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Urteil
Rechtmäßigkeit einer Anordnung des Dienstherrn - Nachweis der krankheitsbedingten Dienstunfähigkeit durch ein Attest eines Polizeiarztes

Gericht:

OVG Nordrhein-Westfalen 6. Senat


Aktenzeichen:

6 B 910/14 | 6 B 910.14


Urteil vom:

21.08.2014


Leitsätze:

Das auf § 62 Abs. 1 Satz 2 LBG NRW gestützte Verlangen des Dienstherrn, dass der Polizeivollzugsbeamte seine krankheitsbedingte Dienstunfähigkeit durch das Attest eines Polizeiarztes nachweist, ist gerechtfertigt, wenn sich die Zweifel des Dienstherrn an der Dienstunfähigkeit des Beamten auf konkrete Umstände stützen.

Rechtsweg:

VG Düsseldorf Urteil vom 17.04.2014 - 2 K 2679/14

Quelle:

Justizportal des Landes NRW

Tenor:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 2.500 Euro festgesetzt.

Gründe:

Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

Aus den zu ihrer Begründung dargelegten Gründen, die der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO allein zu prüfen hat, ergibt sich nicht, dass das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers vom 17. April 2014 (VG Düsseldorf - 2 K 2679/14 -) gegen die Verfügung des Antragsgegners vom 10. März 2014 hätte wiederherstellen müssen.

Das Verwaltungsgericht hat festgestellt, dass die nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO gebotene Interessenabwägung zu Ungunsten des Antragstellers ausfalle. Es spreche Vieles dafür, dass der Bescheid des Antragsgegners vom 10. März 2014 einer Überprüfung im Hauptsacheverfahren Stand halten werde. Gesichtspunkte, die gleichwohl eine Aussetzung der Vollziehung rechtfertigten, lägen nicht vor. Die Anordnung, ab dem 22. Januar 2014 ausgestellte privatärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen durch den polizeiärztlichen Dienst überprüfen zu lassen, begegne keinen durchgreifenden Bedenken. Gemäß § 62 Abs. 1 Satz 2 LBG NRW sei die Dienstunfähigkeit infolge Krankheit auf Verlangen nachzuweisen. Diese Vorschrift ermächtige den Dienstherrn nicht nur dazu, den Nachweis der vorübergehenden Dienstunfähigkeit durch Vorlage von (privat-)ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen zu fordern. Der Dienstherr sei vielmehr unter bestimmten Voraussetzungen auch befugt, einen solchen Nachweis gerade durch ein amts- oder polizeiärztliches Zeugnis zu verlangen, und zwar schon ab dem ersten Tag des Fernbleibens vom Dienst. Ein derartiges Verlangen sei insbesondere dann gerechtfertigt, wenn - wie im Streitfall - begründete, auf konkrete Umstände gestützte Zweifel an der Richtigkeit der von dem Beamten vorgelegten, dessen Arbeits- bzw. Dienstunfähigkeit bescheinigenden privatärztlichen Atteste bestünden.

Diese näher begründeten Annahmen des Verwaltungsgerichts werden mit der Beschwerde nicht durchgreifend in Frage gestellt.

Ohne Erfolg macht die Beschwerde geltend, das Verwaltungsgericht habe "die volle Tragweite der behördlichen Anordnung verkannt", weil der Antragsteller nicht nur die von der Arztpraxis B. und I. ab dem 22. Januar 2014 ausgestellten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen, sondern "jede (weitere) privatärztlich attestierte krankheitsbedingte Abwesenheit" unverzüglich durch den polizeiärztlichen Dienst zu überprüfen lassen habe. Dieser Einwand geht an den Gründen des angefochtenen Beschlusses vorbei. Es besteht kein Anhaltspunkt dafür, dass das Verwaltungsgericht den Regelungsgehalt der Verfügung vom 10. März 2014 in dem mit der Beschwerde vorgetragenen Sinne einschränkend verstanden hat. Das Verwaltungsgericht hat festgestellt, dass die in Rede stehende Anordnung, privatärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen durch den polizeiärztlichen Dienst überprüfen zu lassen, keinen durchgreifenden Bedenken begegne (vgl. Seite 5 des Beschlusses). Diese Feststellungen beschränken sich entgegen der Auffassung des Antragstellers nicht auf Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen der angeführten Arztpraxis.

Soweit der Antragsteller seinen bisherigen Vortrag wiederholt und vorträgt, der Bescheid vom 10. März 2014 verstoße gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, "weil ein milderes Mittel in Gestalt des BEM [betriebliches Eingliederungsmanagement] gemäß § 84 Abs. 2 SGB IX vorliegt", genügt das Beschwerdevorbringen nicht den Darlegungsanforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO, weil es sich nicht mit den entscheidungstragenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts näher auseinandersetzt (vgl. Seiten 7 und 8 des Beschlussabdrucks). Ungeachtet dessen ist ein betriebliches Eingliederungsmanagement keine Rechtmäßigkeitsvoraussetzung für eine Verfügung, mit der einem Beamten aufgegeben wird, eine privatärztlich attestierte krankheitsbedingte Abwesenheit unverzüglich durch ein Gesundheitszeugnis des zuständigen polizeiärztlichen Dienstes überprüfen" zu lassen (Ziffer 1. der Verfügung vom 10. März 2014).

Vgl. BVerwG, Urteil vom 5. Juni 2014 - 2 C 22.13 -; OVG NRW, Beschluss vom 21. Mai 2010 - 6 A 816/09 -, beide juris, wonach der Erlass einer Zurruhesetzungsverfügung nicht die vorherige Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements nach § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB IX verlangt.

Erfolglos bleibt der Einwand des Antragstellers, das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht festgestellt, dass berechtigte Zweifel an der Richtigkeit der von ihm vorgelegten, seine Arbeitsunfähigkeit bescheinigenden privatärztlichen Atteste bestünden. Auch dieses Vorbringen genügt den Darlegungsanforderungen nicht, weil es an einer Auseinandersetzung mit den die Entscheidung des Verwaltungsgerichts tragenden Gründen des angefochtenen Beschlusses (vgl. Seiten 5 und 6 des Beschlussabdrucks) fehlt.

Die Feststellungen des Verwaltungsgerichts werden auch nicht dadurch durchgreifend erschüttert, dass sich der Antragsteller "in der Zwischenzeit (...) bei einer fachärztlichen Praxis in Behandlung begeben" hat. Die Beschwerde verweist in diesem Zusammenhang ohne Erfolg auf die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. C. vom 3. Juni 2014. Ihr lässt sich - ebenso wie dem Beschwerdevorbringen - bereits nicht entnehmen, aus welchen Gründen der Antragsteller für den Zeitraum vom 3. Juni bis zum 20. Juni 2014 krankgeschrieben worden ist.

Ohne Erfolg rügt der Antragsteller, ihm sei das von dem Antragsgegner eingeholte neurologisch-psychiatrische Fachgutachten von Dr. N. vom 24. Dezember 2013 nicht zur Kenntnis gegeben worden. Dieser Einwand räumt die vom Verwaltungsgericht zutreffend festgestellten Zweifel an der Richtigkeit der von dem Antragsteller vorgelegten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen nicht aus. Die den Antragsteller behandelnden Ärzte der Arztpraxis B. und I. haben ihn noch ausweislich des Wiedereingliederungsplans vom 18. Dezember 2013 für in der Lage gesehen, den Dienst ab dem 3. Februar 2014 wieder aufzunehmen. Aus welchen Gründen sie indes unter dem 22. Januar 2014 bescheinigt haben, dass der Antragsteller bis zum 28. Februar 2014 arbeitsunfähig sei, ist nicht ersichtlich. Vor diesem Hintergrund und unter Berücksichtigung der Stellungnahmen des polizeiärztlichen Dienstes, nach denen der Antragsteller "im Innendienst einsetzbar" sei und keine Symptome gefunden worden seien, "die eine Krankschreibung rechtfertigen" (vgl. Berichte von RMD in Dr. T. vom 28. Januar 2013, 30. Oktober 2013, 6. Januar 2014 und 1. April 2014), bestehen an der Richtigkeit der vom Antragsteller vorgelegten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen berechtigte Zweifel.

Soweit der Antragsteller unter Hinweis auf die Pflegebedürftigkeit seiner Ehefrau geltend macht, die "angegriffene Maßnahme" stelle eine "unbillige Härte" dar, fehlt es abermals an einer den aufgezeigten Darlegungsanforderungen genügenden Auseinandersetzung mit den entscheidungstragenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts. Schließlich ist der Einwand des Antragstellers, der Antragsgegner hätte ernsthaft prüfen müssen, ob er - der Antragsteller - seinen Dienst im Rahmen eines Heimarbeitsplatzes verrichten könne, nicht geeignet, die Rechtmäßigkeit der streitbefangenen Verfügung vom 10. März 2014 in Zweifel zu ziehen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 47 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Referenznummer:

R/R6731


Informationsstand: 11.04.2016