I.
Streitig ist im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens, ob der Antragstellerin (Ast.) aus § 127
Abs. 2a Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (
SGB V) ein Recht auf Teilbeitritt zu einem Hilfsmittellieferungsvertrag gemäß
§ 127 Abs. 2 SGB V mit allen daraus erwachsenden Rechten und Pflichten zusteht.
Die Ast. ist im Bereich der Versorgung mit Hilfsmitteln, insbesondere mit Inkontinenzhilfsmitteln tätig. Der Geschäftsführer der Ast. ist in diesem Bereich bereits seit 20 Jahren tätig. Zunächst betätigte er sich als Inhaber der Firma Pflegemittelvertrieb F mit Sitz in der T-straße 00 in C. Im Jahr 1999 erfolgte die Umwandlung des Betriebes unter Beibehaltung des Firmensitzes in eine
GmbH. Bereits im Jahr 1991 erhielt der Geschäftsführer der Ast., seinerzeit noch als Inhaber des Pflegemittelvertriebes F, eine Zulassung gemäß § 126
SGB V a. F. durch den
AOK-Landesverband Rheinland, nach dem Zulassungsschreiben auch zugleich "namens und im Auftrage" des Antragsgegners (Ag). Im Jahre 2003 erhielt die Ast. in Fortschreibung der seit 1990 bestehenden Zulassung zudem die weitere Zulassung zur Abgabe von Hilfsmitteln vom Verband der Angestellten-Krankenkassen
e. V. (VdAK) und dem Arbeiterersatzkassenverband
e. V. (AEV). Das im Jahr 2002 durch den Ag eingeleitete Verfahren auf Überprüfung der Zulassung betrieb der Ag nicht weiter, nachdem die Ast. auf die im Jahr 1991 erteilte Zulassung durch den
AOK-Landesverband hingewiesen hatte. Die Ast. versorgte auch in der Folgezeit unbeanstandet auf Basis der ursprünglichen Zulassung aus dem Jahr 1991
u. a. Versicherte der Betriebskrankenkassen, die dem Ag zugehören. Mit Wirkung zum 01.01.2009 gewann sie eine Ausschreibung für einen Vertrag nach § 127
Abs. 1
SGB V, aufgrund dessen sie bis Ende 2010 Versicherte der Betriebskrankenkassen mit Wohnsitz in der ausgeschriebenen Losregion mit aufsaugenden Inkontinenzhilfen versorgte. An der durchgeführten Ausschreibung hatten sich 101 Betriebskrankenkassen, darunter auch solche, die in dem Ag verbandsmäßig organisiert sind, beteiligt. Wegen des bevorstehenden Wegfalls des Versorgungsvertrages nach § 127
Abs. 1
SGB V zum 31.12.2010 bemühte sich die Ast. um den Abschluss neuer Versorgungsverträge,
u. a. mit dem Ag. Zum dem ihr übersandten
o. g. Hilfsmittellieferungsvertrag erklärte die Ast. mit Schreiben vom 07.10.2010 gemäß § 127
Abs. 2a
SGB V ihren Beitritt mit Wirkung zum 01.01.2011, da der Vertrag aus ihrer Sicht akzeptable Bedingungen für die Versorgung von Versicherten mit Inkontinenzartikeln enthielt. Der Ag akzeptierte den erklärten Beitritt jedoch nicht (Schreiben vom 13.10.2010): Es fehle der Ast. bereits an der erforderlichen Eignung nach
§ 126 SGB V bzw. die Eignung sei nicht nachgewiesen. Der Beitritt könne aber auch aus anderen Gründen nicht akzeptiert werden. Im Gegensatz zu dem in dem
o. g. Hilfsmittellieferungsvertrag festgelegten Abrechnungsverfahren wolle die Ast. ein davon abweichendes einsetzen. Insbesondere aber sei der erklärte Teilbeitritt nicht möglich. Dieser führe dazu, dass die Ast. den Vertrag nicht zu den gleichen Bedingungen wie die anderen Vertragspartner erfüllen könne. Der Ag verblieb trotz wechselseitiger Korrespondenz bei seiner Auffassung. Bereits vor dem Jahreswechsel 2010/2011 teilten einzelne, dem Ag angehörende Betriebskrankenkassen der Ast. mit, dass wegen eines bislang nicht vorliegenden, zur Versorgung der Versicherten über den 31.12.2010 hinaus berechtigenden Versorgungsvertrages eine Umsteuerung der Patienten ab dem 01.01.2011 notwendig sei und dass die betroffenen Patienten darüber zeitnah informiert werden sollten.
Am 10.11.2010 hat die Ast. bei dem Sozialgericht Köln im Wege eines Eilverfahrens um vorläufigen Rechtsschutz ersucht. Sie trägt zur Begründung vor, sowohl ein Anordnungsgrund als auch ein Anordnungsanspruch seien gegeben.
Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch sei § 127
Abs. 2a
S. 1
SGB V. Die Voraussetzungen für den Beitritt lägen vor. Bei dem
o. g. Hilfsmittellieferungsvertrag handele es sich zunächst um einen Versorgungsvertrag nach § 127
Abs. 2
SGB V. Es bestehe im Verhältnis zu ihr, der Ast., auch ab dem 01.01.2011 kein anderweitiger Versorgungsvertrag. Auch erfülle sie die in § 127
Abs. 2a
S. 4
SGB V i.V.m. § 126
Abs. 1a und 2
SGB V normierten Voraussetzungen für eine ausreichende, zweckmäßige und funktionsgerechte Herstellung, Abgabe und Anpassung der Hilfsmittel. Nach § 126
Abs. 1a
S. 2
SGB V hätten die Krankenkassen von der Erfüllung dieser Voraussetzungen auszugehen, wenn eine Bestätigung einer geeigneten Stelle vorliege. Eine solche Bestätigung könne nach Durchlaufen des sog. Präqualifizierungsverfahrens erteilt werden. Ein solches Verfahren sei jedoch bislang nicht etabliert. Für sie, die Ast., bestehe deshalb derzeit keine Möglichkeit, eine solche generelle "Geeignetheitsbestätigung" in Form der Präqualifizierung zu erlangen. Eine diese ersetzende Einzelfall bezogene Eignungsprüfung durch die jeweilige Krankenkasse sei bis zum 30.06.2010 gemäß § 126
Abs. 2
SGB V entbehrlich; denn sie, die Ast., habe am 31.03.2007 über eine Zulassung nach § 126
SGB V a. F. verfügt. Der Gesetzgeber sei seinerzeit davon ausgegangen, dass bis zu diesem Stichtag das Präqualifizierungsverfahren etabliert sei. Tatsächlich befinde es sich jedoch immer noch im Aufbau. Der
GKV Spitzenverband empfehle den Krankenkassen deshalb, von der Anforderung einzelner Eignungsnachweise gänzlich abzusehen, wenn der Krankenkasse die Leistungserbringer bekannt seien
(z. B. aufgrund einer Zulassung nach § 126
SGB V a. F. oder einer Abgabeberechtigung) und sich diese in früheren Geschäftsbeziehungen als zuverlässig und leistungsfähig erwiesen hätten. Sie selbst sei seit zwanzig Jahren im Bereich der Hilfsmittelversorgung tätig. Sie habe ihre Tätigkeit bislang stets zuverlässig und unbeanstandet ausgeübt. Der Ag habe auch nichts Gegenteiliges behauptet. Wenn er sich nun darauf berufen wolle, dass es an der erforderlichen Eignung fehle, widerspreche dies nicht nur den Vorgaben des
GKV-Spitzenverbandes, sondern sei zugleich treuwidrig, da nun eine reine Formalität herangezogen werden solle - Änderung des Firmennamens
bzw. Umwandlung in eine
GmbH, wobei Inhaber und Geschäftsführer jeweils identisch gewesen seien. Rein vorsorglich werde ergänzend die aktuell gültige
TÜV-Zertifizierung der Ast. für die Beratung und Versorgung mit medizinischen Hilfsmitteln vorgelegt. Auch seien sowohl der Geschäftsführer der Ast. als auch vier seiner Mitarbeiter geschulte Medizinproduktberater i.
S. des § 31 des Gesetzes über Medizinprodukte (MPG). Zwischenzeitlich habe sie sich im Übrigen einem weiteren Zertifizierungsverfahren unterzogen, und zwar demjenigen nach
DIN EN
ISO 13485:2010.
Schließlich liege auch die weitere Voraussetzung des § 127
Abs. 2a
S. 1
SGB V vor: Erfüllbarkeit des Vertrages zu gleichen Bedingungen. Es spiele insofern keine Rolle, dass sie selbst keine Apotheke betreibe. Sie könne als Einzelunternehmen einem Vertrag beitreten, dessen Vertragspartner auf Leistungserbringerseite bisher lediglich Verbände seien, wie sich aus einem Umkehrschluss aus § 127
Abs. 2a
S. 2
SGB V ergebe. Lediglich im umgekehrten Fall, dass ein Verband einem bereits bestehenden Vertrag beitreten wolle, sehe das Gesetz vor, dass auch der bestehende Vertrag durch einen Verband abgeschlossen worden sein müsse. Die apothekenspezifische Formulierung des Vertrages stehe dem Beitritt ebenfalls nicht entgegen. Auf sie, die Ast., könnten und müssten die bislang rein apothekenspezifisch formulierten Anforderungen entsprechend Anwendung finden. Ansonsten würde ein mögliches Beitrittsrecht bereits von vornherein konterkariert. Das Beitrittsrecht sei auch nicht auf bestimmte Verträge beschränkt. Vielmehr werde schon ausweislich der gesetzlichen Regelung selbst ein Beitrittsrecht zu allen Verträgen nach § 127
Abs. 2
SGB gewährt. Nur ein solches Verständnis werde auch dem vom Gesetzgeber mit dem Beitrittsrecht verfolgten Zweck gerecht. Denn es solle gerade verhindert werden, dass Leistungserbringer willkürlich von ausgehandelten Verträgen
i.S.v.
Abs. 2 ausgeschlossen werden könnten, indem die Krankenkassen solche Verträge nur mit einem begrenzten Kreis von Hilfsmittelanbietem schlössen und der Sache nach als Lieferverträge ausgestalteten. Wolle eine Krankenkasse so verfahren, müsse sie einen Vertrag nach
Abs. 1 schließen und eine Ausschreibung durchführen. Ferner enthalte der Vertrag keinerlei Formulierungen oder Anforderungen, die ausschließlich durch Apotheken erfüllt werden könnten. Die im Vertrag apothekenspezifisch formulierten Verpflichtungen ließen sich ohne Weiteres auf sie, die Ast., übertragen. Soweit der Ag außergerichtlich außerdem eingewendet habe, dass sie, die Ast., nicht am Abrechnungsverfahren gemäß
§ 300 SGB V teilnehmen könne, überzeuge dies in Ansehung des Vertrages ebenfalls nicht. Zum einen beziehe sich § 300
SGB V nur auf das Abrechnungsverfahren bei Apotheken im Hinblick auf die Abgabe von verordnungspflichtigen Arzneimitteln. Auf das für die Abgabe von Hilfsmitteln bezogene Abrechnungsverfahren nach
§ 302 SGB V verweise aber der Hilfsmittellieferungsvertrag in § 7
Abs. 3 selbst und regele, dass eine Krankenkasse die Abrechnung nach dieser Norm vorsehen könne.
Schließlich sei auch der Einwand des Ag nicht von Relevanz, dass ein Teilbeitritt, beschränkt auf die Versorgung mit Inkontinenzartikeln, nicht möglich sei. Würde man einen solchen Teilbeitritt - wie hier bezogen auf einen bestimmte Produktgruppe oder auch in örtlicher Hinsicht beschränkt auf ein bestimmtes Versorgungsgebiet - generell ablehnen, könnten die Krankenkassen durch entsprechende Gestaltung ihrer Verträge einen Großteil von Leistungserbringern, die etwa auf bestimmte Produkte oder örtlich spezialisiert seien, von vornherein von der Beteiligung an den Verträgen ausschließen und ihnen damit die Möglichkeit zur Teilnahme an der Versorgung nehmen. Mit dem Grundrecht auf Berufsfreiheit aus
Art. 12
Abs. 1 Grundgesetz (
GG) und dem daraus resultierenden Recht auf Zugang zum Markt sei dies nicht vereinbar. Hinzu komme, dass der hier konkret in Rede stehende Vertrag selbst nicht vorschreibe, dass jede vertraglich gebundene Apotheke jederzeit in der Lage sein müsse, jegliche Arten von Hilfsmitteln, auf die der Vertrag sich beziehe, zu liefern. Demgemäß heiße es in Anlage 1 des Vertrages folgerichtig, dass "Apotheken berechtigt" sind, die dort aufgezählten Hilfsmittel abzugeben; eine Verpflichtung zur Abgabe aller genannten Hilfsmittel dagegen erfolge gerade nicht. Zu Art und Umfang der Leistungen heiße es in § 4
Abs. 1 des Vertrages lediglich, dass diese sich nach der vertragsärztlichen Verordnung, dem Inhalt der Genehmigung durch die zuständige Krankenkasse, nach den Leistungsbeschreibungen und den Beschreibungen im Hilfsmittelverzeichnis richteten. Nach § 4
Abs. 2 des Vertrages sei die Abgabe solcher Hilfsmittel ausgeschlossen, für die ein Ausschreibungsverfahren durchgeführt worden sei. Für diese sei allein der Leistungserbringer versorgungsberechtigt, der die Ausschreibung gewonnen habe. Es würden auch damit im Vertrag Umstände berücksichtigt, die dazu führten, dass nicht alle in der Anlage aufgeführten Hilfsmittel geliefert werden könnten.
Es gebe nach dem Vorgesagten keinen Grund, ihr, der Ast. den Beitritt zu dem fraglichen Hilfsmittellieferungsvertrag zu verweigern. Nach dem Wortlaut des § 127
Abs. 2a
SGB V komme durch die Erklärung des Beitritts bei Vorliegen aller Voraussetzungen der Vertrag zustande (Beitritt als einseitiges gesetzliches Gestaltungsrecht). Dass die Krankenkasse den Beitritt durch ausdrückliche Erklärung akzeptieren müsse, sei - jedenfalls explizit - nicht vorgesehen. Dementsprechend begehre sie primär die Feststellung, dass bereits mit der Erklärung des Beitritts der Vertrag zustande gekommen und sie als Vertragspartnerin daraus ab dem 01.01.2011 berechtigt und verpflichtet sei. Nur hilfsweise für den Fall, dass die Beitrittserklärung lediglich als Angebot zum Abschluss des Vertrages verstanden werde und somit zum Vertragsschluss eine Annahmeerklärung des Ag erforderlich sei, begehre sie die Feststellung, dass der Ag verpflichtet sei, den Beitritt in Form einer Angebotsannahme zu bestätigen, zumal dieser bereits mehrfach ausdrücklich erklärt habe, den Beitritt nicht akzeptieren zu wollen.
Es bestehe auch der erforderliche Anordnungsgrund. Mit Ablauf des aktuellen Versorgungsvertrages am 31.12.2010 sei sie von der Versorgung der Versicherten ausgeschlossen, wenn sie nicht bis dahin einen neuen, zur Versorgung berechtigenden Vertrag abgeschlossen habe
bzw. diesem beigetreten sei. Da die Versorgung der Patienten mit aufsaugenden Inkontinenzprodukten regelmäßig für einen Zeitraum von etwa vier bis sechs Wochen im Voraus geplant werde, sei eine Umsteuerung auf andere Leistungserbringer schon sehr viel früher als zum Stichtag 31.12. zu erwarten. Spätestens ab dem 01.01.2011, wenn sie gar nicht mehr zur Versorgung berechtigt sei, komme es zu erheblichen finanziellen
bzw. wirtschaftliche Auswirkungen. Die Versorgung der Versicherten von Betriebskrankenkassen im Einzugsbereich des hier fraglichen Vertrages mache derzeit etwa 25 % ihres Umsatzes aus (Umsatz gesamt
ca. 950.000 Euro pro Jahr, davon entfallen
ca. 250.000 Euro auf Versicherte der Betriebskrankenkassen, die sich an den Vertrag gebunden sähen). Der auch nur übergangsweise Wegfall dieser Aufträge werde erhebliche wirtschaftliche Folgen für sie, die Ast., mit sich bringen. Tatsächlich werde dadurch sogar ihre Existenz gefährdet. Hinzu komme, dass es bei einer auch nur übergangsweisen Unterbrechung von langjährigen Kundenbeziehungen überwiegend wahrscheinlich sei, dass die Kunden sich dauerhaft anderen Leistungserbringern zuwenden würden. Sie könne auch nicht darauf verwiesen werden, ggf zumindest übergangsweise einem anderen Versorgungsvertrag,
z. B. dem sog. spectrum/K-Vertrag, beizutreten. Zum einen wäre ein solcher Beitritt für sie zukünftig bindend und würde verhindern, wie von ihr gewünscht, dem hier in Rede stehenden Apothekenvertrag beizutreten. Zum anderen ziele das gesetzlich geregelte Beitrittsrecht gerade darauf ab, Leistungserbringern die Wahl zu lassen, entweder einen eigenen Vertrag auszuhandeln oder einem anderen Vertrag nach § 127
Abs. 2
SGB ihrer Wahl, nämlich demjenigen, den sie für sich als am günstigsten ansähen, beizutreten. Vor diesem Hintergrund sei es ihr nicht zuzumuten, den Ausgang eines Hauptsacheverfahrens abzuwarten. Ohne die einstweilige Feststellung über die Wirksamkeit des Beitritts zum Hilfsmittellieferungsvertrag würden ihr schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Nachteile entstehen, die sich auch nach einer Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr rückgängig machen ließen. Umgekehrt sei nicht ersichtlich, ob überhaupt - und wenn ja, mit welchen Nachteilen - die einstweilige Anerkennung ihres Beitritts bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache für den Ag verbunden wäre, zumal sie, die Ast., bereits seit Jahren Versicherte der in ihm organisierten Betriebskrankenkassen versorge. Sie begehre lediglich das Tätigwerden zu solchen Konditionen, die der Ag und die Betriebskrankenkassen, die diesen Vertrag gegen sich gelten ließen, Hunderten von Apotheken zugestünden. Da die Patienten frei wählen könnten, woher und von wem sie die hier in Rede stehenden Inkontinenzprodukte beziehen wollten, sei nicht ersichtlich, inwieweit es nachteilig sein könne, zumindest einstweilen auch sie zu diesen Konditionen zur Versorgung zu berechtigen.
Die Ast. hat schriftsätzlich beantragt,
1. festzustellen, dass sie bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache dem Hilfsmittellieferungsvertrag
gem. § 127
Abs. 2
SGB V mit der Vertragsnummer 000, gültig ab dem 01.01.2009, zur Versorgung mit Hilfsmitteln mit Wirkung zum 01.01.2011 beigetreten und berechtigt ist, die Versicherten des Ag
bzw. der an den Vertrag gebundenen Betriebskrankenkassen und derjenigen Krankenkassen, die diesen Vertrag gegen sich gelten lassen, mit Inkontinenzprodukten zu versorgen sowie diesbezüglich die vertraglich vereinbarte Vergütung zu verlangen,
2. hilfsweise, festzustellen, dass der Ag verpflichtet ist, das in der Beitrittserklärung zum Ausdruck gebrachte Angebot der Ast. auf Abschluss des unter 1. näher bezeichneten Hilfsmittellieferungsvertrages anzunehmen.
Der Ag hat schriftsätzlich beantragt,
den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abzuweisen.
Er hat die Auffassung vertreten, dass die Ast. nicht zu einem Teilbeitritt zu dem streitgegenständlichen Hilfsmittellieferungsvertrag berechtigt sei. Dieser Vertrag lasse eine Spezialisierung auf Inkontinenzhilfen nicht zu. Auch gebe es in Nordrhein-Westfalen zu den Rahmenverträgen kein Beitrittsverfahren und jede Mitgliedskasse könne entscheiden, ob sie zur Abgabe von Hilfsmitteln den Rahmenvertrag der Landesebene zugrunde legen oder mit Leistungserbringern eigene Verträge abschließen wolle. Das Serviceunternehmen für das
BKK-System spectrum/K habe für spezialisierte Leistungserbringer spezielle Verträge entwickelt, so auch für die Versorgung von
BKK-Versicherten mit Inkontinenzartikeln. Die Ast. habe die Möglichkeit diesem Vertrag beizutreten oder aber entsprechende individuelle Vertragsangebote von Krankenkassen anzunehmen.
Eine Existenzgefährdung der Ast. sei nicht ersichtlich, zumal die angegebene Größenordnung der wirtschaftlichen Auswirkungen eines Fernhaltens von dem streitgegenständlichen Vertrag nicht zutreffen könnten. Die Ast. führe Versicherte von Krankenkassen auf, die gar nicht dem Kreis der von dem Vertrag betroffenen Kassen angehörten, und beziehe sich auf nicht aussagefähige Zahlen aus der Zeit bis Ende 2010 mit - ausschreibebedingtem - Alleinversorgungsanspruch. Mit Beschluss vom 21.12.2010 hat das Sozialgericht Düsseldorf, an das der Rechtsstreit verwiesen worden ist, den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Ein Anordnungsanspruch sei auf der Grundlage der gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage nicht gegeben. Die Ast. sei nicht zu einem Teilbeitritt zum Apothekenhilfsmittellieferungsvertrag berechtigt und dürfe die Versicherten der Mitgliedskassen der Ag nicht mit Inkontinenzartikeln zu den Bedingungen dieses Vertrages ab dem 01.01.2011 versorgen. Dieser Vertrag gelte gemäß § 2
Abs. 1 für die Krankenkassen und die Mitgliedskassen der von den Verbänden vertretenen Kassenarten und für Apotheken und Filialapotheken in Nordrhein-Westfalen, ohne dass für die Geltung des Vertrages ein Beitritt vorgesehen oder erforderlich sei. Gemäß § 127
Abs. 2a
SGB V könnten Leistungserbringer den Verträgen nach
Abs. 2 Satz 1 zu den gleichen Bedingungen als Vertragspartner beitreten, soweit sie nicht aufgrund bestehender Verträge bereits zur Versorgung der Versicherten berechtigt seien. Die Kammer gehe mit der Ag davon aus, dass der Apothekenhilfsmittellieferungsvertrag ein spezielles Vertragssystem begründe, das auf die besonderen Bedingungen der Versorgung durch die Apotheken abstelle, so dass weder ein Beitritt der Apotheken erforderlich erschien noch ein Teilbeitritt der Ast. nur für die Versorgung mit Inkontinenzartikeln möglich sei. Das Beitrittsrecht gemäß § 127
Abs. 2a
SGB V gelte für sämtliche Leistungserbringer, die in der Lage seien, sich zu den gleichen Bedingungen an der Versorgung zu beteiligen. Der Apothekenhilfsmittellieferungsvertrag sei auf das Apothekerberufsbild zugeschnitten und knüpfe insoweit auch an das Arzneimittellieferungssystem an. Die in diesem Vertrag vereinbarte Vergütung berücksichtige bei deren Kalkulation die Breite der von der Apotheken angebotenen Produktgruppen von Hilfsmitteln und sehe das für die Krankenkasse wirtschaftliche elektronische Abrechnungssystem gemäß § 300
SGB V vor. Gemäß § 11
Abs. 1 dieses Vertrages obliege die Klärung von Zweifelsfragen und die Beilegung von Meinungsverschiedenheiten bei der Durchführung des Vertrages dem ständigen Verhandlungsgremium der Vertragspartner, soweit nicht auf schriftlichen Antrag eines Vertragspartners ein paritätisch aus Vertretern der Krankenkassen und der Apothekerverbände zu besetzender Vertragsausschuss gebildet werde. Aufgrund vorgenannter Erwägungen könne nicht davon ausgegangen werden, dass sich die Ast. zu den Bedingungen der Apotheken an der Versorgung beteiligen könne. Die Ast. werde auch ohne eine Beitrittsmöglichkeit zu diesem Vertrag nicht in ihrem Grundrecht auf Berufsfreiheit aus
Art. 12
Abs. 1
GG verletzt. Mit dem Beitrittsrecht gemäß § 127
Abs. 2a
SGB V solle die Versorgungsberechtigung von Leistungserbringern, die bislang noch keine Verträge mit Krankenkassen abschließen konnten, sichergestellt und damit verhindert werden, dass diese willkürlich von geschlossenen Verträgen ausgeschlossen seien. Die Ast. sei bisher jedoch vertraglich berechtigt gewesen, Versicherte von Betriebskrankenkassen zu versorgen. Ihr sei unstreitig auch eine diesbezügliche Möglichkeit angeboten worden, insbesondere durch den Beitritt zu dem Vertrag des Serviceunternehmens spectrum/K. Insofern sei für die Kammer allerdings auch mit dem Ag zweifelhaft, ob für das vorliegende Eilverfahren ein Anordnungsgrund gegeben sei,
d. h. dass der Ast. aufgrund der fehlenden Möglichkeit des Beitritts zum streitigen Vertrag eine Existenzgefährdung oder aber schwerwiegende wirtschaftliche Nachteile drohten. Letztgenannte seien jedoch nicht nur zu behaupten, sondern auch glaubhaft zu machen. Möglicherweise seien die von der Ast. vorgetragenen drohende Umsatzrückgänge Ausdruck des ihr obliegenden unternehmerischen Risikos, nicht aber des Verhaltens des Ag. Da die Kammer jedoch bereits schon nicht von dem Vorliegen eines Anordnungsanspruchs ausgehe, brauche das Vorliegen eines Anordnungsgrundes auch nicht unter der Würdigung eines rechtswidrigen Verhaltens des Ag geprüft zu werden.
Gegen den ihren Prozessbevollmächtigten am 23.12.2010 zugestellten Beschluss hat die Ast. am 07.01.2011 Beschwerde erhoben. Zur Begründung trägt sie ergänzend vor, soweit das Sozialgericht auf das Abrechnungssystem in § 300
SGB V Bezug nehme, übergehe es dabei, dass der Vertrag selbst in § 7
Abs. 3 alternativ auch das Abrechnungssystem nach § 302
SGB V vorsehe. § 11 des Vertrages, den das Sozialgericht ebenfalls dem Beitritt entgegenhalten wolle, möge zwar passender für Apotheken sein. Dass sie, die Ast., sich diesen Regelungen aber nicht unterwerfen könne, sei unzutreffend; denn tatsächlich würden dort überhaupt keine Bedingungen aufgestellt, zu denen der Vertrag erfüllt werden müsse, sondern es werde lediglich ein Verfahren vorgesehen, wie mit Vertragsverstößen umzugehen sei. Im Zweifel könnte hier ggf sogar ergänzend allgemeines Vertragsrecht herangezogen und auf sie, die Ast., angewendet werden. Auch die Tatsache, dass sie lediglich die Versorgung mit Inkontinenzprodukten vornehmen wolle, könne ihr nicht entgegengehalten werden. Weder der Ag noch das Sozialgericht zeigten auf, dass der Apothekenvertrag wie bei der Arzneimittelversorgung eine unbedingte Lieferpflicht für alle Hilfsmittel für die angeschlossenen Apotheken begründe. Darüber hinaus wäre ein solches Verständnis, also keine Möglichkeit zum Teilbeitritt, auch mit Vergaberecht, das durch das Beitrittsrecht ja gerade unanwendbar werden solle, nicht vereinbar. Nach § 97
Abs. 3 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) sei ein allgemeiner Vergabegrundsatz die Aufteilung des Auftrages in möglichst kleine Lose. Es sollten sowohl Teil- als auch Fachlose gebildet werden. Dies diene dem Schutz des Mittelstandes. Übertrage man diesen Gedanken auf den Abschluss von Verhandlungsverträgen nach 127
Abs. 2
SGB V, denen eine Ausschreibung nicht vorauszugehen brauche, weil man ihnen mit dem Beitrittsrecht die Exklusivität nehme, könne es nicht richtig sein, die Verträge dadurch exklusiv zu halten, dass man den Auftrag derartig weit fasse, dass nur ein einzelner oder zumindest nur ein ganz spezieller Kreis von Leistungserbringern, hier die Apotheken, diesen erfüllen könnten. Aus der Verquickung mit dem Vergaberecht ergebe sich vielmehr umgekehrt die Notwendigkeit, auch sog. Teilbeitritte zu akzeptieren. Dies gelte um so mehr, als auch für die Apotheken im Vertrag keine unbedingte Lieferverpflichtung für sämtliche Hilfsmittel vorgesehen sei. Dass der ausgesuchte Hilfsmittellieferungsvertrag sich als wesentlich günstiger darstelle, ergebe sich aus Folgendem: Apotheken könnten auf dessen Grundlage Inkontinenzprodukte zu Festbeträgen abrechnen, spezialisierte Leistungserbringer sollten dagegen auf einen speziellen Vertrag verwiesen werden, der als Monatspauschale für die Komplettversorgung eines erwachsenen Patienten 23,95
EUR vorsehe, für die Komplettversorgung von Kindern einen Betrag von 28,57
EUR (jeweils
zzgl. MwSt.),
vgl. § 8
i.V.m. Anlage 3 des Spektrum/K-Vertrages. Lege man dagegen die Summen zugrunde, die regelmäßig bei einer Erstattung zum Festbetrag zustande kämen, ergäben sich hier bei leichter bis mittlerer Inkontinenz Beträge zwischen 31,50
EUR bis 37,80
EUR, bei mittlerer bis schwerer Inkontinenz Beträge zwischen 58,85
EUR und 72,90
EUR, bei schwerer und schwerster Inkontinenz sogar Beträge zwischen 73,50
EUR und im Höchstfall 124,20
EUR.
Ein Anordnungsgrund sei im Übrigen auch dann zu bejahen, wenn ein prognostizierter Umsatzverlust in Höhe von
ca. 10 - 15 % im Raum stehe, ausgehend von dem Umstand, dass die Zahlen aus 2010 wegen Änderung der Verhältnisse zu modifizieren seien.
Die Antragsteller beantragt schriftsätzlich,
den Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf aufzuheben und nach den Anträgen erster Instanz zu erkennen.
Der Antragsgegner beantragt schriftsätzlich,
die Beschwerde der Ast. zurückzuweisen.
Sie erachtet den angefochtenen Beschluss als rechtmäßig. Ergänzend weist sie darauf hin, dass die Vergütungsregelung des Apothekenvertrages für Inkontinenzprodukte (Festbetrag) nicht für die Abgabe größerer Mengen durch Spezialanbieter konzipiert sei, sondern dem Umstand Rechnung trage, dass Apotheken diese Artikel zur wohnortnahen Grundversorgung vorhielten. Dementsprechend seien die Abgabemengen erheblich geringer als bei Spezialanbietern. Im Übrigen bezieht sich der Ag auf eine Stellungnahme des Bundesgesundheitsamtes vom 28.12.2010. Wegen des Inhalts wird auf die Prozessakte verwiesen.
Der Senat hat ergänzend weitere Verträge beigezogen (Spektrum/K-Vertrag, Verträge mit der
BKK Vor Ort, der Novitas
BKK sowie mit fünf Innungen für Orthopädie).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen wird auf den Inhalt der Prozessakte Bezug genommen, der Gegenstand der Beratung und Entscheidung gewesen ist.