1. Die Berufung ist zulässig.
Sie ist allerdings nicht fristgerecht eingelegt worden, denn sie ist erst nach Ablauf der nach § 151
Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) geltenden Monatsfrist beim Gericht eingegangen. Ausweislich der Zustellungsurkunde ist der Klägerin das Urteil des Sozialgerichts am 10. Februar 2017 durch Einwurf in den Hausbriefkasten zugestellt worden. Die Berufungsfrist endete damit am 10. März 2017, die Berufung ist jedoch erst am 27. März 2017 bei Gericht eingegangen. Gemäß § 202
SGG i.V.m. § 180
S. 1 und 2 Zivilprozessordnung (
ZPO) gilt das Urteil mit der Einlegung in den Hausbriefkasten als zugestellt. Dabei handelt es sich um eine unwiderlegbare Vermutung (Thomas/Putzo,
ZPO, 35. Aufl., § 180 Rn. 5), sodass die Behauptung der Klägerin, das Urteil tatsächlich nicht erhalten zu haben, an der wirksam erfolgten Zustellung nichts ändert.
Der Klägerin war insoweit aber Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Dies ist gemäß § 67
Abs. 1
SGG der Fall, wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten. Ob die Klägerin das Urteil trotz des erfolgten Einwurfs in ihren Briefkasten tatsächlich nicht erhalten hat, ist nicht mehr aufklärbar. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ist eine Wiedereinsetzung aber auch dann zu gewähren, wenn die Fristversäumnis (auch) auf Fehlern beruht, die im Verantwortungsbereich des Gerichts bei Wahrnehmung seiner Fürsorgepflicht liegen. Hinweise, die ein Gericht den Beteiligten in Wahrnehmung seiner Fürsorgepflicht gibt, müssen der konkreten Situation angemessen sein. Bei drohendem Fristablauf müssen sie daher auch dasjenige Verhalten bezeichnen, mit dem das Erforderliche am schnellsten bewirkt werden kann (
BSG, Urteil vom 30.01.2002 - B 5 RJ 10/01 R - Juris).
Die Klägerin ließ dem Gericht am 10. März 2017 - also am letzten Tag der noch laufenden Berufungsfrist - mitteilen, dass sie bisher kein Urteil erhalten habe. Nach dem vorliegenden Aktenvermerk ist ihr lediglich gesagt worden, dass das Urteil am 10. Februar 2017 bereits zugestellt worden sei. Bei umfassender Wahrnehmung seiner Fürsorgepflicht hätte das Gericht die Klägerin jedoch darauf hinweisen müssen, dass eine fristgerechte Berufungseinlegung an dem Tag des Anrufs gerade noch möglich gewesen wäre. Ebenso wäre die erst eine Woche später erfolgte Zusendung des Urteils per E-Mail noch am Tag des Anrufs möglich gewesen sein, sodass der Klägerin ermöglicht worden wäre, die Berufung noch innerhalb der Frist einzulegen.
2. Die Berufung ist jedoch nicht begründet, denn das Sozialgericht hat die Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung abgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Erstattung ihres Eigenanteils für die von ihr selbstbeschafften Hörgeräte.
Hat eine Krankenkasse eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch dem Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese gemäß
§ 13 Abs. 1 S. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung (
SGB V) von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Der Erstattungsanspruch reicht nicht weiter als ein entsprechender primärer Sachleistungsanspruch; er setzt daher voraus, dass die selbstbeschaffte Leistung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben.
Rechtsgrundlage für den zunächst geltend gemachten Sachleistungsanspruch ist
§ 27 Abs. 1 S. 2 Nr. 3,
§ 33 Abs. 1 S. 1 SGB V. Danach haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Versicherte haben Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit sie nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach
§ 34 Abs. 4 SGB V ausgeschlossen sind. Die Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten (
§ 12 Abs. 1 S. 1 SGB V). Zwar erfüllt die Krankenkasse grundsätzlich ihre Leistungspflicht durch Gewährung des jeweiligen Festbetrags, wenn für eine Leistung ein solcher festgesetzt ist (§§ 12
Abs. 2,
36 SGB V). Soweit aber der Festbetrag für den Behinderungsausgleich objektiv nicht ausreicht, bleibt es bei der Verpflichtung der Krankenkasse zur - von Zuzahlungen abgesehen - kostenfreien Versorgung der Versicherten.
Bei der Klägerin besteht unstreitig eine Behinderung in Form der an Taubheit grenzenden Schwerhörigkeit. Der von den Krankenkassen geschuldete Behinderungsausgleich bemisst sich nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (
BSG, Urteil vom 07.10.2010 -
B 3 KR 13/09 R - Juris,
m.w.N.) danach, ob eine Leistung des unmittelbaren oder des mittelbaren Behinderungsausgleichs beansprucht wird. Beim unmittelbaren Behinderungsausgleich geht es um den Ausgleich der ausgefallenen oder beeinträchtigten Körperfunktion selbst, wovon auszugehen ist, wenn das Hilfsmittel die Ausübung der beeinträchtigten Körperfunktion selbst ermöglicht, ersetzt oder erleichtert. Dies ist hier der Fall, denn die Hörgeräte dienen dazu, das beeinträchtigte Hörvermögen der Klägerin auszugleichen. In diesem Bereich gilt das Gebot eines möglichst weitgehenden Ausgleichs des Funktionsdefizits unter Berücksichtigung des aktuellen Stands des medizinischen und technischen Fortschritts. Begrenzt ist der so umrissene Anspruch allerdings durch das Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12
Abs. 1
SGB V. Die Leistungen müssen danach ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein und dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen. Demzufolge verpflichtet § 33
Abs. 1
S. 1
SGB V nicht dazu, den Versicherten jede gewünschte, von ihnen für optimal gehaltene Versorgung zur Verfügung zu stellen. Ausgeschlossen sind danach Ansprüche auf teure Hilfsmittel, wenn eine kostengünstigere Versorgung für den angestrebten Nachteilsausgleich funktionell ebenfalls geeignet ist. Mehrkosten sind andernfalls selbst zu tragen (§ 33
Abs. 1
S. 5
SGB V).
Vorliegend konnte die Erforderlichkeit der von der Klägerin beanspruchten Hörgeräteversorgung nicht nachgewiesen werden. Aus den vorliegenden medizinischen Unterlagen lässt sich nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ableiten, dass die von ihr selbstbeschafften Hörgeräte ihre Hörbehinderung besser ausgleichen als die Festbetragsgeräte oder andere kostengünstigere Geräte. Vielmehr spricht alles dafür, dass sämtliche Geräte, also auch die von der Klägerin beschafften, keine messbare Verbesserung ihres Sprachverstehens bewirken können.
Bereits der Hörgeräteanpasser hat im Verwaltungsverfahren mitgeteilt, dass sowohl mit den Festbetragsgeräten als auch mit den Geräten, die eine Zuzahlung erfordern, kein Spracherfolg messbar sei. Als audiologische Begründung für die begehrte Versorgung hat er dementsprechend lediglich das subjektive Empfinden der Klägerin angeführt. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus seinem im Klageverfahren eingereichten Schreiben vom 30. Januar 2015. Zwar hat er dort ausgeführt, dass es für ihn nachvollziehbar sei, dass die Klägerin mit den begehrten Geräten subjektiv besser zurechtkomme, er hat aber erneut bestätigt, dass dies nicht objektiv messbar sei.
Auch aus dem Bericht des U. aus dem Oktober 2015 - die Klägerin verfügte zum Zeitpunkt der dortigen Untersuchungen also schon über die hier streitigen Hörgeräte - geht hervor, dass mit diesen seitengetrennt kein hinreichendes Sprachverständnis im Ein- und Mehrsilbentest nachweisbar war. Dementsprechend heißt es, dass eine Versorgung mit Hörgeräten kaum noch Sinn mache und die Indikation für eine Cochlea-Implantation gegeben sei. Die gleiche Auffassung hat der behandelnde HNO-Arzt
Dr. F. in seinem Befundbericht vom 14. Juli 2015 mitgeteilt. Er hat ausgeführt, ein "variables Gehör" könne nicht bestätigt werden, vielmehr handele es sich um eine über die Jahre hin progrediente Verschlechterung. Die Anlage eines Cochlea-Implantats sei indiziert. Diese Bewertung ist auch durch den vom Sozialgericht beauftragten Sachverständigen
Dr. G. bestätigt worden. Auch er hat eine konventionelle Hörgeräteversorgung für grundsätzlich nicht erfolgversprechend und stattdessen eine Cochlea-Implantation für indiziert gehalten.
Schließlich hat auch die als Sachverständige beauftragte Hörgeräteakustikerin K. schon nicht objektiv bestätigen können, dass die höherwertigen Techniken von über dem Festbetrag liegenden Hörgeräten die Hörbehinderung der Klägerin tatsächlich besser ausgleichen können. Ihre Ausführungen zu den grundsätzlich besseren Möglichkeiten dieser Geräte basieren ausschließlich darauf, dass sie die subjektiven Angaben der Klägerin zu ihrem wechselhaften Resthörvermögen und der Provozierung des Tinnitus durch Umgebungsgeräusche zugrunde gelegt hat. Sie hat aber selbst darauf hingewiesen, dass diese messtechnisch nicht belegt sind. Eigene Untersuchungen oder Testungen konnte sie nicht durchführen, da die Klägerin es abgelehnt hat, sich diesen zu unterziehen. Darüber hinaus hat sie eindeutig klargestellt, dass sie - selbst bei Wahrunterstellung der diesbezüglichen Angaben der Klägerin - nach Aktenlage nicht feststellen konnte, dass gerade die von der Klägerin beschafften Geräte medizinisch notwendig sind. Vielmehr hat sie es ebenso für möglich gehalten, dass es auch dann preisgünstigere Alternativen gegeben hätte.
Eine andere Beurteilung ergibt sich schließlich nicht aus der Befundmitteilung der HNO-Ärztin
Dr. P. vom 3. Februar 2014. Soweit sie mitgeteilt hat, dass bei der Klägerin aufgrund eines fluktuierenden Hörvermögens Hörgeräte mit guter Spracherkennung sinnvoll seien, fehlt dafür jegliche Begründung oder die Angabe von eventuell durchgeführten Untersuchungen. Zu den von der Klägerin konkret beschafften Geräten hat sie sich nicht geäußert.
Es steht der Klägerin selbstverständlich frei, die von den genannten Ärzten für indiziert gehaltene Cochlea-Implantation abzulehnen. Dies führt aber nicht dazu, dass die von ihr gewünschte Hörgeräteversorgung ohne objektivierbaren Nachweis ihrer Erforderlichkeit von der Beklagten zu gewähren ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193
SGG.
Die Revision gegen das Urteil wurde nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 160
Abs. 2
SGG nicht vorliegen.