Die Berufung des Klägers bleibt ohne Erfolg.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Sie ist zulässig, aber nicht begründet. Der angefochtene Bescheid des Landrats vom 4. September 2009 in der Gestalt seines Widerspruchsbescheides vom 28. September 2009 ist rechtmäßig (§ 113
Abs. 1 Satz 1
VwGO).
I. Der Bescheid ist formell rechtmäßig.
1. Insbesondere ist die Gleichstellungsbeauftragte ordnungsgemäß beteiligt worden.
Gemäß § 17
Abs. 1 Halbsatz 2
Nr. 1 des Landesgleichstellungsgesetzes
NRW (LGG) wirkt die Gleichstellungsbeauftragte unter anderem bei personellen Maßnahmen mit. Sie ist gemäß § 18
Abs. 2 LGG frühzeitig über beabsichtigte Maßnahmen zu unterrichten und anzuhören (Satz 1); ihr ist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben (Satz 2). Zu den personellen Maßnahmen, die der Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten unterliegen, zählt auch die Versetzung eines Beamten in den Ruhestand. Dies gilt unabhängig davon, ob dieser weiblichen oder männlichen Geschlechts ist.
Vgl. zur Geschlechterunabhängigkeit der Beteiligung zuletzt
OVG NRW, Beschluss vom 16. Januar 2015 - 6 A 2234/13 -, juris,
m.w.N.Die Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten vor Erlass des Bescheides vom 4. September 2009 durch den Landrat war ordnungsgemäß.
Der aus den Akten ersichtliche Schriftverkehr lässt allerdings keine Unterrichtung und Anhörung der Gleichstellungsbeauftragten unter Beachtung ihrer Rechtsstellung erkennen. Der Landrat hat ihr danach lediglich das Schreiben an den Personalrat vom 1. September 2009 zur Kenntnis zugeleitet. In diesem wird der Personalrat im Rahmen der vertrauensvollen Zusammenarbeit (§ 2 des Landespersonalvertretungsgesetzes
NRW, im Folgenden: LPVG) um Kenntnisnahme von der geplanten Maßnahme gebeten. Weder hat der Landrat in diesem Schreiben auf das eigene Beteiligungsrecht der Gleichstellungsbeauftragten Bezug genommen noch hat er ihr Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.
Jedoch genügte die - erstmals im Berufungsverfahren vorgetragene - mündliche Unterrichtung der Gleichstellungsbeauftragten den Anforderungen.
Die Beteiligungsrechte der Gleichstellungsbeauftragten können auch durch eine mündliche Information gewahrt werden. Das Gesetz schreibt keine Schriftform vor.
Die Information über die beabsichtigte Zurruhesetzung des Klägers ist nicht zu spät erfolgt.
§ 18
Abs. 2 Satz 1 LGG bestimmt, dass die Gleichstellungsbeauftragte "frühzeitig" über die beabsichtigte Maßnahme zu unterrichten und anzuhören ist. Aus dem darauffolgenden Satz 2 ergibt sich, dass sie im Regelfall mindestens eine Woche lang Gelegenheit zur Stellungnahme bekommen muss. Wird diese Frist nicht gewährt, ist die beabsichtigte Maßnahme zunächst - für eine Woche - auszusetzen und die Beteiligung nachzuholen (§ 18
Abs. 3 LGG).
Mit dem Wort "frühzeitig" hat der Gesetzgeber verdeutlichen wollen, dass die Gleichstellungsbeauftragte bereits im Planungsstadium zu beteiligen ist.
Vgl. die Gesetzesbegründung, LT-Drs. 12/3959,
S. 60.
Eine Unterrichtung der Gleichstellungsbeauftragten ergibt nämlich nur dann Sinn, wenn ihr Zeit und Gelegenheit für Besprechungen und Diskussionen bleiben, um zu einem auch für sie akzeptablen Ergebnis zu kommen. Hierfür ist eine Unterrichtung zeitgleich mit der Einleitung einer konkreten Maßnahme in aller Regel zu spät.
Vgl. Wankel/Horstkötter, in: Schiek u.a., Frauengleichstellungsgesetze des Bundes und der Länder, 2. Aufl. 2002, Rn. 2567, 649.
Nicht gefolgt werden kann dagegen der Auffassung, auch eine Information, die im Wesentlichen zeitgleich mit der Unterrichtung des Personalrats erfolgt, sei regelmäßig zu spät, da das Gesetz der Gleichstellungsbeauftragten andere und (teilweise) weitergehende Befugnisse als dem Personalrat gebe.
Vgl. Eckertz-Höfer, PersR 1998, 189, 192 (zum FGG); Wankel/Horstkötter a.a.O., Rn. 649.
Eine solche verallgemeinernde Betrachtungsweise wird der Vielfalt der in Frage kommenden Fallgestaltungen nicht gerecht. Entscheidend ist stattdessen der jeweils einschlägige Beteiligungstatbestand. Die Beteiligungsrechte der Gleichstellungsbeauftragten können weiter oder weniger weit gehen als diejenigen des Personalrats.
So sieht
z. B. das Gleichstellungsgesetz des Bundes die "aktive Teilnahme" an allen Entscheidungsprozessen zu personellen Angelegenheiten vor (§ 20
Abs. 1 Satz 3
BGleiG). Hierin liegt aber eine Besonderheit des Bundesgleichstellungsgesetzes, die systematisch an das Recht der Gleichstellungsbeauftragten auf "frühestmögliche"
bzw. "frühzeitige" Beteiligung sowie auf "unverzügliche und umfassende" Unterrichtung anknüpft und ihre Einflussnahme im Verhältnis zur Mitwirkung zeitlich und sachlich vorverlagert.
Vgl.
BVerwG, Urteil vom 8. April 2010 - 6 C 3.09 -, BVerwGE 136, 263;
VG Berlin, Urteil vom 8. Mai 2014 - 5 K 50.12 -, IÖD 2014, 163.
Nach dem LGG ist es dagegen unbedenklich, wenn zum Zeitpunkt der Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten der in Aussicht genommene Bescheid bereits schriftlich erstellt ist.
Vgl.
OVG NRW, Beschluss vom 9. Oktober 2014 - 6 A 2486/13 -, juris, Rn. 5.
Gemessen an den aufgezeigten Kriterien war die mündliche Unterrichtung der Gleichstellungsbeauftragten rechtzeitig. Auch angesichts der im Gesetz genannten Wochenfrist ist sie hinreichend "frühzeitig" erfolgt.
Nach der Darstellung der Gleichstellungsbeauftragten, der Zeugin G1. , in ihrer Erklärung vom 18. Juli 2014 wurde sie "im Rahmen der Personalratsvorlage zur beabsichtigten Zurruhesetzung" des Klägers durch den Leiter ZA (Direktion Zentrale Aufgaben), Herrn P1. , "über den Vorgang vorab mündlich informiert".
Ausgehend davon hatte sie in der Zeitspanne spätestens vom 4. bis längstens 14. September 2009 Gelegenheit, die Angelegenheit mit dem Kläger zu erörtern, Einsicht in die betreffenden Akten zu nehmen (§ 18
Abs. 1 LGG) und sich klar darüber zu werden, ob sie ihr Widerspruchsrecht (§ 19 LGG) ausüben wollte. Dies ergibt sich aus den aktenkundigen Umständen: Die Personalratsvorlage und die Durchschriften für die Gleichstellungsbeauftragte und die Schwerbehindertenvertretung sind am 4. September 2009 abgesandt worden. Zu diesem Zeitpunkt war der Entscheidungsprozess beim Landrat noch nicht abgeschlossen. Zwar wurde unter diesem Datum bereits der Bescheid über die Zurruhesetzung des Klägers erstellt und die zugehörige Urkunde hierüber sogar mit dem Datum vom 3. September 2009 versehen. Beide Schriftstücke lagen aber erst im Entwurf vor. Sowohl der Bescheid als auch die Urkunde gingen am 9. September 2009 im Vorzimmer des Landrats ein und wurden anschließend durch diesen unterzeichnet. Dem Kläger wurden sie aber erst am 14. September 2009 zugestellt.
Bei der Befragung der Zeugin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat sie ihre schriftliche Erklärung vom 18. Juli 2014 in der Weise präzisiert, dass sie von dem Verfahren des Klägers angesichts der ungewöhnlich langen Dauer ohnehin schon Kenntnis gehabt und "deutlich" vor dem 1. September 2009 mit Herrn P1. über die Angelegenheit gesprochen und dabei auch in dessen Gegenwart Akteneinsicht genommen habe. Der Erhalt der mit diesem Datum erstellten und am 4. September 2009 abgesandten Personalratsvorlage sei für sie gewissermaßen nur die schriftliche Bestätigung dessen gewesen, was sie bereits mit Herrn P1. besprochen habe. Ausgehend von diesen Angaben, an denen der Senat zu zweifeln keinen Anlass hat, war die Zeitspanne, in der die Zeugin Gelegenheit zur Stellungnahme hatte, gegenüber dem aus den Akten ersichtlichen Bild noch "deutlich" länger.
Ob die Zeugin sich während der nach alledem mehr als eine Woche umfassenden Zeitspanne tatsächlich eine Woche lang Zeit gelassen hat, um sich zu dem Vorgang zu äußern, ist nicht entscheidend. Denn nach ihrer Erklärung hat sie sich ausreichend informiert gesehen und Herrn P1. ihre Zustimmung zu der Maßnahme kundgetan. Damit hat sie jedenfalls auf die Ausschöpfung der Wochenfrist verzichtet. Ein solcher Verzicht ist wirksam. Es würde eine nutzlose Förmelei bedeuten, würde man der Gleichstellungsbeauftragten ansinnen, sie müsse in jedem Fall das Ende der Wochenfrist abwarten, bevor sie sich zu der Maßnahme erklären dürfe. Hält sie sich selbst schon vorher für ausreichend informiert, so steht es in ihrer Entscheidungsfreiheit, auf die Ausschöpfung der Wochenfrist zu verzichten und sich schon vor deren Ablauf abschließend zu äußern.
2. Auch im Übrigen ist der Bescheid formell rechtmäßig.
Eine Beteiligung des Personalrats über das Schreiben vom 1. September 2009 hinaus, in dem er im Wege der vertrauensvollen Zusammenarbeit (§ 2 LPVG) um Kenntnisnahme von der beabsichtigten Maßnahme gebeten wurde, war nicht erforderlich. § 72 LPVG in der zum damaligen Zeitpunkt geltenden Fassung des Gesetzes vom 21. April 2009 (GV.
NRW.
S. 224, mit Wirkung vom 1. April 2009) sah - anders als etwa die heutige, seit dem 16. Juli 2011 geltende Fassung (§ 72
Abs. 1
Nr. 9 LPVG in der Fassung des Gesetzes vom 5. Juli 2011, GV.
NRW.
S. 348) - eine Mitbestimmung bei vorzeitiger Versetzung in den Ruhestand nicht vor. Eine Mitwirkung nach § 74
Abs. 3 LPVG in der Fassung des Gesetzes vom 9. Oktober 2007 (GV.
NRW.
S. 394) setzte einen Antrag des Beamten voraus. Trotz entsprechender Belehrung in dem Anhörungsschreiben vom 22. Juli 2009 hat der Kläger einen solchen Antrag aber nicht gestellt.
Die Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung war nicht erforderlich, da der Kläger mit einem
GdB von 40 kein Schwerbehinderter war (
§ 2 Abs. 2 SGB IX). Zwar ist bei einem derartigen
GdB die Gleichstellung mit einem Schwerbehinderten möglich (§ 2
Abs. 3
SGB IX).
Zu den Rechtswirkungen siehe
z.B. BVerwG, Urteil vom 19. Februar 2009 - 2 C 55.07 -, NWVBl. 2009, 303.
Dafür, dass im Falle des Klägers der dafür erforderliche Gleichstellungsbescheid des Arbeitsamtes nach
§ 68 Abs. 2 SGB IX ergangen wäre, ist aber nichts ersichtlich. Der Kläger selbst hat auf Befragen in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erklärt, ihm sei ein solcher Gleichstellungsbescheid nicht bekannt.
Im Übrigen wurde die Schwerbehindertenvertretung vorsorglich nach
§ 95 Abs. 2 SGB IX beteiligt, indem sie eine Durchschrift des Schreibens an den Personalrat erhielt mit der ausdrücklichen Bitte um eine "Stellungnahme gemäß § 95
Abs. 2 Satz 1 1. Halbsatz
SGB IX".
Die Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements nach
§ 84 Abs. 2 Satz 1 SGB IX schließlich ist keine Rechtmäßigkeitsvoraussetzung für eine Verfügung, mit der ein Beamter wegen dauernder Dienstunfähigkeit vorzeitig in den Ruhestand versetzt wird.
Vgl.
BVerwG, Urteil vom 5. Juni 2014-
2 C 22.13 -, NVwZ 2014, 1319.
II. Der Bescheid ist im Ergebnis auch materiell rechtmäßig
.
Für die Rechtmäßigkeit einer Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit kommt es auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung an.
Vgl.
BVerwG, Urteil vom 30. Mai 2013 -
2 C 68.11 -, BVerwGE 146, 347 = juris, Rn. 11.
Maßgeblicher Zeitpunkt ist hier danach der 28. September 2009 als das Datum des Widerspruchsbescheides.
Die Voraussetzungen für die Zurruhesetzung des Klägers nach § 26
Abs. 1 BeamtStG lagen zu diesem Zeitpunkt vor.
1. Seine Dienstunfähigkeit durfte allerdings nicht, wie in dem angefochtenen Bescheid geschehen, daraus hergeleitet werden, dass er sich ohne hinreichenden Grund geweigert habe, sich wie angeordnet ärztlich untersuchen zu lassen.
a) Zwar folgt dies nicht daraus, dass der Kläger gegen die Anordnungen vom 12. Dezember 2007, 23. April 2009 und 22. Juni 2009 jeweils Widerspruch eingelegt hat und dieser aufschiebende Wirkung entfaltet hätte.
Die aufschiebende Wirkung eines Widerspruchs tritt nur ein, wenn die Anordnung, gegen die sich der Widerspruch richtet, ein Verwaltungsakt ist (§ 80
Abs. 1
VwGO, § 35 VwVfG). Dies ist bei einer Untersuchungsaufforderung im Allgemeinen nicht der Fall.
Die gegenüber einem Beamten ergangene Aufforderung, sich zur Klärung seiner Dienstfähigkeit ärztlich untersuchen zu lassen, ist nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kein Verwaltungsakt. Nach Auffassung des
BVerwG ist sie ihrem objektiven Sinngehalt nach nicht dazu bestimmt, Außenwirkung zu entfalten, da ihr Schwerpunkt in der Frage der künftigen Dienstleistung und der Konkretisierung der darauf bezogenen Pflicht des Beamten liegt, bei der Klärung seiner Dienstfähigkeit mitzuwirken. Als gemischte dienstlichpersönliche Weisung regele sie einen einzelnen Schritt in dem gestuften Verfahren, das bei Feststellung seiner Dienstunfähigkeit mit seiner Zurruhesetzung ende.
Vgl.
BVerwG, Urteil vom 26. April 2012 -
2 C 17.10 -, NVwZ 2012, 1483 = juris, Rn. 14 f.
Die mit dem Beamtenrecht befassten Senate des erkennenden Gerichts haben sich dieser Rechtsprechung zur Wahrung der Rechtseinheit angeschlossen, jedenfalls soweit die Aufforderung zur amtsärztlichen Untersuchung nicht in der Gestalt einer Entscheidung ergangen ist, die aus der Sicht eines verständigen Adressaten schon wegen ihrer äußeren Form als Verwaltungsakt zu qualifizieren ist.
Vgl.
OVG NRW, Beschluss vom 27. November 2013 - 6 B 975/13 -, DÖD 2014, 73 = juris, Rn. 7; Beschluss vom 1. Oktober 2012 - 1 B 550/12 -, OVGE 55, 194 = juris, Rn. 9; Urteil vom 4. April 2014 - 1 A 1707/11 -, juris, Rn. 61 f.
Danach waren die Anordnungen vom 12. Dezember 2007, 23. April 2009 und 22. Juni 2009 keine Verwaltungsakte. Keines dieser Schreiben hatte seiner äußeren Form nach die Gestalt eines Verwaltungsakts. Insbesondere war keinem der Schreiben eine Rechtsbehelfsbelehrung beigefügt.
Es bedarf daher auch keiner Erörterung, ob der in diesem Zusammenhang vom Bundesverwaltungsgericht geäußerten Rechtsansicht zu folgen ist, eine Maßnahme, die kein Verwaltungsakt sei, werde auch nicht dadurch zu einem solchen, dass über sie durch Widerspruchsbescheid entschieden oder sie von der Widerspruchsbehörde als solcher bezeichnet worden sei oder die Behörde ihren Sofortvollzug angeordnet habe.
Vgl.
BVerwG, Urteil vom 30. Mai 2013, a.a.O., BVerwGE 146, 347 = juris, Rn. 16.
b) Gleichwohl durfte die Zurruhesetzung nicht darauf gestützt werden, dass der Kläger die angeordneten ärztlichen Untersuchungen ohne hinreichenden Grund verweigert habe.
Sind die Folgen der Verweigerung einer ärztlichen Untersuchung, die von der zuständigen Stelle im Verfahren zur Feststellung der Dienstunfähigkeit angeordnet worden ist, nicht ausdrücklich gesetzlich geregelt, kann die Verweigerung nach dem aus § 444
ZPO abgeleiteten allgemeinen Rechtsgrundsatz zum Nachteil des betroffenen Beamten gewertet werden. Danach kann im Rahmen freier Beweiswürdigung auf die Dienstunfähigkeit geschlossen werden, wenn der Beamte durch sein Verhalten die Feststellung seines Gesundheitszustandes bewusst verhindert. Die Verpflichtung, sich zur Nachprüfung der Dienstfähigkeit nach Weisung der Behörde ärztlich untersuchen zu lassen, ginge ins Leere, wenn aus einer unberechtigten Weigerung keine Rückschlüsse gezogen werden könnten. Andernfalls hätte es der Beamte in der Hand, die für die Vorbereitung der Feststellung seiner Dienstfähigkeit erforderliche ärztliche Untersuchung erheblich zu erschweren oder zu vereiteln. Diese Grundsätze gelten auch für eine vom Amts- oder Polizeiarzt für erforderlich gehaltene und vom Dienstherrn daraufhin angeordnete fachärztliche Zusatzuntersuchung. Diese für den Beamten nachteilige Schlussfolgerung setzt aber eine rechtmäßige Untersuchungsanordnung voraus.
Vgl.
BVerwG, Urteil vom 26. April 2012, a.a.O., Rn. 12 f.
Die an den Kläger gerichteten Untersuchungsaufforderungen waren rechtswidrig.
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts muss die behördliche Anordnung zu einer ärztlichen Untersuchung wegen ihrer erheblichen Folgen nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit inhaltlichen und formellen Anforderungen genügen. Die Anordnung muss sich auf solche Umstände beziehen, die bei vernünftiger, lebensnaher Einschätzung die ernsthafte Besorgnis begründen, der betroffene Beamte sei dienstunfähig. Der Aufforderung müssen tatsächliche Feststellungen zugrunde gelegt werden, die die Dienstunfähigkeit des Beamten als nahe liegend erscheinen lassen. In formeller Hinsicht muss die Anordnung aus sich heraus verständlich sein. Der betroffene Beamte muss ihr entnehmen können, was konkret ihr Anlass ist und ob das in ihr Verlautbarte die behördlichen Zweifel an seiner Dienstfähigkeit zu rechtfertigen vermag. Insbesondere darf die Behörde nicht nach der Überlegung vorgehen, der Betroffene werde schon wissen, "worum es gehe". Dem Beamten bekannte Umstände müssen in der Anordnung von der zuständigen Stelle zumindest so umschrieben werden, dass für den Betroffenen ohne Weiteres erkennbar wird, welcher Vorfall oder welches Ereignis zur Begründung der Aufforderung herangezogen wird.
Vgl.
BVerwG, Urteil vom 26. April 2012, a.a.O., Rn. 16
ff.; Beschluss vom 10. April 2014 - 2 B 80.13 -, NVwZ 2014, 892;
OVG NRW, Beschluss vom 16. Dezember 2014 -
6 B 1293/14 -, juris, Rn. 15.
Ferner muss die Anordnung Angaben zu Art und Umfang der ärztlichen Untersuchung enthalten. Die Behörde darf dies nicht dem Arzt überlassen. Dies gilt insbesondere, wenn sich der Beamte einer fachpsychiatrischen Untersuchung unterziehen soll. Erhebungen des Psychiaters zum Lebenslauf des Beamten, wie etwa Kindheit, Ausbildung, besondere Krankheiten, und zum konkreten Verhalten auf dem Dienstposten stehen dem Bereich privater Lebensgestaltung noch näher als rein medizinische Feststellungen. Deshalb sind die mit einer solchen Untersuchung verbundenen Eingriffe in das Recht des Beamten aus
Art. 2
Abs. 2
GG wie auch in sein allgemeines Persönlichkeitsrecht regelmäßig weitgehend. Nur wenn in der Aufforderung selbst Art und Umfang der geforderten ärztlichen Untersuchung nachvollziehbar sind, kann der Betroffene auch nach Maßgabe des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit ihre Rechtmäßigkeit überprüfen. Dementsprechend muss sich der Dienstherr bereits im Vorfeld des Erlasses nach entsprechender sachkundiger ärztlicher Beratung zumindest in den Grundzügen darüber klar werden, in welcher Hinsicht Zweifel am körperlichen Zustand oder der Gesundheit des Beamten bestehen und welche ärztlichen Untersuchungen zur endgültigen Klärung geboten sind.
Vgl.
BVerwG, Urteil vom 30. Mai 2013, a.a.O., Rn. 22 f.
Ausgehend hiervon gilt im Falle des Klägers Folgendes:
Bei der Aufforderung vom 12. Dezember 2007 ist schon unklar, ob sie sich überhaupt auf eine Untersuchung zur Frage der Dienstunfähigkeit bezog. Die Überschrift des Schreibens lautet allgemein "Fürsorgepflicht - Verwendung von Polizeivollzugsbeamtinnen und -beamten". Ein Anlass für die Untersuchung wird nicht genannt. Zu Recht ist die angefochtene Zurruhesetzungsverfügung nicht auf die Nichtbefolgung dieser Aufforderung gestützt.
In der Aufforderung vom 23. April 2009 wird ausgeführt, der Kläger sei seit dem 2. Juni 2004 ununterbrochen erkrankt; auch seien bisher sämtliche Versuche der Wiederherstellung seiner Dienstfähigkeit fehlgeschlagen. Deshalb und wegen seiner Weigerung, "an den jeweils geplanten notwendigen polizeiärztlichen Untersuchungen teilzunehmen", sei die "Einleitung eines Polizeidienstunfähigkeits-Verfahrens
gem. §§ 45, 194 Landesbeamtengesetz
NRW (§§ 34, 116
LBG NRW in der Fassung vom 01.04.2009)" beabsichtigt. Damit mag der Anlass für die ärztliche Untersuchung bezeichnet sein. Es fehlt jedoch an jeglichen Angaben zu Art und Umfang dieser Untersuchung. Der Vortrag des beklagten Landes im Berufungsverfahren, wegen der längeren Erkrankung des Klägers habe eben nur diese Erkrankung mitgeteilt werden können, betrifft nur den Anlass der Untersuchung. Er lässt unberücksichtigt, dass zum Zeitpunkt der Untersuchungsaufforderung bereits zahlreiche ärztliche Stellungnahmen vorlagen, anhand derer die angeordnete Untersuchung nach Art und Umfang hätte näher eingegrenzt werden können.
Auch das Schreiben vom 22. Juni 2009 lässt Angaben über Art und Umfang der vorzunehmenden Untersuchung vermissen.
2. Die im gerichtlichen Verfahren durchgeführte Beweisaufnahme hat indessen ergeben, dass bei dem Kläger am 28. September 2009 Dienstunfähigkeit im Sinne des § 26
Abs. 1 Satz 1 BeamtStG bestand.
a) Nach der Legaldefinition dieser Vorschrift ist ein Beamter auf Lebenszeit dienstunfähig, wenn er wegen seines körperlichen Zustands oder aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung seiner Dienstpflichten dauernd unfähig ist. Dieser Grundtatbestand wird in dem darauffolgenden Satz um eine Beweiserleichterung ergänzt. Danach kann als dienstunfähig auch angesehen werden, wer infolge Erkrankung innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten mehr als drei Monate keinen Dienst getan hat, wenn keine Aussicht besteht, dass innerhalb einer Frist von sechs Monaten (
vgl. § 33
Abs. 1 Satz 3
LBG) die Dienstfähigkeit wieder voll hergestellt ist. Trotz Verwendung des Wortes "kann" räumt die Vorschrift kein Handlungsermessen in dem Sinne ein, dass trotz bejahter Dienstunfähigkeit noch von einer Zurruhesetzung abgesehen werden könnte.
Vgl.
OVG NRW, Beschluss vom 28. Juli 2014 - 6 A 1311/13 -, juris, Rn. 13 f.,
m.w.N.Von der allgemeinen Dienstunfähigkeit ist bei einem Polizeivollzugsbeamten dessen Polizeidienstunfähigkeit zu unterscheiden. Sie liegt schon dann vor, wenn er den besonderen gesundheitlichen Anforderungen für den Polizeivollzugsdienst nicht mehr genügt und nicht zu erwarten ist, dass er seine volle Verwendungsfähigkeit innerhalb von zwei Jahren wiedererlangt (§ 26
Abs. 1 Satz 4 BeamtStG
i.V.m. § 116
Abs. 1 Halbs. 1
LBG).
Zwischen der Polizeidienstunfähigkeit und der allgemeinen Dienstunfähigkeit besteht ein Stufenverhältnis. Auf der ersten Stufe seiner Prüfung muss der Dienstherr feststellen, ob der Polizeivollzugsbeamte noch den besonderen gesundheitlichen Anforderungen des Polizeivollzugsdienstes genügt, mithin polizeidienstfähig ist. Falls dies nicht mehr der Fall ist, hat er in einem zweiten Schritt zu prüfen, ob der Beamte über die vorliegende Polizeidienstunfähigkeit hinaus auch allgemein dienstunfähig ist.
Vgl. (zum niedersächsischen Landesrecht)
OVG Lüneburg, Urteil vom 9. Juli 2013 - 5 LB 99/13 -, juris, Rn. 24
ff.Aus diesem Stufenverhältnis folgt, dass es einer gesonderten Prüfung der Polizeidienstunfähigkeit nicht bedarf, wenn (sogar) die allgemeine Dienstunfähigkeit des Polizeivollzugsbeamten feststeht.
b) Das Verwaltungsgericht durfte zu der Frage der allgemeinen Dienstunfähigkeit des Klägers und seiner Polizeidienstunfähigkeit ein Sachverständigengutachten einholen; die von der Berufung gerügten Rechtverletzungen liegen nicht vor.
Die Beurteilung der Dienstunfähigkeit unterliegt der inhaltlich nicht eingeschränkten gerichtlichen Nachprüfung. Erweist sich die von der Behörde für die Annahme der Dienstunfähigkeit gegebene Begründung als nicht tragfähig, so hat das Verwaltungsgericht zu klären, ob der betroffene Beamte im maßgeblichen Zeitpunkt tatsächlich dienstunfähig war.
Vgl.
BVerwG, Beschluss vom 21. Februar 2014 - 2 B 24.12 -, IÖD 2014, 100 = juris, Rn. 11.
Nach § 86
Abs. 1
VwGO hat das Gericht den entscheidungserheblichen Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln. Fehlt dem Gericht die hierfür erforderliche Sachkunde, muss es sachverständige Hilfe in Anspruch nehmen. Kommt es maßgeblich auf den Gesundheitszustand eines Menschen an, ist daher regelmäßig die Inanspruchnahme ärztlicher Fachkunde erforderlich. Für die hier entscheidungserheblichen medizinischen Fachfragen gibt es keine eigene, nicht durch entsprechende medizinische Auskünfte und Sachverständigengutachten vermittelte Sachkunde des Richters.
Vgl.
BVerwG, Beschluss vom 21. Februar 2014, a.a.O., Rn. 10.
Über Gegenstand und Umfang des
ggf. einzuholenden Sachverständigengutachtens hat das Gericht nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden (§ 98
VwGO i.V.m. § 412
Abs. 1
ZPO).
Vgl. etwa
BVerwG, Beschluss vom 25. Februar 2013 - 2 B 57.12 -, juris, Rn. 5.
Die danach gebotene Gestaltung des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens führt notwendig zu dem von der Berufung gerügten "Austausch der Begründung" für die Zurruhesetzung. Die nicht tragfähige Handhabung des § 444
ZPO wird in derartigen Fällen ersetzt durch eine objektive Feststellung der Dienstunfähigkeit des betroffenen Beamten. Eine Rechtswidrigkeit ergibt sich hieraus nicht; vielmehr wird der gesetzliche Auftrag der Verwaltungsgerichte zu einer eigenen Entscheidung in Anwendung des Amtsermittlungsgrundsatzes (§ 86
Abs. 1
VwGO) erfüllt.
Damit geht zugleich einher, dass die im Landesbeamtenrecht vorgesehene, im Streitfall aber unterbliebene Einholung eines polizeiärztlichen Gutachtens (§ 116
Abs. 2
LBG) ohne Bedeutung ist. Die insoweit an das Verwaltungsverfahren gestellte Anforderung wird durch die im gerichtlichen Verfahren geltenden Vorschriften über die Sachverhaltsermittlung überholt. Es wäre nämlich ungereimt, wenn das Gericht in Ausübung seiner Amtsermittlung den Sachverhalt erforschen und eine eigene Bewertung der Dienstunfähigkeit des Beamten vornehmen müsste, diese seiner Entscheidung aber nicht zugrunde legen dürfte, weil dem der mit der rechtswidrigen Begründung der Behördenentscheidung untrennbar verbundene Mangel des Verwaltungsverfahrens entgegen stünde. Ob dies auch aus § 46 VwVfG
NRW abzuleiten ist, kann deshalb dahinstehen.
c) Der Sachverständige
Dr. N. durfte sein Gutachten auf der Grundlage des mit Schreiben des Verwaltungsgerichts vom 29. März 2011 geänderten Auftrags nach Aktenlage erstatten, nachdem ein Untersuchungstermin mit dem Kläger nicht zustande gekommen ist.
Die zwingende Notwendigkeit einer persönlichen Exploration besteht auch bei einem medizinischen Gutachten zu psychiatrischen Fragen nicht. Regelmäßig bietet zwar die persönliche Exploration die bessere Grundlage für die Erstattung des psychiatrischen Gutachtens. Dies schließt aber nicht aus, dass sich die nach dem Gutachtenauftrag relevanten Fragen im Einzelfall auch alleine auf der Grundlage des umfangreichen Aktenmaterials hinreichend verlässlich beantworten lassen.
Vgl.
OVG NRW, Beschluss vom 28. Juli 2014, a.a.O., Rn. 27.
Allerdings darf von der persönlichen Exploration nicht schon deshalb abgesehen werden, weil diese nicht "automatisch" Rückschlüsse auf den Gesundheitszustand des Beamten zu dem maßgeblichen früheren Zeitpunkt zulässt. Kein plausibler Grund ist es auch, dass der Beamte eine erbetene Erklärung zur Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht zwecks Einsichtnahme in die früheren ärztlichen Unterlagen nicht abgegeben hat.
Vgl.
BVerwG, Beschluss vom 3. Juni 2014 - 2 B 105.12 -, juris, Rn. 46 f.
So liegt der Fall hier indessen nicht. Vielmehr hat der Sachverständige
Dr. N. dem Kläger mehrere Termine für eine persönliche Exploration angeboten. Der Kläger war aber nicht bereit, sich vorbehaltlos auf einen solchen Termin einzulassen, sondern sandte in kurzer Folge mehrere Schreiben an den Sachverständigen, in denen er immer neue, zum Teil nicht nachvollziehbare Einwände vorbrachte. Im Einzelnen hat der Sachverständige dies in seinem schriftlichen Gutachten dargestellt (
S. 20 f., 25 f., 31 f.) und hierzu auch bereits im erstinstanzlichen Verfahren eine Erklärung abgegeben (Schreiben vom 19. Oktober 2011).
d) Aus dem Gutachten vom 19. Juli 2011 ergibt sich nach der in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erfolgten Erläuterung durch den Sachverständigen (§ 411
Abs. 3
ZPO) schlüssig, dass der Kläger im maßgeblichen Zeitpunkt des Widerspruchsbescheides (28. September 2009) allgemein dienstunfähig, also zur Erfüllung seiner Dienstpflichten dauernd unfähig war (§ 26
Abs. 1 Satz 1 BeamtStG).
Die insoweit in den Blick zu nehmenden Dienstpflichten beziehen sich auf das dem Beamten zuletzt übertragene Amt im abstraktfunktionellen Sinne, nicht hingegen auf seinen Dienstposten (sein Amt im konkretfunktionellen Sinne).
Vgl.
OVG NRW, Urteil vom 2. Juli 2009 - 6 A 3712/06 -, DÖD 2009, 312 = juris, Rn. 44
ff.,
m.w.N.Bei dem Kläger ist das maßgebliche Amt im abstraktfunktionellen Sinne dasjenige eines Kriminalhauptkommissars (BesGr A11 BBesO). Aus dem Gutachten geht hervor, dass er dauernd unfähig war, die mit diesem Amt verbundenen Dienstpflichten zu erfüllen.
Das Gutachten enthält mit einer etwa 25 Seiten umfassenden Auswertung der Aktenlage die notwendigen Feststellungen zum Sachverhalt und lässt damit die Entscheidungsgrundlage erkennen. Es legt in der darauf aufbauenden Bewertung (
S. 26
ff.) nachvollziehbar dar, dass bei dem Kläger ein Beschwerdebild vorlag, das zu erheblichen Einschränkungen in der Wahrnehmung der dienstlichen Aufgaben führte. Diagnostisch nimmt der Gutachter eine Persönlichkeitsstörung mit vorwiegend paranoiden und zwanghaften Strukturmerkmalen an und führt dies anhand der Kriterien der International Classification of Diseases (
ICD) aus (
S. 33
ff.). Er beschreibt die sich daraus ergebenden hochgradigen Arbeitsstörungen einschließlich der eingeschränkten Fähigkeit, zwischen Wichtigem und Unwichtigem zu unterscheiden, und deutlichen Einschränkungen der Teamfähigkeit (
S. 36) sowie der Entscheidungsfähigkeit (
S. 37) bei einem "zwanghaften Hin und Her" zwischen dem Abstreiten der psychischen Erkrankung und der Verweigerung der Arbeitsleistung (
S. 37). Der daraus gezogene Schluss auf die allgemeine Dienstunfähigkeit des Klägers (
S. 37) liegt nicht nur nahe, sondern drängt sich geradezu auf. Eines näheren Eingehens auf die Anforderungen des von dem Kläger innegehabten Amtes im abstraktfunktionellen Sinne bedurfte es nicht. Denn unabhängig hiervon liegt auf der Hand, dass eine für den Dienstherrn verwertbare Arbeitsleistung in einem Amt des Polizeivollzugsdienstes bei den beschriebenen Einschränkungen nicht erbracht werden kann.
Der Gutachter hat in der Berufungsverhandlung auch erläutert, warum es sich gerade bezogen auf den maßgeblichen Zeitpunkt Ende September 2009 bereits so verhielt. Er hat den schon in dem Gutachten (
S. 36) beschriebenen Befund bestätigt, dass sich das Krankheitsbild des Klägers im Laufe der Zeit verschlechtert habe, und hierzu erläutert, dass wohl schon 2004 die allgemeine Dienstunfähigkeit eingetreten sei. Dies ist angesichts der langen Krankheitszeiten, die bereits 2002 begannen und seit dem 2. Juni 2004 ununterbrochen andauerten, nachvollziehbar. Zugleich ergibt sich daraus, dass etwaige bezogen auf das Jahr 2004 noch bestehende Zweifel daran, dass die Dienstunfähigkeit bereits vollständig eingetreten war, für den Zeitpunkt des 28. September 2009 nicht mehr berechtigt waren.
Zudem hat der Sachverständige bekräftigt, dass er trotz der von ihm eingeräumten Einschränkungen bei der Diagnosestellung wegen der ausgebliebenen persönlichen Exploration (s. schon Gutachten,
S. 32) seine Begutachtung weiterhin als fundiert ansieht. Hierzu hat er - ausgehend davon, dass die Treffsicherheit eines Gutachtens nach Aktenlage von der Qualität der in den Akten befindlichen Unterlagen abhängt - erläutert, dass zwar die in den Akten vorgefundenen ärztlichen Stellungnahmen nicht sehr aussagekräftig seien (so auch schon Gutachten,
S. 32), er dafür aber gute Beschreibungen und Verhaltensbeobachtungen vorgefunden habe, auf denen er seine Schlussfolgerungen habe aufbauen können. Dass diese Beschreibungen nicht das Privatleben des Klägers, sondern fast ausschließlich seine dienstliche Tätigkeit betrafen, habe angesichts der Fragestellung seines Gutachtenauftrags, die sich auf die Dienstunfähigkeit des Klägers bezog, keine wesentliche Einschränkung bedeutet, zumal die Aussagen zur dienstlichen Tätigkeit besonders eindrücklich gewesen seien.
Zusätzlich hat sich der Sachverständige in seiner Einschätzung durch den von dem Kläger im Berufungsverfahren vorgelegten Bericht der AHG Psychosomatischen Klinik Bad Q3. vom 5. Februar 2013 bestätigt gesehen. Er hat ausgeführt, dass diese auf einer Beobachtung des Klägers über einen Zeitraum von drei Wochen beruhende fachmedizinische Stellungnahme eine besonders aussagekräftige Grundlage für die Beurteilung des Beschwerdebilds des Klägers biete. Die dort gegebene Diagnose "Anpassungsstörung" halte er allerdings nicht für richtig, da verharmlosend. Nachvollziehbar hat er anhand der auf
S. 6 des Berichts dargestellten Vorkommnisse dargelegt, dass der Therapieverlauf in der Klinik gegen ein solches symptomarmes ("blandes") Krankheitsbild spreche. Dass die Diagnose nicht weit genug gehe, werde zudem durch die jahrelange Krankschreibung des Klägers bestätigt.
Schließlich hat der Sachverständige nachvollziehbar erläutern können, warum er den in einigen ärztlichen Stellungnahmen zum Ausdruck kommenden gegenteiligen Feststellungen nicht gefolgt ist. Insbesondere hat ihn der Senat zu denjenigen dieser Stellungnahmen befragt, die bei Erstattung des Gutachtens noch nicht vorlagen.
Zu der fachärztlichen Stellungnahme des Psychiaters L2. vom 30. November 2011, die ausdrücklich auf das Gutachten des Sachverständigen eingeht, hat der Sachverständige bemerkt, dass sich die dort geübte Kritik hauptsächlich auf die Passage seines Gutachtens beziehe, in der er eine psychotische Entwicklung (
ICD-10: F 20) für möglich gehalten habe. Diese Differentialdiagnose sei aber für die Feststellung der Dienstunfähigkeit nicht ausschlaggebend. Dies trifft zweifelsfrei zu. Die psychotische Entwicklung wird in dem Gutachten lediglich als "Verdacht" aufgeführt (
S. 36).
Zudem hat der Sachverständige zu den von ihm angenommenen Arbeitsstörungen des Klägers Stellung genommen und erläutert, warum er die Ansicht des Psychiaters L2. nicht teilen könne, dass die Denkweise des Klägers mit dem übereinstimme, was von der Polizei erwartet werde. Zwar sei ein gründliches und detailliertes Arbeiten bei der Kriminalpolizei durchaus von Vorteil, nicht aber die sich in endlosen Schleifen ergehenden Gedankenführungen, wie sie bei dem Kläger als Ausdruck seiner zwanghaften Persönlichkeitsstruktur anzutreffen seien. Diese Erläuterung ist einleuchtend.
Zu der psychiatrischen Stellungnahme des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie
Dr. Q. vom 29. September 2011 hat der Sachverständige ausgeführt, dass die dortige Einschätzung einer "Restleistungsfähigkeit für den allgemeinen Arbeitsmarkt" nicht in Widerspruch stehe zu seiner Annahme einer allgemeinen Dienstunfähigkeit. Hierzu und zu dem in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat verlesenen früheren Attest des
Dr. Q. vom 15. Juli 2009 hat der Sachverständige dargelegt, dass dort die bloße Erwerbsunfähigkeit mit der allgemeinen Dienstunfähigkeit verwechselt werde.
e) Die von dem Prozessbevollmächtigten des Klägers in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisanträge konnte der Senat mit dem in der Sitzung verkündeten Beschluss und der dort gegebenen Begründung ablehnen.
Der auf eine zeugenschaftliche Vernehmung des
Dr. Q. gerichtete Beweisantrag zu 1. war als unzulässig abzulehnen, da es an der Angabe einer unter Beweis gestellten Tatsache fehlte. Gemäß § 98
VwGO i.V.m. § 373
ZPO wird der Zeugenbeweis durch die Benennung der Zeugen und die Bezeichnung der Tatsache, über welche die Vernehmung der Zeugen stattfinden soll, angetreten. Der Beweisantrag zu 1. bezog sich allgemein auf den "Gesundheitszustand des Klägers zum Zeitpunkt seiner Zurruhesetzung und zum gegenwärtigen Zeitpunkt" und ließ damit die Angabe vermissen, welche Tatsachenbehauptung zu diesem Beweisthema unter Beweis gestellt werden sollte. An der Erforderlichkeit dieser Angabe ändert sich nichts dadurch, dass als Zeuge ein medizinischer Sachverständiger benannt worden ist. Auf einen solchen sachverständigen Zeugen finden gemäß § 98
VwGO i.V.m. § 414
ZPO die Vorschriften über den Zeugenbeweis Anwendung.
Die beiden auf einen Sachverständigenbeweis gerichteten Beweisanträge zu 2. und 3. hat der Senat angesichts der durch den Sachverständigen
Dr. N. bereits vermittelten Sachkunde abgelehnt. Dabei hat er zugunsten des Klägers angenommen, dass die Anträge Beweis darüber erbringen sollten, dass er im entscheidungserheblichen Zeitpunkt (28. September 2009) dienstfähig war, auch wenn dies in der wiederum recht allgemein gehaltenen Formulierung insbesondere des Antrages zu 3. nicht deutlich zum Ausdruck kommt.
Für den Sachverständigenbeweis ist der im Strafverfahren geltende § 244
Abs. 1 StPO analog anzuwenden.
Vgl.
BVerwG, Beschluss vom 27. März 2013- 10 B 34.12 -, NVwZ-RR 2013, 620 = juris,Rn. 4,
m.w.N.Danach kann die Anhörung eines weiteren Sachverständigen auch dann abgelehnt werden, wenn durch das frühere Gutachten das Gegenteil der behaupteten Tatsache bereits erwiesen ist (Satz 2 Halbs. 1). Die Voraussetzungen, unter denen dies nicht gilt (Satz 2 Halbs. 2), lagen hier nicht vor. Das bereits im erstinstanzlichen Verfahren eingeholte Gutachten des Sachverständigen
Dr. N. erfüllte in Verbindung mit der in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erfolgten Erläuterung durch ihn den Zweck, dem Gericht die zur Feststellung des entscheidungserheblichen Sachverhalts erforderliche Sachkunde zu vermitteln und ihm dadurch die Bildung der für die Entscheidung notwendigen Überzeugung zu ermöglichen. Danach stand - wie ausgeführt - die Dienstunfähigkeit des Klägers zum maßgebenden Zeitpunkt und damit das Gegenteil der unter Beweis gestellten Tatsache fest.
f) Die Feststellungen des Sachverständigen haben sich im Übrigen - ohne dass es noch entscheidungserheblich darauf ankäme - durch den persönlichen Eindruck, den der Senat in der mündlichen Verhandlung von dem Kläger gewonnen hat, eindrucksvoll bestätigt. Bereits beim Vortrag des Sachberichts brachte dieser an mehreren Stellen deutlich seinen Unmut zum Ausdruck. Als er anschließend hierzu das Wort erhielt, konnte er aber keine Fehler in den vorgetragenen Sachverhaltsangaben aufzeigen. Es stellte sich vielmehr heraus, dass er in dem auf seinen Wunsch ausführlich gehaltenen Sachbericht vor allem eine detailliertere Wiedergabe seiner eigenen Eingaben vermisste. Die Beiträge des Klägers zur Beweiserhebung fielen in ähnlicher Weise aus; anstelle sachdienlicher Fragen ging er sowohl die als Zeugin vernommene Gleichstellungsbeauftragte als auch den Sachverständigen mit Vorwürfen an und bezichtigte sie der Parteilichkeit, ohne dass hierfür ein Anlass erkennbar gewesen wäre. Zu dem Sachverständigen äußerte er
z. B., er sei angesichts des nunmehr von ihm gewonnenen persönlichen Eindrucks "heilfroh", damals nicht bei ihm zur Exploration erschienen zu sein. Auch von dem Senat fühlte er sich bereits während der Verhandlung, als das Urteil noch nicht feststand, nicht "fair" behandelt. Für diese Äußerung gab es keinen konkreten Anlass. Im Gegenteil hatte der Senat bereits durch die vormalige Berichterstatterin einen ausführlichen Erörterungstermin durchgeführt. Sowohl in dem Erörterungstermin als auch nochmals in der mündlichen Verhandlung war zudem eine den Interessen des Klägers entgegenkommende Möglichkeit eines Vergleichsabschlusses aufgezeigt worden. Der Kläger stellte den guten Sinn dieses Vergleichsvorschlages auch nicht in Abrede, gab aber an, sich spontan und ohne Rücksprache mit einem (weiteren) Fachanwalt nicht entscheiden zu können. Angesichts dessen, dass der Vergleichsvorschlag bereits im Juni 2014 - über ein halbes Jahr vor der mündlichen Verhandlung - unterbreitet worden war, gab es dafür keinen vernünftigen Grund. Insgesamt drängte sich vielmehr auf, dass der Kläger seiner "inneren Verwirrung Herr zu werden versucht, indem er die Umgebung und Abläufe kontrollieren will. Gelingt ihm dies, und werden seine Forderungen befolgt, ist er kurzzeitig beruhigt. Bald wächst jedoch wieder das Anspannungspotential" (
S. 32 des Gutachtens). Es ist daher für den Senat nachvollziehbar, dass der in der mündlichen Verhandlung durchgehend anwesende Sachverständige seinen in dem Gutachten wiedergegebenen Eindruck durch die während der Sitzung gemachten Beobachtungen nochmals bestätigt fand.
3. Eine anderweitige Verwendung des Klägers war nicht möglich (§ 26
Abs. 1 Satz 3,
Abs. 2 BeamtStG). Auch eine geringerwertige Tätigkeit konnte ihm nicht übertragen werden (§ 26
Abs. 3 BeamtStG). Eine begrenzte Dienstfähigkeit kam ebenfalls nicht in Betracht (§ 27 BeamtStG). Dies alles ergibt sich ohne weiteres daraus, dass nach den vom Senat nachvollzogenen und geteilten Feststellungen des Sachverständigen
Dr. N. bei dem Kläger zum maßgeblichen Zeitpunkt (28. September 2009) von einem vollständigen Verlust der Dienstfähigkeit ausgegangen werden muss. Das Krankheitsbild des Klägers stand nicht nur den besonderen Anforderungen des Polizeivollzugsdienstes, sondern seiner Einsatzfähigkeit im öffentlichen Dienst überhaupt entgegen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154
Abs. 2
VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167
VwGO i.V.m. §§ 708
Nr. 10, 711
ZPO.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132
Abs. 2
VwGO und des § 127 BRRG nicht gegeben sind.