II.
Die zulässige Beschwerde der Antragstellerin bleibt ohne Erfolg. Die gegen den angefochtenen Beschluss vorgebrachten Gründe, auf deren Prüfung das Beschwerdeverfahren beschränkt ist (§ 146
Abs. 4 Satz 6
VwGO), rechtfertigen es nicht, dem Antrag der Antragstellerin zu entsprechen.
Ob die Antragstellerin einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht hat, kann offen bleiben, jedenfalls hat das Verwaltungsgericht zutreffend einen Anordnungsanspruch verneint.
Die Einbehaltung der das Ruhegehalt zuzüglich des Unterschiedsbetrags nach
Art. 69
Abs. 2 Satz 1 BayBeamtVG übersteigenden Besoldung mit Ausnahme der vermögenswirksamen Leistungen mit dem Ende des Monats, in dem die Entscheidung über die Versetzung in den Ruhestand zugestellt wird, bis zu deren Unanfechtbarkeit ist eine gesetzliche Folge der Anfechtung der Ruhestandsversetzung (
Art. 66
Abs. 2 Satz 3 BayBG). Wird die Versetzung in den Ruhestand unanfechtbar aufgehoben, sind die einbehaltenen Dienstbezüge nachzuzahlen (
Art. 66
Abs. 2 Satz 4 BayBG). Diesen Nachteil, dass dem Beamten der gegebenenfalls nachzuzahlende Betrag nicht zeitgerecht zur Verfügung steht, mutet das Gesetz dem Beamten grundsätzlich zu. Sinn dieser Regelung ist es, dem Beamten die Möglichkeit zu nehmen, durch die Erhebung von Rechtsmitteln gegen die Versetzung in den Ruhestand einen wirtschaftlichen Vorteil zu erlangen, der ihn erst zur Ergreifung von Rechtsmitteln ermutigt (
vgl. hierzu
OVG NRW B. v. 11.5.1992 - 1 B 1167/92 - DÖV 1992, 932). Nach der Gesetzesregelung hat zwar ein Rechtsbehelf gegen die Ruhestandsversetzung aufschiebende Wirkung. Wegen der unmittelbar aus dem Gesetz folgenden besoldungsrechtlichen Regelung des Einbehalts in
Art. 66
Abs. 2 Satz 3 BayBG lässt ein Rechtsbehelf gegen die Ruhestandsversetzung jedoch nicht den vollen Besoldungsanspruch wieder aufleben.
Nur in besonderen Ausnahmefällen, etwa wenn die Ruhestandsversetzung ersichtlich rechtsmissbräuchlich ist oder nur dem Zweck dient, die Rechtsfolge der Besoldungskürzung eintreten zu lassen oder wenn die Annahme der Dienstunfähigkeit aus der Luft gegriffen erscheint, lässt ein Teil der Literatur und der Rechtsprechung unter Bezugnahme auf
Art. 19
Abs. 4
GG einen Rechtsschutz im Wege einer einstweiligen Anordnung zu (
vgl. Plog/Wiedow, BBeamtG, §§ 44 BBG
a. F., Rn. 17 a;
OVG NRW B. v. 17.4.2013 - 1 B 1282/12, B. v. 5.10.2012 -
1 B 790/12 - juris,
VG Frankfurt B. v. 21.12.2009 -
9 L 3763/09.F - juris,
OVG MV B. v. 27.2.2003 - 2 M 203/02 - ZBR 2004, 327, insoweit offen gelassen). Die gegenteilige Meinung ist der Auffassung, dass die Rechtsfolge der Einbehaltung eines Teils der Besoldung derart zwingend eintrete, dass ein Hinausschieben mittels einstweiliger Anordnung in jedem Falle ausgeschlossen ist (
OVG Bremen, B. v. 4.11.1988 -
OVG 2 B 136/88 - ZBR 1990, 27;
OVG NRW B. v. 11.5.1992 - 1 B 1167/92 - DÖV 1992, 932).
Der Senat hat sich in mehreren Entscheidungen
(z. B. BayVGH, B. v. 23.4.2013 - 3 CE 13.366 - juris; zuletzt B. v. 14.1.2015 - 3 CE 14.2587 - juris) mit dieser Problematik befasst und auch die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts Frankfurt (B. v. 21.12.2009 - 9 L 3763/09 f. - juris) berücksichtigt. Der Senat hält an dieser Rechtsprechung fest.
Er ist der Auffassung, dass dem Beamten nur in Ausnahmefällen - ohne darüber endgültig entschieden zu haben - ein Anspruch auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zustehen könnte. Einen solchen ausnahmsweise vorliegenden Anordnungsanspruch hat die Antragstellerin nicht glaubhaft gemacht. Aus der vom Gesetzgeber in
Art. 66
Abs. 2 Satz 3 BayBG getroffenen Grundsatzentscheidung folgt, dass die etwaige bloße Rechtsfehlerhaftigkeit einer Ruhestandsversetzung, die zu deren Aufhebung führt, für die Begründung des Anordnungsanspruchs nicht ausreicht, denn für diesen Fall hat der Gesetzgeber die Nachzahlung der einbehaltenen Bezüge gemäß
Art. 66
Abs. 2 Satz 4 BayBG vorgeschrieben. Die Ruhestandsversetzung der Antragstellerin ist weder ersichtlich rechtsmissbräuchlich und nur dem Zweck dienend, die Rechtsfolge der Besoldungskürzung eintreten zu lassen, noch erscheint die Annahme der Dienstunfähigkeit ohne konkreten Anhaltspunkt aus der Luft gegriffen. Die von der Antragstellerin gegen die Ruhestandsversetzung vorgebrachten Einwände erfüllen diese Voraussetzungen nicht.
Die Ruhestandsversetzung vom 13. Oktober 2014 leidet an keiner offensichtlichen formellen Rechtswidrigkeit. Das Polizeipräsidium München teilte der Antragstellerin mit Schreiben vom 11. September 2013 mit, dass wegen dauernder Dienstunfähigkeit ihre Versetzung in den Ruhestand beabsichtigt sei (
vgl. Art. 66
Abs. 1 1. Halbsatz BayBG). Die Gründe für die Versetzung in den Ruhestand wurden in dem Schreiben angegeben (
Art. 66
Abs. 1 2. Halbsatz BayBG). Auf die Möglichkeit der Geltendmachung von Einwendungen innerhalb eines Monats wurde hingewiesen (
Art. 66
Abs. 2 Satz 1 BayBG). Die vorgebrachten Einwendungen hat das Polizeipräsidium auch zur Kenntnis genommen (s. Bescheid vom 13. Oktober 2014). Mit Schreiben vom 24. Juni 2014 stimmte der Hauptpersonalrat der Versetzung in den Ruhestand zu. Die Schwerbehindertenvertretung wurde ebenfalls beteiligt.
Ob der Antragsgegner für die Antragstellerin ein ordnungsgemäßes betriebliches Eingliederungsmanagement gemäß
§ 84 Abs. 2 SGB IX durchgeführt hat, ist vorliegend zwischen den Beteiligten streitig, kann aber dahingestellt bleiben. Die Vorschrift des § 84
Abs. 2
SGB IX findet zwar nach höchstrichterlicher Rechtsprechung auch auf Beamte Anwendung, ein Verstoß wirkt sich jedoch nicht auf die Rechtmäßigkeit der Ruhestandsversetzung aus (
BVerwG, U. v. 5.6.2014 -
2 C 22/13 - juris Rn. 36 ff (46); BayVGH, B. v. 11.1.2012 -
3 B 10.346 - juris Rn. 20 m.w.N; B. v. 26.2.2014 -
3 CE 13.2573 - juris Rn. 29). Abgesehen davon ergibt sich aus den vorliegenden Akten, dass seit Oktober 2012 im Hinblick auf die Antragstellerin fünf Wiedereingliederungsmaßnahmen durchgeführt werden sollten, welche von der Antragstellerin entweder abgebrochen wurden oder wegen erneuter Erkrankung nicht zustande kamen.
Auch in materieller Hinsicht erscheint die Ruhestandsversetzung nicht offensichtlich rechtswidrig
bzw. rechtsmissbräuchlich. Insbesondere sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass sie nur in der Absicht erfolgt ist, sich der Antragstellerin im aktiven Dienst zu entledigen. Die Annahme der Dienstunfähigkeit ist ebenfalls nicht aus der Luft gegriffen.
Dienstunfähig ist, wer wegen seines körperlichen Zustands oder aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung seiner Dienstpflichten dauernd unfähig ist (§ 26
Abs. 1 Satz 1 BeamtStG). Als dienstunfähig kann auch angesehen werden, wer infolge Erkrankung innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten mehr als drei Monate keinen Dienst getan hat und keine Aussicht besteht, dass innerhalb einer Frist von sechs Monaten (
Art. 65
Abs. 1 BayBG) die Dienstfähigkeit wieder voll hergestellt ist (§ 26
Abs. 1 Satz 2 BeamtStG). Von der Versetzung in den Ruhestand soll abgesehen werden, wenn eine anderweitige Verwendung möglich ist.
Vor diesem Hintergrund macht die Antragstellerin im Rahmen der Beschwerde geltend, dass der Antragsgegner durch Verletzung seiner Fürsorgepflicht - insbesondere durch ein versäumtes betriebliches Eingliederungsmanagement nach § 84
Abs. 2
SGB IX - dazu beigetragen hat, dass ein ordnungsgemäßer Arbeitsplatz für die Antragstellerin nicht gefunden werden konnte, die gesundheitliche Stabilisierung ignoriert und die Antragstellerin ohne Ermittlung ihres Gesundheitszustands in den Ruhestand versetzt wurde.
Mit Gesundheitszeugnis vom 3. Mai 2013 stellte die Amtsärztin, eine Fachärztin für Psychiatrie, aufgrund einer Untersuchung vom 22. April 2013 fest, dass die Antragstellerin wegen erheblicher psychischer Probleme als dienstunfähig anzusehen sei, die zukünftige gesundheitliche Prognose wurde als eher ungünstig eingeschätzt. Die Voraussetzungen des § 26
Abs. 1 BeamtStG
i. V. m.
Art. 65, 66 BayBG für eine Ruhestandsversetzung waren damit erfüllt. Dieser Feststellung waren seit dem Jahr 2005 elf amtsärztliche Untersuchungen, eine Vielzahl von Krankheitszeiten (in den Jahren 2005 bis 2013 181 Tage im Jahresdurchschnitt), mindestens zwei mehrwöchige stationäre Aufenthalte und fünf Wiedereingliederungsversuche ab dem Jahr 2012 vorausgegangen. Davon ausgehend erscheint es nicht aus der Luft gegriffen, wenn der Antragsgegner annimmt, dass die Antragstellerin den gesundheitlichen Anforderungen, welche ihr Amt an sie stellt, nicht mehr genügen kann. Ob es vorliegend ausreichend war, die Antragstellerin ohne erneute amtsärztliche Untersuchung mit Verfügung vom 13. Oktober 2014 in den Ruhestand zu versetzen, ist im Rahmen der Klage gegen die Ruhestandsversetzung zu prüfen. Die von der Antragstellerin insoweit geltend gemachten Gesichtspunkte, wie die zwischenzeitliche Stabilisierung ihres Gesundheitszustands, die fehlende Aktualität des amtsärztlichen Gesundheitszeugnisses vom 3. Mai 2013 und die mangelnde Berücksichtigung der vorgelegten privatärztlichen Gutachten, betreffen die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Ruhestandsversetzung.
Nicht zu prüfen ist im vorliegenden Verfahren ebenso, ob der Dienstherr sich in ausreichendem Maße um einen für die Antragstellerin geeigneten Arbeitsplatz gekümmert
bzw. ein betriebliches Eingliederungsmanagement durchgeführt hat und inwieweit sich dies auf die Dienstfähigkeit der Antragstellerin insgesamt auswirkte. Gleiches gilt für die Frage, ob nicht doch noch eine weitere Verwendungsmöglichkeit für die Antragstellerin beim Antragsgegner vorgelegen habe, aufgrund derer von einer Versetzung in den Ruhestand abgesehen hätte werden können. Eine diesbezügliche Prüfung kann nur im Rahmen einer Klage gegen die Ruhestandsversetzung in einem Hauptsacheverfahren erfolgen. Im Übrigen setzt die Suche nach einer anderen Verwendungsmöglichkeit im Sinne von § 26
Abs. 2 BeamtStG regelmäßig die allgemeine Dienstfähigkeit voraus. Eine Suchpflicht besteht nicht, wenn feststeht, dass die Beamtin generell nicht mehr oder nur mit erheblichen krankheitsbedingten Fehlzeiten zur Dienstleistung imstande ist. Besteht auch diese nicht, muss sie vorzeitig in den Ruhestand versetzt werden (
BVerwG, B. v. 6.11.2014 - 2 B 97/13 - juris Rn. 13, 15).
Eine rechtsmissbräuchliche Ruhestandsversetzung vermag der Senat nicht zu erkennen, so dass die Voraussetzungen für die begehrte vorläufige Weiterleistung der ungekürzten Bezüge nicht erfüllt sind.
Die Beschwerde war daher mit der Kostenfolge des § 154
Abs. 2
VwGO zurückzuweisen.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53
Abs. 2
Nr. 1, § 52
Abs. 1, 47 GKG, wobei zu berücksichtigen ist, dass es sich nicht um einen dauerhaften, sondern um einen zeitlich begrenzten Anspruch handelt, bis über die Ruhestandsversetzung rechtskräftig entschieden ist. Insoweit erscheint es angemessen, einen sechsmonatigen Differenzbetrag zugrunde zu legen (st. Rspr. d. BayVGH,
z. B. B. v. 14.1.2015 - 3 CE 14.2587 - juris Rn. 31).