Streitig sind wechselseitige Erstattungsansprüche und die Tragung der Kosten der heilpädagogischen Heimunterbringung des am ... 2001 geborenen H.
Am 30.01.2018 und 13.02.2018 beantragten die Eltern des H beim Kläger Jugendhilfe in Form von Eingliederungshilfe durch vollstationäre Unterbringung.
Nach einer kinder- und jugendpsychiatrischen Stellungnahme des Universitätsklinikums B vom 02.01.2018 leide H an einer Aktivitäts- und Aufmerksamkeitsstörung ohne Hyperaktivität und einer leichten depressiven Episode. Es zeigten sich Entwicklungs- und Reiferückstände im psychisch-emotionalen und sozialen Bereich. Anamnestisch beschriebene autistische Symptome und Verhaltensauffälligkeiten erfüllten nicht die Kriterien für die Vergabe der Diagnose einer tiefgreifenden Entwicklungsstörung. Neben pädagogisch strukturierenden und erziehungsunterstützenden Maßnahmen werde aus fachärztlicher Sicht die weitere ambulante kinder- und jugendpsychiatrische Behandlung mit Einleitung einer Stimulantientherapie zur Behandlung der Aktivitäts- und Aufmerksamkeitsstörung empfohlen. Um H in seiner schulischen, berufsvorbereitenden, psychosozialen und emotionalen Entwicklung ausreichend fördern zu können, sei eine langfristige Perspektivplanung mit regelmäßiger Aktualisierung des Jugendhilfebedarfs erforderlich. Die Voraussetzungen des § 35a Achtes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB VIII) lägen vor.
Einer Stellungnahme des Sozialen Dienstes des Klägers vom 08.02.2018 zufolge sei H seit 2011 wegen einer Aufmerksamkeitsstörung sowie einer Anpassungsstörung aufgrund von emotionalen Belastungen im schulischen Kontext in kinder- und jugendpsychiatrischer Behandlung gewesen. Durch die zum damaligen Zeitpunkt erfolgte Trennung der Eltern sei er zusätzlich belastet gewesen; gegenüber dem Vater seien Maßnahmen nach dem Gewaltschutzgesetz erforderlich gewesen. Die Eltern hätten über seine therapeutische Behandlung auch vor Gericht gestritten. Eine im September 2017 eingerichtete Erziehungsbeistandschaft für die Mutter, die H schon im Februar 2017 habe unterbringen lassen wollen, habe nicht die erhoffte Wirkung erzielt. H verweigere sich in der Schule und zuhause. Er habe keine Sozialkontakte und bis Dezember 2017 zwei Jahre lang seine Medikation verweigert. Es liege eine Teilhabebeeinträchtigung vor. Hs schulische und berufliche Integration drohe aufgrund seiner Auffälligkeiten und Störungen zu scheitern. Er benötige einen geschützten und damit stationären Rahmen, um überhaupt die Chance auf einen Schulabschluss und eine berufliche Integration zu haben, und müsse im Umfeld einer heilpädagogischen Wohngruppe angemessenes Sozialverhalten lernen.
Der Kläger bewilligte für H mit Bescheid vom 14.02.2018 Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche ab 18.02.2018 bis längstens zur Volljährigkeit unter Heimunterbringung in einer heilpädagogischen Wohngruppe, kombiniert mit einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme „Jugendhilfe intensiv“. Die Beklagte teilte H auf dessen Antrag vom 18.07.2018 auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Schreiben vom 24.07.2018 mit, sie sei zuständige Rehabilitationsträgerin für diese Leistungen. Die vollstationäre Einrichtung gemäß § 35a
Abs. 2
Nr. 4
i.V.m. §§ 36
ff. SGB VIII werde bereits durch den Kläger übernommen; hierzu werde auf den Bewilligungsbescheid vom 14.02.2018 verwiesen. Mit Bescheid vom 24.07.2018 bewilligte die Beklagte H dem Grunde nach eine Berufungsvorbereitung (BvB) im B-Berufsbildungswerk
gGmbH B und mit Bescheid vom 16.08.2018 Ausbildungsgeld in Höhe von monatlich 184,00 €, welches gemäß § 104 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB X) für die Zeit vom 03.09.2018 bis 26.07.2019 an den Kläger erstattet werde.
Mit Schreiben vom 07.08.2018 forderte der Kläger die Beklagte auf, den Hilfefall ab Beginn der BvB in ihre eigene Zuständigkeit zu übernehmen. Auch im Zuständigkeitsbereich der Beklagten sei eine stationäre Unterbringung bei Vorliegen entsprechender Voraussetzungen vorgesehen. Während zu Beginn der Unterbringung des H eine Teilhabe am Arbeitsleben noch nicht möglich gewesen sei, stehe ab Beginn der BvB die Teilhabe am Arbeitsleben im Vordergrund und sei die Beklagte vorrangig für die Übernahme der Unterbringungskosten zuständig. Auf ein Urteil des Verwaltungsgerichts B vom 13.02.2014 - Aktenzeichen W 3 K 13.112 - werde verwiesen. Dies lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 16.08.2018 ab. Für Eingliederungshilfe in Form der heilpädagogischen Unterbringung sei nach wie vor der Träger der Jugendhilfe originär und ausschließlich zuständig. Gegen ein Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 21.12.2017 - Aktenzeichen S 7 AL 288/15 - sei Berufung eingelegt worden; das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) habe in einem Schreiben vom 16.10.2008 - Va3-58068-6 - die Auffassung geäußert, die Zuständigkeit für Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben für seelische behinderte Jugendliche liege zwar grundsätzlich bei der Beklagten, nicht betroffen seien jedoch Leistungen wie die Hilfen zur Erziehung nach §§ 35a
Abs. 4, 27
ff. SGB VIII, für die der Nachranggrundsatz der Jugendhilfeleistungen nicht greife, da allein die Jugendhilfe entsprechende Leistungen erbringe. Mit Schreiben vom 09.10.2018 wies der Kläger darauf hin, dass vorliegend gerade keine Hilfe zur Erziehung, sondern ausschließlich Eingliederungsbedarf zu leisten sei. Die Beklagte wies die Ansprüche des Klägers mit Schreiben vom 10.10.2018 erneut zurück.
Der Kläger hat am 24.01.2019 Klage zum Sozialgericht Würzburg (SG) erhoben und die Erstattung seiner Aufwendungen sowie die Übernahme des Hilfefalles in die eigene Zuständigkeit der Beklagten geltend gemacht. H habe nebeneinanderstehende Ansprüche auf Eingliederungshilfe nach § 35a
SGB VIII und Leistungen für Bildung und Teilhabe nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch (
SGB III), zu denen neben den Teilnahmekosten für eine Maßnahme nach
§ 49 Abs. 7 Nr. 1 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) auch die erforderlichen Kosten für Unterkunft und Verpflegung gehörten. Die Verpflichtung des Klägers sei nachrangig (§ 10
Abs. 1
SGB VIII). Die Beklagte habe den Reha-Status für H anerkannt, wie sich aus dem Bescheid vom 16.08.2018 und der Bewilligung der Berufsvorbereitungsmaßnahme ergebe. Bei der Unterbringung in der heilpädagogischen Einrichtung handele es sich um eine Annexleistung, ohne die die Hauptleistung, der Besuch der BvB-Maßnahme und später der Ausbildung, nicht möglich wäre. Die Verzinsung des Erstattungsanspruchs beginne am 01.10.2018, da der Antrag der Mutter am 30.01.2018 und der Antrag des Vaters am 13.02.2018 beim Kläger eingegangen sei. Die Beklagte hat an ihrer Auffassung festgehalten, die Klägerin sei originär und ausschließlich für die Erbringung der Eingliederungshilfe zuständig. Auch durch das Bundesteilhabegesetz (
BTHG) habe sich keine Änderung ergeben, eine Teilhabeplankonferenz sei nicht angezeigt.
Mit Schreiben vom 20.09.2019 hat der Kläger wegen der Aufnahme einer Ausbildung durch H zum 26.08.2019 erneut die Prüfung von Fallübernahme und Kostenerstattung durch die Beklagte angeregt. Die Ausbildung als Gebäudereinigungsfachkraft sei ohne die Unterstützung des Berufsbildungswerks nicht möglich und die stationäre Unterbringung des H sei nun noch deutlicher vorrangig erforderlich, um die Ausbildung zu ermöglichen. In einer Fortschreibung des Entwicklungsberichts vom 12.09.2019 sind als „Ziele aus dem aktuellen pädagogischen Kontext“ formuliert worden: „Weiterhin Förderung der Selbstständigkeit und Entscheidungssicherheit, Förderung alltäglicher Kompetenzen (
z.B. Arzttermine, Frisörtermine
etc. wahrnehmen), Strukturierungs- und Organisationsmethoden für den Alltag erarbeiten, sinnvolles Gestalten der Freizeit und soziale Anbindung an Gleichaltrige, Heimfahrten mit den öffentlichen Verkehrsmitteln bewältigen können, erfolgreicher Einstieg in eine Ausbildung als Gebäudereiniger“. Die Beklagte hat mit Schreiben vom 25.09.2019 bestätigt, dass für H wegen Art und Schwere der Behinderung eine Ausbildung nach § 66 Berufsbildungsgesetz (
BBiG) angezeigt sei; es sei eine Ausbildung zum Fachpraktiker für Gebäudereinigung vorgesehen. Mit Schreiben vom 07.10.2019 hat die Beklagte die Kostenerstattung und Fallübernahme wiederum abgelehnt.
Mit Schreiben vom 18.10.2019 hat sich der Kläger hinsichtlich eines Antrages des H vom 17.10.2019 auf Hilfe für junge Volljährige ab 20.11.2019 für unzuständig erklärt und diesen Antrag gemäß
§ 14 SGB IX an die Beklagte weitergeleitet. Hierzu hat die Beklagte mit Schreiben vom 29.10.2019 mitgeteilt, es handele sich um einen bloßen Verlängerungsantrag und keinen fristauslösenden Antrag im Sinne des § 14
SGB IX; die Weiterleitung werde nicht berücksichtigt. Der Rehabilitationsbedarf des H habe sich nicht geändert. Bei Hilfen für junge Volljährige handele es sich um Hilfen zur Persönlichkeitsentwicklung und eigenverantwortlichen Lebensführung, also im Wesentlichen um Hilfen der sozialen, nicht aber der Teilhabe am Arbeitsleben. Die Unterstützung im Rahmen der heilpädagogischen Wohngruppe erfolge ausschließlich im Freizeitbereich und sei erzieherisch auf die Persönlichkeitsentwicklung und eigenverantwortliche Lebensführung gerichtet. Hilfen, die sich konkret auf die Teilhabe am Arbeitsleben richteten, würden durch die Beklagte bereits gewährt. Für die Rechtsauffassung der Beklagten spreche die Richtlinie des Bayerischen Staatsministeriums für Arbeit und Soziales (BayStMAS) vom 01.07.2017 für „Heilpädagogische Tagesstätten, Heime und sonstige Einrichtungen für Kinder und Jugendliche und junge Volljährige mit Behinderung“. Ein Wechsel der Kostenträgerschaft während einer Maßnahme komme auf Grundlage der Handlungsempfehlung „Anforderungen an die Jugendämter durch das Bundesteilhabegesetz“ nicht in Betracht; unter Umständen sei auch § 41
SGB VIII maßgebend. Der Kläger hat mit Schreiben vom 08.11.2019 mitgeteilt, nach seiner Auffassung löse die nun in Rede stehende anschließende Hilfeleistung, da es sich nicht um eine solche nach § 35a
SGB VIII, sondern um eine solche nach "§ 41 + § 35a
SGB VIII" handele, eine neue Zuständigkeitsprüfung aus. Die bisherige Hilfe sei von den Eltern beantragt worden, die nunmehrige von H selbst. Es werde der Verlust von Erstattungsansprüchen befürchtet, weshalb H geraten worden sei, die Frage gerichtlich klären zu lassen.
In der mündlichen Verhandlung beim SG vom 04.12.2019 haben die Klägervertreterinnen erklärt, H müsse auch dann untergebracht werden, wenn eine Berufsausbildung oder Berufsförderung nicht vorgenommen werden könne.
Im von H geführten Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes - S 7 AL 161/19 ER - hat das SG die Beklagte mit Beschluss vom 11.12.2019 verpflichtet, die Kosten der Heimunterbringung ab 20.11.2019 vorläufig zu übernehmen. Eine vorrangige Zuständigkeit der Beklagten ergebe sich daraus, dass es sich um die berufliche Eingliederung des H flankierende sozialpädagogische Leistungen handele. Hiergegen hat die Beklagte nach einem internen Schreiben vom 17.02.2020 wegen des summarischen Charakters des Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes und im Interesse des H keine Beschwerde eingelegt. Der Kläger hat mit Schreiben vom 18.03.2020 im Hinblick auf Kostenerstattungsansprüche der Beklagten befristet bis 31.12.2025 auf die Einrede der Verjährung verzichtet.
Mit Urteil vom 15.01.2020 hat das SG die Beklagte verurteilt, dem Kläger die Kosten für die Heimunterbringung des H ab 03.09.2018 zu erstatten und in die eigene Zuständigkeit zu übernehmen sowie Verzugszinsen ab 01.10.2018 in Höhe von 4 v.H zu entrichten, und die Klage im Übrigen abgewiesen. Der Erstattungsanspruch ergebe sich aus § 104
Abs. 1
SGB X. Die Beklagte habe mit Bescheid vom 24.07.2018 mitgeteilt, Reha-Trägerin für die Erbringung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben zu sein; dazu gehöre auch die Zuständigkeit für die Übernahme der Kosten der Heimunterbringung für die Zeit ab Beginn der Ausbildung. Der Kläger sei für die streitigen Leistungen auch nicht vorrangig zuständig. Dies ergebe sich aus dem Zusammenwirken der Subsidiaritätsregeln in
§ 22 Abs. 1 SGB III und § 10
Abs. 1
SGB VIII, wie das Urteil des Bundessozialgerichts (
BSG) vom 12.10.2017 - B 11 AL 20/16 R - zeige. Die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben umfassten nach
§ 33 Abs. 6 Satz 1 SGB IX unter den dort genannten Voraussetzungen auch medizinische, psychologische und pädagogische Hilfen. Dabei handele es sich um Annexleistungen zu den Leistungen der Teilhabe am Arbeitsleben, nicht um eigenständig zu gewährende Sozialleistungen. Die Unterbringung des H solle die Berufungsvorbereitung
bzw. -ausbildung unterstützen und insoweit sichern, weshalb es sich nicht um eigenständige psychologische, pädagogische oder sonstige isolierte erzieherische Maßnahmen handele, die rehabilitationsunabhängig wären. Sie diene der Unterstützung und Ermöglichung der Ausbildung des H. Die Beklagte habe Verzugszinsen, jedoch keine Prozesszinsen zu entrichten.
Dagegen hat die Beklagte Berufung beim Bayerischen Landessozialgericht (
LSG) eingelegt und Widerklage, gerichtet auf die Erstattung der Kosten der Heimunterbringung des H ab 20.11.2019, erhoben. Die Leistungen der Eingliederungshilfe habe der Kläger zu erbringen. Die Beklagte könne ihren Erstattungsanspruch ab 20.11.2019 nicht im Wege des Verwaltungsaktes durchsetzen. Es bestehe ein Zusammenhang zwischen den Streitgegenständen von Klage und Widerklage, da es jeweils um die Klärung der Frage gehe, welcher Träger die heilpädagogische Unterbringung des H zu erbringen habe, und damit um einen einheitlichen Lebenssachverhalt. Dem Kläger stehe kein Erstattungsanspruch zu; dieser sei vielmehr seinerseits der Beklagten zur Erstattung gemäß
§ 16 SGB IX verpflichtet. Die Streitfrage könne nur dadurch gelöst werden, dass festgestellt werde, ob die heilpädagogische Wohnunterbringung den Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben oder den Leistungen zur sozialen Teilhabe zuzurechnen sei; insoweit müsse auf den Schwerpunkt der Unterbringung abgestellt werden. Es gehe nicht um eine Vorrang-/Nachrang-bestimmung, sondern in einer systematisch vorgelagerten Stufe darum, welcher Leistungsgruppe nach
§ 5 SGB IX die heilpädagogische Unterbringung im konkreten Einzelfall zuzuordnen sei. Die Vorrang-/Nachrangfrage stelle sich erst und nur dann, wenn eine Doppelzuständigkeit von Rehabilitationsträgern im Rahmen derselben Leistungsgruppe gegeben sei. Dies sei vorliegend nicht der Fall. Welche Leistungsgruppe betroffen sei, sei anhand einer Schwerpunktbetrachtung zu ermitteln. Darin liege auch keine unzulässige Aufspaltung des Leistungs-Gesamtpaketes; das
SGB IX gebe in
§ 15 Abs. 1 Satz 1 SGB IX die Unterscheidung nach den Leistungsgruppen des
§ 6 SGB IX gerade vor. Betreffe ein Antrag mehrere Leistungsgruppen, solle eben nicht zwangsläufig nur ein einzelner Leistungsträger tätig werden. Im Falle des H liege der Schwerpunkt ausweislich der Hilfeplanfortschreibung vom 13.02.2019 und der Fortschreibung des Entwicklungsberichts vom 17.09.2019 auf erzieherischen Zielsetzungen und der Entwicklung und Stärkung allgemeiner sozialer Fähigkeiten des Jugendlichen. Bei der heilpädagogischen Unterbringung stehe ganz allgemein nicht Unterkunft und Verpflegung im Vordergrund, sondern die ganzheitliche pädagogisch-erzieherische Persönlichkeitsförderung zur Bewältigung des Alltags und Eingliederung in die soziale Umwelt. Weitere Aufschlüsse könnten sich aus den Gutachten des Klägers zur Feststellung der Behinderung nach § 35a
SGB VIII sowie den Ergebnissen der Jugendhilfeplangespräche ergeben. Die heilpädagogische Wohnunterbringung könne überhaupt nur dann in die Zuständigkeit der Beklagten fallen, wenn sie sich im Verhältnis zur BvB
bzw. Ausbildung als bloße Annexleistung darstelle, also als unselbstständige und der Ausbildung untergeordnete Leistung. Dagegen spreche bereits die Kostenrelation (2.217,60 € monatlich für die Ausbildung und 4.882,50 € monatlich für die Unterbringung) sowie die pädagogisch-erzieherische Zielsetzung der Unterbringung.
Die Beklagte und Widerklägerin beantragt,
1. das Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen und
2. den Kläger im Wege der Widerklage zu verpflichten, der Klägerin die Kosten für die Heimunterbringung des Herrn H in der Einrichtung der B
gGmbH, S Anger, B ab 20.11.2019 zu erstatten.
Der Kläger und Widerbeklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen und die Widerklage abzuweisen sowie die Revision hilfsweise zuzulassen.
Der Kläger sei für die Leistungen, hinsichtlich derer ein Anspruch gegen beide Träger bestehe, nicht vorrangig zuständig. Die Beklagte setze sich nicht im Einzelnen mit den Subsidiaritätsregeln in § 22
Abs. 2
SGB III und § 10
Abs. 1
SGB VIII auseinander. Wenn Leistungen eines anderen Sozialleistungsträgers nicht deshalb versagt werden dürften, weil es im
SGB VIII entsprechende Leistungen gibt, zeige dies, dass im Sinne der weiteren Nachrangregelung des § 22
Abs. 1 und 2
SGB III eine Leistungspflicht des Jugendhilfeträgers in Fallgestaltungen gleichartiger Leistungen gerade nicht bestehen solle und die Jugendhilfe als nachrangig angesehen werden müsse, wie das
BSG mit Urteil vom 12.10.2017 - B 11 AL 20/16 R - entschieden habe. Aufgrund der Vorrang-/Nachrang-regeln sei daher die Beklagte zuständig für die Übernahme der streitgegenständlichen Kosten. Auf die Ausführungen zum Schwerpunkt der heilpädagogischen Unterbringung komme es daher gar nicht an. Die Beklagte könne sich auch nicht auf den Beschluss des
LSG vom 11.10.2019 - berufen, denn hierbei handele es sich nicht um eine endgültige Entscheidung. Eine Leistungsverantwortung bei einer Mehrheit von Rehabilitationsträgern nach § 15
SGB IX komme nur dann in Betracht, wenn ein Antrag auf Leistungen neben den Leistungen, für die der leistende Rehabilitationsträger zuständig sei, auch weitere Leistungen beinhalte, für die er nicht Rehabilitationsträger sein könne. Dies sei vorliegend nicht der Fall. Durch das Abstellen auf den Schwerpunkt der Wohnunterbringung würden die klaren gesetzlichen Vorgaben zum Vorrang und Nachrang der Leistungen nach dem
SGB III gegenüber den Leistungen nach dem
SGB VIII unterlaufen.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten beider Beteiligten und die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz -SGG-) und begründet. Das Urteil des SG ist aufzuheben; die Beklagte ist zu Unrecht zur Erstattung der vom Kläger erbrachten Eingliederungsleistungen in Gestalt der Kosten der heilpädagogischen Heimunterbringung des H ab 03.09.2018 sowie zur Verzinsung des Anspruchs verurteilt worden. Dem Kläger steht ein Erstattungsanspruch für die Zeit vom 03.09.2018 bis 19.11.2019 gegen die Beklagte nicht zu.
Eine Beiladung des H gemäß § 75
Abs. 2 Fall 1
SGG (echte notwendige Beiladung) war nicht erforderlich. Danach sind Dritte beizuladen, wenn sie an dem streitigen Rechtsverhältnis derart beteiligt sind, dass die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann. Vorliegend handelt es sich um einen Erstattungsstreit zweier Rehabilitationsträger. In diesem Fall wird die Position des leistungsberechtigten Sozialleistungsempfängers nicht berührt (
vgl. BSG, Urteil vom 25.09.2014 - B 8 SO 7/13 R - juris).
Streitgegenstand der Klage ist ein Erstattungsanspruch des Klägers gegen die Beklagte im Hinblick auf erbrachte Leistungen der Heimunterbringung ab 03.09.2018, die der Kläger richtigerweise mit der isolierten Leistungsklage (§ 54
Abs. 5
SGG) geltend macht.
Der Kläger hat jedoch weder für die Zeit vom 03.09.2018 bis 19.11.2019 noch für die Zeit ab 20.11.2019 einen Erstattungsanspruch gegen die Beklagte. Für den ab 20.11.2019 beginnenden Zeitabschnitt ergibt sich dies bereits daraus, dass der Kläger - unstreitig - keine Leistungen für die Heimunterbringung des H erbracht hat und somit die Grundvoraussetzung jedes möglichen Erstattungsanspruchs nicht erfüllt. Aber auch für die Zeit vom 03.09.2018 bis 19.11.2019 besteht kein Erstattungsanspruch des Klägers gegen die Beklagte im Hinblick auf die Kosten der heilpädagogischen Heimunterbringung. Ein solcher ergibt sich weder aus § 16
SGB IX noch aus § 102
SGB X noch aus § 104
SGB X.
§ 16
SGB IX i.d.F. des Gesetzes zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen (
BTHG) vom 23.12.2016 (BGBl. I, 3234) scheidet als Anspruchsgrundlage aus. Zwar sind Leistungen zur Teilhabe
i.S.d. § 5
SGB IX streitig. Auch sind sowohl die Beklagte als auch der Kläger grundsätzlich Rehabilitationsträger (§ 6
Abs. 1
Nr. 2 und
Nr. 6
SGB IX) und werden als solche in Anspruch genommen. Jedoch kommt ein Erstattungsanspruch nach § 16
Abs. 1 oder
Abs. 2
SGB IX nicht in Betracht, denn der Kläger hat die im Streit stehenden Leistungen nicht als leistender Rehabilitationsträger von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben im Sinne des § 14
SGB IX erbracht. Nach der Legaldefinition des § 14
Abs. 2 Satz 1
SGB IX ist leistender Rehabilitationsträger derjenige, der den Rehabilitationsbedarf unverzüglich und umfassend feststellt und die Leistungen erbringt.
Die Beurteilung, ob der Kläger leistender Rehabilitationsträger in diesem Sinne ist, erfordert die Herstellung des Bezuges zu einem Rehabilitationsantrag. Für die zur Erstattung geforderten Leistungen des Klägers ab 03.09.2018 ist der Antrag des H - vertreten durch seine Eltern - vom 18.07.2018 an die Beklagte maßgebend. Mit diesem Antrag hat H erstmals sein Rehabilitationsbegehren im Hinblick auf eine Eingliederung in das Erwerbsleben formuliert, als er Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben beantragte. Dass er sich bereits zuvor mit seinem Antrag vom 29.01.2018/13.02.2018 an den Kläger gewandt hatte, ist vorliegend ohne Bedeutung, denn mit diesem Antrag hat er keine Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, sondern Eingliederungshilfe in Form der vollstationären Unterbringung in einer heilpädagogischen Einrichtung beantragt, wobei es sich um ein anderes Rehabilitationsbegehren handelt als das vorliegend im Streit stehende. In Bezug auf den Antrag des H vom 18.07.2018 ist jedoch nicht der Kläger, sondern die Beklagte leistende Rehabilitationsträgerin. Die Beklagte hat den für die Bestimmung der Zuständigkeit im Verhältnis zu H maßgeblichen Antrag vom 18.07.2019 nicht nach § 14
Abs. 1 Satz 2
SGB IX an den Kläger weitergeleitet, so dass sich für den Kläger keine aufgedrängte Zuständigkeit im Außenverhältnis ergab. Der Kläger hat die zur Erstattung geforderten Leistungen ab 03.09.2018 vielmehr deshalb weitergezahlt, weil er diese bereits mit Bescheid vom 14.02.2018 bewilligt hatte; diese Bewilligung war aber bereits zuvor auf den Antrag des H vom 29.01.2018/13.02.2018 ergangen. Damit scheiden Erstattungsansprüche des Klägers als leistender Rehabilitationsträger im Sinne des § 16
SGB IX aus und es bleibt bei den allgemeinen Vorschriften der §§ 102
ff. SGB X.
Die Voraussetzungen des § 102
SGB X sind ebenfalls nicht erfüllt. Hat ein Leistungsträger aufgrund gesetzlicher Vorschriften vorläufig Sozialleistungen erbracht, ist der zur Leistung verpflichtete Leistungsträger gemäß § 102
Abs. 1
SGB X erstattungspflichtig. Zum einen lag, wie bereits ausgeführt, kein Fall vor, der den Kläger zur vorläufigen Leistung verpflichtet hätte (etwa § 14
SGB IX). Auch ist ein Wille des Klägers, im Hinblick auf eine ungeklärte Zuständigkeit (vorläufig) leisten zu wollen, vorliegend nach außen nicht erkennbar geworden. Er hat mit Bescheid vom 14.02.2018 gegenüber H die Leistungen zunächst befristet, diese aber nicht als vorläufig gekennzeichnet, sondern ausdrücklich als Leistung der Jugendhilfe (Eingliederungshilfe gemäß § 35a
Abs. 2
Nr. 4
i.V.m. §§ 36
ff. SGB VIII) in eigener Zuständigkeit endgültig erbracht. Eine Abänderung dieses Bescheides ab 03.09.2018 ist nicht erfolgt.
Gleiches gilt für § 103
SGB X. Hat ein Leistungsträger Sozialleistungen erbracht und ist der Anspruch auf diese nachträglich ganz oder teilweise entfallen, ist der für die entsprechende Leistung zuständige Leistungsträger erstattungspflichtig. Ein Anspruch des H gegen den Kläger ist jedoch nicht nachträglich entfallen.
Schließlich scheidet auch § 104
SGB X als mögliche Anspruchsgrundlage aus. Nach § 104
Abs. 1 Satz 1
SGB X ist, wenn ein nachrangig verpflichteter Leistungsträger Sozialleistungen erbracht hat, ohne dass die Voraussetzungen von § 103
Abs. 1
SGB X vorliegen, der Leistungsträger erstattungspflichtig, gegen den der Berechtigte vorrangig einen Anspruch hat oder hatte, soweit der Leistungsträger nicht bereits selbst geleistet hatte, bevor er von der Leistung des anderen Leistungsträgers Kenntnis erlangt hat. Nachrangig verpflichtet ist nach Satz 2 der Norm ein Leistungsträger, soweit dieser bei rechtzeitiger Erfüllung der Leistungsverpflichtung eines anderen Leistungsträgers selbst nicht zur Leistung verpflichtet gewesen wäre. Hierfür muss der Berechtigte gleichzeitig Ansprüche gegen (wenigstens) zwei Leistungsträger haben (
vgl. Kater in: Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, Werkstand: 116. EL, § 104
SGB X Rn. 9; Roos in: Schütze,
SGB X, 9. Aufl., § 104 Rn. 8) und für diese Ansprüche eine materiell-rechtliche Regelung der Rangfolge getroffen sein. Die Voraussetzungen des
Abs. 1 Satz 1 liegen dagegen nicht vor, wenn der leistende Träger der sachlich und örtlich alleinzuständige Träger ist.
Hinsichtlich der heilpädagogischen Unterbringung war im streitgegenständlichen Zeitraum der Kläger allein zuständig. H hatte - unstreitig - einen Anspruch gegen den Kläger auf Eingliederungshilfe nach § 35a
SGB VIII, die auch die Unterbringung in einer heilpädagogischen Wohngruppe beinhaltet. Er hatte jedoch keinen Anspruch gegen die Beklagte im Rahmen ihrer Zuständigkeit, denn es handelt sich, unbenommen der Frage, ob bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen auch Kosten einer heilpädagogischen Unterbringung in das Leistungsspektrum der Beklagten fallen können (so in den Fällen, die den Entscheidungen des
LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 24.04.2015 -
L 8 AL 2430/12 - und des Bayer. VGH vom 02.12.2020 - 12 BV 20.1951 - beide zit. nach juris, zugrunde lagen), bei der heilpädagogischen Unterbringung im hier streitigen Fall nicht um Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben. Gemäß
§ 112 Abs. 1 SGB III können für Menschen mit Behinderungen Leistungen zur Förderung der Teilhabe am Arbeitsleben erbracht werden, um ihre Erwerbsfähigkeit zu erhalten, zu verbessern, herzustellen oder wiederherzustellen und ihre Teilhabe am Arbeitsleben zu sichern, soweit Art und Schwere der Behinderung dies erfordern. Dabei können allgemeine Leistungen sowie besondere Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und diese ergänzende Leistungen erbracht werden (
§ 113 Abs. 1 SGB III); besondere Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben können nur erbracht werden, soweit nicht bereits durch die allgemeinen Leistungen eine Teilhabe am Arbeitsleben erreicht werden kann (§ 113
Abs. 2
SGB III). Die besonderen Leistungen umfassen u.a. nach
§ 118 Nr. 3 SGB III die Übernahme der Teilnahmekosten für eine Maßnahme. Nach
§ 127 Abs. 1 SGB III bestimmen sich Teilnahmekosten nach den
§§ 49,
64,
73 und
74 SGB IX. Sie beinhalten auch weitere Aufwendungen, die wegen Art und Schwere der Behinderung unvermeidbar entstehen, sowie Kosten für Unterkunft und Verpflegung bei anderweitiger auswärtiger Unterbringung. Gemäß § 49
Abs. 1
SGB IX i.d.F. des
BTHG vom 23.12.2016 werden die erforderlichen Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erbracht, um die Erwerbsfähigkeit von Menschen mit Behinderungen oder von Behinderung bedrohter Menschen entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit zu erhalten, zu verbessern, herzustellen oder wiederherzustellen und ihre Teilhabe am Arbeitsleben möglichst auf Dauer zu sichern. Nach § 49
Abs. 6 Satz 1
SGB IX umfassen die Leistungen auch medizinische, psychologische und pädagogische Hilfen, soweit diese Leistungen im Einzelfall erforderlich sind, um die in Absatz 1 genannten Ziele zu erreichen oder zu sichern und Krankheitsfolgen zu vermeiden, zu überwinden, zu mindern oder ihre Verschlimmerung zu verhüten. Satz 2 zufolge sind Leistungen unter anderem 5. Hilfen zur seelischen Stabilisierung und zur Förderung der sozialen Kompetenz, unter anderem durch Training sozialer und kommunikativer Fähigkeiten und im Umgang mit Krisensituationen und 6. das Training lebenspraktischer Fähigkeiten. Zu den Leistungen gehört nach § 49
Abs. 7
Nr. 1
SGB IX die Übernahme der erforderlichen Kosten für Unterkunft und Verpflegung, wenn für die Ausführung der Leistung eine Unterbringung außerhalb des eigenen oder des elterlichen Haushalts wegen Art oder Schwere der Behinderung oder zur Sicherung des Erfolges der Teilhabe am Arbeitsleben notwendig ist. Hierunter kann grundsätzlich auch eine heilpädagogische Unterbringung fallen.
Jedoch handelt es sich bei der heilpädagogischen Unterbringung des H auch ab 03.09.2018 ihrer Zielrichtung nach nicht um eine Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben, auch nicht als „Annexleistung“ zu den von der Beklagten erbrachten Leistungen.
Zur Abgrenzung zwischen Leistungen der beruflichen Rehabilitation und anderen Rehabilitationsleistungen (etwa solchen zur sozialen Teilhabe im Sinne des § 5
Nr. 5
SGB IX) ist auf den Schwerpunkt der Maßnahme abzustellen. Der Förderrahmen der Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben beschränkt sich auf die durch die Berufsausübung
bzw. Erreichung des Arbeitsplatzes ausgelöste Bedarfslage. Maßnahmen, die ohne unmittelbaren Bezug zur Berufsausübung zur persönlichen Lebensführung gehören, die Verbesserung der Lebensqualität bewirken sowie elementare Grundbedürfnisse befriedigen und sich auf diese Weise nur mittelbar bei der Berufsausübung auswirken, sind nicht durch Leistungen zur Förderung der Teilhabe am Arbeitsleben förderungsfähig und allenfalls im Wege der Förderung der Teilhabe am sozialen Leben (jetzt nach §§ 76
ff. SGB IX) zu übernehmen (
vgl. zum Ganzen
BSG, Urteil vom 26.10.2004 -
B 7 AL 16/04 R - juris). Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben müssen also final auf das gesetzlich (§ 49
Abs. 1
SGB IX) vorgegebene Ziel des Erhalts, der Verbesserung, Herstellung oder Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit von Menschen mit Behinderung oder von Behinderung bedrohter Menschen und der Sicherung ihrer Teilhabe am Arbeitsleben möglichst auf Dauer ausgerichtet sein. Bezogen auf psychologische und pädagogische Leistungen gilt: Liegt der Schwerpunkt einer Maßnahme in der sozialen Betreuung und Persönlichkeitsentwicklung des Betroffenen oder ist die Maßnahme ausschließlich dazu bestimmt, die sowohl für das Leben in der Gesellschaft als auch für eine berufliche Tätigkeit unverzichtbaren Grundlagen (
z.B. Allgemeinbildung, Kommunikationsfähigkeit) zu vermitteln, liegt keine Leistung der beruflichen Rehabilitation vor. Wenn Ziel, Plan und inhaltliche Ausgestaltung der Maßnahme dagegen wesentlich durch das Erlernen beruflicher Erkenntnisse und Fertigkeiten charakterisiert sind, liegt eine Leistung der beruflichen Rehabilitation vor. Als integrativen Bestandteil dieser Maßnahme erbringt der zuständige Träger dann gemäß § 49
Abs. 6
SGB IX auch psychologische und pädagogische Hilfen (
vgl. zum Ganzen Luik in: jurisPK-SGB IX, Stand: 17.06.2020, § 49 Rn. 158) und gemäß § 49
Abs. 7
SGB IX Kosten für Unterkunft und Verpflegung, die als „Annexleistungen“ zu den Leistungen zu Teilhabe am Arbeitsleben erbracht werden, soweit sie deren Zielsetzung teilen.
Jedenfalls in dem im Rahmen der Klage streitgegenständlichen Zeitraum vom 03.09.2018 bis 19.11.2019 bestand das Ziel der heilpädagogischen Unterbringung des H ausschließlich in seiner sozialen Betreuung und Persönlichkeitsentwicklung. Hierzu ist zunächst festzuhalten, dass die erstmalige Unterbringung ab 18.02.2018 aufgrund des vom Kläger - als zuständigem Jugendhilfeträger - festgestellten Eingliederungsbedarfs erfolgte. Maßgebend hierfür war der vom sozialpädagogischen Dienst des Klägers erstellte Sozialbericht vom 08.02.2018, wonach primäres Eingliederungsziel das Erlernen angemessenen Sozialverhaltens als Grundvoraussetzung für eine schulische und berufliche Eingliederung war; auslösend hierfür war, dass sich H im mütterlichen Haushalt im schulischen und privaten Bereich im Hinblick auf Hausaufgaben, Mahlzeiten und Körperhygiene verweigere und kaum Sozialkontakte habe, wegen seines „kauzigen Verhaltens“ ausgegrenzt und gemobbt werde und andere mit seinen „Spleens“ nerve. Nach offenbar relativ zeitnah gelungener Integration des H in die heilpädagogische Wohngruppe waren dem ersten Entwicklungsbericht des H vom 04.06.2018 zufolge Lernziele im pädagogischen Kontext das selbstständige und rechtzeitige Aufstehen an Wochentagen, die Förderung der Selbstständigkeit und lebenspraktischer Fähigkeiten (Kochen) sowie das Finden einer geeigneten Zukunftsperspektive. Die Fortschreibung des Entwicklungsberichts vom 12.09.2019 - im Zusammenhang mit dem Ausbildungsbeginn - benennt als Ziele aus dem pädagogischen Kontext weiterhin die Förderung der Selbständigkeit und Entscheidungssicherheit des H sowie alltäglicher Kompetenzen (Arzttermine, Frisörtermine
etc. wahrnehmen), die Erarbeitung von Strukturierungs- und Organisationsmethoden für den Alltag, eine sinnvolle Freizeitgestaltung und soziale Anbindung an Gleichaltrige, Bewältigung von Heimfahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln sowie den erfolgreichen Einstieg in eine Ausbildung als Gebäudereiniger, wobei als limitierende Faktoren dieses Einstiegs die Weigerung des Vaters, Hs Ausbildungsvertrag zu unterschreiben, und die allgemeine Konfliktsituation mit der Familie (insbesondere mit dem Bruder) beschrieben wurden, die Hs Berufswunsch herabwürdige und nicht wertschätze.
Hieraus ergibt sich, dass die konkret im Streit stehende heilpädagogische Unterbringung bereits ab dem ersten Entwicklungsbericht alleine das Ziel verfolgte, eine Persönlichkeitsentwicklung des H hin zu einem selbstständigen, weniger von Urteilen anderer abhängigen, seinen Alltag und seine Freizeit eigenständig organisierenden jungen Erwachsenen zu bewirken. Soweit die Berufsausbildung betroffen war, war nach den Zielvorgaben des Hilfeplans des Klägers zum einen die Wirksamkeit des Ausbildungsvertrages zu klären und zum anderen war H dabei zu unterstützen, den Konflikt mit der Familie im Hinblick auf das gewählte Berufsziel auszuhalten. Diese Ziele sind den übrigen, allgemeinpädagogischen Zielen der Zahl, des zeitlichen Umfangs und der Komplexität nach untergeordnet. Es handelt sich insoweit auch nicht um den Ausgleich ausbildungsbezogener Defizite. Auch insgesamt überwiegen mit der Erreichung von Selbstständigkeit und Unabhängigkeit des H Ziele, die zu den elementaren Grundbedürfnissen und zur allgemeinen Lebensführung gehören und sich vorrangig auf das Leben in der Gemeinschaft auswirken. Sie können zwar - möglicherweise - auch bei der Berufsausbildung und -ausübung von Vorteil sein; insoweit liegt aber nur eine mittelbare Auswirkung auf die Teilhabe am Arbeitsleben vor. Dies wird auch durch die Aussage der Klägervertreterinnen im Termin beim SG am 04.12.2019 unterstrichen, eine Unterbringung des H habe in jedem Fall, auch unabhängig von einer Berufsausbildung, erfolgen müssen.
Eine andere Einschätzung ergibt sich auch nicht aus der vom Kläger hierfür herangezogenen Entscheidung des
BSG (Urteil vom 12.10.2017 - B 11 AL 20/16 R - juris). Dem dort entschiedenen Fall lag zugrunde, dass der Jugendhilfeträger die Förderung einer Berufsausbildung als Maßnahme der Jugendberufshilfe erbracht hatte. Hierzu hat das
BSG sodann festgestellt, dass es sich bei einem Teil der erbrachten Jugendhilfeleistungen und der Berufsausbildungsbeihilfe (
BAB) um gleichartige Sozialleistungen handele, die beigeladene Jugendliche aber wegen der Höhe der (von dem gleichzeitig als Ausbildungsbetrieb fungierenden Jugendhilfezentrum) an sie ausgezahlten Ausbildungsvergütung keinen Anspruch auf
BAB habe. Nur im Hinblick auf den Berufshilfe betreffenden Teil der im dortigen Fall als Gesamtleistung erbrachten Jugendhilfeleistungen hat das
BSG ausgeführt, es könne sich auch um gleichartige Sozialleistungen im Sinne der Vorrang-Nachrang-Regelung des § 104
SGB X handeln. Wesentliche Kriterien für die Gleichartigkeit der Leistungen seien deren Ziel und Funktion, also deren Zweck. Dies könne nicht pauschal anhand der gesamten Aufgaben der Kinder- und Jugendhilfe, sondern nur bezogen auf die jeweils differenziert zu betrachtenden einzelnen Anteile einer Jugendhilfemaßnahme bestimmt werden. Eine Kongruenz von Leistungen sei bei der Sicherstellung des Lebensunterhalts durch die Jugendhilfeleistungen einerseits und die
BAB andererseits grundsätzlich anzunehmen. In diesem Fall sei die
BAB gegenüber Leistungen für Unterhalt und Unterkunft nach dem
SGB VIII grundsätzlich vorrangig.
Hieraus ergibt sich zum einen, dass das
BSG, anders als der Kläger meint, auch im Urteil vom 12.10.2017 (a.a.O.) weiterhin verschiedene Zuständigkeiten für eine im Außenverhältnis einheitlich erbrachte Förderung einer Berufsausbildung für möglich hält, denn es hat Gleichartigkeit der Leistungen nur für einen Teil der dort im Streit stehenden Fördermaßnahmen angenommen. Zum anderen hat es daran festgehalten, zur Beantwortung der Frage der Gleichartigkeit auf den Telos der Leistungen abzustellen. Gewendet auf den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass auch eine nach außen hin einheitliche Förderung der Berufsausbildung des H unterschiedlichen Zielen dienen kann. Wie bereits dargestellt war Ziel und Funktion der heilpädagogischen Unterbringung des H im streitgegenständlichen Zeitraum jedoch nicht die Sicherstellung seines Lebensunterhalts etwa durch Kost und Logis, sondern seine umfassende Persönlichkeitsentwicklung zur Teilhabe am sozialen Leben in der Gemeinschaft, so dass eine Gleichartigkeit der Leistungen der Beklagten und des Klägers nicht angenommen werden kann.
Entgegen der Auffassung des SG stellt sich aus denselben Gründen die Unterbringung des H auch nicht als Annexleistung zu den von der Beklagten gewährten BvB-Leistungen dar. Die medizinischen, psychologischen und pädagogischen Hilfen des § 49
Abs. 6
SGB IX sind nur Bestandteil einer beruflichen Rehabilitationsmaßnahme, wenn sie in unmittelbarem Zusammenhang mit der Hauptleistung stehen. Sie haben dann keinen eigenständigen rechtlichen Charakter als Sozialleistung (
vgl. Luik in: jurisPK-SGB IX, § 49 Rn. 206). Wie bereits dargestellt, waren die im Rahmen der heilpädagogischen Unterbringung zu gewährenden, vorwiegend pädagogischen Hilfen (die psychologische und medizinische Betreuung des H erfolgte davon getrennt durch Anbindung an eine Psychotherapeutin
bzw. die Kinder- und Jugendpsychiatrie des Universitätsklinikums B) weder durch die Berufsausbildung veranlasst, noch geht aus der Gesamtheit der Hilfeplanung des Klägers hervor, dass die konkret gewährten Hilfen der Sicherstellung der Berufsvorbereitung
bzw. Berufsausbildung des H dienen sollten. Auch stellt die heilpädagogische Unterbringung keine Annexleistung nach § 49
Abs. 7
Nr. 1
SGB IX dar. Zu den von der Beklagten zu erbringenden Leistungen gehört grundsätzlich auch die Übernahme der erforderlichen Kosten für Unterkunft und Verpflegung, wenn für die Ausführung einer Leistung eine Unterbringung außerhalb des eigenen oder elterlichen Haushalts wegen Art oder Schwere der Behinderung oder zur Sicherung des Erfolges der Teilhabe notwendig ist (
vgl. Luik a.a.O., Rn. 208 f.). Die Kosten der heilpädagogischen Unterbringung des H in Höhe von
ca. 5.000,00 € pro Monat fielen jedoch nicht deshalb an, weil H zu Zwecken der Berufsausbildung, sondern weil er zu Zwecken der heilpädagogischen Betreuung dort untergebracht war. Dass mit der Unterbringung eine bessere Erreichbarkeit der von der Beklagten geförderten BvB-Maßnahme
bzw. Berufsausbildungsstätte verbunden war, stellt insoweit nur eine Reflexwirkung, nicht aber die primäre Zielsetzung der Unterbringung dar. Insoweit unterscheidet sich der vorliegende Fall von demjenigen, der der Entscheidung des
LSG Baden-Württemberg vom 24.04.2015 -
L 8 AL 2430/12 - juris zugrunde lag, denn dort war streitig die Erstattung von Leistungen für eine berufsvorbereitende Maßnahme und eines Teils einer Ausbildung zum Elektriker samt Internatskosten und der Kosten für die dort inbegriffenen medizinischen, psychologischen und pädagogischen Hilfen durch die Bundesagentur an den klagenden Landkreis, mithin um ein insgesamt integriertes Leistungspaket zur Berufsförderung, das im Gegensatz zu den hier mit verschiedenen Zielsetzungen betriebenen Maßnahmen der Berufsvorbereitung und -ausbildung einerseits und der Persönlichkeitsförderung andererseits zu betrachten ist.
An diesem Ergebnis ändert auch die Umgestaltung des
SGB IX durch das
BTHG nichts; insbesondere wird hierdurch nicht eine einheitliche Leistungsgewährung durch einen einzigen Rehabilitationsträger unabhängig von der Zuordnung der jeweiligen Leistungen vorgegeben. In § 5
SGB IX i.d.F. des
BTHG sind vielmehr weiterhin fünf Leistungsgruppen unterschieden, von denen die Beklagte als Rehabilitationsträger nur für Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und für unterhaltssichernde und andere ergänzende Leistungen vorgesehen ist, nicht aber für Leistungen zur sozialen Teilhabe, wie vorliegend. § 6
Abs. 2
SGB IX sieht weiterhin eine selbstständige und eigenverantwortliche Aufgabenwahrnehmung der Rehabilitationsträger vor; eine Aufgabe des gegliederten Systems ist somit nicht beabsichtigt worden. Auch richten sich die Zuständigkeit und die Voraussetzungen für die Leistungen zur Teilhabe nach den für den jeweiligen Rehabilitationsträger geltenden Leistungsgesetzen, § 7
Abs. 1 Satz 2
SGB IX.
Mangels eines Anspruchs des H auch gegen die Beklagte auf Erbringung von Leistungen für die heilpädagogische Unterbringung scheidet somit ein Erstattungsanspruch des Klägers aus, ohne dass auf die vom Kläger aufgeworfene Frage des grundsätzlichen Vorrang-/Nachrangverhältnisses zwischen den Leistungen des
SGB III und denjenigen des
SGB VIII noch einzugehen war, denn diese Frage stellt sich nur bei Bestehen gleichartiger Ansprüche gegen mehrere Träger.
Das Urteil des SG war auch insoweit aufzuheben, als es dem in die Zukunft gerichteten Begehren des Klägers auf Übernahme des Falles in die eigene Zuständigkeit der Beklagten stattgegeben hat, denn eine solche Zuständigkeit bestand nach dem Gesagten nicht, unbeschadet der Frage der tatsächlichen Erledigung durch die vom SG im Beschluss vom 11.12.2019 ausgesprochene vorläufige Verpflichtung der Beklagten, die Kosten der Heimunterbringung ab 20.11.2019 vorläufig zu übernehmen.
Über die Widerklage der Beklagten entscheidet das
LSG erstinstanzlich. Diese ist unzulässig. Zwar ist die Erhebung einer Widerklage bei zulässiger Berufung auch in der Berufungsinstanz noch möglich (§ 153
Abs. 1
SGG) und der Kläger und Widerbeklagte hat sich auf sie eingelassen, ohne ihr zu widersprechen (weshalb es auf die strittige Frage, ob eine Zustimmung des neuen Beklagten erforderlich ist, nicht ankommt; dagegen B. Schmidt in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt,
SGG, 13. Aufl., § 100 Rn. 3a; dafür unter Verweis auf § 202 Satz 1
SGG i.V.m. § 533
ZPO etwa Guttenberger in: juris-PK
SGG, § 100 Rn. 21).
Eine Konnexität der Ansprüche des Klägers gegen die Beklagte auf Erstattung der für den minderjährigen H erbrachten Leistungen der Eingliederungshilfe in einer stationären Einrichtung (§ 35a
Abs. 1,
Abs. 2
Nr. 4
SGB VIII) in der Zeit vom 03.09.2018 bis zum 19.11.2019 und der im Wege der Widerklage geltend gemachten Ansprüche der Beklagten auf Erstattung der von ihr allein aufgrund des Beschlusses des SG vom 11.12.2019 in der Zeit ab 20.11.2019 vorläufig erbrachten Leistungen besteht jedoch nicht. Nach § 100
SGG kann bei dem Gericht der Klage eine Widerklage erhoben werden, wenn der Gegenanspruch mit dem in der Klage geltend gemachten Anspruch oder mit den gegen ihn vorgebrachten Verteidigungsmitteln zusammenhängt. Der Zusammenhang kann dabei rechtlicher (Herleitung des Gegenanspruchs aus demselben Rechtsverhältnis), wirtschaftlicher oder natürlicher Art auf Grund eines einheitlichen Leistungsverhältnisses sein. Es ist bereits nicht erkennbar, woraus die Beklagte ihren geltend gemachten Erstattungsanspruch herleiten will, nachdem eine Verwaltungsentscheidung über den Antrag des H vom 18.10.2019 für die Zeit ab 20.11.2019 offenbar bislang nicht getroffen worden ist. Hierfür dürfte aufgrund der Weiterleitung des an den Kläger gerichteten Antrages des H nach § 14
Abs. 1 Satz 2
SGB IX die Beklagte zuständig sein; erst wenn die Beklagte Leistungen als leistende Rehabilitationsträgerin erbringt, deren Zuständigkeit jedoch nicht besteht, kann ein Erstattungsanspruch der Beklagten gegen den Kläger überhaupt entstehen. Von einem einheitlichem Rechts- oder Leistungsverhältnis kann schon aus diesem Grund nicht ausgegangen werden. Zudem dürfte durch den Übergang des H vom Jugendlichen in das Erwachsenenalter sowie die Stellung eines neuen Antrages für die Zeit ab 20.11.2019 eine das Rechts-
bzw. Leistungsverhältnis unterbrechende Zäsur eingetreten sein. Der Rechtscharakter des Anspruchs des H hat sich jedenfalls insoweit verändert, als ab 20.11.2019 die Erbringung von Leistungen der Eingliederungshilfe für junge Volljährige nach § 41
i.V.m. § 35a
SGB VIII in Betracht kommt, die jedoch unter der zusätzlichen Voraussetzung steht, dass die Persönlichkeitsentwicklung des jungen Volljährigen eine selbstbestimmte, eigenverantwortliche und selbständige Lebensführung nicht gewährleistet. Zuletzt hat die Beklagte Leistungen an H allein aufgrund der Entscheidung des SG im Rahmen des von H gegen die Beklagte geführten Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes erbracht.
Selbst wenn ein Zusammenhang angenommen werden würde, ist die Widerklage aber deshalb unzulässig, weil der Rechtsweg zu den Sozialgerichten insoweit nicht eröffnet ist. Für die Widerklage müssen alle Prozessvoraussetzungen gegeben sein, und es dürfen ihr keine Prozesshindernisse entgegenstehen. Zu den allgemeinen Prozessvoraussetzungen gehört auch die Zulässigkeit des Rechtswegs vor der angegangenen Gerichtsbarkeit (
vgl. BSG, Urteil vom 01.03.1963 - 2 RU 152/60 -; Beschluss vom 30.09.2015 - B 3 KR 22/15 B - juris; B. Schmidt in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt,
SGG, 13. Aufl., § 100 Rn. 6; Müller in: BeckOGK, Stand: 01.11.2021, § 100
SGG Rn. 9). Gemäß § 114 Satz 1
SGB X ist für den Erstattungsanspruch derselbe Rechtsweg wie für den Anspruch auf die Sozialleistung gegeben, sofern kein Fall des § 102
SGB X vorliegt (§ 114 Satz 2
SGG). Für den Anspruch des Berechtigten (H) gegen den Kläger als Träger der Jugendhilfe ist, da es sich um eine Streitigkeit nach dem
SGB VIII handelt, der Verwaltungsrechtsweg eröffnet. Ein Fall des § 102
SGB X liegt nicht vor, denn die Beklagte hat Leistungen ab 20.11.2019 nicht aufgrund gesetzlicher Vorschriften vorläufig erbracht, sondern aufgrund des Beschlusses des SG vom 11.12.2019. Eine Teilverweisung des Rechtsstreits an das zuständige Verwaltungsgericht scheidet aus, denn einerseits kennt das Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) keine Teilverweisung und andererseits steht der Verweisung des gesamten Rechtsstreits der Grundsatz entgegen, dass eine solche nicht erfolgen darf, wenn das angerufene Gericht zumindest für einen Teil der einschlägigen materiellen Ansprüche zuständig ist (
vgl. BSG, Beschluss vom 30.07.2014 - B 14 AS 8/14 B - juris). Vorliegend besteht die Zuständigkeit der Sozialgerichtsbarkeit für die Ansprüche, die mit der Klage
bzw. der Berufung des Klägers verfolgt werden.
Damit war das Urteil des SG auf die Berufung der Beklagten insgesamt aufzuheben und die Klage abzuweisen. Die Widerklage war in erstinstanzlicher Zuständigkeit des
LSG wegen ihrer Unzulässigkeit abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a
SGG i.V.m. § 154
Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (
VwGO). Die Beklagte hat mit ihrem Rechtsmittel in vollem Umfang obsiegt und ist mit der Widerklage in vollem Umfang unterlegen.
Gründe, die Revision gemäß § 160
Abs. 2
Nr. 1 und 2
SGG zuzulassen, liegen nicht vor.