachaufklärung beruhen. Es ist nicht ausgeschlossen, dass der Kläger einen Anspruch auf Versorgung mit dem streitgegenständlichen Hilfsmittel hat. Hierzu bedarf es noch weiterer Sachaufklärung, so dass der Rechtsstreit gemäß § 131
Abs. 5
SGG an die Beklagte zurückzuverweisen war.
Nach
§ 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Seh- und Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern (1. Alternative), einer drohenden Behinderung vorzubeugen (2. Alternative) oder eine Behinderung auszugleichen (3. Alternative), soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach
§ 34 Abs. 4 SGB V ausgeschlossen sind.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung des Hilfsmittels im Rahmen der Behandlungssicherung
gem. § 33
Abs. 1 Satz 1 1. Alternative
SGB V (hierzu I ...). Ein Anspruch des Klägers auf Versorgung mit dem streitgegenständlichen Hilfsmittel kann sich jedoch aus § 33
Abs. 1 Satz 1 3. Alternative
SGB V im Rahmen des Behinderungsausgleiches ergeben (hierzu II.). Ein Exoskelett dient dabei nicht dem unmittelbaren Behinderungsausgleich (hierzu II.1). Es ist aber im Rahmen des mittelbaren Behinderungsausgleiches objektiv geeignet, das Grundbedürfnis "Gehen" zu befriedigen (hierzu II.2). Ein Einsatz des Hilfsmittels im Rahmen des mittelbaren Behinderungsausgleichs ist bei dem Kläger nicht von vorne herein ausgeschlossen; ob es auch im konkreten Fall des Klägers geeignet ist, bedarf weiterer Sachaufklärung (hierzu III.).
I. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung des Hilfsmittels im Rahmen der Behandlungssicherung
gem. § 33
Abs. 1 Satz 1 1. Alternative
SGB V. Dies würde voraussetzen, dass das Hilfsmittel spezifisch im Rahmen der ärztlich verantworteten Krankenbehandlung eingesetzt wird. Der spezifische Bezug zur ärztlich verantworteten Krankenbehandlung setzt voraus, dass die Verwendung des begehrten Hilfsmittels in einem engen Zusammenhang zu einer andauernden, auf einem ärztlichen Therapieplan beruhenden Behandlung durch ärztliche und ärztlich angeleitete Leistungserbringer steht und für die gezielte Versorgung im Sinne der Behandlungsziele des
§ 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V als erforderlich anzusehen ist (
vgl. z. B ...
BSG, Urteil vom 08.07.2015, Az.
B 3 KR 5/14 R, juris,
Rdnr. 20,
m.w.N., CGM). Es kann dahinstehen, ob das Hilfsmittel vorliegend spezifisch auch im Rahmen der ärztlich verantworteten Krankenbehandlung zum Einsatz kommen soll. In diesem Fall würde es im Rahmen einer neuen Behandlungsmethode
i.S.v.
§ 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V eingesetzt werden. Hierfür fehlt es an der notwendigen Empfehlung des GBA. Sofern ein Hilfsmittel den Erfolg einer Krankenbehandlung
i.S.v. § 33
Abs. 1 Satz 1 1. Alternative
SGB V sichern soll und dabei in einem untrennbaren Zusammenhang mit einer neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethode
i.S.v. § 135
Abs. 1 Satz 1
SGB V eingesetzt wird, ist Voraussetzung für einen solchen Anspruch, dass die neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode durch den GBA anerkannt worden ist (
vgl. BSG, a.a.O.,
Rdnr. 26 ff). Eine entsprechende Empfehlung des GBA liegt im Hinblick auf eine Therapie mit dem streitgegenständlichen Hilfsmittel nicht vor.
II. Ein Anspruch des Klägers auf Versorgung mit dem streitgegenständlichen Hilfsmittel kann sich jedoch aus § 33
Abs. 1 Satz 1 3. Alternative
SGB V im Rahmen des Behinderungsausgleiches ergeben.
Zur Frage der Erforderlichkeit eines Hilfsmittels zum Behinderungsausgleich
i. S. v. § 33
Abs. 1 Satz 1 3. Alternative
SGB V wird stets unterschieden zwischen dem unmittelbaren Behinderungsausgleich, bei dem das Hilfsmittel unmittelbar dem Ausgleich der ausgefallenen oder beeinträchtigten Körperfunktion selbst dient, und dem mittelbaren Behinderungsausgleich, bei dem das Hilfsmittel zum Ausgleich der direkten und indirekten Behinderungsfolgen eingesetzt wird. Diese Differenzierung erfolgt, weil unter Einbeziehung einer historischen Betrachtung unzweifelhaft ist, dass der Ausfall einer Körperfunktion den Krankheitsbegriff in der gesetzlichen Krankenversicherung erfüllt und es daher zum Aufgabenbereich der gesetzlichen Krankenversicherung gehört, ausgefallene oder beeinträchtigte Körperfunktionen soweit wie möglich wiederherzustellen oder zu verbessern (
vgl. BSG, Urteil vom 25.02.2015, Az.
B 3 KR 13/13 R,
Rdnr. 19, Autoschwenksitz). Bei dem mittelbaren Behinderungsausgleich geht es demgegenüber darum, einem behinderten Menschen, dessen Funktionsbeeinträchtigung durch medizinische Maßnahmen einschließlich des Einsatzes von Hilfsmitteln nicht weiter behoben werden kann, das Leben mit den Folgen dieser Beeinträchtigung zu erleichtern (
BSG, a.a.O,
Rdnr. 20).
II.1. Mit dem Exoskelett mit Antrieb kann kein unmittelbarer Behinderungsausgleich erzielt werden (a.A.SG Speyer, Urteil vom 20.05.2016, Az.
S 19 KR 350/15, juris,
Rdnr. 38). Bei dem unmittelbaren Behinderungsausgleich steht der Ausgleich der ausgefallenen oder beeinträchtigten Körperfunktionen selbst im Vordergrund, wie es z. B ... insbesondere bei Prothesen der Fall ist (
vgl. BSG, Urteil vom 16.07.2014, Az.
B 3 KR 1/14 R, juris,
Rdnr. 20, Scalamobil;
BSG, Urteil vom 25.02.2015, Az.
B 3 KR 13/13 R, juris,
Rdnr. 19, Autoschwenksitz). Der unmittelbare Behinderungsausgleich liegt nur dann vor, wenn das Hilfsmittel unmittelbar an der Behinderung ansetzt. Dem liegt die Erwägung zu Grunde, dass sich der direkte Funktionsausgleich in allen Lebensbereichen auswirkt und damit ohne weiteres auch Grundbedürfnisse betroffen sind, während bei einem mittelbaren Ausgleich besonders geprüft werden muss, in welchem Lebensbereich er sich auswirkt (
vgl. BSG, Urteil vom 06.06.2002, Az.
B 3 KR 68/01 R, juris,
Rdnr. 13, C-Leg). Die gesonderte Prüfung, ob mit der vorgesehenen Verwendung ein allgemeines Grundbedürfnis des täglichen Lebens betroffen ist, entfällt in Fällen der Erstausstattung mit Hilfsmitteln zum unmittelbaren Behinderungsausgleich, weil sich die unmittelbar auszugleichende Funktionsbeeinträchtigung selbst immer schon auf ein Grundbedürfnis bezieht (
vgl. BSG, Urteil vom 10.03.2011, Az.
B 3 KR 9/10 R, juris,
Rdnr. 12, Barcodelesegerät).
Der Ersatz eines ausgefallenen
bzw. beeinträchtigten Sinnes durch die Nutzung eines intakten anderen Sinnes stellt sich als mittelbarer Behinderungsausgleich dar (
vgl. BSG, a.a.O.,
Rdnr. 14;
BSG, Urteil vom 29.04.2010, Az.
B 3 KR 5/09 R, juris,
Rdnr. 14, Lichtsignalanlage). So geht es bei einer Lichtsignalanlage für Gehörlose und hochgradig Schwerhörige nicht um einen unmittelbaren Behinderungsausgleich, weil nicht das Hörvermögen wiederhergestellt oder gestärkt wird, wie es z. B ... bei der Versorgung mit Hörgeräten der Fall ist. Nicht das Hören selbst wird ermöglicht oder erleichtert, sondern das fehlende Hörvermögen durch die Nutzung des nicht beeinträchtigten Sehvermögens kompensiert, indem akustische Signale, wie z. B ... das Läuten der Türklingel oder des Telefons in optische Signale (z. B ... Lichtblitze) umgewandelt werden (
vgl. BSG, Urteil vom 29.04.2010, Az. B 3 KR 5/09 R, juris,
Rdnr. 14, Lichtsignalanlage). Auch im Falle des Barcodelesegerätes handelt es sich um ein Hilfsmittel zum mittelbaren Behinderungsausgleich, weil das Hilfsmittel nicht das behinderungsbedingt stark einschränkte Sehvermögen wiederherstellen kann, sondern die ausgefallene
bzw. eingeschränkte Körperfunktion durch Nutzung des nicht beeinträchtigten Hörvermögens kompensiert, indem die auf Gegenständen befindlichen und in Strichcodes verschlüsselten Informationen über eine Sprachausgabe für den sehbehinderten Menschen hörbar gemacht werden (
vgl. BSG, Urteil vom 10.02.2011, Az. B 3 KR 9/10 R, juris,
Rdnr. 14, Barcodelesegerät).
Unter Berücksichtigung der genannten Rechtsprechung ist das Exoskelett mit Antrieb von seinem Ansatz, von der Art und Weise der Fortbewegung und von dem erzielten Ergebnis nicht dem unmittelbaren Behinderungsausgleich zuzuordnen.
Das streitgegenständliche Hilfsmittel setzt insbesondere nicht unmittelbar an der Behinderung an. Bei einer Querschnittslähmung führt die Schädigung des Rückenmarks zu einem Verlust der aktiven Steuerung von Muskeln und Muskelgruppen, die von den Nerven gesteuert werden, die die Verletzungsstelle des Rückenmarks passieren müssen. Je nach Ausprägung der Lähmung kann der motorische Funktionsverlust bis zur vollständigen Bewegungsunfähigkeit der betroffenen Extremitäten reichen. Die Funktionsstörung bei einer Querschnittslähmung besteht also darin, dass Muskeln und Muskelgruppen nicht mehr aktiv und selbstbestimmt gesteuert werden können. Der hierdurch bedingte Verlust der Gehfähigkeit ist "nur" eine Folge dieses Funktionsausfalls. Das streitgegenständliche Hilfsmittel setzt nicht unmittelbar an dem für den Verlust der Gehfähigkeit verantwortlichen Funktionsausfall an. Es stellt die ausgefallene Funktion, nämlich die selbständige und willensgesteuerte Bewegung der betroffenen Muskelgruppen, nicht wieder her. Dem Nutzer ist es auch mit der Verwendung des Hilfsmittels nicht möglich, die entsprechenden Muskelgruppen eigenständig zu bewegen und damit die Funktion des unversehrten Rückenmarks zu ersetzen. Das Gehen wird nicht durch eine Wiederherstellung oder Ersetzen der Funktion des zerstörten Rückenmarks erzielt, sondern durch eine Vielzahl von Funktionen, die mit der Funktion eines intakten Rückenmarks nicht vergleichbar sind. So werden die aufrechte Haltung sowie die für das Gehen erforderlichen Bewegungsausmaße durch die stützende Orthese und ihre spezielle Konstruktion ermöglicht. Die Fortbewegung selber erfolgt nicht aus eigener Kraft des Nutzers, sondern durch den Einsatz eines akkubetriebenen Motors. Die Art und Weise des Gehens (Geschwindigkeit, Schrittgröße, Schritthöhe) wird durch die computergesteuerte "Bordelektronik" gesteuert. Selbst wenn hierdurch eine Fortbewegung erzielt wird, die als Gehen bezeichnet werden kann, werden durch das streitgegenständliche Hilfsmittel lediglich die Folgen der Funktionsbeeinträchtigung, nämlich die Unfähigkeit die vorhandenen Muskeln und Muskelgruppen eigenständig zu bewegen, ausgeglichen. Stellt schon der Ersatz eines ausgefallenen und beeinträchtigten Sinnes durch die Nutzung eines intakten anderen Sinnes keinen unmittelbaren Behinderungsausgleich dar, so kann dies erst recht nicht für eine Situation gelten, in der die Folgen des Funktionsausfalls durch ein stützendes System, einen Motor sowie einen Computer ersetzt werden. Ein Vergleich mit dem unmittelbaren Behinderungsausgleich dienenden C-Leg verbietet sich. Auch wenn das C-Leg ebenfalls durch Computertechnik gesteuert wird, so handelt es sich doch um ein Körperersatzstück
i.S.v. § 33
Abs. 1 Satz 1
SGB V, das unmittelbar an der den Verlust der Gehfähigkeit auslösenden Behinderung ansetzt. Im Falle eines Körperersatzstückes ist die Behinderung nämlich unmittelbar durch den Verlust des betroffenen Gliedmaßes verursacht worden. Im Gegensatz zu dem streitgegenständlichen Exoskeletts setzt eine Prothese, auch wenn sie mikroelektronisch gesteuert ist, in diesem Fall unmittelbar an der Behinderung, nämlich dem Verlust des Körpergliedes, an.
Auch unter Berücksichtigung des historischen Ursprunges der Unterscheidung zwischen mittelbaren und unmittelbaren Behinderungsausgleich wird das gefundene Ergebnis bestätigt. Der Unterscheidung lag nämlich die Erwägung zu Grunde, dass sich der direkte Funktionsausgleich in allen Lebensbereichen auswirkt und damit ohne weiteres auch Grundbedürfnisse betroffen sind, während bei einem mittelbaren Ausgleich besonders geprüft werden muss, in welchem Lebensbereich er sich auswirkt (
vgl. vgl. BSG, Urteil vom 06.06.2002, Az. B 3 KR 68/01 R, juris,
Rdnr. 13, C-Leg). In diesem Zusammenhang ist festzustellen, dass der Hersteller selber davon ausgeht, dass auch bei vollständiger Beherrschung des Umgangs mit dem streitgegenständlichen Exoskelett der Rollstuhl das primäre Fortbewegungsmittel bleiben wird. Ersetzt ein Hilfsmittel nicht die beeinträchtigte Funktion, sondern kompensiert nur teilweise dessen ausgefallene Funktionen, so handelt es sich um ein Hilfsmittel des mittelbaren Behinderungsausgleiches (
vgl. BSG, Urteil vom 03.11.1999, Az.
B 3 KR 3/99 R, juris,
Rdnr. 13, Mikroportanlage I;
BSG, Beschluss vom 04.08.2011, Az. B 3 KR 7/11 B, juris,
Rdnr. 6, Mikroportanlage II;
BSG, Urteil vom 17.12.2009, Az.
B 3 KR 20/08 R, juris ,
Rdnr. 21, Hörgerät). Genau dies ist vorliegend der Fall. Bleibt der Rollstuhl in jedem Fall das primäre Fortbewegungsmittel, so kompensiert das streitgegenständliche Hilfsmittel nur teilweise die ausgefallenen Leistungsfunktionen.
II.2. Dagegen kann das streitgegenständliche Hilfsmittel im Bereich des mittelbaren Behinderungsausgleiches insbesondere zur Befriedigung des Grundbedürfnisses "Gehen" zur Anwendung kommen.
Das Exoskelett ReWalk ist objektiv zum mittelbaren Behinderungsausgleich geeignet. Ein Hilfsmittel zum mittelbaren Behinderungsausgleich ist von der Gesetzlichen Krankenversicherung dann zu gewähren, wenn es die Auswirkungen der Behinderung im gesamten täglichen Leben beseitigt oder mildert und damit ein allgemeines Grundbedürfnis des täglichen Lebens betrifft. Nach ständiger Rechtsprechung gehören zu den allgemeinen Grundbedürfnissen des täglichen Lebens das Gehen, Stehen, Sitzen, Liegen, Greifen, Sehen, Hören, Nahrung aufnehmen, Ausscheiden, die elementare Körperpflege, das selbständige Wohnen sowie die Erschließung eines gewissen körperlichen und geistigen Freiraumes (
vgl. etwa
BSG, Urteil vom 25.02.2015, Az. B 3 KR 13/13 R, juris,
Rdnr. 21, Autoschwenksitz;
BSG, Urteil vom 10.03.2011, Az. B 3 KR 9/10 R, juris,
Rdnr. 13, Barcodelesegerät, jeweils mit
m.w.N.).
Das streitgegenständliche Hilfsmittel ist zwar vorliegend nicht zum "Erschließen eines gewissen körperlichen Freiraumes" erforderlich. Zur Erschließung des körperlichen Freiraumes gehört insbesondere die Fähigkeit, sich in der eigenen Wohnung zu bewegen und sie zu verlassen, um bei einem kurzen Spaziergang "an die frische Luft zu kommen" oder um die üblicherweise im Nahbereich der Wohnung liegenden Stellen zu erreichen, an denen Alltagsgeschäfte zu erledigen sind (Versorgungswege, z. B ... Supermarkt, Arzt, Apotheke, Geldinstitut, Post), nicht aber die Bewegung außerhalb dieses Nahbereiches. Der Kläger kann sich den körperlichen Freiraum mit Hilfe des Aktivrollstuhls erschließen. Das Exoskelett ist damit zur Befriedigung des Grundbedürfnisses der Erschließung des körperlichen Freiraums nicht erforderlich.
Anders als der Rollstuhl kann das Exoskelett jedoch das Grundbedürfnis "Gehen" befriedigen. Dieses Grundbedürfnis wird in ständiger Rechtsprechung neben dem Grundbedürfnis der Erschließung des körperlichen Freiraums genannt und ist nicht mit diesem gleichbedeutend. Die aufrechte Fortbewegung entspricht der natürlichen Fortbewegung und unterscheidet sich erheblich von der sitzenden Fortbewegung im Rollstuhl. Die gesamten physiologischen Abläufe des Körpers einschließlich Bewegungsapparat, Kreislauf, Organfunktionen sind auf eine aufrechte Fortbewegung ausgelegt und nicht auf eine sitzende. Es ist allgemein bekannt, dass sich bereits bei einem Menschen mit uneingeschränkter Gehfähigkeit eine überwiegend sitzende Tätigkeit oder Lebensweise negativ auf Gesundheit und Psyche wirkt. Es liegt weiter auf der Hand, dass eine ausschließlich sitzende Lebensweise und Fortbewegung sich negativ auf den Bewegungsapparat, den Kreislauf und die weiteren physiologischen Vorgänge im Körper auswirkt. Auch die Umwelt ist auf eine aufrechte Fortbewegung ausgelegt. Zwar werden öffentlich zugängliche Wege und Gebäude immer mehr den Bedürfnissen von Rollstuhlfahrern angepasst, um ihnen die Fortbewegung zu ermöglichen. Im Übrigen ist die Umwelt jedoch auf eine aufrechte Fortbewegung und Kommunikation ausgelegt. Zum Beispiel werden in Ausstellungen und Museen Bilder und Ausstellungsstücke eher auf Stehende und Gehende angepasst als auf Rollstuhlfahrer. Gleiches gilt für Tresen, Verkaufstheken und Schalter, bei denen die Person jenseits des Tresens, der Theke oder des Schalters auf den Rollstuhlfahrer herabschaut, um mit diesem zu kommunizieren.
Für die Kammer besteht aus diesen Gründen kein Zweifel daran, dass die gehende Fortbewegung ein eigenständiges Grundbedürfnis ist, das nicht mit der zur Verfügungstellung eines Rollstuhls befriedigt wird. Allerdings muss das Hilfsmittel geeignet sein, das Grundbedürfnis des Gehens tatsächlich zu befriedigen. Dies bedeutet, dass der Nutzer in die Lage versetzt wird, die Vorteile der gehenden Fortbewegung annähernd so wahrnehmen zu können, wie ein Versicherter mit Gehfähigkeit. Nach Ansicht der Kammer reicht es hierfür nicht aus, wenn der Versicherte mit dem Hilfsmittel wenige Schritte bewältigen kann. Das Hilfsmittel muss es dem Nutzer vielmehr ermöglichen, relevante Strecken im Nahbereich zurückzulegen. Die Anforderungen an eine relevante Strecke dürfen dabei nicht überspannt werden, da der mittelbare Behinderungsausgleich gerade nicht auf ein vollständiges Aufschließen mit Versicherten ohne Behinderungen gerichtet ist. Allerdings muss das Hilfsmittel wesentliche Gebrauchsvorteile im Alltag bieten und die Auswirkungen der Behinderung im gesamten täglichen Leben mildern (
vgl. BSG, Urteil vom 07.10.2010, Az.
B 3 KR 5/10 R, juris,
Rdnr. 13, Therapiedreirad;
BSG, Urteil vom 25.06.2009, Az.
B 3 KR 4/08 R, juris,
Rdnr. 16,
GPS-System). Diese Voraussetzung ist bei einem Hilfsmittel, das das Gehen ersetzt, nach Ansicht der Kammer erfüllt, wenn das Hilfsmittel nicht nur in der eigenen Häuslichkeit, sondern auch in anderen Gebäuden und im Außenbereich genutzt werden kann. Ein kurzer Spaziergang und kleinere Besorgungen in der näheren Umgebung müssen möglich sein. Ferner muss das Hilfsmittel mittelfristig ohne fortlaufende körperliche Unterstützung genutzt werden können. Solange der Nutzer auf Dauer darauf angewiesen ist, dass eine weitere Person unmittelbar hinter ihm herläuft, um das Hilfsmittel abzustützen oder einen Sturz abzufangen, kann nicht von einem wesentlichen Gebrauchsvorteil im gesamten Alltag ausgegangen werden, weil im Alltag nicht regelmäßig eine qualifizierte Person zur Verfügung steht, die den Versicherten auf Schritt und Tritt begleitet. Dass der Nutzer
ggf. beim Anlegen des Hilfsmittels ein wenig Hilfe benötigt, schadet nach Auffassung der Kammer dagegen nicht. Das Grundbedürfnis des Gehens selber wird trotz Hilfe beim Anlegen nicht beeinträchtigt. Auch Rollstuhlfahrer benötigen häufig Hilfe bei Transfers in ein (anderes) Hilfsmittel, ohne dass die Geeignetheit des Hilfsmittel, etwa eines Elektrorollstuhls, in Abrede gestellt wird.
Das streitgegenständliche Exoskelett ist objektiv geeignet, querschnittsgelähmten Nutzern die genannten Strecken zu ermöglichen. Nach Herstellerangabe ermöglicht das Exoskelett ReWalk eine Schrittgeschwindigkeit mit bis zu 2,6
km/h. Die von der Klägerseite vorgelegte Metaanalyse kommt zu dem Ergebnis, dass nach einem mehrwöchigen Trainingsprogramm, 76 % der Patienten in der Lage waren, ohne persönliche Assistenz zu gehen. Die Patienten waren durchschnittlich in der Lage, 98 Meter in sechs Minuten zu gehen, wobei die Probanden angaben, dass sie eine Anstrengung verspürten, die mit der eines normal ohne Hilfsmittel Gehenden vergleichbar ist. Die Ergebnisse des Sechs-Minuten-Lauftestes lassen darauf schließen, dass eine längere Wegstrecke erreichbar ist, zumal sich die Wegstrecke annehmbar auch durch den zunehmenden Gebrauch verlängern wird. Nach nachvollziehbaren Herstellerangaben ist auch mittelfristig eine selbständige Nutzung ohne stützende und sichernde Begleitperson grundsätzlich möglich. Anders als von dem MDK-Gutachter
Dr. med. Stark angenommen, ist es mit dem Exoskelett "ReWalk Personal 6.0" durch Einstellungen in der "Bordelektronik" möglich, Höhenunterschiede in Form von Schwellen und Bordsteinkanten und selbst Treppenstufen zu überwinden. Die entsprechenden Einstellungen können auch unterwegs durch den Signalgeber am Handgelenk jeweils angepasst werden. Auch leichte Anstiege und Gefälle können bewältigt werden. Ein Einsatz im Außenbereich im Umkreis der Häuslichkeit der Versicherten ist grundsätzlich möglich. Dagegen muss eine Fortbewegung auf schwierigen Untergründen, im unwegsamen Gelände und steile An- und Abstiege nicht bewältigt werden können. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts kommt es bei der Hilfsmittelgewährung nicht auf die konkreten Wohnverhältnisse des Versicherten, sondern auf einen abstrakten, von den Gegebenheiten des jeweiligen Wohnorts unabhängigen Maßstab an (
vgl. z. B ...
BSG, Urteil vom 16.07.2014, Az. B 3 KR 1/14 R, juris,
Rdnr. 30,
m.w.N., Scalamobil). Dies bedeutet, dass es auf eine durchschnittliche Wohnumgebung ankommt, die gerade nicht durch schwierige Untergründe, unwegsames Gelände und steile An- und Abstiege geprägt ist.
Nach Einschätzung der Kammer ist damit das streitgegenständliche Hilfsmittel objektiv geeignet, das Grundbedürfnis des Gehens im Alltag zu befriedigen. Dass der querschnittsgelähmte Nutzer neben dem streitgegenständlichen Hilfsmittel, insbesondere auch für längere Strecken, auf den Rollstuhl angewiesen ist, ändert an dem gefundenen Ergebnis nichts, da der Rollstuhl das Grundbedürfnis des aufrechten Gehens nicht befriedigen kann.
Soweit die Beklagte die Ansicht vertritt, dass die Gebrauchsvorteile und das Nichtvorhandensein eventueller Risiken nur aufgrund aussagekräftiger evidenzbasierter klinischer Studien nachgewiesen werden kann, so entspricht dies nicht der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts im Hinblick auf Hilfsmittel des Behinderungsausgleichs. Das Bundessozialgericht hat entschieden, dass für Hilfsmittel, die auf den Behinderungsausgleich gerichtet sind, nicht der gleiche Beweismaßstab gilt, wie derjenige, der bei der Beurteilung der Wirksamkeit von Untersuchungs- und Behandlungsmethoden sowie von Arzneimitteln anzuwenden ist (
vgl. BSG, Urteil vom 16.09.2004, Az. B 3 KR 20/04 R, juris,
Rdnr. 15, C-Leg). Dagegen hat das Bundessozialgericht entschieden, dass Hilfsmittel mit einer CE-Kennzeichnung grundsätzlich geeignet sind, den medizinischen Zweck zu erfüllen, die sie nach den Angaben des Herstellers besitzen sollen und dass sie die erforderliche Qualität besitzen, die notwendig ist, um die Sicherheit seiner Benutzer zu gewährleisten. Mit der CE-Kennzeichnung ist das Hilfsmittel im Sinne der Produktsicherheit und Zwecktauglichkeit auch im krankenversicherungsrechtlichen Sinne funktionstauglich, ohne dass dies von den Krankenkassen oder Gerichten noch eigenhändig zu prüfen wäre; der CE-Kennzeichnung kommt insoweit eine Tatbestandswirkung zu (
BSG, a.a.O.,
Rdnr. 16). Nur, wenn es sich um ein Hilfsmittel handelt, welches diagnostischen oder therapeutischen Zwecken im engeren Sinne dient, wird gemäß § 139
Abs. 2
SGB V ein Nachweis des therapeutischen Nutzens verlangt (
BSG, a.a.O.,
Rdnr. 18). Im Übrigen hat die Beklagte ihre Einwendungen im Hinblick auf die fehlende Nachhaltigkeit und bestehende Risiken weder vorgerichtlich noch im Klageverfahren substantiiert. Dagegen wurde von den Ärzten des MDK in ihren Gutachten vom 25.02.2016 und 25.04.2016 die objektive Funktionstauglichkeit des Hilfsmittels nicht in Zweifel gezogen. In dem Gutachten vom 25.02.2016 geht der Gutachter
Dr. med. Stark ausdrücklich davon aus, dass "ein Exoskelett zur Befriedigung des Grundbedürfnisses Gehen geeignet sein kann". Auch die Gutachterin
Dr. med. H. hält eine Fortbewegung auf zwei Beinen mit dem streitgegenständlichen Mittel grundsätzlich für möglich und hat damit die objektive Eignung nicht ausgeschlossen.
Die Tatsache, dass das streitgegenständliche Hilfsmittel nicht im Hilfsmittelverzeichnis gelistet ist, schließt die Versorgung mit diesem Hilfsmittel nicht aus. Das Hilfsmittelverzeichnis ist für den Anspruch der Versicherten nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts nicht verbindlich (
vgl. BSG, Urteil vom 08.07.2015, Az.
B 3 KR 6/14 R, juris,
Rdnr. 16,
m.w.N., CGM).
Insgesamt hält die Kammer das streitgegenständliche Hilfsmittel objektiv für geeignet, im Rahmen des mittelbaren Behinderungsausgleichs das Grundbedürfnis des Gehens zu befriedigen.
III. Dass das streitgegenständliche Hilfsmittel grundsätzlich objektiv geeignet ist das Grundbedürfnis des Gehens zu befriedigen, reicht jedoch nicht aus, um den Anspruch des Klägers auf Versorgung mit diesem Hilfsmittel im konkreten Einzelfall zu begründen. Im Rahmen der Hilfsmittelgewährung muss jeweils im Einzelfall geprüft werden, ob der Versicherte in der Lage ist, das Hilfsmittel so einzusetzen, dass er durch seine Verwendung auch die oben genannten Gebrauchsvorteile im Alltag nutzen kann.
Die entsprechende Nutzung des streitgegenständlichen Hilfsmittels durch den Kläger kann auch nicht von vorneherein ausgeschlossen werden. Die behandelnde Ärztin und Leiterin der Querschnittsambulanz
Dr. med. Anders hat in dem Formular "Exoskelett Gangtraining - Ärztliche Freigabe" alle für ein solches Gangtraining genannten Einschlusskriterien bejaht und etwaige Ausschlusskriterien verneint. Darüber hinaus hat der Kläger bereits im Rahmen der allerersten Probestellung gezeigt, dass die Nutzung des Hilfsmittels durch ihn grundsätzlich möglich erscheint. Dass im Rahmen einer Schnupperstunde nicht mehr als allererste Schritte mit Unterstützung erreicht werden können, liegt auf der Hand, setzt doch die selbständige Nutzung des Hilfsmittels insgesamt eine achtwöchige Erprobungsphase mit intensiver physiotherapeutischer Anleitung voraus. Darüber hinaus hat der Kläger während einer zweiten Probestellung nach einem Jahr gezeigt, dass er eine deutlich längere Strecke, wenn auch mit Unterstützung, bewältigen konnte, als beim ersten Mal. Bereits dieser Fortschritt lässt darauf schließen, dass er grundsätzlich die Voraussetzungen mitbringt, das selbständige Gehen über relevante Strecken zu erlernen. Ferner hat er in den vergangenen Jahren gezeigt, dass er diszipliniert und regelmäßig einer körperlichen und sportlichen Betätigung nachgeht. Die Kammer hat in der mündlichen Verhandlung darüber hinaus den Eindruck gewonnen, dass der Kläger als sportlich sehr aktive Person seine eigene Leistungsfähigkeit und körperlichen Voraussetzungen sehr realistisch einschätzen kann. Er selber geht davon aus, dass er das streitgegenständliche Hilfsmittel an Arbeitstagen werktags eine bis eineinhalb Stunden und an freien Tagen mehrere Stunden nutzen wird können. Dies scheint angesichts der von dem Kläger mitgebrachten und durch die behandelnde Ärztin dokumentierten körperlichen Voraussetzungen nicht ausgeschlossen. Die Beurteilung der Frage, ob der Kläger tatsächlich in der Lage sein wird, das Hilfsmittel in dem begehrten Umfang zu nutzen, kann jedoch erst nach Absolvierung eines entsprechenden Probetrainings erfolgen. Bereits die Herstellerfirma geht davon aus, dass eine abschließende Beurteilung erst nach einem entsprechenden Probetraining möglich ist.
Das Gericht hält eine weitere Sachaufklärung für erforderlich und hat den Rechtsstreit gemäß § 131
Abs. 5 Satz 1
i. V. m. Satz 2
SGG zur weiteren Sachaufklärung an die Beklagte zurückverwiesen. Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art und Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist, § 131
Abs. 5 Satz 1
SGG. Gem. § 131
Abs. 5 Satz 2 gilt die vorgenannte Vorschrift auch bei Leistungsklagen. Eine Entscheidung nach Satz 1
bzw. Satz 2 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen, § 131
Abs. 5 Satz 5
SGG.
Die genannten Voraussetzungen für eine Zurückverweisung an die Beklagte liegen vor. Insbesondere hält das Gericht, wie bereits ausgeführt, eine weitere Sachaufklärung für erforderlich. Die Beurteilung, ob der Kläger das streitgegenständliche Hilfsmittel in einer Art und Weise nutzen kann, dass es geeignet ist, das Grundbedürfnis des Gehens zu befriedigen, kann erst nach einer mehrwöchigen Erprobung des Hilfsmittels erfolgen. Regelmäßig ist hier nach Angabe des Herstellers eine achtwöchige ambulante Erprobung oder eine stationäre Erprobung in einer zertifizierten Klinik erforderlich. Erst im Anschluss kann eine abschließende gutachterliche Beurteilung erfolgen.
Bei der Erprobung des Hilfsmittels handelt es sich auch nicht um eine vorweggenommene Leistungsbewilligung
i.S.v. § 33
Abs. 1 Satz 1
SGB V. Bei der Erprobung eines Hilfsmittels zum Zwecke der Feststellung seiner Eignung für den Versicherten handelt es sich um Sachaufklärung und nicht um eine vorweggenommene Gewährung des Hilfsmittels. Letztere setzt voraus, dass es sich um ein geeignetes und erforderliches Hilfsmittel handelt, was jedoch durch die Erprobung gerade erst herausgefunden werden soll. Die Erprobung des Hilfsmittels zum Zwecke der Feststellung seiner Eignung, findet seine Rechtsgrundlage auch nicht in § 33
Abs. 4
SGB V. Danach umfasst der Anspruch auf Hilfsmittelversorgung auch die Ausbildung in ihrem Gebrauch. Aber auch diese Anspruchsgrundlage setzt voraus, dass ein Anspruch nach § 33
Abs. 1 Satz 1
SGB V auf Gewährung des Hilfsmittels besteht, was jedoch zum Zeitpunkt der Erprobung noch weiterer Aufklärung bedarf.
Die erforderlichen Ermittlungen sind auch erheblich
i.S.v. § 131
Abs. 5 Satz 1
SGG. Die Erheblichkeit kann sich aus Zeitdauer, Umfang und der personellen Möglichkeiten des Gerichts ergeben (
vgl. Keller: in Meyer-Ladewig/Keller/Leiterer, § 131
SGG,
Rdnr. 19). Eine achtwöchige Erprobung mit anschließender Begutachtung durch Ärzte des MDK ist sowohl von der Zeitdauer als auch von ihrem Umfang als erheblich anzusehen.
Die Aufhebung ist auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich
i.S.v. § 131
Abs. 1 Satz 1
SGG. Sachdienlichkeit liegt in der Regel dann vor, wenn der Beklagte nach seiner personellen und sachlichen Ausstattung die Ermittlungen besser durchführen kann als das Gericht und es auch unter übergeordneten Gesichtspunkten vernünftiger und sachdienlicher ist, diesen tätig werden zu lassen. Vorausgesetzt wird in der Regel ein gravierendes Ermittlungsdefizit, etwa wenn die Verwaltung insgesamt oder zu einem wesentlichen Streitpunkt überhaupt keine eigene Sachverhaltsermittlung durchgeführt hat (
vgl. Keller, a.a.O.,
Rdnr. 19a). Diese Voraussetzungen sind vorliegend gegeben. Die Beklagte selber ging in ihrem Widerspruchsbescheid zwar zutreffend davon aus, dass vorliegend der mittelbare Behinderungsausgleich betroffen ist. Unzutreffend nahm sie jedoch an, dass das Grundbedürfnis des Gehens durch die Versorgung mit einem Aktivrollstuhl und einem Freistehbarren befriedigt wird. Hiermit könne der Kläger seine "allgemeinen Grundbedürfnisse Gehen, Stehen und Erschließen eines gewissen körperlichen und geistigen Freiraumes erfüllen". Die Beklagte hätte erkennen müssen, dass die Hilfsmittel Rollstuhl und Freistehbarren das durch die Rechtsprechung anerkannte Grundbedürfnis Gehen gerade nicht erfüllen. Sie hätte sich daher zu weiteren Ermittlungen, ob das Grundbedürfnis des Gehens durch das Exoskelett befriedigt werden kann, gedrängt fühlen müssen. Dabei durfte sie sich nicht, wie in ihrem Widerspruchsbescheid geschehen, allein auf die Ausführungen des nach Aktenlage erstellten Gutachtens des MDK vom 25.02.2016 stützen. Der Gutachter
Dr. med. Stark stützte sein Gutachtenergebnis im Wesentlichen auf die ihm zur Verfügung gestellte Video-Dokumentation ("Die Video-Dokumentation zeigt, dass der Versicherte das ReWalk nicht adäquat nutzen kann und auch keine Vorteile bezüglich Selbständigkeit erkennbar sind; im Gegenteil: Es ist immer eine Hilfsperson notwendig."). Es lag auf der Hand, dass die Beurteilung auf der Grundlage einer Video-Dokumentation über eine allererste Probestellung nicht ausreichend ist, um die Geeignetheit des Hilfsmittels zu beurteilen. Dies gilt umso mehr, als dem Antragsschreiben eine ausführliche Erklärung des Herstellers beigefügt war, in dem dieser insbesondere auf die Erforderlichkeit einer mehrwöchigen Probestellung zur Beurteilung der Geeignetheit des Hilfsmittels hinweist. Darüber hinaus hat der Versicherte mehrfach im Widerspruchsverfahren darauf hingewiesen, dass die Beurteilung nicht allein aufgrund einer allerersten Probestellung, die zudem als "Schnupperstunde" gedacht war, erfolgen kann. Darüber hinaus hat die Gutachterin
Dr. med. H. nach einer persönlichen Begutachtung des Klägers in ihrem Gutachten vom 25.04.2016 eine adäquate Nutzung des Hilfsmittels durch den Kläger für möglich gehalten und eine sozialmedizinische Begutachtung durch den MDK nach einer intensiven mehrwöchigen Erprobung angeregt. Gleichwohl hat die Beklagte das auf unzureichender Tatsachengrundlage erstellte erste Gutachten des MDK ihrer Beurteilung der Geeignetheit des Hilfsmittels zu Grunde gelegt. Sachdienlichkeit
i.S.v. § 131
Abs. 5 Satz 1
SGB V ist auch vor dem Hintergrund zu bejahen, dass die Beklagte mehr Möglichkeiten hat, die Erprobung im Falle des Klägers und zu erwartender weiterer Erprobungen anderer Versicherter auszugestalten. Sie kann u.a. mit dem Hilfsmittelerbringer und dem Hilfsmittellieferanten über Konditionen für weitere Erprobungen verhandeln und
ggf. erwägen, ein Exoskelett für weitere Erprobungen anzuschaffen, um langfristig Mietkosten zu ersparen. Sie kann ferner darüber entscheiden, ob die Erprobung ambulant oder stationär erfolgen soll. So verfügen einige Krankenhäuser bereits über ein Exoskelett (z. B ... Schön Klinik, Bad Aibling, Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Tübingen, BDH-Klinik Greifswald). Ferner kann sie auch die Erprobung zunächst zeitlich befristen um nach ein paar Wochen eine (Zwischen-) Begutachtung durch den MDK über die Frage der Erfolgsaussicht einer weiterer Erprobung zu veranlassen. Schließlich ist zu berücksichtigen, dass eine entsprechende Probestellung zur Feststellung der Geeignetheit des Hilfsmittels
ggf. den Anspruch gemäß § 33
Abs. 1 Satz 4
SGB V zumindest teilweise erfüllt, sollte sich das Hilfsmittel als geeignet herausstellen.
Der Kläger hat keinen Nachteil durch die Zurückverweisung. Es ist vielmehr anzunehmen, dass eine Begutachtung durch den MDK nach erfolgter Probestellung durch den MDK zügiger erfolgen kann als im gerichtlichen Verfahrens. Darüber hinaus hat er selber im Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren darauf hingewiesen, dass erst eine mehrwöchige Erprobung eine geeignete Entscheidungsgrundlage darstellt. Es ist auch zu erwarten, dass der Kläger durch Ermittlungen der Beklagten schneller mit einem Ermittlungsergebnis und einer Entscheidung rechnen kann, als im gerichtlichen Verfahren.
Unter Berücksichtigung aller genannten Umstände ist die Zurückverweisung zur weiteren Sachaufklärung an die Beklagte unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich
i.S.v. § 131
Abs. 5 Satz 1
SGG. Bei ihrer weiteren Ermittlung und Entscheidung wird die Beklagte die Rechtsauffassung des Gerichts zu berücksichtigen haben.
Die Verwaltungsakte der Beklagten ist am 14.12.2016 bei Gericht eingegangen, so dass die Frist nach § 131
Abs. 5 Satz 5
SGG gewahrt ist. Soweit in § 131
Abs. 5 Satz 1
SGG dem Gericht eine Entscheidungsbefugnis im Hinblick auf die Entscheidung eingeräumt wird ("kann"), handelt es sich um eine Befugnis des Gerichts, nicht um ein nachprüfbares Ermessen (
vgl. Keller, a.a.O.,
Rdnr. 18b).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193
SGG.