Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist zulässig aber unbegründet. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf eigenanteilsfreie Versorgung mit Orthesenschuhen. Die beklagte Krankenkasse kann einen Eigenanteil in Abzug bringen, weil Orthesenschuhe nicht nur dem Ausgleich einer körperlichen Behinderung sondern zugleich der Bekleidung dienen.
Als Anspruchsgrundlage kommt allein
§ 13 Abs. 3, 2. Alt. Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) in Betracht. Danach hat die Krankenkasse, wenn sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und dadurch dem Versicherten Kosten für eine selbst beschaffte Leistung entstanden sind, die Kosten in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor, da die Ablehnung der Leistung in Höhe des Eigenanteils nicht zu unrecht erfolgte. Der Kläger hatte zwar einen Primäranspruch auf Versorgung mit den Orthesenschuhen als Sachleistung der gesetzlichen Krankenversicherung auf Grundlage des
§ 33 Abs. 1 S. 1 SGB V, er muss sich aber den allgemeinen Gebrauchsvorteil anrechnen lassen, da Schuhe auch von Gesunden erworben werden. Sobald ein Hilfsmittel einen Gebrauchsgegenstand darstellt, ist eine wirtschaftliche Trennung vorzunehmen und dem Versicherten ein entsprechender Eigenanteil an den Kosten der Versorgung aufzuerlegen (
BSG, Urteil vom 28. September 1976,
3 RK 9/76). Dem doppelten Nutzungszweck - als Hilfsmittel einerseits und als Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens andererseits - ist dadurch Rechnung zu tragen, dass der wirtschaftliche Wert als allgemeiner Gebrauchsgegenstand nicht von der Versichertengemeinschaft, sondern vom Versicherten selbst getragen wird. Der Versicherte soll nicht aufgrund seiner Behinderung von solchen Aufwendungen entlastet werden, die jedermann zur Bestreitung seines Lebensbedarfs aufbringen muss. Er hat deshalb einen angemessenen Eigenanteil zu tragen, der dem Wert des durch das Hilfsmittel ersetzten allgemeinen Gebrauchsgegenstandes entspricht. (SG Dresden, Urt. v. 28.07.2005 -
S 18 KR 398/02). Dieser Leistungsausschluss trägt dem Gedanken der Eigenverantwortung in der gesetzlichen Krankenversicherung und der Kausalität zwischen Funktionsverlust und Hilfsmittel Rechnung. Die Verbindung von Kleidungsstück und Hilfsmittel ist hier nur aus technischen Gründen notwendig. Die fehlende reale Trennbarkeit ist kein Hindernis, Orthesenschuhe als Hilfsmittel und als Bekleidungsstück wirtschaftlich zu unterscheiden (
vgl. BSG, Urteil vom 28. September 1976,
3 RK 9/76).
Daher muss der Kläger für die Kosten von Normalschuhen selber aufkommen. Dies gilt auch, wenn der Kläger infolge seines Gehfehlers häufiger Schuhe benötigt, als ein Gesunder. Denn zu dem durch die Krankenversicherung nicht erfassten Lebensbereich gehören auch etwaige Mehrausgaben für allgemeine Gebrauchsgüter, die infolge Krankheit oder Behinderung erforderlich werden. Solche Mehrausgaben sind, wenn sie nicht der Eigenverantwortung überlassen sind, allenfalls von anderen Leistungsträgern zu übernehmen. (
BSG, Urteil vom 28. September 1976, 3 RK 9/76)
Die Höhe des Eigenanteils hat sich am üblichen Preis für Gebrauchsgegenstände in nicht speziell auf die Bedürfnisse Behinderter zugeschnittener Ausführung zu bemessen (SG Dresden, Urt. v. 28.07.2005 -
S 18 KR 398/02). Wenn die Beklagte entsprechend der gemeinsamen Empfehlung der Spitzenverbände zu den Eigenanteils-
bzw. Zuschussregelungen bei der Versorgung mit Hilfsmittel bei orthopädischen Straßenschuhen für Kinder einen Eigenanteil von 45,-
EUR in Abzug bringt, dann ist dies nach Auffassung des Gerichtes angemessen und nicht zu beanstanden. Die Höhe entspricht - wie gerichtsbekannt ist - den Kosten von Kinderschuhen, sie liegt eher am unteren Rand der üblichen Kosten.
Ein Anspruch des Klägers auf vollständige Übernahme der ihm zur Verfügung gestellten orthopädischen Schuhe gegen die Beklagte ergibt sich auch nicht aus
§ 14 Abs. 2 S. 1, Abs. 1 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) i.V.m. den Vorschriften des Sozialgesetzbuches Zwölftes Buch (
SGB XII) oder des Sozialgesetzbuches Zweites Buch (
SGB II). Die Beklagte hat in diesem Zusammenhang zutreffend daraufhingewiesen, dass sie der für die beantragte Leistung, nämlich die Versorgung mit orthopädischen Schuhen zuständige Rehabilitationsträger ist und deswegen auch keine Veranlassung bestand, den Leistungsantrag an den Sozialhilfeträger weiterzuleiten. Bei einer teilweisen Ablehnung (hier durch Abzug des Eigenanteils) ist der Antrag auch nicht im Übrigen weiterzuleiten, wenn der Leistungsträger grundsätzlich zuständig ist. Vielmehr wäre es Sache des Klägers gewesen, sich wegen der Übernahme der Eigenanteilkosten an den zuständigen Sozialhilfeträger oder SGB II-Träger zu wenden.
Selbst wenn man davon ausgehen würde, dass mangels erforderlicher Weiterleitung durch die Beklagte nach
§ 14 SGB IX an den zuständigen Reha-Träger die Beklagte selbst über einen Mehrbedarf im Rahmen des SGB zu entscheiden gehabt hätte, so wäre die ablehnende Entscheidung im Ergebnis richtig gewesen, weil Schuhe - und somit auch der hier in Streit stehende Eigenanteil - vom Regelbedarf umfasst sind (
vgl. Bayerisches
LSG, Beschl. v. 19.06.2006 - Az.
L 11 B 358/06 SO ER;
LSG Sachsen, Beschl. v. 28.05.2009; Az. L 7 B 743/08 AS-NZB; SG Duisburg, Urt. v. 18.02.2010 - Az. S 41 (31) AS 69/09). Ein Mehrbedarf besteht nicht, da der aufzubringende Eigenanteil für die Versorgung mit orthopädischen Schuhen, in Höhe von 45
EUR dem Betrag entspricht, der regelmäßig für die Anschaffung von Straßenschuhen aufzuwenden ist. Ein besonders häufiger Bedarf ist nicht substantiiert worden. Zu berücksichtigen wäre hierbei, dass bei stetigem Wachstum von Kindern im Alter von vier Jahren auch bei gesunden Kindern in recht kurzen Intervallen neue Schuhe anzuschaffen sind. Ein solcher Wachstums- und Verschleißbedingter Bedarf ist vom Regelsatz umfasst. Leistungen können mangels atypischer Bedarfslage auch weder nach der Härtefallregelung des
BVerfG (
vgl. BVerfG vom 9.2.2010 - 1 BvL 1/09 ua = BVerfGE 125, 175) noch
gem. § 23 Abs 1 SGB 2 oder
gem. § 73 SGB 12 erbracht werden (SG Duisburg, Urt. v. 18.02.2010 - Az. S 41 (31) AS 69/09). Einen Antrag auf darlehensweise Gewährung
gem. § 23
Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zweites Buch (
SGB II) hat der Kläger nicht gestellt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (
SGG).