Die zulässige Berufung des Beklagten ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat der Anfechtungsklage gegen die vorzeitige Zurruhesetzung zu Recht stattgegeben.
I.
Die Anfechtungsklage (§ 42
Abs. 1 1. Alt.
VwGO) ist zulässig. Die Zurruhesetzungsverfügung hat sich nicht dadurch erledigt (
vgl. § 43
Abs. 2 VwVfG
i.V.m. § 1
Abs. 1 Gesetz über das Verfahren der Berliner Verwaltung), dass der Kläger im Oktober 2010 die gesetzliche Altersgrenze für den Eintritt in den Ruhestand nach § 109
Abs. 2
LBG erreichte. Denn die vorzeitige Zurruhesetzung entfaltet weiterhin Rechtswirkungen. Zum einen bleibt der Zeitraum bis zum Erreichen der Altersgrenze für die Bemessung des Ruhegehalts außer Betracht, zum anderen ist sie nach § 41
Abs. 2 Satz 4
LBG Grundlage für die Einbehaltung eines Teils der Bezüge (
vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Mai 2013 - 2 C 68.11 -, juris Rn. 10).
II.
Die Klage ist auch begründet. Der Bescheid des Polizeipräsidenten in Berlin vom 10. Juni 2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheides derselben Behörde vom 29. Juli 2010 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113
Abs. 1 Satz 1
VwGO).
Rechtsgrundlage für die Versetzung in den Ruhestand wegen Polizeidienstunfähigkeit ist § 26
Abs. 1 Satz 1 und Satz 4 BeamtStG, § 39
Abs. 2
LBG in Verbindung mit § 105
Abs. 1 und 2
LBG in der Fassung des Dienstrechtsänderungsgesetzes vom 19. März 2009 (GVBl.
S. 70). Für die Rechtmäßigkeit der Versetzung in den Ruhestand kommt es auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung an (st.Rspr.,
vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Mai 2013, a.a.O. Rn. 11), hier des Widerspruchsbescheides vom 29. Juli 2010.
Es kann auf sich beruhen, ob die Anordnung der polizeiärztlichen Untersuchung, die der Zurruhesetzung vorausgegangen ist, den formellen und inhaltlichen Anforderungen genügt, die an sie wegen ihrer erheblichen Folgen nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu stellen sind (
vgl. dazu im Einzelnen
BVerwG, Urteil vom 30. Mai 2013, a.a.O. Rn. 17
ff.). Denn in dem Fall, dass sich der betroffene Beamte der angeordneten Untersuchung unterzieht, kann das Gutachten auch dann verwendet werden, wenn sich die Aufforderung als solche bei einer gerichtlichen Prüfung als nicht berechtigt erweisen sollte. Die Rechtswidrigkeit der Gutachtenanordnung ist nach Erstellung des Gutachtens ohne Belang (
vgl. BVerwG, Urteil vom 26. April 2012 - 2 C 17.10 -, juris Rn. 18). So liegen die Dinge hier, weil der Kläger der Untersuchungsaufforderung Folge geleistet und sich polizeiärztlich hat untersuchen lassen.
Der Kläger ist zu der beabsichtigten Zurruhesetzung ordnungsgemäß nach § 41
Abs. 1 und
Abs. 2 Satz 1
LBG angehört worden. Gemäß § 41
Abs. 1 Satz 2
LBG sind die Gründe für die Versetzung in den Ruhestand anzugeben. Die Bezugnahme auf ein ärztliches Gutachten ist als Begründung dann ausreichend, wenn dem Beamten der Inhalt des Gutachtens in seinem vollen Wortlaut vorher oder als Beilage zu dem Schreiben bekannt gegeben worden ist (
vgl. Summer, in: GKÖD Band I, L § 47 BBG Rn. 9). Die Ankündigung der Versetzung in den Ruhestand vom 23. Februar 2009 nimmt auf "das angeforderte ärztliche Gutachten" Bezug, das dem Schreiben in Fotokopie beigefügt sei und dem der Befund entnommen werden möge. Damit ist, wie sich aus dem Schreiben der Bevollmächtigten des Klägers vom 25. März 2009 ergibt, die polizeiärztliche Stellungnahme vom 15. September 2008 gemeint, die als dauerhafte Verwendungseinschränkung "Verrichten von Innendienst unter Bürobedingungen" vorsieht und für die Diagnosen auf das Gutachten vom 5. Juli 2007 verweist. Dieses in Bezug genommene Gutachten war dem Kläger, wie aus dem vorgenannten Schreiben seiner Bevollmächtigten zu entnehmen ist, gleichfalls bekannt. Dies genügt den inhaltlichen Anforderungen an eine Anhörung.
Die Versetzung in den Ruhestand ist materiell rechtswidrig. Die nach § 26
Abs. 1 Satz 1 und Satz 4 BeamtStG, § 39
Abs. 2
LBG in Verbindung mit § 105
Abs. 1 und 2
LBG erforderlichen tatbestandlichen Voraussetzungen für die Zurruhesetzung einer Polizeivollzugskraft sind nur teilweise erfüllt.
1. Der Kläger war polizeidienstunfähig. Nach § 105
Abs. 1 Satz 1
LBG liegt Dienstunfähigkeit vor, wenn die Polizeivollzugskraft den besonderen gesundheitlichen Anforderungen für den Polizeivollzugsdienst nicht mehr genügt und nicht zu erwarten ist, dass sie ihre volle Verwendungsfähigkeit innerhalb zweier Jahre wiedererlangt (Polizeidienstunfähigkeit). Das Landesrecht trifft damit eine von § 26
Abs. 1 Satz 1 BeamtStG abweichende Sonderregelung für die Dienstunfähigkeit von Polizeivollzugsbeamten, zu der § 26
Abs. 1 Satz 4 BeamtStG die Länder ermächtigt. Anders als die "allgemeine" Dienstfähigkeit, deren Bezugspunkt die Anforderungen des innegehabten abstrakt-funktionellen Amtes sind, orientiert sich die Polizeidienstfähigkeit an den besonderen gesundheitlichen Anforderungen für sämtliche Ämter der Laufbahn "Polizeivollzugsdienst". Maßstab ist insoweit der Vollzugsdienst insgesamt. Die Polizeidienstfähigkeit setzt voraus, dass der Polizeivollzugsbeamte zu jeder Zeit, an jedem Ort und in jeder seinem statusrechtlichen Amt entsprechenden Stellung einsetzbar ist (
vgl. BVerwG, Urteil vom 3. März 2005 - 2 C 4.04 -, juris Rn. 9). Anknüpfungspunkt ist die volle Verwendungsfähigkeit bezogen auf die gesamte Breite der Tätigkeit einer Polizeivollzugskraft.
Nach diesen Maßgaben genügte der Kläger den besonderen gesundheitlichen Anforderungen für den Polizeivollzugsdienst nicht mehr und es war nicht zu erwarten, dass er seine volle Verwendungsfähigkeit innerhalb zweier Jahre wiedererlangt, unabhängig davon, dass er vor deren Ablauf die Altersgrenze für den Eintritt in den Ruhestand erreichte. Zwar reichen die Erkenntnisse, die in Gestalt der polizeiärztlichen Stellungnahmen im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung zur Verfügung standen, für die Annahme der Polizeidienstunfähigkeit nicht aus, aber gleichwohl trifft diese Schlussfolgerung im Ergebnis zu.
Die Polizeidienstunfähigkeit wird nach § 105
Abs. 1 Satz 2
LBG aufgrund des Gutachtens einer oder eines von der Dienstbehörde bestimmten Ärztin oder Arztes festgestellt. Das bedeutet, dass die Verantwortung für die Feststellung der Polizeidienstunfähigkeit die Behörde und nicht der mit der Begutachtung beauftragte Polizeiarzt hat. Die Dienstbehörde muss die ärztlichen Befunde und Schlussfolgerungen inhaltlich nachvollziehen und sich auf ihrer Grundlage ein eigenes Urteil bilden. Sie muss prüfen, ob der Arzt von zutreffenden sachlichen Voraussetzungen ausgegangen ist und die entscheidungserheblichen Fragen plausibel und nachvollziehbar abgehandelt hat. Gegebenenfalls hat sie auf eine Ergänzung hinzuwirken. Das setzt voraus, dass sie die ärztlichen Äußerungen zur Kenntnis nimmt und würdigt. Wird in einem Zurruhesetzungsverfahren eine ärztliche Untersuchung durchgeführt, teilt die Ärztin oder der Arzt im Einzelfall auf Anforderung der Dienstbehörde das die tragenden Feststellungen und Gründe enthaltende Gutachten mit, soweit deren Kenntnis für die Dienstbehörde unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit für die von ihr zu treffende Entscheidung erforderlich ist (§ 45
Abs. 1
LBG). Danach muss das Gutachten sowohl die notwendigen Feststellungen zum Sachverhalt, d.h. die in Bezug auf den Beamten erhobenen Befunde, enthalten als auch die aus medizinischer Sicht daraus abzuleitenden Schlussfolgerungen für die Fähigkeit des Beamten, den Vollzugsdienst weiter auszuüben. Im Hinblick auf die Funktion des Gutachtens, einerseits dem Dienstherrn die Entscheidung darüber zu ermöglichen, ob der Beamte den besonderen gesundheitlichen Anforderungen für den Vollzugsdienst nicht mehr genügt und
ggf. welche Folgerungen aus einer bestehenden Polizeidienstunfähigkeit zu ziehen sind, und andererseits dem Beamten zu ermöglichen, sich mit den Feststellungen und Schlussfolgerungen des Arztes
bzw. mit der darauf beruhenden Entscheidung des Dienstherrn auseinanderzusetzen und sie
ggf. substantiiert anzugreifen, muss es die für die Meinungsbildung des Arztes wesentlichen Entscheidungsgrundlagen erkennen lassen (
vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. Januar 2011 - 2 B 2.10 -, juris Rn. 5).
Die der Zurruhesetzung letztlich zugrunde gelegte polizeiärztliche Stellungnahme vom 12. Juli 2010 wird diesen inhaltlichen Anforderungen nicht vollends gerecht und stellt deswegen keine hinreichende Grundlage für die von der Dienstbehörde getroffene Feststellung der Polizeidienstunfähigkeit dar. In ihr ist nicht erläutert, dass die ausgewerteten, im Februar und März 2009 durch kardiologische Untersuchungen erhobenen internistischen Befunde seinerzeit noch aktuelle Aussagekraft hatten. Erkenntnisse der chirurgisch-orthopädischen Untersuchung vom 16. Februar 2010 werden nicht mitgeteilt. Insoweit heißt es lapidar, auch unter deren Berücksichtigung könne die uneingeschränkte Polizeidienstfähigkeit auf Dauer nicht mehr festgestellt werden. Es erschließt sich nicht, ob und mit welcher Schwere die zuvor letztmalig anlässlich der polizeiärztlichen Untersuchung vom 26. August 2008 beurteilten orthopädischen Erkrankungen - Zustand nach linksseitiger Hüftoperation, Gonarthrose beidseits (Abnutzungserscheinungen der Kniegelenke), Lumbalsyndrom bei Degeneration der Wirbelkörper - fortbestanden. Infolge der lückenhaften Beschreibung der Befunde fehlt es schon an einer vollständigen Tatsachengrundlage für die nachvollziehbare Ableitung der behaupteten Verwendungseinschränkungen, die sich aus der Bezugnahme auf das Gutachten vom 28. April 2009 ergeben (keine Verrichtung von Außendienst mit der Gefahr von Widerstandshandlungen, keine Eignung zum Führen von Dienstkraftfahrzeugen mit Sonder- und Wegerechten, kein Einsatz im Schichtdienstsystem). Das zuletzt genannte Gutachten beruht auf der Untersuchung vom 26. August 2008, zu deren Ergebnissen sich auch die polizeiärztliche Stellungnahme vom 28. August 2008 äußert. Dort heißt es zu den aus ärztlicher Sicht für geboten gehaltenen Verwendungseinschränkungen ergänzend, dass das Führen eines Dienstkraftfahrzeuges (ohne Sonder- oder Wegerechtsfahrt), gelegentlicher Außendienst ohne die Gefahr von Widerstandshandlungen sowie das Tragen einer Waffe möglich sei; eine Nacheile sei nicht möglich.
Trotz der dargestellten Mängel der ärztlichen Äußerungen lässt sich feststellen, dass die Dienstbehörde die Polizeidienstunfähigkeit des Klägers jedenfalls im Ergebnis zu Recht angenommen hat. Für die dem Senat bei einer gebundenen Verwaltungsentscheidung nach § 113
Abs. 1 Satz 1
VwGO obliegende Prüfung, ob der Verwaltungsakt aus anderen als den von der Behörde genannten Gründen rechtmäßig ist (
vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Mai 2013, a.a.O. Rn. 38), konnte auf die eigenen Angaben des Klägers zurückgegriffen werden. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat eingeräumt, mit Blick auf seine Hüftoperation nicht mehr in vollem Umfang für den Einsatzdienst tauglich gewesen zu sein. Er hat damit seine in dem erstinstanzlichen Urteil wiedergegebene Einlassung, bei der Ausübung des unmittelbaren Zwangs gegen Personen vorsichtig sein zu müssen und bestimmte seitlich ausgreifende Schrittbewegungen nicht mehr machen zu dürfen, im Wesentlichen bestätigt. Bewegungseinschränkungen dieser Art ziehen - wie schon das Verwaltungsgericht ausgeführt hat - die Polizeidienstunfähigkeit nach sich. Deshalb kommt es auf die weitere Frage, ob die im Frühjahr 2009 diagnostizierten internistischen Probleme fortbestanden und zu zusätzlichen Verwendungseinschränkungen geführt haben können, oder ob die Darstellung des Klägers zutrifft, diese gesundheitlichen Probleme seien im Jahre 2010 längst überwunden gewesen, nicht an, so dass eine dahingehende Sachaufklärung nicht geboten ist.
2. Der Beklagte hat zu Unrecht die Weiterverwendung des Klägers in Funktionen des Polizeivollzugsdienstes nach § 105
Abs. 2 Satz 1
Nr. 1 2. Alt.
LBG abgelehnt.
Nach § 105
Abs. 2 Satz 1
Nr. 1
LBG soll die Polizeivollzugskraft bei Polizeidienstunfähigkeit in ein Amt einer anderen Laufbahn versetzt werden, wenn die gesundheitliche Eignung für eine Verwendung in Funktionen des Vollzugsdienstes, die die besonderen gesundheitlichen Anforderungen auf Dauer nicht mehr erfordern (funktionsbezogene Dienstfähigkeit), nicht gegeben oder eine Verwendung funktionsbezogen dienstfähiger Polizeivollzugskräfte in Funktionen des Polizeivollzugsdienstes aus zwingenden dienstlichen Gründen nicht möglich ist. Mit dieser Regelung bringt der Gesetzgeber durch die gewählte konditionale Verknüpfung unmissverständlich zum Ausdruck, dass das Prinzip "Weiterverwendung vor Versorgung" in der Weise zu verwirklichen ist, dass die Verwendung einer funktionsbezogen dienstfähigen Polizeivollzugskraft in Funktionen des Polizeivollzugsdienstes Vorrang vor der Versetzung in ein Amt einer anderen Laufbahn hat.
Die hierfür erforderliche Voraussetzung der funktionsbezogenen Dienstfähigkeit des Klägers lag vor. Insoweit kommt es nicht darauf an, ob der Beamte den Anforderungen aller Funktionen seiner Laufbahn in vollem Umfang genügt, sondern es ist maßgeblich, ob der Beamte auf Dauer weiterhin innerhalb seiner Laufbahn auf einem Dienstposten, der keine besonderen Anforderungen an die Gesundheit des Dienstposteninhabers stellt, verwendet werden kann. Selbst auf der Grundlage der polizeiärztlichen Einschätzung, die mit unzureichender Begründung ausschließlich die oben genannten Verwendungseinschränkungen im Vollzugsdienst vorsah, steht die funktionsbezogene Dienstfähigkeit (ebenso wie die allgemeine Dienstfähigkeit) außer Frage.
Anders als die Vorgängerregelung des § 107
Abs. 1 Satz 1 2. Hs.
LBG a.F. eröffnet § 105
Abs. 2 Satz 1
Nr. 1
LBG dem Dienstherrn kein Ermessen, sondern geht von dessen grundsätzlich bestehender Verpflichtung aus, funktionsbezogen dienstfähige Polizeivollzugskräfte im Polizeivollzugsdienst weiter zu verwenden, sofern dies nicht aus zwingenden dienstlichen Gründen ausgeschlossen ist. Dieses Verständnis der Norm ergibt sich aus dem in ihrem Wortlaut zum Ausdruck gebrachten objektivierten Willen des Gesetzgebers.
Der Gesetzgeber hat mit der neu konzipierten Vorschrift des § 105
Abs. 2 Satz 1
LBG die Voraussetzungen neu gefasst und zusammengefasst, unter denen eine polizeidienstunfähige Polizeivollzugskraft entsprechend dem Grundsatz "Weiterverwendung vor Versorgung" vor Versetzung in den Ruhestand in ein Amt einer anderen Laufbahn versetzt werden soll. Dabei hat er die zuvor in § 107
Abs. 1 Satz 1 2. Hs.
LBG a.F. enthaltene Regelung mit zudem geändertem Wortlaut in § 105
Abs. 2 Satz 1
Nr. 1
LBG integriert. Der durch das Gesetz zur Änderung dienstrechtlicher und haushaltsrechtlicher Vorschriften vom 22. Juli 1999 (GVBl.
S. 422) in § 107
Abs. 1 Satz 1
LBG a.F. angefügte Halbsatz folgte der Änderung von § 101 BRRG und verfolgte wie diese den Zweck, für die Polizeivollzugsbeamten das Instrumentarium zur Vermeidung der vorzeitigen Zurruhesetzung wegen Polizeidienstunfähigkeit zu erweitern, weil bei der Versetzung in den Ruhestand wegen Polizeidienstunfähigkeit stärker als bisher auf die wahrgenommene Funktion abzustellen sei (
vgl. Abgh-Drs. 13/3416
S. 18 zu
Nr. 27; zu § 101 BRRG
vgl. BT-Drs. 13/1447
S. 5 und BT-Drs. 13/5057
S. 64 zu
Nr. 17a). Diese Regelung war nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung dahin zu verstehen, dass sie nicht die Anforderungen an die Polizeidienstfähigkeit einschränkte, sondern den Dienstherrn ermächtigte, den vollzugsdienstunfähig gewordenen Beamten unter den dort genannten Voraussetzungen weiter im Polizeivollzugsdienst zu verwenden. Hierdurch hat der Gesetzgeber dem Dienstherrn zur Reduzierung vorzeitiger Pensionierungen neben der Möglichkeit der Versetzung des Beamten in eine andere Laufbahn (§ 107
Abs. 2
LBG a.F.) die Möglichkeit eingeräumt, vollzugsdienstunfähige Beamte für Dienstposten im Polizeivollzugsdienst vorzusehen, auf denen die volle Verwendbarkeit entbehrlich ist (
BVerwG, Urteil vom 3. März 2005, a.a.O. Rn. 12 f. zu der entsprechenden nordrhein-westfälischen Regelung). Der Gesetzgeber hat es bei der Neufassung des Gesetzes nicht dabei bewenden lassen, den vormaligen § 107
Abs. 1 Satz 1 2. Hs.
LBG a.F. mit seinem bisherigen Regelungsgehalt in den Katalog der Voraussetzungen für die eine Zurruhesetzung vermeidende Versetzung in ein Amt einer anderen Laufbahn zu übernehmen. Vielmehr hat er den früheren Wortlaut dahingehend ergänzt, dass eine Verwendung funktionsbezogen dienstfähiger Polizeivollzugskräfte in Funktionen des Polizeivollzugsdienstes aus zwingenden dienstlichen Gründen nicht möglich ist. Dieser Passus der neu gefassten Vorschrift geht über den vorherigen Regelungsgehalt hinaus. Dass dem geänderten Wortlaut für das Verständnis der Vorschrift keine Bedeutung beizumessen sein soll, lässt sich entgegen der Annahme des Beklagten nicht begründen. Ein etwaiger dahingehender Wunsch der Entwurfsverfasser gibt keinen Anlass, von der vom Wortlaut vorgegebenen Lesart des Gesetzes abzuweichen.
Zwar zieht der Wortlaut des Gesetzes, der Ausgangspunkt der Auslegung einer Vorschrift ist, im Regelfall keine starre Auslegungsgrenze (
vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 26. September 2011 - 2 BvR 2216/06, 469/07 -, juris Rn. 57). Die Befugnis zur Korrektur des Wortlauts einer Vorschrift steht den Gerichten aber nur begrenzt zu (
vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2013 - 5 C 28.12 -, juris Rn. 9; Urteil vom 27. Oktober 2010 - 6 C 12.09 -, juris Rn. 32). Sie ist unter anderem dann gegeben, wenn die Beschränkung des Wortsinns einer gesetzlichen Regelung aufgrund des vom Gesetzgeber mit ihr verfolgten Regelungsziels geboten ist, die gesetzliche Regelung also nach ihrem Wortlaut Sachverhalte erfasst, die sie nach dem erkennbaren Willen des Gesetzgebers nicht erfassen soll. In einem solchen Fall ist eine zu weitgefasste Regelung im Wege der sogenannten teleologischen Reduktion auf den ihr nach Sinn und Zweck zugedachten Anwendungsbereich zurückzuführen (
BVerwG, Urteil vom 27. Juni 1995 - 9 C 8.95 -, juris Rn. 9).
Gemessen hieran kommt eine an teleologischen Gesichtspunkten ausgerichtete Norminterpretation, die die "zwingenden dienstlichen Gründe" in § 105
Abs. 2 Satz 1
Nr. 1
LBG ignoriert, nicht in Betracht. Der Umstand, dass die Gesetzesbegründung keinerlei Ausführungen zu dieser vorgesehenen Ergänzung des Gesetzestextes enthält und es zu
Art. I Abschnitt 9, Unterabschnitt 2 (Polizei) nur heißt, der Unterabschnitt mit den §§ 100 bis 105 entspreche im Wesentlichen dem bisherigen Abschnitt VII, die Anpassung an die geschlechtergerechte Sprache bedinge, dass künftig anstelle des "Polizeivollzugsbeamten" der Begriff der "Polizeivollzugskraft" verwendet werde, und im Übrigen durch die ergänzende Regelung in § 105
Abs. 3 klargestellt werde, dass die allgemeinen Regelungen über die Wiederherstellung der Dienstfähigkeit auch in Fällen der Polizeidienstunfähigkeit Anwendung fänden (Abgh-Drs. 16/2049
S. 131), kann ein solches Gesetzesverständnis nicht rechtfertigen. Die Aussage, der Unterabschnitt entspreche "im Wesentlichen" dem bisherigen Abschnitt VII, ist eine zu unbestimmte zusammenfassende Aussage, als dass sich ihr eine eindeutige gesetzgeberische Absichtserklärung in dem Sinne entnehmen ließe, der Regelungsgehalt solle unverändert bleiben. Als dahingehendes erklärtes gesetzgeberisches Regelungsziel kann die bezeichnete Feststellung nicht aufgefasst werden. Dass sich die Gesetzesbegründung zu Motiven für eine Gesetzesänderung nicht äußert und diese mithin nicht offenlegt, ermächtigt das Gericht nicht zu der Schlussfolgerung, der geänderte Wortlaut sei nicht gewollt oder gar ein gesetzgeberisches Versehen, so dass über ihn hinwegzusehen und er im Wege der Auslegung zu korrigieren sei. Sollte, wie der Beklagte meint, der Gesetzgeber mit der Neufassung ausschließlich die unausgesprochene Absicht verfolgt haben, den Regelungsgehalt von § 107
Abs. 1 Satz 1 2. Hs.
LBG a.F. klarzustellen, erklärt diese mutmaßliche Vorstellung des Gesetzgebers
bzw. der Entwurfsverfasser jedenfalls nicht die Hinzufügung der "zwingenden dienstlichen Gründe" in § 105
Abs. 2 Satz 1
Nr. 1 2. Alt.
LBG. Die Zweifel, wie § 107
Abs. 1 Satz 1 2. Hs.
LBG a.F. zu verstehen war, hatte das Bundesverwaltungsgericht in dem bereits erwähnten Sinne ausgeräumt, dass die Vorschrift keine Tatbestandseinschränkung, sondern eine Rechtsfolgenbeschränkung normierte (
vgl. BVerwG, Urteil vom 3. März 2005, a.a.O. Rn. 9). Ein gesetzgeberischer Klarstellungsbedarf bestand vor diesem Hintergrund nicht und ist - soweit ersichtlich - im Zuge der Neufassung der Beamtengesetze auch weder vom Bund in § 4
Abs. 1 BPolBG noch von den anderen Bundesländern gesehen worden (
vgl. die Übersicht bei Brockhaus, in: Schütz/Maiwald, Beamtenrecht, Loseblatt Stand Januar 2013, Teil C, § 116
LBG NRW Rn. 69
ff.). Unabhängig davon lässt sich eine unterstellte Klarstellungsabsicht nicht mit dem angefügten Passus "aus zwingenden dienstlichen Gründen nicht möglich ist" in Verbindung bringen. Denn bei der vom Bundesverwaltungsgericht vorgenommenen Auslegung der § 107
Abs. 1 Satz 1 2. Hs.
LBG a.F. entsprechenden Regelung in § 194
Abs. 1
LBG NRW spielte die Frage, welche Anstrengungen der Dienstherr zum Zwecke der Weiterverwendung eines polizeidienstunfähigen Beamten zu unternehmen hat und welches Ausmaß dienstliche Gründe haben müssen, um der weiteren Verwendung entgegen gehalten werden zu können, keine Rolle.
Auch gesetzessystematische Erwägungen geben keine ausreichenden Hinweise für eine vom Wortlaut abweichende Deutung des § 105
Abs. 2 Satz 1
Nr. 1 2. Alt.
LBG. Bei der systematischen Auslegung ist darauf abzustellen, dass einzelne Rechtssätze, die der Gesetzgeber in einen sachlichen Zusammenhang gestellt hat, grundsätzlich so zu interpretieren sind, dass sie logisch miteinander vereinbar sind. Denn es ist davon auszugehen, dass der Gesetzgeber sachlich Zusammenhängendes so geregelt hat, dass die gesamte Regelung einen durchgehenden, verbindlichen Sinn ergibt (
BVerfG, Beschluss vom 9. Mai 1978 - 2 BvR 952/75 -, juris Rn. 32). Insbesondere entsteht keine logische Unvereinbarkeit mit § 105
Abs. 2 Satz 1
Nr. 2
LBG dadurch, dass sowohl für die Verwendung einer funktionsbezogen dienstfähigen Polizeivollzugskraft in Funktionen des Polizeivollzugsdienstes als auch für die demgegenüber nachrangige Versetzung in ein Amt einer anderen Laufbahn entgegenstehende zwingende dienstliche Gründe gleichermaßen die Grenze bilden.
Indem § 105
Abs. 2 Satz 1
Nr. 1 2. Alt.
LBG nunmehr die Versetzung in ein Amt einer anderen Laufbahn davon abhängig macht, dass eine Verwendung in Funktionen des Polizeivollzugsdienstes aus zwingenden dienstlichen Gründen nicht möglich ist, kann der Senat seine zu der Vorgängerregelung ergangene Rechtsprechung nicht aufrecht erhalten (
vgl. Senatsurteil vom 8. Dezember 2011 -
OVG 4 B 62.09 -,
S. 11
ff. EA). Die Neufassung der Vorschrift entzieht einem Verständnis, das dem Prinzip "Weiterverwendung vor Versorgung" insoweit keinen Vorrang und dem Dienstherrn ein weites Organisationsermessen einräumt, bei dem mit Blick auf eine künftige Verwendung des Beamten im Polizeivollzugsdienst die Erfordernisse der Dienstbehörde, personalpolitische Gesichtspunkte und die Einschätzung der Verwendungsbreite des Beamten eine Rolle spielen können (wie zuletzt zitiert,
S. 11), die Grundlage. Stattdessen darf der Dienstherr von der Verwendung funktionsbezogen dienstfähiger Polizeivollzugskräfte in Funktionen des Polizeivollzugsdienstes nur absehen, wenn in den Erfordernissen des Dienstbetriebes liegende Gründe höchster Priorität eine solche Weiterverwendung ausschließen. Zur Begründung dieses Verständnisses des unbestimmten Rechtsbegriffs "zwingende dienstliche Gründe" nimmt der Senat auf die Erwägungen in seinem Urteil vom 8. Dezember 2011 (a.a.O.
S. 14 f.) zum Bedeutungsgehalt desselben Begriffs in § 107
Abs. 2 Satz 1
LBG a.F. Bezug, die wiederum auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Vorliegen zwingender dienstlicher Gründe bei der Reaktivierung von Ruhestandsbeamten (
vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Juni 2009 - 2 C 68.08 -, juris Rn. 17
ff.) zurückgreifen. In dem Urteil vom 8. Dezember 2011 hat der Senat ausgeführt:
"Dienstliche Gründe dieser höchsten Prioritätsstufe müssen von solchem Gewicht sein, dass ihre Berücksichtigung unerlässlich ist, um die sachgerechte Wahrnehmung der dienstlichen Aufgaben sicherzustellen. Es müssen mit großer Wahrscheinlichkeit schwerwiegende Beeinträchtigungen der Funktionsfähigkeit drohen (
BVerwG, Urteil vom 25. Juni 2009, a.a.O., Rn. 17).Schwerwiegende Beeinträchtigungen, die den Grad zwingender dienstlicher Gründe erreichen, liegen nicht schon dann vor, wenn für den Beamten nach den vorhandenen organisatorischen Strukturen kein amtsangemessener Arbeitsposten zur Verfügung steht. Vielmehr kommt es darauf an, ob es den Dienstherrn vor nicht mehr hinnehmbare Schwierigkeiten stellt, durch organisatorische Änderungen einen geeigneten Dienstposten zu schaffen. Dies wird in aller Regel nur bei Dienstherren mit einem geringen Personalbestand in Betracht kommen (
BVerwG, Urteil vom 25. Juni 2009, a.a.O., Rn. 21 sowie Urteil vom 30. März 2006 - 2 C 23.05 -, juris Rn. 20 zur Teilzeitbeschäftigung von Richtern). Auch die Erhöhung der Personalkosten und die dadurch bedingten Erfordernisse einer personalwirtschaftlichen Anpassung zählen zu den Gründen, die mit einer Wiederberufung von Beamten typischerweise verbunden sind (
BVerwG, Urteil vom 13. August 2008 - 2 C 41.07 -, juris Rn. 12). Der Dienstherr ist verpflichtet, für den Fall eines Antrags auf Wiederberufung Vorsorge zu treffen, etwa durch das Ausweisen einer Leerstelle. Hat er dies versäumt, kann er auch zur Einrichtung einer entsprechenden Planstelle unter Zuweisung eines amtsangemessenen Aufgabenbereichs an den Beamten verpflichtet sein (
BVerwG, Urteile vom 13. August 2008, ebenda, sowie vom 25. Juni 2009, a.a.O, Rn. 18). Das Fehlen einer besetzbaren Planstelle stellt damit für sich genommen keinen zwingenden dienstlichen Grund dar (im Anschluss an die neuere Rechtsprechung des
BVerwG zustimmend Battis, BBG, 4. Aufl. 2009, § 46 Rn. 10; Lemhöfer in: Plog/Wiedow, BBG, Loseblatt Stand 2010, § 45 BBG a.F. Rn. 14a; Summer in: Weiß/Niedermaier/Summer/Zängl, Beamtenrecht in Bayern, Loseblatt Stand 2009, § 29 BeamtStG Rn. 12 und Knoke in: Schütz/ Maiwald, Beamtenrecht, Loseblatt Stand 2011, Teil B, § 29 BeamtStG Rn. 20). Für das Vorliegen zwingender dienstlicher Gründe trifft den Dienstherrn die Darlegungs- und Beweislast (
BVerwG, Urteil vom 25. Juni 2009, a.a.O., Rn. 9)."
Die Übertragung dieser Rechtsprechung auf § 105
Abs. 2 Satz 1
Nr. 1 2. Alt.
LBG begründet bis zur Grenze nicht mehr hinnehmbarer Schwierigkeiten auch die Verpflichtung des Dienstherrn, personelle und organisatorische Änderungen vorzunehmen, um eine Weiterverwendung in Funktionen des Polizeivollzugsdienstes zu ermöglichen. Sein organisatorischer Gestaltungsspielraum wird in diesem Maße eingeschränkt. Die Vorschrift begründet zugleich die Pflicht des Dienstherrn, in dem vorbezeichneten Umfang nach einer anderweitigen Verwendung zu suchen, um den gesetzlich konkretisierten Grundsatz "Weiterverwendung vor Versorgung" wirksam umzusetzen (
vgl. BVerwG, Urteil vom 26. März 2009 -
2 C 73.08 -, juris Rn. 25 zu § 42
Abs. 3 BBG a.F.). Da es bei der Suche nach einer anderweitigen Verwendung um Vorgänge aus dem Verantwortungsbereich des Dienstherrn geht, die dem Einblick des betroffenen Beamten in aller Regel entzogen sind, ist es Sache des Dienstherrn, schlüssig darzulegen, dass er bei der Suche nach einer anderweitigen Verwendung die gesetzlichen Vorgaben beachtet hat (
vgl. BVerwG, Urteil vom 26. März 2009, a.a.O. Rn. 30, Urteil vom 30. Mai 2013, a.a.O. Rn. 36).
Gemessen an diesen Maßstäben hat der Beklagte nicht schlüssig dargelegt, den Anforderungen an die Prüfung einer anderweitigen Verwendung des Klägers in Funktionen des Polizeivollzugsdienstes gerecht geworden zu sein. Auch die ergänzenden Darlegungen im Berufungsverfahren ergeben nicht, dass der Beklagte seiner gesetzlichen Verpflichtung nachgekommen wäre. Die gegen eine Weiterbeschäftigung funktionsbezogen dienstfähiger Polizeivollzugskräfte in Funktionen des Polizeivollzugsdienstes vorgebrachten Gründe belegen vielmehr, dass der Beklagte für die von ihm verlangten darauf gerichteten Anstrengungen von einem falschen Maßstab ausgegangen ist.
Der Beklagte kann sich nicht mit Erfolg pauschal auf das ihm zustehende Organisationsermessen berufen. Der Dienstherr entscheidet über die Organisationsstrukturen sowie die Einrichtung und Ausgestaltung von Dienstposten innerhalb des von Verfassung und Parlament vorgegebenen Rahmens aufgrund des ihm zukommenden organisatorischen Ermessens nach seinen Bedürfnissen. Wie er die Stellen zuschneidet, welche Zuständigkeiten er ihnen zuweist und welche Kenntnisse und Fähigkeiten er zur Erfüllung der jeweils wahrzunehmenden Aufgaben für erforderlich ansieht, unterliegt seinem Organisationsermessen. Zu den bei dessen Ausübung zu beachtenden gesetzlichen Vorgaben gehört die Verpflichtung aus § 105
Abs. 2 Satz 1
Nr. 1
LBG. Soweit die dargestellten Schwierigkeiten bei der Weiterverwendung polizeidienstunfähiger Beamter von den bestehenden behördlichen Organisationsstrukturen ausgehen, übersieht der Beklagte, dass die Organisation der Polizeibehörde auch diesen gesetzlichen Anforderungen folgen muss und es nicht umgekehrt ist. Deshalb kann auch die Umstrukturierung der Polizeibehörde nach dem "Berliner Modell" (
vgl. Geschäftsanweisung PPr Stab
Nr. 9/2010 über den Täglichen Dienst der Abschnitte im Berliner Modell vom 31. August 2010, der die Geschäftsanweisung
Nr. 5/2005 vorausgegangen war), das die Verwendungsmöglichkeiten funktionsbezogen dienstfähiger Beamter nach den eigenen Angaben des Beklagten deutlich verringert hat, ihn nicht aus seiner gesetzlich begründeten Verpflichtung entlassen. Aus demselben Grunde kann der Beklagte nicht mit den weiteren Argumenten durchdringen, mit denen er die Unmöglichkeit, einen geeigneten Dienstposten freizumachen oder durch zumutbare organisatorische Änderungen zu schaffen, darzulegen versucht. Die Erwägungen, dass keine besonderen Aufgabengebiete für dauerhaft eingeschränkt polizeidienstfähige Beamte vorgehalten werden könnten und für den Einsatz solcher Beamter geeignete Aufgabengebiete vorrangig vorübergehend eingeschränkt polizeidienstfähigen und solchen Beamten zur Verfügung stehen müssten, die sich im Rahmen der Personalentwicklung und Rotation für Führungsaufgaben qualifizieren sollen, beschreiben angewandte behördliche Organisationsprinzipien, die der gesetzgeberischen Wertung, dem Grundsatz "Weiterbeschäftigung vor Versorgung" verstärktes Gewicht beizumessen, nicht genügend Rechnung tragen. Es entspricht dem verlautbarten Willen des Gesetzgebers, einer Weiterverwendung von funktionsbezogen dienstfähigen Vollzugsbeamten auch in Funktionen des Vollzugsdienstes Vorrang vor den üblichen personalplanerischen und haushaltsrechtlichen Gesichtspunkten einzuräumen, um finanzielle Belastungen des Haushalts durch vorzeitige Zurruhesetzungen zu vermeiden. Der allgemein gehaltene Hinweis, dass die Verwendung funktionsbezogen dienstfähiger Beamter im Interesse eines reibungslosen Dienstbetriebes durch uneingeschränkt polizeidienstfähige Beamte kompensiert werden müsse, besagt nichts zu der relevanten Frage, welche Relation von eingeschränkt und uneingeschränkt dienstfähigen Beamten für die dienstliche Aufgabenerfüllung verkraftbar ist. Zudem darf auch die insoweit nötige Betrachtung nicht nur von den organisatorischen Gegebenheiten ausgehen. Überdies lässt sich der weiteren Erwägung des Beklagten, dass der Einsatz aller dauerhaft verwendungseingeschränkten Polizeivollzugskräfte im Rahmen der funktionsbezogenen Dienstfähigkeit in einzelnen Gliederungseinheiten die sachgerechte und reibungslose Erfüllung der Polizeivollzugsaufgaben beeinträchtigen würde, nichts über die dienstlichen Konsequenzen entnehmen, die die Weiterverwendung einzelner betroffener Beamter hat. Die von dem Beklagten vorgenommene generelle Betrachtung kann dem jeweiligen individuellen beruflichen Schicksal nicht entgegen gehalten werden und kann den Beklagten nicht von der gebotenen Einzelfallprüfung entbinden. Schließlich erlauben die in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vorgetragenen statistischen Angaben, wonach im Juli 2013 rund 2.000 Polizeivollzugskräfte aus unterschiedlichsten Gründen nicht einsatzfähig oder in ihrer dienstlichen Verwendung eingeschränkt gewesen seien, keine Schlussfolgerungen für den vorliegenden Fall. Abgesehen davon, dass diese Statistik nichts für den hier maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung besagt, fasst sie verschiedene Fallgruppen zusammen (insbesondere Erkrankungen unterschiedlicher Dauer, Wiedereingliederung nach dem Hamburger Modell, Mutterschutz, funktionsbezogene Dienstfähigkeit), mit denen die Personalplanung umzugehen hat, ohne Schlüsse auf nicht mehr hinnehmbare Schwierigkeiten zuzulassen, vor die sich der Dienstherr gerade im Falle der Weiterbeschäftigung funktionsbezogen dienstfähiger Beamter gestellt sieht.
Auch die gegen eine Weiterbeschäftigung des Klägers als Beamten des höheren Vollzugsdienstes vorgebrachten Argumente überzeugen nicht. Sie gehen gleichfalls von den gegenüber der Verpflichtung aus § 105
Abs. 2 Satz 1
Nr. 1
LBG nachrangigen organisatorischen Gegebenheiten aus und schließen die Möglichkeit einer anderen Verwendung mit allgemein gehaltenen Erwägungen (keine Integrationsfähigkeit in den Regelablauf, Anpassung an die Ablaufstruktur, Schädlichkeit für die gesamtbehördliche Ablauforganisation) aus. Zudem legt der Beklagte nicht dar, dass der Kläger seinen zuletzt innegehabten Dienstposten entgegen seinen Angaben und entgegen der erstinstanzlichen Argumentation trotz der Verwendungseinschränkungen nicht habe jedenfalls im Wesentlichen wahrnehmen können. Schließlich hat der Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat sein Bemühen um die Schaffung eines leidensgerechten Dienstpostens betont, zu dessen Wahrnehmung durch den Kläger es infolge erneuter Arbeitsunfähigkeit nicht kam. Demnach hat sich ein leidensgerechter Dienstposten durchaus einrichten lassen.
3. Hingegen erweist sich die Versetzung in den Ruhestand nicht auch deswegen als rechtswidrig, weil der Beklagte davon abgesehen hat, die Versetzung des Klägers in ein Amt einer anderen Laufbahn nach § 105
Abs. 2 Satz 1
Nr. 2
LBG zu prüfen.
Nach § 105
Abs. 2 Satz 1
Nr. 2
LBG soll die Polizeivollzugskraft bei Polizeidienstunfähigkeit in ein Amt einer anderen Laufbahn versetzt werden, wenn - neben weiteren Voraussetzungen - zwingende dienstliche Gründe einer Versetzung nicht entgegenstehen. Wie der Senat in seinem zu der sachgleichen Regelung in § 107
Abs. 2 Satz 1
LBG a.F. ergangenen Urteil vom 8. Dezember 2011 (a.a.O. EA
S. 15 f.) im Einzelnen ausgeführt hat, eröffnet die Soll-Vorschrift des § 105
Abs. 2 Satz 1
LBG dem Dienstherrn kein Ermessen, sondern geht von dessen grundsätzlicher Verpflichtung aus, den polizeidienstunfähigen Beamten in ein Amt einer anderen Laufbahn zu versetzen. Hinsichtlich des Begriffs der zwingenden dienstlichen Gründe wird auf die Ausführungen unter 2. verwiesen. Eine Ausnahme von der grundsätzlichen Verpflichtung zur anderweitigen Weiterverwendung eines polizeidienstunfähigen Beamten ist danach mit der Zielrichtung der Regelung nur dann vereinbar, wenn in den Erfordernissen des Dienstbetriebes liegende Gründe höchster Priorität eine Versetzung des Beamten ausschließen. Der mit der Umschulung eines Beamten zum Zweck der Versetzung in ein Amt einer anderen Laufbahn verbundene zeitliche und finanzielle Aufwand kann für den Dienstherrn insbesondere unzumutbar werden, wenn der Beamte kurz vor dem Erreichen der Altersgrenze steht.
So liegen die Dinge hier. Der Kläger hatte zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides nur noch drei Monate bis zum Erreichen der besonderen Altersgrenze nach § 109
Abs. 2
LBG Dienst zu leisten. Innerhalb dieses Zeitraumes wäre der Erwerb der für die Wahrnehmung der Aufgaben einer neuen Laufbahn erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten (§ 105
Abs. 2 Satz 2
LBG) nicht realisierbar gewesen. Entgegen der Auffassung des Klägers führt der Umstand, dass ein vorangegangenes Zurruhesetzungsverfahren geschwebt hatte, nicht dazu, für die Rechtmäßigkeit der streitgegenständlichen Versetzung in den Ruhestand auf eine andere als die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung abzustellen. Das vorangegangene Verfahren war mit der Aufhebung des Bescheides vom 24. April 2007 beendet. Die erneute Versetzung in den Ruhestand stellt einen neuen Streitgegenstand dar. Es besteht kein Anlass, die Rechtmäßigkeit dieses Bescheides nicht an der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides zu messen. Deshalb war der Beklagte verpflichtet, die Entwicklung bis zu diesem Zeitpunkt zu berücksichtigen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154
Abs. 2
VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167
VwGO in Verbindung mit § 708
Nr. 10, § 711
ZPO.
Die Revision ist gemäß § 132
Abs. 2
Nr. 1
VwGO, § 127
Nr. 2 BRRG wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen. Die Frage, wann nach § 105
Abs. 2 Satz 1
Nr. 1
LBG eine Verwendung einer funktionsbezogen dienstfähigen Polizeivollzugskraft in Funktionen des Polizeivollzugsdienstes aus zwingenden dienstlichen Gründen nicht möglich ist, ist höchstrichterlich noch nicht geklärt.