1. Die Klage ist mit dem zuletzt gestellten Feststellungsantrag zulässig. Insbesondere fehlt der Klage nicht etwa deshalb das Rechtsschutzbedürfnis, weil sich das Begehren durch Zeitablauf erledigt hätte. Der Beklagte kann die Rechtswirkungen zu Unrecht versagten Urlaubs auch noch für eine in der Vergangenheit liegende Zeit beseitigen (
BVerwG, B.v. 6.5.1981 - 1 WB 14.79 - BVerwGE 73, 170). Aus Gründen effektiven Rechtsschutzes gilt dies auch dann, wenn eine gesetzliche Frist für die Bewilligung von Erholungsurlaub für das abgelaufene Kalenderjahr zwischenzeitlich abgelaufen ist (
BVerwG, U.v. 15.12.2005 - 2 C 4.05 - DVBl 2006, 648).
2. Die Klage hat auch in der Sache Erfolg. Der Klägerin steht aus dem Jahr 2011 noch ein Tag Urlaub zu. Dies ergibt sich aus folgenden Erwägungen:
Die vom Beklagten schrittweise eingeführte Umstellung der Berechnung des Urlaubsanspruchs auf der Grundlage des § 3
Abs. 7 Satz 4 UrlV weg von einer tageweisen Betrachtung hin zu einer Bewertung der Arbeitstage nach Stundenanteilen und einer Gewährung des Urlaubs unter Berücksichtigung der jeweiligen Arbeitszeitanteile zum Zeitpunkt der Inanspruchnahme des Urlaubs führt dazu, dass die Klägerin ab Oktober 2011 mehr Stunden für die Erzielung eines Urlaubstags aufwenden muss als im Zeitraum davor. Da die Klägerin lediglich ihre tägliche Stundenzahl, nicht aber die Zahl ihrer Wochenarbeitstage aufgestockt hat, führt dies dazu, dass sie schlechter steht, als wenn sie ihren Jahresurlaub 2011 vor der Erhöhung ihrer Arbeitszeit, also zu "günstigeren Konditionen", eingebracht hätte. Dann hätte sie für das Kalenderjahr 2011 30 Urlaubstage und nicht lediglich 29 in Anspruch nehmen können.
Es kann dahinstehen, ob diese Berechnung und Gewährung des Urlaubs nach § 3
Abs. 7 Satz 4 UrlV, wonach bei einer Änderung der regelmäßigen Arbeitszeit während des Urlaubsjahres sich der Urlaubsanspruch aus der Summe der für die Zeiträume unterschiedlicher Arbeitszeiten gesondert ermittelten Stunden ergibt, mit höherrangigem Recht vereinbar ist. Die Klägerseite thematisiert in diesem Zusammenhang vielfältige Fragen zur Vereinbarkeit mit nationalem Recht sowie mit Unionsrecht. Auf diese und weitere Fragen - wie auch das Zusammenspiel des § 3
Abs. 7 Satz 4 UrlV mit § 3
Abs. 1 und
Abs. 3 UrlV - kommt es nicht entscheidungserheblich an. Denn der Anspruch der Klägerin auf einen weiteren Tag Urlaub aus dem Jahr 2011 ergibt sich aus einer Verletzung der beamtenrechtlichen Fürsorgepflicht des Dienstherrn aufgrund der Besonderheiten der Systemumstellung im Laufe des "Übergangsjahres" 2011 für den speziellen Fall der Veränderung des Arbeitszeitumfangs bei Teilzeittätigkeit. Mangels rechtzeitiger Information des Dienstherrn war der Klägerin im Jahr 2011 die Möglichkeit abgeschnitten, rechtzeitig auf die Systemumstellung zu reagieren.
a) Die Fürsorgepflicht des Dienstherrn, die gemäß
Art. 33
Abs. 4
GG als Strukturelement des Beamtenverhältnisses vorgegeben ist, gehört zu den von
Art. 33
Abs. 5
GG geschützten hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums (grundlegend
BVerfG, B. v. 2.12.1958, BVerfGE 8, 332 (356 f.);
vgl. weiter
BVerfG, B. v. 13.11.1990, BVerfGE 83, 89 (98)). Die Fürsorgepflicht im engeren Sinn ist einfachrechtlich in § 45 des Beamtenstatusgesetzes (BeamtStG) verankert (
vgl. Weiß/Niedermaier/Summer/Zängl, Beamtenrecht in Bayern, § 45 BeamtStG Rn. 10). Sie erstreckt sich auch auf die Gewährung von Urlaub, der der Erholung und damit der Gesunderhaltung des Beamten dient. In Konkretisierung der Fürsorgepflicht ist der Urlaubsanspruch spezialgesetzlich und grundsätzlich abschließend in der Urlaubsverordnung normiert, die der allgemeinen Fürsorgepflicht, wie sie generalklauselartig in § 45 Satz 1 BeamtStG geregelt ist, als lex specialis vorgeht (zum Verhältnis von Fürsorgepflicht und spezialgesetzlichen Regelungen s. Weiß/Niedermaier/Summer/Zängl, § 45 BeamtStG Rn. 10, 79). Insoweit besteht kein über die Urlaubsverordnung hinausgehender Urlaubsanspruch aus der Fürsorgepflicht in ihrer Ausprägung als Pflicht des Dienstherrn zum Schutz von Leben und Gesundheit des Beamten.
b) Ein darüber hinausgehender Anspruch auf Urlaubsgewährung ergibt sich vorliegend jedoch ausnahmsweise aus der beamtenrechtlichen Fürsorgepflicht unter dem Gesichtspunkt der Verletzung von Belehrungs-, Hinweis- und Aufklärungspflichten des Dienstherrn im Zuge der Einführung des neuen Urlaubssystems im "Sonderjahr" 2011. Zwar besteht keine aus der Fürsorgepflicht abzuleitende allgemeine Belehrungspflicht des Dienstherrn über den Inhalt der Vorschriften, die für die Rechte und Pflichten des Beamten bedeutsam sind (
BVerwG, U.v. 30.1.1997 - 2 C 10.96 - BVerwGE 104, 55 (57 f.) m. w. N.). Dies gilt insbesondere dann, wenn es sich um Kenntnisse handelt, die zumutbar vorausgesetzt werden können oder die sich der Beamte unschwer verschaffen kann,
z. B. durch eine Nachfrage bei der zuständigen Stelle. Abweichend von diesem Grundsatz können jedoch besondere Fallgestaltungen eine Belehrungspflicht auslösen, so
z. B. bei einer ausdrücklichen Bitte des Beamten um Auskunft, bei einem vom Dienstherrn erkannten oder erkennbaren Irrtum des Beamten in einem bedeutsamen Punkt sowie einer bestehenden allgemeinen Praxis, die Beamten über einschlägige Rechtsvorschriften zu belehren (
vgl. BVerwG, U.v. 14.1.1980 - 6 C 34.78 - ZBR 1981, 65;
BVerwG, U.v. 30.1.1997 - 2 C 10.96 - BVerwGE 104, 55 (57); BayVGH, B.v. 13.1.2011 - 3
ZB 07.3411 - juris; Weiß/Niedermaier/Summer/Zängl, § 45 BeamtStG Rn. 180 m. w. N.). Erfolgt eine Belehrung
bzw. ist eine solche geboten, fordert die Fürsorgepflicht, über Rechte und Pflichten inhaltlich richtig zu belehren (
vgl. bereits
BVerwG, U.v. 27.10.1966 - II C 124.64 - Buchholz 232 § 23 BBG
Nr. 9).
c) Hieran gemessen liegt aufgrund der besonderen Umstände der Systemumstellung und ihrer spezifischen Rahmenbedingungen bei Veränderungen des Arbeitszeitumfangs von Teilzeitkräften eine Verletzung der Fürsorgepflicht des Dienstherrn vor. Dies folgt aus den zeitlichen Abläufen, wie sie aus den von der Beklagtenseite in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Unterlagen sowie den Angaben des für die Umsetzung beim Polizeipräsidium O. zuständigen Vertreters der Beklagten hervorgehen.
aa) Im Jahr 2001 wurde mit dem damaligen § 3
Abs. 6 Satz 4 UrlV (nunmehr § 3
Abs. 7 Satz 4 UrlV) das neue Regelungssystem eingeführt, das die Möglichkeit einer stundenweisen Urlaubsberechnung eröffnet. Im Jahr 2004 beschloss der Ministerrat, ... als Basiskomponente für Behörden des Beklagten einzuführen. Im Jahr 2009 erfolgte die Vereinbarung mit dem Hauptpersonalrat des Bayerischen Staatsministeriums des Innern über die Einführung von ... Die konkrete Einführung erfolgte zeitlich gestaffelt. Für den Bereich der Bayerischen Polizei wurden mit IMS vom 23. April 2009, IC5-0382-4, die neuen Arbeitszeitregelungen eingeführt, deren Kern die Umstellung auf Arbeitsstundenkonten mit stunden- und minutengenauer Erfassung bildet. Der Erholungsurlaub wird danach nicht mehr in Tagen, sondern in Stunden in einem sog. Urlaubsstundenkonto dargestellt. Das für die Urlaubseinbringung geltende Tagesprinzip bleibt hiervon unberührt. Die Anlage 1 zum IMS vom 23. April 2009, welche die Regelungen zur Stundenfortschreibung für den Bereich Beamte enthält, trifft unter II.B (
S. 10 f.) Regelungen zum Erholungsurlaub, wobei für Teilzeitkräfte (
vgl. S. 11,
Nr. 7) die Vorgaben des damaligen § 3
Abs. 6 Satz 4 UrlV zunächst nicht umgesetzt waren. Ausweislich der Angaben der Beklagtenseite in der mündlichen Verhandlung waren die diesbezüglichen Vorgaben auch nicht in ... hinterlegt. Das Regelwerk zur Stundenfortschreibung trat am 1. August 2009 in Kraft. Nach seiner Fußnote 2 blieben Regelungen wie die Umstellung und Berechnung des Erholungsurlaubs in Stunden, die bis zur Einführung eines geeigneten elektronischen Zeitmanagementsystems nur unter erheblichem Anpassungsaufwand durchgeführt werden könnten, von diesem Termin unberührt. Nach den Angaben der Beklagtenseite erfolgte die konkrete Umsetzung der neuen Vorgaben in der nachfolgenden Zeit; sie war für die bayerische Polizei bis Ende 2010 abgeschlossen. Zum Ende November 2010 waren in O. grundsätzlich die Voraussetzungen dafür geschaffen, sowohl die Arbeitszeit als auch die Urlaubsansprüche nach dem neuen System stundenweise zu berechnen.
Am 10. Februar 2011 erging ein ergänzendes IMS (IC5-0341-0) zur Stundenfortschreibung und zur Berechnung des Erholungsurlaubs bei Beamten. Es wurde gebeten, mit Wirkung vom 1. Januar 2011 den Urlaubsanspruch bei einem Wechsel des Arbeitszeitumfangs (von Voll- auf Teilzeit
bzw. von Teil- auf Vollzeit) gemäß § 3
Abs. 6 Satz 4 UrlV zu berechnen. Damit ergebe sich der Urlaubsanspruch bei einer Änderung der regelmäßigen Arbeitszeit während des Urlaubsjahres aus der Summe der für die Zeiträume unterschiedlicher Arbeitszeiten gesondert ermittelten Stunden. Im Fall eines vor einer Änderung der Arbeitszeit zu viel erhaltenen Erholungsurlaubs sei der Erholungsurlaub des Folgejahres entsprechend zu kürzen. Die Änderung beziehe sich ausschließlich auf die Berechnung des Erholungsurlaubs und beinhalte somit auch Vorjahres- und Ansparurlaub (§ 11 UrlV). Sie sei nicht auf Zusatzurlaub und Urlaub nach
SGB IX anzuwenden. Es wurde gebeten, die Seite 11 der Anlage 1 zum IMS vom 23. April 2009 gegen das beigefügte (aktualisierte) Blatt auszutauschen. Das aktualisierte Blatt lautet unter
Nr. 7: "Diese Regelungen finden für Teilzeitkräfte sinngemäß Anwendung. Bei einer Änderung der regelmäßigen Arbeitszeit während des Urlaubsjahres ergibt sich der Urlaubsanspruch aus der Summe der für die Zeiträume unterschiedlicher Arbeitszeiten gesondert ermittelten Stunden (§ 3
Abs. 6 Satz 4 UrlV)."
Nach den Angaben der Beklagtenseite in der mündlichen Verhandlung ging das IMS vom 10. Februar 2011 beim Polizeipräsidium O. am 17. Februar 2011 ein. Das Schreiben sei völlig überraschend gekommen und habe keine weiteren Ausführungsbestimmungen enthalten. Mit E-Mail vom 4. März 2011 hat das Polizeipräsidium das IMS an alle Dienststellen und an den Personalrat mit der Bitte um Kenntnisnahme und weitere Veranlassung übersandt. In dieser E-Mail heißt es, für die Übergangszeit bis zur offiziellen Anpassung der Anspruchsberechnung für den Erholungsurlaub in der Anwendung "..." müssten Beamte, die ihren Arbeitszeitanteil ändern, auf die momentanen Berechnungsdifferenzen mit den sich
ggf. daraus ergebenden Konsequenzen hingewiesen werden. Ob dies von allen Dienststellen umgesetzt wurde, vermochte die Beklagtenseite in der mündlichen Verhandlung nicht zu sagen. Sie verwies unter anderem auf das Schreiben der beim Präsidium der Bayerischen Bereitschaftspolizei angesiedelten Servicestelle für Zeitmanagement vom 14. Juli 2011, wonach die programmseitige Anpassung zur Neuregelung derzeit noch in Bearbeitung sei. Ein konkreter Zeitpunkt zur technischen Umsetzung könne aufgrund des hohen Programmieraufwandes nicht genannt werden. Es wurde deshalb gebeten, die erforderlichen Urlaubsberechnungen gemäß IMS vom 10. Februar 2011 für das Jahr 2011 manuell durchzuführen. Nach den Angaben der Beklagtenseite gab es im Jahr 2011 mangels entsprechender Vorgaben allerdings bayernweit niemanden, der eine manuelle Berechnung hätte durchführen können. Die Umsetzung habe aufgrund offener Detailfragen nicht erfolgen können. Bayernweit habe bei keinem Beschäftigten, der im laufenden Kalenderjahr seinen Arbeitszeitanteil geändert habe, die stundenweise Urlaubsberechnung gestimmt. Erst im Januar 2012 konnte der Administrator des Zeiterfassungssystems "..." beim Polizeipräsidium O. die rückwirkende Neuberechnung des Urlaubsanspruchs der Klägerin zum Stand 1. September 2011 vornehmen.
bb) Die Gesamtwürdigung dieser Chronologie lässt den Schluss auf eine Verletzung der Fürsorgepflicht des Dienstherrn zu. Zwischen dem im Februar 2011 ergangenen IMS und der erst im Januar 2012 erfolgten Information der Klägerin über die rückwirkende Anpassung ihres Urlaubsanspruchs für 2011 an die Teilzeitbeschäftigung in "..." hat es nach den übereinstimmenden Angaben der Beteiligten keine nach außen gerichteten Aktivitäten
bzw. offiziellen Informationen des Dienstherrn gegenüber seinen Beamten gegeben. Die Strategien zur Umsetzung und Lösung der beschriebenen Umsetzungsprobleme erfolgten ausweislich der Handakten des Beklagten rein intern. Anhaltspunkte dafür, dass die Beamten entsprechend der E-Mail des Polizeipräsidiums vom 4. März 2011 für die Übergangszeit auf die damaligen Berechnungsdifferenzen mit den sich
ggf. daraus ergebenden Konsequenzen hingewiesen wurden, bestehen nicht. Erst nach Ablauf des Urlaubsjahres 2011, im Januar 2012, nahm der Beklagte eine rückwirkende Korrektur der Urlaubsanspruchsberechnung nach den Vorgaben des neuen IMS zum Stichtag 1. September 2011 vor.
Mangels Kenntnis von den Konsequenzen der Umstellung des Berechnungssystems hatte die Klägerin während der gesamten Kalenderjahres 2011 keine Möglichkeit, ihr Verhalten bei der Einbringung ihres Jahresurlaubs auf das neue System auszurichten. Die Klägerin hatte von jeher ihre Arbeitszeit auf fünf Tage pro Woche verteilt. Hätte sie bereits vor dem Zeitpunkt der Änderung ihrer Wochenarbeitszeit zum 1. Oktober 2011 ihren gesamten Jahresurlaub 2011 (zu der damaligen Tagessollzeit von 5:36
Std.) eingebracht, so hätte sie - wie in § 3
Abs. 1 UrlV vorgesehen - 30 Arbeitstage mit ihrem Erholungsurlaub abgedeckt. Tatsächlich wurden ihr bis zum Stichtag 1. Oktober 2011 nur 19 Tage des Jahresurlaubs 2011 gewährt. Nach ihrer Stundenaufstockung zum 1. Oktober 2011 hatte sie (bei einer nunmehrigen Tagessollzeit von 7:00
Std.) ihre regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit unverändert auf fünf Tage in der Kalenderwoche verteilt, konnte jedoch mit den ihr verbliebenen 72:06
Std. Urlaub nur noch 10 Arbeitstage - im Jahr 2011 also insgesamt 29 Urlaubstage - bestreiten. Den verbliebenen Restanspruch von 2:06
Std. musste sie mit 4:54
Std. vom Urlaubsanspruch 2012 "auffüllen", um den ihr nach der Urlaubsverordnung zustehenden 30. Urlaubstag des Jahres 2011 abdecken zu können. Hieraus wird deutlich, dass bei der Umstellung der Berechnung des Urlaubsanspruchs nach Zeitanteilen insbesondere den Beamten, die ihre Arbeitszeit reduzieren oder aufstocken, klar sein muss, welche Auswirkungen dies auf den Umfang ihres Urlaubsanspruchs haben kann, wenn der Urlaub nicht entsprechend des im jeweiligen Monat "erdienten" Urlaubsanspruchs genommen wird. Hierüber hätte der Beklagte die Klägerin rechtzeitig informieren müssen.
d) Angesichts der dargelegten besonderen Umstände hat die Klägerin zunächst einen Primäranspruch auf das fürsorgepflichtgerechte Verhalten ihres Dienstherrn in Gestalt eines Erfüllungsanspruchs (zum Erfüllungsanspruch als Primäranspruch
BVerwG, U.v. 8.12.1972 - VI C 8.70 - BVerwGE 41, 253 (256); Weiß/Niedermaier/Summer/Zängl, § 45 BeamtStG Rn. 34). Da dieser angesichts des Zeitablaufs nicht mehr greift
bzw. ausreicht, ist die Ebene der Sekundäransprüche eröffnet. Hier kommt für den Beamten zunächst der verschuldensunabhängige Folgenbeseitigungsanspruch in Betracht. Dieser betrifft die Fälle, in denen der Dienstherr durch pflichtwidriges Handeln oder Unterlassen eine noch andauernde fürsorgepflichtwidrige Lage geschaffen hat, die beseitigt werden soll. Der Folgenbeseitigungsanspruch ist auf die Wiederherstellung des ursprünglichen rechtmäßigen Zustandes gerichtet (
vgl. etwa
BVerwG, U.v. 21.9.2000 - 2 C 5.99 - NJW 2001, 1878;
BVerwG, U.v. 28.5.2003 - 2 C 35.02 - BayVBl 2004, 217). Ist sowohl die Erfüllung der Fürsorgepflicht als auch die Wiederherstellung des früheren Zustandes über einen Folgenbeseitigungsanspruch nicht möglich oder zum Ausgleich der Beeinträchtigung nicht ausreichend, kommt als weiterer Sekundäranspruch ein - verschuldensabhängiger - Schadensersatzanspruch wegen Fürsorgepflichtverletzung in Betracht. Beide Sekundäransprüche setzen das Vorliegen einer haftungsbegründenden Kausalität zwischen der rechtswidrigen Amtshandlung der Behörde und den eingetretenen rechtswidrigen Folgen voraus. Am erforderlichen Zurechnungszusammenhang bestehen vorliegend keine Zweifel.
Für das Begehren der Klägerin ist der Sekundäranspruch in Gestalt des Folgenbeseitigungsanspruchs ausreichend, aber auch erforderlich. Während der das Schadensersatzrecht beherrschende Anspruch auf Naturalrestitution sich hypothetisch an der Zukunft orientiert, ist der Wiederherstellungsanspruch aus dem Folgenbeseitigungsanspruch auf einen Zustand in der Vergangenheit - unter Abschneiden einer eventuellen künftigen Entwicklung - gerichtet. Dementsprechend ändert es nichts am Bestehen des Anspruchs, dass nach § 10
Abs. 1 Satz 2 UrlV Urlaub, der nicht bis zum 30. April des folgenden Jahres angetreten ist, grundsätzlich verfällt, was bei der Klägerin im Jahr 2013 auch tatsächlich hinsichtlich eines Teils ihre Jahresurlaubs 2012 geschehen ist. Ein Mitverschulden der Klägerin entsprechend § 254
BGB, das auch beim Folgenbeseitigungsanspruch zu berücksichtigen wäre, ist nicht ersichtlich. Sie hat erstmal mit der E-Mail vom 13. Januar 2012 Kenntnis von ihrem auf der Grundlage des § 3
Abs. 7 Satz 4 UrlV neu berechneten Urlaubsanspruchs für 2011 erlangt. Auch der Beklagtenvertreter hat hierzu in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass im Jahr 2011 aufgrund offener Detailfragen eine korrekte Berechnung nicht habe erfolgen können.
Hieraus folgt, dass der Urlaubsanspruch der Klägerin für das Jahr 2011 unter Außerachtlassung der Anwendung des § 3
Abs. 7 Satz 4 UrlV zu berechnen gewesen wäre. Dann aber hätten der Klägerin 30 statt 29 Urlaubstage zugestanden. Sie hat daher aus dem Jahr 2011 noch einen Anspruch auf einen weiteren Urlaubstag.
3. Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 154
Abs. 1
VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167
Abs. 1
VwGO i. V. m. § 708
Nr. 11
ZPO. Der Einräumung einer Abwendungsbefugnis nach § 711
ZPO bedurfte es angesichts der allenfalls geringen vorläufig vollstreckbaren Aufwendungen der Klägerin nicht.
4. Gründe für eine Zulassung der Berufung durch das Verwaltungsgericht nach § 124
Abs. 1, § 124a
Abs. 1 Satz 1
i. V. m. § 124
Abs. 2 Nrn. 3 und 4
VwGO liegen nicht vor. Dem Klageanspruch wurde nicht aufgrund genereller Erwägungen zur Rechtmäßigkeit
bzw. Rechtswidrigkeit des § 3
Abs. 7 Satz 4 UrlV, sondern wegen der Besonderheiten der Fallgestaltung bei der erstmaligen Umsetzung der Neuregelung im Übergangsjahr 2011 entsprochen.