Die Kammer konnte den Rechtsstreit ohne mündliche Verhandlung nach § 124
Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) entscheiden, da die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis gegeben haben.
Die zulässige Klage ist nicht begründet.
Die Klägerin ist durch den angefochtenen Bescheid vom 10.10.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.03.2013 nicht beschwert im Sinne des § 54
Abs. 2 Satz 1
SGG, denn der Bescheid ist rechtmäßig. Die Klägerin kann von der Beklagten keine Erstattung der Kosten für die Kopforthese verlangen. Ein Anspruch auf Versorgung mit dieser Therapie bestand nämlich nicht.
Das vom Sachleistungsprinzip geprägte System der gesetzlichen Krankenversicherung erlaubt eine Kostenerstattung nur in den vom Gesetz vorgesehenen Fällen. Als Anspruchsgrundlage für einen Kostenerstattungsanspruch kommt nur
§ 13 Abs. 3 Satz 1 Sozialgesetzbuch, Fünftes Buch (SGB V) in Betracht. Danach gilt: Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch dem Versicherten durch die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. In diesen Fällen wandelt sich der Naturalleistungsanspruch des Versicherten in einen Kostenerstattungsanspruch
bzw. in einen Anspruch auf Freistellung von den Kosten um. Dabei geht der Kostenerstattungsanspruch nicht weiter als der zugrundeliegende Naturalleistungsanspruch. Er setzt voraus, dass die selbstbeschaffte Behandlung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (ständige Rechtsprechung,
z.B. BSG vom 07.11.2006, B 1 KR 24/06 R, BSGE 97, 190).
Eine unaufschiebbare Leistung im Sinne des § 13
Abs. 2 Satz 1, 1. Alt.
SGB V lag nicht vor. Auch wenn die Klägerin aufgrund des schnellen Wachstums des kindlichen Kopfes zeitnah an einer Entscheidung interessiert war, war noch ausreichend Zeit, die nötige Vorprüfung durch die Krankenkasse vornehmen zu lassen. Unaufschiebbarkeit im Sinne des § 13
Abs. 2 Satz 1
SGB V ist nämlich nur dann gegeben, wenn eine Leistungserbringung im Zeitpunkt ihrer tatsächlichen Durchführung so dringlich ist, dass aus medizinischer Sicht keine Möglichkeit eines nennenswerten zeitlichen Aufschubs für eine Entscheidung der Krankenkasse besteht (
vgl. BSG, SozR 3-2500, § 13
Nr. 22).
Eine solche Situation lag im Falle der Klägerin nicht vor. Auch wenn die Kopforthesenbehandlung zwischen dem 6. und 18. Lebensmonat des Kindes erfolgen soll, weil danach das Schädelwachstum abgeschlossen ist, ist nicht erkennbar, dass bei einer Verzögerung von einigen Wochen eine erfolgreiche Behandlung der Schädelasymmetrie mittels Kopforthese nicht mehr möglich gewesen wäre. Hierfür spricht auch der tatsächliche Sachverhalt, da die Eltern der Klägerin erst nach einer zweiten Messung im November 2012 die Kopforthese erhalten haben.
Auch die Voraussetzungen des § 13
Abs. 3 Satz 1 2. Alt.
SGB V sind nicht erfüllt. Die streitgegenständliche Helmtherapie gehört nämlich nicht zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung.
Nach
§ 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Kammer konnte zunächst offen lassen, ob die bei der Klägerin vorliegende Schädelasymmetrie Krankheitswert in diesem Sinne hat. Denn unabhängig davon unterliegt der Anspruch eines Versicherten auf Behandlung den sich aus
§ 2 Abs. 1 und
§ 12 Abs. 1 SGB V ergebenden Einschränkungen. Er erfasst daher nur solche Leistungen, die zweckmäßig und wirtschaftlich sind und deren Qualität und Wirksamkeit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen. Für den Fall neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung ist dies in
§ 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V geregelt. Eine solche Methode kann nur dann Eingang in die vertragsärztliche Versorgung finden, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) in Richtlinien nach
§ 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V eine positive Empfehlung über den diagnostischen und therapeutischen Nutzen der Methode abgegeben hat. Die Richtlinien bestimmen dabei, unter welchen Voraussetzungen die zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Leistungserbringer neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden zu Lasten der Krankenkasse erbringen und abrechnen können. Daneben wird verbindlich geregelt, welche Leistungen die Krankenkasse gegenüber dem Versicherten schuldet.
Die Behandlung mit einer Kopforthese stellt in diesem Sinne eine neue Behandlungsmethode dar. Eine Behandlungsmethode wird grundsätzlich definiert als eine bestimmte ärztliche
bzw. ärztlich verordnete, medizinische Vorgehensweise, der ein eigenes theoretisch-wissenschaftliches Konzept zugrundelegt, das diese Methode von anderen Therapieverfahren unterscheidet. Neu ist diese Methode dann, wenn sie zum Zeitpunkt der Leistungserbringung noch nicht als abrechnungsfähige ärztliche Leistung im einheitlichen Bewertungsmaßstab für Ärzte (EBM-Ä) enthalten ist (
BSG, Urteil vom 27.09.2005, B 1 KR 28/03 R, recherchiert bei www.juris.de). Die hier durchgeführte Helmtherapie hat unter Berücksichtigung dieser Voraussetzungen noch nicht Eingang in die ambulante Versorgung gefunden. Eine Abrechnungsziffer hierfür existiert nicht, ebenso wenig hat sich der Gemeinsame Bundesausschuss mit der Methode bereits befasst. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt liegt noch kein Antrag beim GBA vor.
Die Klägerin kann auch nicht mit dem Argument gehört werden, es handle sich nicht um eine Behandlungsmethode, sondern um die Versorgung mit einem Hilfsmittel.
§ 33 SGB V kommt nach Auffassung der Kammer nicht zur Anwendung. Danach haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Seh- und Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach
§ 34 SGB V ausgeschlossen sind. Das Tragen der Kopforthese erschöpft sich allerdings nicht in der Unterstützung einer beeinträchtigten oder ausgefallenen Körperfunktion wie dies bei Hilfsmitteln regelmäßig der Fall ist. Vielmehr wird hierdurch das Wachstum des kindlichen Kopfes in eine bestimmte Richtung gelenkt. Es erfolgen regelmäßige Betreuung und Nachmessungen, gerade um zu verhindern, dass der Helm zu eng wird. Damit dient die Therapie nicht dem Ausgleich eines körperlichen Defizits, sondern ist notwendiger Bestandteil der zugrundliegenden ärztlichen Behandlungsmethode, die dazu dienen soll, das Wachstum des kindlichen Kopfes zu beeinflussen.
Entgegen der Auffassung der Klägerin liegt auch kein Ausnahmefall vor, der es rechtfertigt, ohne eine Empfehlung des gemeinsamen Bundesausschusses eine Verpflichtung zur Versorgung mit der Therapiemethode der Krankenkasse zu befürworten. Eine grundrechtsorientierte Auslegung nach den Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts in seinem Beschluss vom 06.12.2005 (Az. 1 BvR 347/98, SozR 4 - 2500, § 27
Nr. 5) kann dann in Betracht kommen, wenn der GBA zu einer Methode noch keine Empfehlung abgegeben hat und das Anerkennungsverfahren trotz Anhaltspunkten für eine therapeutische Zweckmäßigkeit der Methode aus willkürlichen oder sachfremden Erwägungen heraus nicht oder nicht rechtzeitig durchgeführt wurde
bzw. eine Aktualisierung der Richtlinien unterblieben ist (
BSG, Urteil vom 07.11.2006, B 1 KR 24/06 R, SozR 4 - 2500, § 27
Nr. 12). Bislang hat sich der GBA mit dieser Methode mangels Antrags noch gar nicht befasst. Im Übrigen liegen auch keine Studien vor, die den Nutzen der Therapie belegen. Auch die hiermit verbundenen möglicherweise vorliegenden Risiken, die sich erst durch das Tragen des Helms ergeben, sind nicht geklärt. Ebenso wenig haben die wissenschaftlichen medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) oder andere wissenschaftliche Fachgesellschaften entsprechende Leitlinienempfehlungen veröffentlicht. Eine Systemlücke, die mithilfe grundrechtsorientierter Auslegung der Normen des
SGB V zu schließen wäre, liegt daher nicht vor.
Der Anspruch kann auch nicht aus § 2
Abs. 1a
SGB V abgeleitet werden. Danach können Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte den medizinischen Standards entsprechende Leistung zur Verfügung steht, auch eine von § 2
Abs. 1 Satz 3
SGB V abweichende Leistung beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Die zum 01.01.2012 in Kraft getretene Norm ist als Klarstellung unter Berücksichtigung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 06.12.2005 (a.a.O.) anzusehen. Abgesehen davon, dass im Falle der Klägerin der in der Norm umrissene Schweregrad der Erkrankung nicht erreicht ist, liegen auch die sonstigen Voraussetzungen - wie bereits ausgeführt - nicht vor. Eine Systemlücke, die mithilfe dieser Norm zu schließen wäre, ist im Falle der Klägerin nicht gegeben.
Die Klage war daher abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193
SGG.