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Urteil
Ausschreibung von Integrationsfachdienstleistungen nach dem SGB IX: Wahl der Vergütungsform durch den Auftraggeber - Ausschluss einer gesonderten Vergütung für eine Erstberatung - Unzumutbarkeit kalkulationsrelevanter Vorgaben - Festlegung einer Kostenobergrenze - Ausschreibung für vergabefremde Zwecke

Gericht:

OLG Koblenz Vergabesenat


Aktenzeichen:

1 Verg 7/13


Urteil vom:

04.02.2014


Grundlage:

Leitsätze:

1. Das Bestimmungsrecht des Auftraggebers umfasst auch die Wahl der Vergütungsform, für die die VOL/A keine Vorgaben macht.

2. Es gibt keine vergaberechtliche Norm und kein Grundprinzip des Vergaberechts, das es einem Auftraggeber, der auf Dauer angelegte Leistungen zugunsten Dritter in Auftrag geben und diese mit Zeitpauschalen vergüten will, grundsätzlich verböte, eine gesonderte Vergütung für eine nicht in eine weitere Leistungserbringung einmündende Erstberatung auszuschließen.

3. Nach der ersatzlosen Streichung des Verbots der Überbürdung eines ungewöhnlichen Wagnisses aus der VOL/A kommt die Annahme eines Vergaberechtsverstoßes nur in Betracht, wenn eine kalkulationsrelevante Vorgabe des Auftraggebers für die Bieter unzumutbar ist.

4. Die Festlegung einer Kostenobergrenze durch den Auftraggeber ist grundsätzlich zulässig.

5. Fehlt es an einem Beschaffungswillen des Ausschreibenden und ist die Ausschreibung inhaltlich so gestaltet, dass ein eine Verpflichtung zur Erbringung einer Leistung begründender Zuschlag überhaupt nicht erteilt werden kann, liegt eine Ausschreibung für vergabefremde Zwecke vor, die auch dann unzulässig ist, wenn keiner der in § 2 Abs. 3 VOL/A ausdrücklich genannten Fälle vorliegt.

Rechtsweg:

VK Rheinland-Pfalz, Urteil vom 22.08.2013 - VK 1-12/13

Quelle:

Landesrecht Rheinland-Pfalz

Tenor:

1. Auf sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss der Vergabekammer Rheinland-Pfalz vom 30. August 2013 teilweise aufgehoben.

2. Dem Auftraggeber wird untersagt, auf der Grundlage der in ihrer Ausschreibung "Integrationsfachdienste für Menschen mit Behinderung" vom 10. April 2013 festgelegten Bedingungen den Zuschlag zu Los 1.9 zu erteilen.

3. Die weitergehende sofortige Beschwerde wird als unbegründet verworfen.

4. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens sowie des Verfahrens vor der Vergabekammer tragen die Beteiligten je zu ½. Eine Erstattung der notwendigen Auslagen findet nicht statt.

5. Der Beschwerdewert beträgt 1.483.092 EUR.

Gründe:

I.

1. Laut Vergabeunterlagen (Teil A 2.2) ist Auftraggeber das Land Rheinland-Pfalz, vertreten durch das dem Landesministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie unterstehende Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung in Mainz als Amt für die Sicherung der Integration schwerbehinderter Menschen im Arbeitsleben (Integrationsamt), das sich wiederum der Dienste des Landesbetriebes Daten und Information als Vergabestelle bedient.

2. Gemäß § 102 Abs. 1 Nr. 3 SGB IX gehört zu den Aufgaben eines Integrationsamtes die Unterstützung schwerbehinderter Menschen durch eine begleitende Hilfe im Arbeitsleben. Die Rehabilitation behinderter Menschen einschließlich der Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (§ 33 SBG IX) ist primär Aufgabe der Rehabilitationsträger (§§ 6, 6a SGB IX). Die begleitende Hilfe im Arbeitsleben hat eine eher ergänzende und nachrangige Funktion (§ 102 Abs. 5 Satz 2, HS 2 SGB IX; § 18 Abs. 1 SchwbAV). Sie umfasst neben finanziellen Leistungen an Arbeitgeber und Schwerbehinderte (§ 102 Abs. 3 SGB IX) sowie fachlicher Beratung auch die notwendige (psychosoziale) Betreuung bei Problemen aller Art, die die beruflich-soziale Integration eines schwerbehinderten Menschen gefährden können (siehe auch §§ 19 - 29 SchwbAV). Wenn auch die Abgrenzung zur Zuständigkeit anderer Aufgabenträger strittig sein mag - etwa zu der Frage, wie weit der Begriff "im Arbeitsleben" reicht (siehe z.B. BVerwG v. 14.11.2003 - 5 C 13.02 zur nicht als Arbeit i.e.S. geltenden Tätigkeit von Geistlichen) -, so kann doch gesagt werden, dass Leistungen zur Sicherung einer bereits erfolgten beruflich-sozialen Integration eines Schwerbehinderten (berufsbegleitende Maßnahmen) in die nahezu ausschließliche Zuständigkeit des Integrationsamtes fallen, während die Arbeitsvermittlung (einschließlich der vorbereitenden Tätigkeiten im Sinne des §§ 29 bis 34 SGB III; siehe auch § 104 SGB IX) außerhalb seiner Zuständigkeit als Aufgabenträger liegt (Simon in jurisPK-SGB IX, § 102 Rn. 26). Die berufsbegleitenden Maßnahmen zum Zwecke der Erhaltung bedrohter Arbeitsplätze von schwerbehinderten Menschen gehören zu den Pflichtaufgaben eines Integrationsamtes; Art und Umfang der Leistungen, die zur Erfüllung dieser Aufgabe notwendig sind, stehen in seinem Ermessen.

Das Integrationsamt muss die ihm obliegenden Betreuungs- und Beratungsleistungen nicht selbst erbringen, sondern kann, ebenso wie die Rehabilitationsträger (§ 33 Abs. 6 Nr. 8 SGB IX), Integrationsfachdienstleister (§ 109 SGB IX) an der Durchführung beteiligen (§ 102 Abs. 2 Satz 5 SGB IX) und ihnen Aufgaben übertragen, die in § 110 SBG IX aufgeführt sind. Die Leistungen des Integrationsfachdienstes (IFD) sind für behinderte Menschen kostenlos; sie sind von den Auftraggebern (Integrationsämter bzw. Rehabilitationsträger) zu vergüten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Integrationsfachdienstleister werden immer nur aufgrund eines auf den konkreten Einzelfall zugeschnittenen Auftrags des jeweils zuständigen Aufgabenträgers tätig (§ 111 Abs. 1 u. 2 SGB IX). Dieser Auftrag beinhaltet klar definierte Aufgaben, deren Erfüllung überprüfbar sein muss. Nach § 111 Abs. 4 SGB IX müssen die (potentiellen) Auftraggeber mit den Trägern der Integrationsfachdienste Verträge mit einer Laufzeit von mindestens drei Jahren schließen, die "Näheres zur Beauftragung, Zusammenarbeit, fachlichen Leitung, Aufsicht sowie zur Qualitätssicherung und Ergebnisbeobachtung" regeln. Es gilt also das Prinzip der Einzelfallbeauftragung, während der einzelfallunabhängige "Grundlagenvertrag" (Knittel, SGB IX, § 111 Rn. 19) den rechtlichen Rahmen für die Beauftragung im Einzelfall festlegt.

Nach einer in der sozialrechtlichen Literatur, aber auch in der Praxis nahezu einhellig vertretenen Auffassung haben die Integrationsämter seit dem Jahre 2005 die sog. Strukturverantwortung für die Integrationsfachdienste. Was genau darunter zu verstehen ist und wie die Integrationsämter dieser Verantwortung gerecht werden sollen, ist allerdings nirgends gesetzlich geregelt; im SGB IX findet sich noch nicht einmal der Begriff (siehe auch den Tätigkeitsbericht der Bundesarbeitsgemeinschaft der Integrationsämter und Hauptfürsorgestellen [BIH] aus Oktober 2009: "...hatte der Gesetzgeber den Integrationsämtern die "Strukturverantwortung" für die IFD übertragen, ohne auch nur im Ansatz zu regeln, was das ist" und "... Millionenausgaben der Integrationsämter für den Bereich der Arbeitsvermittlung, für den sie eindeutig nicht zuständig sind" ). Folge ist eine weitverbreitete Unsicherheit, die sich in der sozialrechtlichen Literatur, aber auch - so der BIH - in "gravierenden Abweichungen in der regionalen Umsetzung" niederschlägt.

Der Wortlaut des § 113 Abs. 1 SGB IX schließt eine Mischfinanzierung aus; der Aufgabenträger, der einen Integrationsfachdienst in Anspruch nimmt, hat dessen Leistung auch zu vergüten. Ansonsten lässt sich aus der Norm weder eine Verpflichtung des Integrationsamtes, die Vorhaltekosten des Integrationsfachdienstleisters vorzufinanzieren, noch ein entsprechendes Verbot ableiten (Schröder in: Hauck/Noftz, SGB IX, § 113 Rn. 6 f; Ritz in: Cramer/Fuchs/Hirsch/Ritz, SGB IX; unklar Deusch in: Dau/Düwel/Joussen, SGB IX, § 113 Rn. 6). Letztlich überlässt der Gesetzgeber die praktische Umsetzung der Strukturverantwortung der Phantasie der Beteiligten.

In einer gemeinsamen Empfehlung der BIH und der Rehabilitationsträger vom 16.12.2004, zuletzt geändert am 25.06.2009 (GE IFD), die ihre Rechtsgrundlage in § 113 Abs. 2 SGB IX hat, heißt es in § 1 Abs. 2:

"Die Strukturverantwortung liegt beim Integrationsamt. Dieses legt Näheres zur Beauftragung, Zusammenarbeit, fachlichen Leitung, Aufsicht sowie zur Dokumentation, Qualitätssicherung und Ergebnisbeobachtung nach einem auf Bundesebene entwickelten Mustervertrag fest. Das Integrationsamt schließt mit dem Träger des IFD einen Grundvertrag. Die Verträge sollen im Interesse finanzieller Planungssicherheit auf eine Dauer von mindestens drei Jahren abgeschlossen werden. Die Verantwortung für die Ausführung der Dienstleistung des IFD bleibt nach § 111 Abs. 1 Satz 2 SGB IX bei dem für den Einzelfall zuständigen Leistungsträger (Fallverantwortung). Die Verantwortung des IFD-Trägers nach § 112 SGB IX bleibt davon unberührt."

Nach § 3 Abs. 1 GE IFD sorgen die Integrationsämter "im Rahmen ihrer Strukturverantwortung dafür, dass das komplette Dienstleistungsangebot nach § 110 SGB IX für alle Personengruppen nach § 109 SGB IX sowie unter Einhaltung der fachlichen Anforderungen nach § 112 SGB IX im Sinne des § 17 Abs. 1 Nr. 2 SGB IX für alle Vereinbarungspartner vorgehalten werden kann."

Regelungen zur Finanzierung finden sich in § 5 Abs. 1 - 3 GE IFD:

"(1) Die IFD werden für die Zielgruppe der schwerbehinderten Menschen durch die Integrationsämter flächen- und bedarfsdeckend eingerichtet, ausgestattet und nach einheitlichen Kriterien leistungsabhängig finanziert.

(2) Die Nutzung der IFD durch die Integrationsämter für schwerbehinderte Menschen wird aus Mitteln der Ausgleichsabgabe finanziert. Die Inanspruchnahme der IFD durch die Rehabilitationsträger nach § 33 Abs. 6 Nr. 8 SGB IX wird dem Integrationsfachdienst pro Einzelfall vergütet. Die Vergütung für den Bereich Berufsbegleitung orientiert sich an den durchschnittlichen Fallkosten pro Monat. Für den Bereich Vermittlung wird eine erfolgsabhängige Vergütung gezahlt.

(3) Für die Rehabilitationsträger gilt: ..."

Die dem Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung zur Verfügung stehenden Mittel stammen aus der Ausgleichsabgabe (§ 77 SGB IX, siehe auch § 14 SchwbAV) und sind begrenzt.

Als Träger von Integrationsfachdiensten kommen Organisationen der Wohlfahrtspflege und gemeinnützige Vereine, aber auch gewerbliche Unternehmen in Betracht. Einen einheitlichen Tarifvertrag für die Anbieter von IFD-Leistungen gibt es nicht. Die Wohlfahrtsorganisationen bezahlen ihre Mitarbeiter nach den jeweils für sie geltenden (unterschiedlichen und teils an den TVöD-SuE anknüpfenden) Regelungen, andere potentielle Auftragnehmer unterliegen keinen Bindungen.

3. Im April 2013 schrieb die Vergabestelle "Integrationsfachdienste für Menschen mit Behinderung" für die Zeit vom 1. August 2013 bis 31. Juli 2016 öffentlich aus. Die Gesamtleistung ist drei Teillose aufteilt; im jetzigen Nachprüfungsverfahren geht es um die Lose 1 und 2.

Das Los 1 (IFD-V; "V" steht für Vermittlung) befasst sich mit der Betreuung schwerbehinderter und behinderter Menschen mit dem Ziel, sie in den allgemeinen Arbeitsmarkt einzugliedern. Mit den im Rahmen des Loses 2 (IFD-BBD) zu erbringenden berufsbegleitenden Leistungen sollen berufstätige behinderte Menschen bei der Ausübung und Sicherung einer möglichst dauerhaften Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unterstützt werden.

Beide Lose sind in jeweils 9 Gebietslose aufgegliedert, die sich nach den Arbeitsagenturbezirken im Lande Rheinland-Pfalz richten. Die Antragstellerin ist an den Losen 1.9 und 2.9 (Bezirk Trier) interessiert.

Die Leistungsbeschreibung enthält zu jedem Los eine lange, nicht abschließende ("insbesondere") Liste möglicher Leistungen, die "je nach Einzelfall" in Betracht kommen können. In beiden Losen beträgt die Betreuungsdauer grundsätzlich höchstens 12 Monate; in Ausnahmefällen ist auf Antrag des Betreuten eine Verlängerung durch das Integrationsamt möglich.

Mit Blick auf das einzusetzende Personal heißt es in den Vergabeunterlagen u.a:

"Es wird erwartet, dass der Auftragnehmer durch den Einsatz qualifizierter Fachberater und Fachberaterinnen zu einer qualitativ guten psychosozialen Beratung und Begleitung sowie der Umsetzung der Integration behinderter und schwerbehinderter Menschen in Rheinland-Pfalz beiträgt. Insoweit wird davon ausgegangen, dass die Fachberater und Fachberaterinnen der Auftragnehmer über vielfältige Erfahrungen in der sozialen Beratung und im Bereich der Integration benachteiligter Zielgruppen verfügen.

Als Fachberater und Fachberaterinnen kommen Personen aus allen psychosozialen Berufen in Frage, insbesondere Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen oder Sozialarbeiter und Sozialarbeiterinnen. Sie sollen mindestens 2-jährige Erfahrungen in der Arbeit mit behinderten Menschen nachweisen.

Weiterhin wird von den Fachkräften erwartet:

- Ausreichende Kenntnisse in MS-Office oder Software gleichwertiger Art,

- Kenntnisse im Umgang mit den verschiedenen Behinderungsarten,

- Kenntnisse in Bezug auf den Arbeitsmarkt in Rheinland-Pfalz und die Problembereiche des Arbeitsmarktes,

- Erfahrungen in Zusammenarbeit mit Agenturen für Arbeit, Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende, Kommunen und sonstigen Akteuren des Arbeitsmarktes,

- Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit Landesverwaltungen und Behörden,

- Kenntnisse der relevanten Vorschriften, insbesondere des SGB IX,

- Fahrerlaubnis mindestens der Klasse B,

- ein hohes Maß an Flexibilität und Mobilität, Verantwortungsbewusstsein, Selbstständigkeit, Kommunikationsfähigkeit, Entscheidungsfreudigkeit und Teamfähigkeit sowie Beratungs-, Planungs- und Entwicklungskompetenzen."

Bei Los 2 müssen die Fachkräfte über eine psychosoziale Zusatzqualifikation verfügen.

Im Arbeitsagenturbezirk Trier soll der Auftragnehmer 121 (Los 1.9) bzw. 127 (Los 2.9) Betreuungsplätze ganzjährig vorhalten. Der Personalschlüssel ist mit 1:30 vorgegeben; eine Unterbesetzung über mehr als zwei Monate kann eine entsprechende Verringerung der Vergütung nach sich ziehen.

Zuschlagskriterien sind der Preis (20%) und weitere Kriterien, die mit insgesamt 80% in die Wertung eingehen sollen.

Zu der Vergütung (Preis) heißt es in den Vergabeunterlagen zu Los 1:

"Für den Bereich IFD-V stehen pro Begleitungsplatz max. monatlich 140,- EUR zur Verfügung.

...

Der Auftragnehmer verpflichtet sich, entsprechend den Zuweisungen und im Auftrag der AfA, der Rehabilitationsträger, der SGB-II-Träger und des Auftraggebers im o. a. Arbeitsagenturbezirk monatlich laufend die benannte Anzahl an behinderten und schwerbehinderten Menschen (Begleitungsplatzzahl) mit dem Ziel der Integration in den allgemeinen Arbeitsmarkt zu begleiten.

...

Im Rahmen der Strukturverantwortung des InA erhält der Auftragnehmer hierfür einen monatlichen Betrag von max. 140,00 EUR pro Begleitungsplatz, somit also

täglich (140,00 EUR : 30) = 4,66 EUR,

monatlich = 140,00 EUR,

jährlich (140,00 EUR X 12) = 1.680,00 EUR.

Damit sind von Seiten des Auftraggebers sämtliche Kosten erstattet und alle Leistungen abgegolten.

Die Begleitungszeit beläuft sich in der Regel auf 12 Monate. Eine Verlängerung ist im Einzelfall nur mit Zustimmung des Auftraggebers möglich.

Wird die Leistung nicht in einem vollen Monat erbracht, findet folgende pauschalierte Abrechnung statt: ...

Der Auftragnehmer bemüht sich, zusätzliche Aufträge und Finanzierungsanteile zu akquirieren und sicherzustellen, um die langfristige Ausfinanzierung und damit den Erhalt des Aufgabenbereiches IFD-V zur Unterstützung der arbeits- und ausbildungsplatzsuchenden schwerbehinderten und behinderten Menschen der Region sicherzustellen. Er kann zur Ausfinanzierung seiner Leistungen im Bereich IFD-V zusätzliche Kostenerstattungen durch Träger der Arbeitsvermittlung und durch Rehabilitationsträger, z. B. in Form von Vermittlungsgutscheinen und Beauftragungen in Anspruch nehmen. Diese zusätzlichen Einnahmen verbleiben beim Auftragnehmer."

Nach den Angaben des Leiters der Abteilung Soziales und Integrationsamt des Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung in der mündlichen Verhandlung wird mit der Ausschreibung zu Los 1 bezweckt, mit einer Art Sockelfinanzierung irgendwie der Strukturverantwortung gerecht zu werden und dazu beizutragen, dass den schwerbehinderten Menschen überhaupt IFD-V-Dienstleistungen angeboten werden. In seiner Rolle als Aufgabenträger nach § 102 Abs. 1 SGB IX habe das Integrationsamt selbst keinen dahingehenden Bedarf, weshalb auch nicht beabsichtigt sei, die Betreuung bestimmter Menschen in Auftrag zu geben. Dies sei Sache der Rehabilitationsträger und der Bundesagentur für Arbeit.

Für Los 2 stehen pro Begleitungsplatz monatlich max. 191 EUR zur Verfügung. Hinweise auf andere Auftraggeber oder eine "Ausfinanzierung" durch Zahlungen Dritter gibt es insoweit nicht.

Angebote mit Angebotspreisen über den vorgegeben Maximalbeträgen sollen nicht gewertet werden. Der Leiter des Integrationsamts hat in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass eine Aufstockung der zur Verfügung stehenden Mittel nicht zu erwarten ist. Sollten die in Los 2 ausgeschriebenen Leistungen nicht zu den in den Vergabeunterlagen festgelegten finanziellen Bedingungen beschaffbar sein, könne der Auftrag auch nicht wie ausgeschrieben vergeben werden. Man müsse sich dann im Rahmen des finanziell Machbaren etwas anderes überlegen, was auch die Möglichkeit einschließe, im Rahmen der Ermessensausübung von der Beteiligung eines Integrationsfachdienstes (ganz oder teilweise) Abstand zu nehmen.

Für beide Lose gilt, dass eine (Erst-)Beratung, die nicht zu einer Betreuung (Begleitung) führt, "nicht vergütet" wird.

4. Mit ihrem Nachprüfungsantrag vom 7. Juni 2013 machte die Antragstellerin mehrere Vergaberechtsverstöße geltend, darunter eine "Unterfinanzierung" der Lose 1 und 2, die bei leistungsadäquater Bezahlung des Personals die Kalkulation eines auskömmlichen Angebots nicht zulasse. Sie hatte insoweit Erfolg, als die Vergabekammer eine unzulässige Vermischung von Eignungs- und Zuschlagskriterien feststellte und dem Auftraggeber mit Beschluss vom 22. August 2013 aufgab, diesen Fehler zu korrigieren. Insoweit ist der Beschluss bestandskräftig. Die übrigen Beanstandungen der Antragstellerin hielt die Vergabekammer für unbegründet. Sie war insbesondere der Auffassung, dass die Kalkulation eines auskömmlichen Angebots auf der Grundlage des in Rheinland-Pfalz geltenden vergaberechtlichen Mindestlohns von 8,70 EUR/h brutto möglich sei; die Frage, ob die Finanzierungsobergrenze auch eine adäquate Bezahlung des geforderten qualifizierten Personals zulasse, sei keine vergaberechtliche, sondern eine gesellschaftspolitische.

5. Mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten sofortigen Beschwerde hielt die Antragstellerin zwei ihrer Beanstandungen aufrecht.

Sie ist der Auffassung, die Vorgabe von - grundsätzlich für zulässig erachteten - Vergütungsobergrenzen sei im konkreten Fall vergaberechtswidrig, weil sie gezwungen werde, entweder ein unauskömmliches Angebot abzugeben oder sich insgeheim vorzubehalten, weniger zu leisten als ausgeschrieben. Die sich aus dem Gesetz (§ 112 Abs. 1 Nr. 3 SGB IX) und dem Vorgaben des Auftraggebers ergebenden Anforderungen an das einzusetzende Personal machten die Beschäftigung qualifizierter Mitarbeiter erforderlich, die auch entsprechend bezahlt werden müssten. Die vom Auftraggeber vorgegebene Höchstvergütung zu Los 1.9 decke bei einer Bezahlung nach dem TVöD oder dem AVR-Caritas gerade so bzw. noch nicht einmal die Personalkosten; bei Overheadkosten in Höhe von 25% der Personalkosten ergebe sich eine jährlich Unterdeckung von 40.542 EUR (TVöD) bzw. ca. 104.907 EUR (AVR). Die Kombination der Vorgaben des Auftraggebers mit den gesetzlichen Bestimmungen führe dazu, dass der Auftrag zu der vorgegebenen Finanzierungsobergrenze nicht ausgeführt werden könne, ohne dass der Auftragnehmer Verluste erleidet. Dessen sei sich der Auftraggeber ausweislich der Vergabeunterlagen auch bewusst, denn er lege dem Auftragnehmer nahe, sich um Einnahmequellen zu bemühen, um die langfristige Ausfinanzierung und damit den Erhalt des Aufgabenbereiches IFD-V sicherzustellen.

Vor diesem Hintergrund sei es auch unzulässig, Beratungsleistungen ohne Vergütung zu verlangen. Nach ihren Erfahrungen führten 15 % aller Fälle aller Erstberatungen nicht zu weiteren Maßnahmen. Darin liege das vergaberechtswidrige Aufbürden eines ungewöhnlichen Wagnisses.

Nach einem Hinweis des Senats auf die deutlich höhere Vergütungsobergrenze bei Los 2.9 ergänzte die Beschwerdeführerin ihren Vortrag: Es sei richtig, dass insoweit keine Unterdeckung vorliege, wenn man eine Bezahlung nach dem TVöD zugrunde lege. Bei Anwendung des AVR-Caritas errechne sich aber ein jährlicher Verlust von 35.546 EUR.

In der mündlichen Verhandlung am 15. Januar 2014 wurde die Sach- und Rechtslage insbesondere zu Los 1 eingehend erörtert und vor allem der Frage nachgegangen, was insoweit eigentlich Ausschreibungsgegenstand sein könnte.

II.

Das Rechtsmittel hat hinsichtlich des Teilloses 1.9 Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet.

1. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass der Senat eine vergaberechtliche und keine sozialrechtliche oder gar sozialpolitische Entscheidung zu treffen hat. Wie bereits in der mündlichen Verhandlung deutlich gemacht, ist ein Vergabesenat weder dazu berufen zu prüfen, ob die finanzielle Ausstattung eines Integrationsamtes den Anforderungen des § 102 Abs. 1 Satz 2 SGB IX genügt oder das Integrationsamt seiner wie auch immer gearteten Strukturverantwortung hinreichend nachkommt, noch ist es seine Aufgabe, handwerkliche Mängel des Sozialrechts zu beheben. Auch für die von der Antragstellerin in der mündlichen Verhandlung beklagte, angeblich immer größer werdende Diskrepanz zwischen den politischen Erwartungen an die Integrationsfachdienste und den dafür zur Verfügung stehenden Finanzmitteln ist der Senat nicht der richtige Ansprechpartner. Schließlich unterliegt es auch nicht seiner Beurteilung, ob es ein Skandal ist, wenn sich eine möglicherweise unterfinanzierte Landessozialbehörde gezwungen sieht, unter Umständen einer Entwicklung Vorschub zu leisten, die von Sozialpolitikern als Lohndrückerei bezeichnet werden könnte. Im vorliegenden Verfahren ist "nur" zu prüfen, ob der Auftraggeber bei der konkreten Ausschreibung die Regeln des Vergaberechts in der gebotenen Weise beachtet hat.

2. Allein der Umstand, dass Beratungsleistungen, die nicht zu einer Betreuung führen, nicht gesondert vergütet werden, kann der Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen kann. Das Bestimmungsrecht des Auftraggebers umfasst auch die Wahl der Vergütungsform, für die die VOL/A keine Vorgaben macht. Es gibt keine vergaberechtliche Norm oder ein Grundprinzip des Vergaberechts, die es einem Auftraggeber, der eine auf Dauer angelegte Leistung zugunsten eines Dritten in Auftrag geben und diese mit Zeitpauschalen vergüten will, grundsätzlich verböte, eine gesonderte Vergütung für eine nicht in eine weitere Leistungserbringung einmündende Erstberatung auszuschließen. Nach der ersatzlosen Streichung des Verbots der Überbürdung eines ungewöhnlichen Wagnisses kommt die Annahme eines Vergaberechtsverstoßes nur in Betracht, wenn eine kalkulationsrelevante Vorgabe des Auftraggebers für die Bieter unzumutbar ist. Es ist aber zumutbar, dass ein Bieter die durchaus kalkulierbaren Kosten für "erfolglose" Erstberatungen - nach Angaben der Beschwerdeführerin etwa 15% aller Fälle - bei der Kalkulation der Pauschalen berücksichtigt.

3. Gegenstand der Ausschreibung sind keine typischen Dienstleistungsaufträge mit einer Laufzeit von drei Jahren.

Anders als etwa bei Schulungs- oder Bildungsmaßnahmen, deren Leistungsbilder für Gruppen von Leistungsempfängern standardisierbar sind und bei denen die Zuweisung der Leistungsempfänger durch den Auftraggeber deshalb ein Realakt (und kein Rechtsgeschäft) zur Konkretisierung eines Dienstleistungsauftrags mit längerer Laufzeit sein könnte, erfordert die Beauftragung nach § 111 Abs. 2 SGB IX die rechtsgeschäftliche Festlegung von Leistungen, die auf die individuellen Bedürfnisse des einzelnen Schwerbehinderten zugeschnittenen und deshalb von Fall zu Fall unterschiedlich sind. Da es unmöglich ist, "Art, Umfang und Dauer des im Einzelfall notwendigen Einsatzes des Integrationsfachdienstes" in einem Vertrag mit dreijähriger Laufzeit vorab zu regeln, folgt aus § 111 SGB IX, dass dessen Abs. 4 einen Rahmenvertrag meint, in dem alles geregelt werden kann, was einzelfallunabhängig regelbar ist, während dessen Abs. 2 die Beauftragung mit einer Dienstleistung im Einzelfall betrifft. Der Rahmenvertrag schließt die Verpflichtung ein, die notwendigen Sachmittel und das erforderliche Personal bedarfsgerecht vorzuhalten.

Gegenstand der Ausschreibung ist somit nicht die Vergabe von Dienstleistungsaufträgen über die Betreuung einzelner Menschen. Vielmehr kommen entweder Rahmenvereinbarungen in Betracht (auf die wegen des Zusammenhangs mit sozialen und damit nachrangigen Dienstleistungen im Sinne des Anhangs I Teil B Kategorie 25 gemäß § 4 Abs. 2 Nr. 2 VgV weitgehend die Regeln des 1. Abschnitts der VOL/A und damit dessen § 4 anwendbar wäre), auf deren Grundlage sich Einzelaufträge ergeben sollen, oder es soll - im Los 1.9 - eine atypische Dienstleistung vergeben werden, die sich im Vorhalten der sachlichen und personellen Mittel erschöpft, die für die Inanspruchnahme des IFD-V durch die dafür zuständigen Aufgabenträger notwendig sind.

Gegen die Annahme von Dienstleistungsaufträgen über die Betreuung einzelner Menschen spricht bereits die vorgesehene Laufzeit der Verträge, die sich an § 111 Abs. 4 Satz 2 SGB IX orientiert, während die Betreuung grundsätzlich auf 12 Monate befristet ist. Zudem enthält die Leistungsbeschreibung kein auftragsbezogenes Leistungsbild (für eine größere Zahl von Leistungsempfängern), sondern eine nicht abschließende Auflistung zahlreicher potentieller Leistungen. Der Ausschreibungsgewinner wäre allein aufgrund des jetzt ausgeschriebenen Vertrages nicht verpflichtet, bestimmten Personen bestimmte Betreuungsleistungen zukommen zu lassen. Er soll vielmehr "nur" bereitstehen, um "auf Abruf" dann eine individuell zu bestimmende Leistung zu erbringen.

4. Die Ausschreibung zu Los 2 beinhaltet somit eine Rahmenvereinbarung, die sozialrechtlich unter § 111 Abs. 4 SGB IX und vergaberechtlich unter § 4 VOL/A fällt. Sie steht in Einklang mit dieser Norm; auch ein Verstoß gegen Grundregeln des Vergaberechts ist nicht feststellbar.

Die Festlegung einer Kostenobergrenze - auch wie hier als Ausschlusskriterium - ist grundsätzlich zulässig (siehe Wiedemann in: Kulartz/Marx/Portz/Prieß, VOL/A, § 16 Rn. 279), auch weil der Auftraggeber damit offenlegt, wo die Grenze der Machbarkeit der Beschaffung erreicht ist. Etwas anderes mag gelten, wenn auf einem Markt mit nur wenigen potentiellen Nachfragern ein Auftraggeber seine Stellung missbraucht, um eine Ware oder Leistung unter Marktpreis einzukaufen, oder wenn die Kostenobergrenze bei Beschaffungen, auf die der Auftraggeber nicht verzichten kann, so niedrig angesetzt ist, dass ein Großteil der potentiellen Leistungserbringer als Bieter ausscheidet (siehe auch OLG Düsseldorf v. 19.10.2011 - VII-Verg 54/11 - juris Rn. 32). Davon kann hier keine Rede sein. Zwar ist dem Ansatz der Vergabekammer, die allein auf den vergaberechtlichen Mindestlohn abstellt, nicht zu folgen, weil jeder Bieter auf der Grundlage seiner Personalkosten kalkulieren muss und Personal, das den Anforderungen des Auftraggebers genügt, kaum für 8,70 EUR/h brutto zu finden sein dürfte. Aber auch die Beschwerdeführerin hat zugestanden, dass ein Bieter, der seine Mitarbeiter in Anlehnung an den TVöD-SuE bezahlt, ein auskömmliches Angebot abgeben kann. Dass die Mitglieder der Beschwerdeführerin (als derzeitige Leistungserbringerin) ihr für IFD-BBD-Leistungen derzeit eingesetztes Personal besser bezahlen und sich die Bietergemeinschaft deshalb nicht in der Lage sieht, ein auskömmliches Angebot abzugeben, kann ihrer Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen, weil der Auftraggeber nicht verpflichtet ist, die Ausschreibung so zu gestalten, dass sich jeder potentielle Leistungserbringer am Wettbewerb beteiligen kann (siehe auch OLG Düsseldorf v. 21.03.2012 - VII-Verg 92/11 - juris Rn. 23). Nach Ansicht des Senats wäre hier die Grenze zu einer nicht mehr mit § 97 Abs. 1 GWB und § 2 Abs. 1 VOL/A zu vereinbarenden Wettbewerbsverengung selbst dann nicht überschritten, wenn der Einkauf von IFD-BBD-Leistungen für das Land in Gestalt seines Integrationsamtes zwingend wäre - was nach § 102 Abs. 2 Satz 5 SGB IX nicht der Fall ist.

5. Fraglich ist, was der Auftraggeber bei Los 1 (IFD-V) anstrebt.

a) Vorab ist festzuhalten, dass entgegen den Andeutungen im Schriftsatz des Verfahrensbevollmächtigten des Auftraggebers vom 10. Januar 2014 eine bloße Vorfinanzierung des Vorhaltens eines IFD-V ausscheidet. Eine derartige Finanzierungskonstruktion wird zwar in Teilen der sozialrechtlichen Literatur als Konsequenz aus der (lückenhaften) gesetzlichen Regelung für zulässig (oder geboten) angesehen. Diesen Weg wollte der Auftraggeber hier aber offensichtlich nicht einschlagen, da Zahlungen anderer Aufgabenträger für die Inanspruchnahme des IFD-V nicht der Refinanzierung des Integrationsamt dienen sollen. Nach den Vergabeunterlagen sollen sie vielmehr als zusätzliche Einnahmen dem Auftragnehmer, also dem Integrationsfachdienst, zufließen.

b) Der Auftraggeber will auch nicht eine Dienstleistung vergeben, die allein in der Bereitstellung der sachlichen und personellen Mittel besteht, welche für die tatsächliche Erbringung von IFD-V-Leistungen im Einzelfall notwendig sind. Gegen eine dahingehende Annahme spricht insbesondere, dass der Auftraggeber ausweislich der Vergabeunterlagen nicht bereits die bloße Existenz eines einsatzbereiten IFD-V-Leistungserbringers durch Erstattung der Vorhaltekosten vergüten, sondern nur zahlen will, wenn und soweit tatsächlich eine Inanspruchnahme durch einen betreuungsbedürftigen behinderten Menschen erfolgt. Wie in der mündlichen Verhandlung deutlich wurde, will der Auftraggeber in Gestalt seines vom Gesetzgeber im Stich gelassenen Integrationsamtes einer wie auch immer gearteten Strukturverantwortung dadurch gerecht werden, dass er sich durch eine Art Zuschuss finanziell an der Beauftragung des IFD-V-Dienstleisters durch Dritte beteiligt.

c) Welche vergaberechtlichen Vorstellungen der Auftraggeber damit verband, konnte auch in der mündlichen Verhandlung nicht abschließend geklärt werden, weil auf Auftraggeberseite das Sozialrecht im Vordergrund stand. Es kommen allerdings nur zwei Möglichkeiten in Betracht, von denen jede es rechtfertigte, wie tenoriert zu entscheiden.

aa) Nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung sieht sich das Landesintegrationsamt - nach Ansicht des Senats zu Recht - nicht als Aufgabenträger für die Hinführung schwerbehinderter Menschen ins Arbeitsleben und will folgerichtig auch überhaupt keine IFD-V-Dienstleistungen vergeben. Wäre die Sockelfinanzierung von Aufträgen Dritter einziger Ausschreibungsgegenstand, läge die Situation vor, dass das Land Rheinland-Pfalz in Gestalt seines Integrationsamtes zwar vergaberechtlich als Auftraggeber (einer Rahmenvereinbarung) auftritt, sozialrechtlich aber keine Einzelaufträge zu vergeben hat und auch nicht vergeben will. Es würden allenfalls Aufträge Dritter in Aussicht gestellt. Die Wahrnehmung der Strukturverantwortung - was immer dies sein mag -, auf die in den Vergabeunterlagen hingewiesen wird, wäre im Grunde genommen eine Art Dienstleistung für die eigentlichen Aufgabenträger und Auftraggeber von IFD-V-Leistungen. Es läge dann eine Ausschreibung für vergabefremde Zwecke vor, die auch dann unzulässig ist, wenn keiner der in § 2 Abs. 3 VOL/A ausdrücklich genannten Fälle vorliegt, weil weder eine Vergabeabsicht noch die tatsächliche Möglichkeit eines die Verpflichtung zur Erbringung von IFD-V-Dienstleistungen begründenden Zuschlags besteht (siehe auch OLG Dresden v. 23.04.2009 - WVerg 11/08 - juris Rn. 33; Zeise in: Kulartz/Marx/Portz/Prieß, VOL/A, § 4 Rn. 22, 23).

bb) § 1 Abs. 2 Satz 2 u. 3 GE IFD kann dahingehend verstanden werden, dass die anderen Aufgabenträger die Landesintegrationsämter bzw. die hinter diesen stehenden juristischen Personen bevollmächtigen, auch in ihrem Namen Grundlagenverträge im Sinne des § 111 Abs. 4 SGB IX abzuschließen und dies vergaberechtlich in Form einer Rahmenvereinbarung nach § 4 VOL/A umzusetzen. Grundsätzlich wäre dies möglich, weil im Vergabeverfahren eine Vertretung zulässig ist und auch mehrere Auftraggeber Partner ein und derselben Rahmenvereinbarung sein können. Allerdings müsste hier eine vergaberechtskonforme Rahmenvereinbarung verneint werden.

(1) Der unglücklich formulierte § 4 Abs. 2 VOL/A bestimmt, dass nur die Auftraggeber, die Partner der Rahmenvereinbarung sind, auch zur nachfolgenden Vergabe von Einzelaufträgen berechtigt sind. Daraus folgt, dass sich aus der Bekanntmachung, spätestens aber aus den Vergabeunterlagen unmissverständlich ergeben muss, wer dazu gehört. Hier fehlt es an der Benennung mehrerer Auftraggeber. Vielmehr tritt ausweislich der Vergabeunterlagen das Land als alleiniger Auftraggeber auf:

"Ausschreibende Stelle ist der Landesbetrieb Daten und Information.... Der LDI führt das Vergabeverfahren als Vergabestelle durch. Der Vertrag kommt mit dem Zuschlag zwischen dem Auftragnehmer und dem Land Rheinland-Pfalz, vertreten durch das Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung Rheinland-Pfalz zustande."

Der bloße Hinweis in den Vergabeunterlagen auf weitere potentielle Auftraggeber genügt nicht.

(2) Zudem muss eine Rahmenvereinbarung auch dann, wenn keine Verpflichtung zur Abnahme einer Mindestmenge besteht, zumindest die Ankündigung des bzw. der Auftraggeber enthalten, bei Bedarf Einzelaufträge zu vergeben. Auch daran fehlt es hier. Vielmehr soll sich der Auftragnehmer selbst bemühen, "zusätzliche Aufträge und Finanzierungsanteile zu akquirieren".

6. Der Entscheidung des Senats zu Los 1.9 steht nicht entgegen, dass die Antragstellerin die Ausschreibung vor der mündlichen Verhandlung nur in einzelnen Punkten, nicht aber als solche als vergaberechtswidrig beanstandet hatte. Erst in der mündlichen Verhandlung wurde deutlich, dass der Auftraggeber insoweit überhaupt keinen Beschaffungsbedarf und -willen hat, so dass eine materielle Rügepräklusion nicht eintreten konnte.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 78 GWB, die Festsetzung des Beschwerdewerts auf § 50 Abs. 2 GKG.

Referenznummer:

R/R8351


Informationsstand: 07.11.2019