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Urteil
Zurruhesetzung wegen Dienstunfähigkeit

Gericht:

OVG Nordrhein-Westfalen 6. Senat


Aktenzeichen:

6 A 1652/20


Urteil vom:

06.03.2023


Grundlage:

  • SGB IX § 178 Abs. 2 Satz 1 |
  • VwVfG NRW § 46 |
  • LPVG § 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 |
  • LBG NRW § 34 Abs. 1 |
  • GDSG NRW § 24 Abs. 3 |
  • VO-Begutachtung § 2 Abs. 2 |
  • VO-Begutachtung § 2 Abs. 3 |
  • ZPO § 444 |
  • VwGO § 104 Abs. 1

Tenor:

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf die Wertstufe bis 45.000 Euro festgesetzt.

Rechtsweg:

VG Gelsenkirchen, Urteil vom 28. April 2020 - 12 K 2657/16

Quelle:

Justizportal des Landes NRW

Gründe:

Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist unbegründet. Der Kläger stützt ihn (sinngemäß) auf die Zulassungsgründe gemäß § 124 Abs. 2 Nrn. 1, 2, 3 und 5 VwGO. Keiner dieser Zulassungsgründe ist gegeben.

I. Das Zulassungsvorbringen weckt keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der angegriffenen Entscheidung (Zulassungsgrund gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Zweifel in diesem Sinn sind anzunehmen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt werden.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 7.10.2020 - 2 BvR 2426/17 -, NVwZ 2021, 325 = juris Rn. 34, m. w. N.; BVerwG, Beschluss vom 10.3.2004 - 7 AV 4.03 -, NVwZ-RR 2004, 542 = juris Rn. 9.

Dabei ist innerhalb der Frist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO in substantiierter Weise darzulegen, dass und warum das vom Verwaltungsgericht gefundene Entscheidungsergebnis ernstlich zweifelhaft sein soll. Diese Voraussetzung ist nur dann erfüllt, wenn das Gericht schon auf Grund des Antragsvorbringens in die Lage versetzt wird zu beurteilen, ob ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils bestehen.

Hiervon ausgehend sind ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der angegriffenen Entscheidung nicht dargelegt.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage im Wesentlichen mit folgenden Erwägungen abgewiesen: Die zulässige Klage sei unbegründet.

Die Zurruhesetzungsverfügung sei zwar in formeller Hinsicht rechtswidrig, weil die Schwerbehindertenvertretung nicht ordnungsgemäß beteiligt worden sei. Dieser Fehler sei aber gemäß § 46 VwVfG NRW unbeachtlich. Die gemäß § 72 Abs. 1 Nr. 9 LPVG erfolgte Beteiligung des Personalrats könne der Kläger ebenfalls nicht erfolgreich beanstanden. Die Beklagte habe den Personalrat mit Schreiben vom 8.2.2016 über die beabsichtigte Maßnahme hinreichend unterrichtet. Es sei unschädlich, dass die Beklagte den Personalrat nicht über die Einwendungen des Klägers gegen seine Zurruhesetzung informiert habe; dies sei ihr aufgrund der Zustimmung des Personalrats am 17.2.2016 vor Eingang der Einwendungen des Klägers vom 29.2.2016 nicht möglich gewesen. Im Übrigen würde eine etwaige unvollständige Unterrichtung des Personalrats jedenfalls keine subjektiven Rechte des Klägers begründen. Ob auch die Gleichstellungsbeauftragte ordnungsgemäß beteiligt worden sei, könne dahinstehen, da dies nach dem Rechtsgedanken des § 46 VwVfG NRW ebenfalls unbeachtlich wäre. Die angefochtene Verfügung sei auch nicht deshalb rechtswidrig, weil kein Betriebliches Eingliederungsmanagement nach § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB IX durchgeführt worden sei. Dies sei keine Rechtmäßigkeitsvoraussetzung für die Versetzung eines Beamten in den Ruhestand.

Die Versetzung des Klägers in den Ruhestand sei materiell rechtsfehlerfrei erfolgt. Die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 BeamtStG hätten zum maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung am 6.4.2016 vorgelegen. Der Kläger sei dienstunfähig gemäß § 26 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG gewesen. Er habe seit dem 10.2.2015 - unterbrochen durch acht Tage Erholungsurlaub - und damit im Zeitpunkt des Erlasses der Zurruhesetzungsverfügung seit mehr als 13 Monaten keinen Dienst mehr geleistet. Zudem habe keine Aussicht bestanden, dass er innerhalb weiterer sechs Monate wieder dienstfähig werden würde.

Die amtsärztliche Stellungnahme vom 25.1.2016 stelle eine tragfähige Grundlage für die Prognose der Beklagten dar. Die Ausführungen des Amtsarztes D. seien plausibel. Auf der Grundlage der dargelegten Leistungseinschränkungen des Klägers und der diagnostizierten psychischen Erkrankung sowie deren fortbestehender Behandlungsbedürftigkeit erscheine die Prognose nachvollziehbar, dass bei dem Kläger keine Aussicht bestehe, dass innerhalb des nächsten Jahres seine Dienstfähigkeit wiederhergestellt sei.

Eine weitergehende rechtliche Überprüfung der amtsärztlichen Feststellungen durch Würdigung der vom Amtsarzt erstellten und seiner Stellungnahme zugrunde liegenden Dokumentation bleibe der Kammer aufgrund des prozessualen Verhaltens des Klägers verwehrt. Der Kläger habe den Amtsarzt - trotz mehrfacher gerichtlicher Aufforderung - jedenfalls insofern nicht von seiner ärztlichen Schweigepflicht gegenüber dem Gericht entbunden. Die auf den 2.4.2020 datierte "Schweigepflichtentbindungserklärung" ermögliche die von der Kammer intendierte Aufklärung nicht, da sie inhaltlich beschränkt sei und unter der Bedingung vorheriger, durch den Kläger erstrebter gerichtlicher Hinweise stehe. Soweit aufgrund dieser durch den Kläger zu verantwortenden Einschränkung der gerichtlichen Sachaufklärung die Grundlagen der amtsärztlichen Begutachtung teilweise unaufklärbar blieben, gingen hieraus resultierende Unsicherheiten zulasten des Klägers. Die erbetene Schweigepflichtentbindung greife nicht unverhältnismäßig in die Persönlichkeitsrechte des Klägers ein.

Es seien keine belastbaren Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Prognose des Amtsarztes fehlerhaft sei. Die amtsärztliche Stellungnahme vom 25.1.2016 verliere nicht deshalb ihre Aussagekraft, weil die angegebene Diagnose nicht existiere oder der fehlerhaften Kennziffer nach dem ICD-10-Code zugeordnet worden sei. Soweit dort in dem der Diagnose unmittelbar nachfolgenden Klammerzusatz der ICD-10-Code F32.1, dem die Diagnose "mittelgradige depressive Episode" zugeordnet sei, wiedergegeben werde, handele es sich um einen offensichtlichen Schreibfehler. Die Diagnose "leichtgradige depressive Episode" sei auch nicht deswegen unschlüssig, weil der ICD-10 in F32.0 den Begriff "leichte depressive Episode" verwende. Dem Adjektiv "leicht" komme in dem hier interessierenden Zusammenhang kein abweichender Bedeutungsgehalt zu. Die vom Kläger vorgelegten privatärztlichen Atteste begründeten ebenfalls keine Zweifel an der Richtigkeit der Prognoseentscheidung des Amtsarztes. Auch aus der am 8.5.2017 durchgeführten amtsärztlichen Untersuchung im Rahmen eines Einstellungsverfahrens bei der Stadt M. ergebe sich nicht, dass zum maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt am 6.4.2016 mit einer Wiederherstellung seiner Dienstfähigkeit innerhalb der nächsten sechs Monate zu rechnen gewesen sei. Diese Begutachtung sei mehr als ein Jahr nach der der Zurruhesetzung zugrundeliegenden amtsärztlichen Begutachtung erfolgt und gebe damit allenfalls Aufschluss über den Gesundheitszustand des Klägers zum Begutachtungszeitpunkt am 8.5.2017.

Die amtsärztliche Stellungnahme vom 25.1.2016 sei auch als maßgebliche Grundlage für die behördliche Prognoseentscheidung verwertbar gewesen. Sie habe den formellen Anforderungen an eine Dokumentation der Untersuchungsergebnisse einer amtsärztlichen Untersuchung genügt. Es sei weder erforderlich noch zulässig, dass die Übermittlung der Untersuchungsergebnisse an den Dienstherrn in Gestalt eines "Gutachtens" im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 LBG NRW erfolge. Die Darstellung der Ergebnisse in einem Zurruhesetzungsverfahren müsse (nur) alle Angaben enthalten, die für die Entscheidung der personalverwaltenden Stelle erforderlich seien. Dazu zählten insbesondere Angaben zur Art, Intensität und Dauer der Erkrankung, zur Möglichkeit einer späteren Wiederherstellung der Dienstfähigkeit, zur gesundheitlichen Eignung für eine andere Verwendung, zur begrenzten Dienstfähigkeit sowie über Maßnahmen zur Wiederherstellung der Dienstfähigkeit. Diesen Anforderungen werde die amtsärztliche Stellungnahme vom 25.1.2016 gerecht. Es sei hierbei unschädlich, dass der Amtsarzt entgegen § 2 Abs. 3 Satz 1 VO-Begutachtung zur Mitteilung des Ergebnisses seiner Untersuchung nicht das Muster der Anlage 2 verwendet habe.

Der Verwendung der Untersuchungsergebnisse könne der Kläger zudem nicht eine etwaige Rechtswidrigkeit der Untersuchungsanordnung der Beklagten vom 23.11.2015 oder des Untersuchungsauftrags an das Gesundheitsamt des Kreises V. vom selben Tag entgegenhalten. Unterziehe sich der Beamte der Untersuchung, so könne das Gutachten auch dann verwendet werden, wenn sich die Aufforderung als solche bei einer gerichtlichen Prüfung als nicht berechtigt erweise. Eine Ausnahme von diesem Rechtsgrundsatz sei nicht geboten. Der Einwand des Klägers, er habe bei der Untersuchung "nicht gewusst", dass die Fragen des Amtsarztes einer psychiatrischen Untersuchung gedient hätten, und wäre andernfalls der Untersuchungsanordnung nicht nachgekommen, sei nicht nachvollziehbar.

Schließlich erweise sich die streitgegenständliche Zurruhesetzungsverfügung auch nicht deshalb als rechtswidrig, weil die Beklagte nicht ausreichend nach einer anderweitigen Verwendungsmöglichkeit für den Kläger gesucht habe. Eine Suchpflicht habe nicht bestanden, weil die Beklagte zu Recht von einer vollständigen Dienstunfähigkeit des Klägers ausgegangen sei.

Diesen näher begründeten Erwägungen setzt der Kläger mit dem Zulassungsantrag nichts Durchgreifendes entgegen.

1. Ohne Erfolg wendet sich der Zulassungsantrag gegen die Annahme des Verwaltungsgerichts, die unterbliebene Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung sei gemäß § 46 VwVfG NRW unbeachtlich.

Der Kläger geht im Ausgangspunkt zutreffend davon aus, dass die Schwerbehindertenvertretung gemäß der im maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung noch geltenden Bestimmung des § 95 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 68 Abs. 1 SGB IX i. d. F. vom 1.6.2001 (SGB IX a. F.; heute: § 178 Abs. 2 Satz 1 SGB IX) vor der beabsichtigten Zurruhesetzung anzuhören war.

Dies gilt, obwohl der Kläger erst mit Bescheid der Bundesagentur für Arbeit vom 11.4.2016 einem schwerbehinderten Menschen mit Wirkung ab dem Tag des Eingangs seines Antrags (31.3.2016) gleichgestellt worden war und die Beklagte von der rückwirkenden Gleichstellung im Zeitpunkt des Erlasses der Zurruhesetzungsverfügung am 6.4.2016 keine Kenntnis haben konnte. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts wird der mit der Anhörung der Schwerbehindertenvertretung bezweckte Schutz der Schwerbehinderten

- im Folgenden wird aus Gründen der besseren Lesbarkeit auf die gleichzeitige Verwendung der männlichen und weiblichen Sprachform verzichtet und gilt die männliche Sprachform für alle Geschlechter -

und der diesen gleichgestellten Menschen nicht von Amts wegen gewährt. Vielmehr ist aus dem Erfordernis eines Antrages für die Feststellung einer Behinderung und die Ausstellung eines Ausweises über die Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch ebenso wie für die Gleichstellung mit schwerbehinderten Menschen zu schließen, dass der gesetzliche Schutz nicht ohne weiteres eintritt, sondern von dem schwerbehinderten Menschen in Anspruch genommen werden muss. Die allein dem Betroffenen zuerkannte Befugnis, das Feststellungsverfahren in Gang zu setzen, dient dem Schutz seines Persönlichkeitsrechts, das den Status als Schwerbehinderter oder einem Schwerbehinderten Gleichgestellter umfasst. Dem Schutzbedürftigen, der den ihm zustehenden Schutz - aus welchen Gründen auch immer - nicht in Anspruch nehmen will, ist aus diesem Grund der Schutz nicht aus Fürsorgegründen "aufzudrängen". Eine Maßnahme, die vom Dienstherrn in Unkenntnis der Schwerbehinderteneigenschaft des Beamten diesem gegenüber getroffen wird, ist daher nicht wegen einer unterbliebenen Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung rechtswidrig, wenn der Beamte es unterlassen hat, den Dienstherrn von der Schwerbehinderung in Kenntnis zu setzen. Dies gilt nicht erst nach erfolgter Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft oder der Gleichstellung mit schwerbehinderten Menschen, sondern bereits während eines laufenden Antragsverfahrens. Der Beamte muss den Dienstherrn von dem laufenden Antragsverfahren unterrichten, wenn er den mit der Anhörung der Schwerbehindertenvertretung bezweckten Schutz in Anspruch nehmen will. Für diese Fallgestaltung besteht die Möglichkeit der vorsorglichen Anhörung der Schwerbehindertenvertretung auf Antrag des Betroffenen, der der Vorbehalt immanent ist, dass das Verfahren vor der zuständigen Stelle zu einer Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft bzw. zu einer Gleichstellung führt.

Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 17.4.2020 - 2 B 7.20 -, Buchholz 235.2 LDisziplinarG Nr. 74 = juris Rn. 10 f. und vom 7.4.2011 - 2 B 79.10 -, USK 2011, 82 = juris Rn. 5 f.; OVG NRW, Urteil vom 23.10.2019 - 3d A 3489/18.O -, juris Rn. 106.

Letzteres ist hier der Fall. Die Beklagte war gehalten, die Schwerbehindertenvertretung vorsorglich anzuhören, weil der Kläger - nach seinem unwidersprochen gebliebenen Vortrag - die Beklagte bereits am 30.3.2016 von der entsprechenden Antragstellung in Kenntnis gesetzt und damit - zumindest konkludent - zu erkennen gegeben hat, ab diesem Zeitpunkt den gesetzlichen Schutz der Schwerbehinderten und diesen gleichgestellter Menschen in Anspruch nehmen zu wollen.

Der mithin gegebene formelle Mangel war jedoch nach § 46 VwVfG NRW unbeachtlich. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts begründet die unterbliebene Anhörung der Schwerbehindertenvertretung gemäß § 46 VwVfG NRW, der auf das Zurruhesetzungsverfahren Anwendung findet,

vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 13.11.2019 - 2 C 24.18 -, Buchholz 316 § 46 VwVfG Nr 28 = juris Rn. 3, und vom 20.8.2014 - 2 B 78.13 - Buchholz 232.0 § 44 BBG 2009 Nr. 5 = juris Rn. 7,

keinen Aufhebungsanspruch, wenn die Versetzung in den Ruhestand auf der Grundlage hinreichender (amts-)ärztlicher Gutachten erfolgt ist und damit in der Sache keine andere Entscheidung ergehen konnte.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 13.11.2019 - 2 C 24.18 -, a. a. O. Rn. 3, und (vorgehend) VGH Bad.- Württ., Urteil vom 4.9.2018 - 4 S 142/18 -, juris Rn. 49 ff., sowie zu einer Zurruhesetzung auf Grundlage von § 44 Abs. 1 Satz 1 BBG: OVG NRW, Beschluss vom 31.1.2022 - 1 A 4644/19 -, juris Rn. 16 und Bay. VGH, Beschluss vom 26.9.2016 - 6 ZB 16.249 -, juris Rn. 11.

Diese Rechtsprechung lässt sich auf den Streitfall übertragen. Die Voraussetzungen liegen zwar insoweit nicht vor, als die Stellungnahme des Amtsarztes D. vom 25.1.2016 für sich genommen keine tragfähige Grundlage für eine Zurruhesetzung bildet - dazu unter 3. lit. d) -, d. h. ein "hinreichende[s] (amts-)ärztliches Gutachten" im o. g. Sinne nicht darstellt. In der Sache konnte aber gleichwohl keine andere Entscheidung ergehen. Durch die unberechtigte Weigerung, den Amtsarzt von der ärztlichen Schweigepflicht zu entbinden, hat der Kläger im gerichtlichen Verfahren die zur Feststellung seines Gesundheitszustandes erforderliche Beiziehung der beim Gesundheitsamt geführten Krankenakte bzw. Einsicht in das amtliche Gutachten bewusst verhindert mit der Folge, dass im Rahmen freier Beweiswürdigung auf seine Dienstunfähigkeit geschlossen werden kann - dazu unter 3. lit. e) -. Es ist weder vorgetragen noch sonst anzunehmen, dass der Kläger im Verwaltungsverfahren eine hinreichende Schweigepflichtentbindungserklärung abgegeben hätte. Die weitgehenden Einschränkungen und Bedingungen, die in der auf gerichtliche Aufforderung abgegebenen Schweigepflichtentbindungserklärung vom 2.4.2020 enthalten sind, führen vielmehr zu der Annahme, dass eine entsprechende Aufforderung durch die Beklagte beim Kläger auf die gleichen (oder noch größere) Vorbehalte gestoßen wäre. Danach hätte die Beklagte auch dann keine andere Sachentscheidung treffen können, wenn die Schwerbehindertenvertretung - wie vom Kläger angenommen - sich gegen seine Zurruhesetzung ausgesprochen hätte. Für die weitere Annahme des Klägers, der Schwerbehindertenvertretung wäre im Falle ihrer Anhörung "die fehlerhafte ICD-Code-Angabe aufgefallen" und die Beklagte hätte sich auf entsprechenden Hinweis hin möglicherweise veranlasst gesehen, "von der Annahme der Dienstunfähigkeit des Klägers abzusehen und/oder ergänzende hier fachpsychologische Untersuchungen des Klägers und Begutachtungen anzuordnen oder sogar dem Wiedereingliederungsantrag des Klägers zu folgen", fehlt es dagegen an einem tatsächlichen Anhaltspunkt.

2. Vergeblich zieht der Kläger ferner die Feststellung des Verwaltungsgerichts in Zweifel, er könne die gemäß § 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 LPVG erfolgte Beteiligung des Personalrats nicht erfolgreich beanstanden. Der Senat lässt dahinstehen, ob - wie der Kläger meint - dem Personalrat "zumindest das Schreiben des Klägers vom 29.2.2016 [hätte] nachgereicht werden müssen, ebenso auch der Wiedereingliederungsantrag des Klägers", um dem Informationsanspruch des Personalrats aus § 66 Abs. 2 Satz 1 LPVG zu genügen. Denn das Verwaltungsgericht hat selbstständig tragend angenommen, dass eine etwaige Verletzung dieses Informationsanspruchs den Kläger jedenfalls nicht in eigenen Rechten verletzen würde. Diese selbstständig tragende Annahme greift der Kläger mit seinem Zulassungsantrag bereits nicht an. Sie entspricht im Übrigen der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des erkennenden Senats. Danach begründet eine etwaige Verletzung des der Sphäre der Personalvertretung zuzuordnenden, von dieser selbst nicht geltend gemachten weitergehenden Informationsanspruchs nicht die Rechtswidrigkeit der streitgegenständlichen Maßnahme.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 19.8.2004 - 2 B 54.04 -, Buchholz 232 § 31 BBG Nr 62 = juris Rn. 5 und Urteil vom 12.10.1989 - 2 C 22.87 -, BVerwGE 82, 356 = juris Rn. 24; OVG NRW, Beschlüsse vom 16.1.2023 - 6 B 1320/22 -, juris Rn. 18, vom 6.7.2022 - 6 A 2255/21 -, ZfPR online 2022, Nr 4, 21 = juris Rn. 18, vom 16.2.2022 - 6 B 97/21 -, juris Rn. 34, und vom 24.7.2019 - 6 A 696/17 -, NZA-RR 2019, 60 = juris Rn. 23.

3. Auch die Annahme des Verwaltungsgerichts, der Kläger sei im Zeitpunkt des Erlasses der Zurruhesetzungsverfügung am 6.4.2016 dienstunfähig gewesen, hält - im Ergebnis - vor dem Zulassungsantrag Stand.

a) Zunächst ist nicht zu beanstanden, dass der Amtsarzt D. mit seiner Stellungnahme vom 25.1.2016 der Beklagten (nur) das Ergebnis der Untersuchung des Klägers am 5.1.2016 mitgeteilt hat.

Aus Gründen der begrifflichen Klarheit wird die Stellungnahme des Amtsarztes D. vom 25.1.2016 im Folgenden "Ergebnismitteilung" bezeichnet.

Den personalverwaltenden Stellen darf - dazu noch näher unter lit. d) - gemäß § 2 Satz 1 der auf der Grundlage des § 24 Abs. 5 GDSG NRW erlassenen Verordnung über die amtliche Begutachtung der unteren Gesundheitsbehörden für den öffentlichen Dienst i. d. F. vom 5.4.2005 (GV. NRW. S. 414; im Folgenden: VO-Begutachtung) in der Regel nur die Darstellung der Ergebnisse der Untersuchung und dabei festgestellte Risikofaktoren, die die Dienstfähigkeit beeinträchtigen, aus den Gutachten vorgelegt werden. Aus § 2 Abs. 4 Satz 2 VO-Begutachtung ("Das Gutachten und die Mitteilung [...]", Herv. nur hier) folgt, dass von dieser Ergebnismitteilung das ihr zugrunde liegende amtliche Gutachten im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 3 VO-Begutachtung zu unterscheiden ist. Dieses amtliche Gutachten selbst findet regelmäßig keinen Eingang in das Zurruhesetzungsverfahren.

b) Dass der Amtsarzt für die Mitteilung des Untersuchungsergebnisses nicht das Muster der Anlage 2 zur VO-Begutachtung verwandt hat, führt - anders als der Kläger zu meinen scheint - für sich genommen nicht zur "Ungeeignetheit" der Stellungnahme vom 25.1.2016. Ein etwaiger Verstoß gegen die Formvorschrift des § 2 Abs. 3 Satz 1 VO-Begutachtung wäre für die Entscheidung über die Zurruhesetzung wegen Dienstunfähigkeit ohne Einfluss und nach dem Rechtsgedanken des § 46 VwVfG NR unbeachtlich.

c) Vor dem Hintergrund, dass das amtliche Gutachten selbst (in seiner Langfassung) den genannten datenschutzrechtlichen Bestimmungen zufolge in der Regel keinen Eingang in das Zurruhesetzungsverfahren findet, ist nicht nachvollziehbar, wenn der Kläger dem Verwaltungsgericht entgegenhält, es stelle "die (unbegründete) Vermutung auf, dass über die Stellungnahme hinaus ein Gutachten in dem Aktenvorgang des Gesundheitsamtes [...] vorhanden sei." Es besteht im Gegenteil kein Grund zu der Annahme, dass der Amtsarzt entgegen des ihm erteilten Untersuchungsauftrags und seiner gesetzlichen Verpflichtung aus § 34 Abs. 1 Satz 1 LBG NRW, § 2 Abs. 1 Satz 3 VO-Begutachtung ein amtliches Gutachten nicht erstellt hat. Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang vorbringt, "er [habe] bei seiner Akteneinsicht beim Gesundheitsamt des Kreises V. festgestellt [...], dass sich in der Akte kein Gutachten" befunden habe, muss er sich entgegen halten lassen, die vom Verwaltungsgericht beabsichtigte Beiziehung seiner Krankenakte verhindert zu haben mit der Folge, dass etwaige Zweifel hinsichtlich des Vorliegens eines Gutachtens zu seinen Lasten gehen - dazu unter lit. e) und 4. Im Übrigen erscheint naheliegend, dass es sich bei dem - vom Kläger auf Seite 10 seines Schriftsatzes vom 30.4.2019 erwähnten - "in der Akte befindlichen Vermerk vom 12.1.2016" um das amtliche Gutachten handelt.

d) Bereits auf seinen Einwand hin, der Amtsarzt habe eine Dienstunfähigkeit "nicht plausibel [...] dargestellt", ist dem Kläger allerdings zuzugeben, dass die Ergebnismitteilung vom 25.1.2016 für sich genommen keine tragfähige Grundlage für eine Zurruhesetzung bildet, weshalb sich eine Auseinandersetzung mit den weiteren Einwänden des Klägers gegen die Ergebnismitteilung erübrigt.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts muss ein ärztliches Gutachten, um Grundlage für eine vorzeitige Zurruhesetzung zu sein, die medizinischen Befunde und Schlussfolgerungen so plausibel und nachvollziehbar darlegen, dass die zuständige Behörde auf dieser Grundlage entscheiden kann, ob der Beamte zur Erfüllung der Dienstpflichten seines (abstrakt-funktionellen) Amtes dauernd unfähig ist. Es muss nicht nur das Untersuchungsergebnis mitteilen, sondern auch die das Ergebnis tragenden Feststellungen und Gründe enthalten, soweit deren Kenntnis für die Behörde unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes für die zu treffende Entscheidung erforderlich ist. Es muss darüber hinaus auch in medizinischer Hinsicht die erforderlichen tatsächlichen Grundlagen dafür liefern, dass der Dienstherr darüber entscheiden kann, ob der Beamte anderweitig auf einem anderen (und ggf. wie beschaffenen) Dienstposten verwendbar ist.

St. Rspr., vgl. nur BVerwG, Urteile vom 7.7.2022 - 2 A 4.21 -, NVwZ 2022, 1916 = juris Rn. 48, und vom 16.11.2017 - 2 A 5.16 -, Buchholz 232.0 § 44 BBG 2009 Nr. 12 = juris Rn. 23 m. w. N; OVG NRW, Urteil vom 8.4.2020 - 6 A 48/19 -, juris Rn. 17, und Beschluss vom 29.4.2020 - 6 B 122/20 -, juris Rn. 10.

In Nordrhein-Westfalen bestehen Regelungen zum Umfang der aufgrund einer amtsärztlichen Untersuchungen der Behörde zu übermittelnden Angaben in § 24 Abs. 3 und Abs. 5 GDSG NRW i. V. m. § 2 Abs. 2 Sätze 2 bis 6 VO-Begutachtung.

Im Bund und in anderen Ländern finden sich vergleichbare Bestimmungen zum Teil in den Beamtengesetzen, vgl. etwa § 48 Abs. 2 BBG.

Nach § 24 Abs. 3 GDSG NRW darf die die Untersuchung veranlassende Stelle in der Regel nur die Übermittlung des Ergebnisses der Untersuchung und dabei festgestellter Risikofaktoren verlangen. Die Weitergabe von Einzelergebnissen der Anamnese, der Untersuchung, von ergänzenden Befunden und Diagnosen an die die Untersuchung veranlassende öffentliche Stelle ist zulässig, soweit deren Kenntnis zur Entscheidung über die konkrete Maßnahme, zu deren Zweck die Untersuchung durchgeführt worden ist, erforderlich ist. Nach § 2 Abs. 2 Sätze 2 bis 6 VO-Begutachtung muss die Darstellung der Ergebnisse schlüssig und für die personalverwaltende Stelle aus sich heraus verständlich sein. Auf den in dem Auftrag bezeichneten Untersuchungszweck sowie auf die im Einzelfall dargelegten weiteren besonderen Anforderungen ist einzugehen. Die Darstellung der Ergebnisse in einem Zurruhesetzungsverfahren muss außerdem alle Angaben enthalten, die für die Entscheidung der personalverwaltenden Stelle erforderlich sind. Dazu zählen insbesondere Angaben zur Art, Intensität und Dauer der Erkrankung, zur Möglichkeit einer späteren Wiederherstellung der Dienstfähigkeit, zur gesundheitlichen Eignung für eine andere Verwendung, zur begrenzten Dienstfähigkeit sowie über Maßnahmen zur Wiederherstellung der Dienstfähigkeit. Bei uneingeschränkter Dienstfähigkeit reicht es aus, diese zu bescheinigen. Nach § 2 Abs. 3 Sätze 3 und 4 VO-Begutachtung ist die Weitergabe von Einzelangaben, die über das Muster der Anlagen 2 bzw. 3 hinausgehen, allerdings nur ausnahmsweise zulässig, wenn die personalverwaltende Stelle dies im Einzelfall begründet und dabei darlegt, aus welchen Gründen diese Angaben benötigt werden. Die Verantwortung für die Datenübermittlung im Einzelfall liegt dann bei den untersuchenden Ärzten.

Es kann im Streitfall auf sich beruhen, ob und ggf. inwieweit diese Vorgaben - insbesondere diejenigen des § 2 Abs. 2 Sätze 2 bis 6 und Abs. 3 Sätze 3 und 4 VO-Begutachtung - sich von den dargestellten Anforderungen unterscheiden, die das Bundesverwaltungsgericht in diesem Zusammenhang an ein ärztliches Gutachten stellt, und was hieraus ggf. rechtlich folgt. Etwaige Abweichungen kommen hier nicht zum Tragen, weil die Ergebnismitteilung vom 25.1.2016 für sich genommen weder den Anforderungen des Bundesverwaltungsgerichts an ein ärztliches Gutachten im Zurruhesetzungsverfahren noch den Vorgaben in § 2 Abs. 2 Sätze 2 bis 6 VO-Begutachtung genügt. Die Ergebnismitteilung ist nicht plausibel im o. g. Sinne bzw. nicht schlüssig gemäß § 2 Abs. 2 Satz 2 VO-Begutachtung. Die Diagnose einer "leichtgradigen depressiven Episode (ICD-10: F32.1)", bei der es sich um einen offensichtlichen Schreibfehler handelt,

vgl. dazu bereits OVG NRW, Beschluss (gleichen Rubrums) vom 10.10.2018 - 6 B 988/18 -, juris Rn. 11,

entspricht bei verständiger Auslegung einer leichten depressiven Episode (ICD-10: F 32.0). Denn dem in Worten ausgedrückten medizinischen Befund kommt Vorrang vor dem Klammerzusatz zu, der - als aus Buchstaben und Zahlen bestehende Kennung - für einen Fehler aus Unachtsamkeit eher anfällig ist. Dieser Befund lässt sich mit der vom Amtsarzt weiter festgestellten dauernden Dienstunfähigkeit des Klägers und den hierzu angeführten Krankheitszeichen nicht ohne weiteres in Übereinstimmung bringen. Zum einen macht die Ergebnismitteilung nicht nachvollziehbar, warum trotz einer (nur) leichten episodischen Erkrankung mit einer Wiederherstellung der Dienstfähigkeit nicht vor einem Jahr zu rechnen sein soll. Zum anderen ist der von einer leichten depressiven Episode betroffene Patient - nach den Erläuterungen zur ICD-10: F 32.0 - oft weiter in der Lage, die meisten Aktivitäten fortzusetzen. Es tritt hinzu, dass sich jedenfalls nicht alle der vom Amtsarzt aufgeführten Krankheitszeichen in den o. g. Erläuterungen der typischen Symptome einer depressiven Episode wiederfinden. Vor diesem Hintergrund wären nähere Ausführungen zu erwarten gewesen, ob und ggf. inwieweit der Kläger zur Erfüllung der Dienstpflichten dauernd unfähig ist. Auch dies lässt die Ergebnismitteilung vom 25.1.2016 vermissen.

e) Es ist jedoch nicht zu beanstanden, dass das Verwaltungsgericht im Rahmen freier Beweiswürdigung auf die Dienstunfähigkeit des Klägers geschlossen hat.

Nach einem aus § 444 ZPO abgeleiteten allgemeinen Rechtsgrundsatz kann die rechtsgrundlose Verweigerung der Aufklärung im Zurruhesetzungsverfahren zum Nachteil des betroffenen Beamten gewertet werden. Danach kann im Rahmen freier Beweiswürdigung auf die Dienstunfähigkeit geschlossen werden, wenn der Beamte durch sein Verhalten die Feststellung seines Gesundheitszustandes bewusst verhindert. Die Verpflichtung, sich zur Nachprüfung der Dienstfähigkeit ärztlich untersuchen zu lassen, ginge ins Leere, wenn aus einer unberechtigten Weigerung keine Rückschlüsse gezogen werden könnten. Diese Grundsätze gelten nicht nur für die Verweigerung der Untersuchung als solcher, sondern auch für die Verweigerung der Mitwirkung bei der Untersuchung oder ihrer Verwertung im Nachhinein, etwa für die Verweigerung einer gebotenen Entbindung von der Schweigepflicht.

Vgl. in einem entsprechenden Fall: VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 27.2.2020 - 4 S 807/19 -, juris Rn. 36 und Bay. VGH, Urteil vom 18.12.2019 - 3 B 19.2054 -, juris Rn. 39 ff.; zur Verweigerung einer angeordneten ärztlichen Untersuchung: BVerwG, Beschlüsse vom 27.4.2016 - 2 B 23.15 -, juris Rn. 27, und vom 21.2.2014 - 2 B 24.12 -, IÖD 2014, 100 = juris Rn. 11; OVG NRW, Beschluss vom 17.6.2010 - 6 A 2903/09 -, NVwZ-RR 2010, 694 = juris Rn. 6 unter Hinweis u. a. auf BVerwG, Urteil vom 18.9.1997 - 2 C 33.96 -, ZBR 1998, 203 = juris Rn. 21; zum Problem der Beweisvereitelung allgemein: Rixen in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Auf. 2018, § 108 Rn. 142 ff. (152) m. w. N.

So liegen die Dinge hier. Der Kläger weckt mit seinem Zulassungsvorbringen keine Zweifel an der Feststellung des Verwaltungsgerichts, eine weitergehende rechtliche Überprüfung der amtsärztlichen Feststellungen durch Würdigung der vom Amtsarzt erstellten und seiner Stellungnahme zugrunde liegenden Dokumentation bleibe der Kammer aufgrund seines prozessualen Verhaltens verwehrt.

(1.) Die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass zum Zweck der Beiziehung der Krankenakte eine Entbindung des Amtsarztes von der ärztlichen Schweigepflicht - in der eine ggf. darüber hinaus notwendige Einwilligung in die Datenübermittlung hätte gesehen werden können -

vgl. zum Verhältnis von Gesundheitsdatenschutz und ärztlicher Schweigepflicht: Kühling, MedR 2019, 611 (619), und Buchner/Schwichtenberg, GuP 2016, 218 (223 f.), jeweils m. w. N.,

erforderlich war, zieht der Zulassungsantrag nicht in Zweifel, so dass kein Anlass zur Auseinandersetzung mit der Frage gegeben ist.

(2.) Er macht auch nicht erkennbar, dass die Beiziehung des Gutachtens (in seiner Langfassung) über das erforderliche Maß hinausginge.

Nach § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO hat das Gericht den entscheidungserheblichen Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln. Fehlt dem Gericht die hierfür erforderliche Sachkunde, muss es sachverständige Hilfe in Anspruch nehmen. Kommt es maßgeblich auf den Gesundheitszustand eines Menschen an, ist daher regelmäßig die Inanspruchnahme ärztlicher Fachkunde erforderlich. Für die entscheidungserheblichen medizinischen Fachfragen im Zurruhesetzungsverfahren gibt es keine eigene, nicht durch entsprechende medizinische Auskünfte und Sachverständigengutachten vermittelte Sachkunde des Richters.

Vgl. etwa BVerwG, Beschlüsse vom 16.4.2020 - 2 B 5.19 -, ZBR 2021, 56 = juris Rn. 21, und vom 26.5.2014 - 2 B 69.12 -, NJW 2014, 2971 = juris Rn. 10; OVG NRW, Urteil vom 3.2.2015 - 6 A 371/12 -, juris Rn. 115.

Insoweit ist allerdings die strikte Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit verfassungsrechtlich geboten, weil Angaben eines Arztes über Anamnese, Diagnose und therapeutische Maßnahmen an dem Schutz teilnehmen, den das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG dem Einzelnen vor dem Zugriff der öffentlichen Gewalt gewährt. Dieses Grundrecht schützt vor der Erhebung und Weitergabe von Befunden über den Gesundheitszustand, die seelische Verfassung und den Charakter. In diesen grundrechtlichen Schutzbereich wird eingegriffen, wenn der Betroffene zu einer unverhältnismäßigen, weil zu weit gehenden Schweigepflichtentbindung verpflichtet wird. Diese Grundrechtsbetroffenheit ist insbesondere bei Untersuchungen auf psychische Erkrankungen gegeben.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 26.5.2014 - 2 B 69.12 -, a. a. O. Rn. 13 m. w. N.

Dies zugrunde gelegt ist das Verwaltungsgericht zu Recht von der Erforderlichkeit ausgegangen, die beim Gesundheitsamt geführte Krankenakte des Klägers beizuziehen, um das amtliche Gutachten in Einsicht nehmen zu können. Dabei ist klarzustellen, dass die Krankenakte im Streitfall - soweit bekannt - im Wesentlichen aus dem Gutachten in seiner Langfassung bestanden hat. Denn es hat nur eine Untersuchung des Klägers durch D. stattgefunden; davon, dass die Akte beigezogene Unterlagen anderer Ärzte beinhaltet, ist nicht auszugehen, weil der Kläger gerade beanstandet, dass der Amtsarzt auf die Beiziehung verzichtet habe. Die Ergebnismitteilung vom 25.1.2016 hat dem Verwaltungsgericht - wie oben ausgeführt - für sich genommen aufgrund ihrer Mängel nicht die erforderliche Sachkunde vermitteln können. Vor dem Hintergrund, dass der Kläger der Ergebnismitteilung die Eignung als Grundlage seiner Zurruhesetzung prinzipiell abgesprochen und darüber hinaus sogar das Vorliegen eines amtlichen Gutachtens in Zweifel gezogen hat, hätte ein Nachfordern weiterer Einzelangaben - was jedenfalls der Beklagten gemäß § 2 Abs. 3 Sätze 3 und 4 VO-Begutachtung möglich gewesen wäre - nicht zum Ziel geführt. Vielmehr durfte das Verwaltungsgericht annehmen, dass sich die mangelnde Plausibilität bzw. Schlüssigkeit der Ergebnismitteilung (nur) durch Einsichtnahme in das amtliche Gutachten würde beheben lassen.

Der Zulassungsantrag macht auch im Übrigen eine Unverhältnismäßigkeit nicht erkennbar und lässt insbesondere eine Auseinandersetzung mit der Annahme des Verwaltungsgerichts vermissen, dass der Umfang der durch die erbetene Schweigepflichtentbindung offenbarten Informationen des Klägers über seinen Gesundheitszustand begrenzt und überschaubar sei und auch nur solche Gesundheitsdaten offen zu legen seien, die durch einen Arzt zu einem bestimmten Zeitpunkt erhoben worden seien und einen engen Zusammenhang zum Streitgegenstand aufwiesen. Soweit der Kläger dem Verwaltungsgericht vorhält, "die Beweislast hinsichtlich des Vorliegens eines aussagefähigen Gutachtens und einer entsprechenden belastbaren amtsärztlichen Stellungnahme nicht bei der Beklagten" festgemacht zu haben, verkennt er, dass das Verwaltungsgericht im Rahmen freier Beweiswürdigung auf seine dauernde Dienstunfähigkeit geschlossen hat, d. h. gerade nicht davon ausgegangen ist, die Dienstfähigkeit des Klägers ließe sich nicht aufklären (sog. non liquet) und eine Entscheidung sei nach Verteilung der (materiellen) Beweislast zu treffen.

(3.) Der Kläger zieht auch nicht in Zweifel, dass er durch seine Weigerung, den Amtsarzt von der ärztlichen Schweigepflicht zu entbinden, die Beiziehung der Krankenakte bzw. Einsichtnahme des amtlichen Gutachtens bewusst verhindert hat.

Das Verwaltungsgericht hat den Kläger mehrfach aufgefordert, "eine Schweigepflichtentbindungserklärung [...] bezüglich [den Amtsarzt] betreffend sämtlicher seiner Begutachtung vom 25.1.2016 zugrunde liegenden medizinischen Unterlagen (inklusive der Dokumentation seiner Begutachtung) gegenüber dem Gericht und der Beklagten zu überreichen, da das Gericht beabsichtig[e], die betreffende Gesundheitsakte beizuziehen". Die schließlich erklärte Schweigepflichtentbindung vom 2.4.2020 lässt die Beiziehung indessen nicht zu. Die Entbindung erstreckt sich ausdrücklich "nicht auf den Inhalt der beim Gesundheitsamt des Kreises V. geführten Akte" und erlaubt nur eine zeugenschaftliche Vernehmung des Amtsarztes zu einem vom Kläger eingegrenzten Beweisthema. Dessen inhaltliche Reichweite bleibt zudem unklar. So soll der Amtsarzt "nur Fragen beantworten und Erklärungen abgeben [dürfen], die sich auf eine allgemeine amtsärztliche Untersuchung, nicht jedoch auf eine [...] psychiatrische amtsärztliche Untersuchung beziehen". Schließlich steht die Schweigepflichtentbindungserklärung unter u. a. den Bedingungen, "dass der Amtsarzt [...] mindestens eine Woche vor der bevorstehenden Zeugenaussage gegenüber [dem Kläger] schriftlich nachweist, dass er die fachliche Qualifikation besitzt, die [...] allgemeine amtsärztliche Untersuchung vorzunehmen" und das Verwaltungsgericht dem Kläger weitere schriftliche Hinweise erteilt.

4. Den mit dem Zulassungsantrag vorgebrachten Zweifeln an der Rechtmäßigkeit der Untersuchungsanordnung braucht der Senat nicht weiter nachzugehen. Wie bereits das Verwaltungsgericht zutreffend festgestellt hat, ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts das Ergebnis einer durchgeführten Untersuchung unabhängig von der Rechtmäßigkeit der Untersuchungsaufforderung verwertbar.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 14.3.2019 - 2 VR 5.18 -, BVerwGE 165, 65 = juris Rn. 34, und Urteil vom 26.4.2012 - 2 C 17.10 -, IÖD 2012, 170 = juris Rn. 18; OVG NRW, Beschluss vom 10.10.2018 - 6 B 988/18 -, juris Rn. 15.

Das Monitum, es liege "in der Verwaltungs- und Gerichtsakte kein Gutachten" vor und es bestehe somit auch "kein Raum, die Rechtswidrigkeit der Gutachtenanordnung durch Berufung auf ein eingeholtes und in der Akte befindliches Gutachten zu heilen", geht demnach von vornherein ins Leere, weil die Notwendigkeit der Heilung nicht bestand. Im Übrigen muss der Kläger sich - wie bereits ausgeführt - entgegen halten lassen, die vom Verwaltungsgericht beabsichtigte Beiziehung seiner beim Gesundheitsamt geführten Krankenakte verhindert zu haben mit der Folge, dass etwaige Zweifel hinsichtlich des Vorliegens eines Gutachtens zu seinen Lasten gehen.

5. Auch der Einwand, dass die Beklagte es versäumt habe zu prüfen, "ob eine geringwertigere Tätigkeit des Klägers und damit eine anderweitige Verwendung möglich" sei, verfängt nicht. Die Suchpflicht gemäß § 26 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 und 3 BeamtStG kommt im Einzelfall nur dann zum Tragen, wenn bei dem betroffenen Beamten in gesundheitlicher Hinsicht noch ein ausreichendes Restleistungsvermögen vorhanden ist. Kann er dagegen voraussichtlich keinerlei Dienst in einem seiner oder einer anderen Laufbahn zugehörigen Amt mehr leisten oder wären dabei erhebliche Fehlzeiten zu erwarten, so entfällt die Suchpflicht.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 5.6.2014 - 2 C 22.13 -, BVerwGE 150, 1 = juris Rn. 35; OVG NRW, Beschluss vom 15.12.2022 - 6 A 1576/20 -, juris Rn. 15.

Von letzterem ist hier auszugehen. Der Amtsarzt hat auch eine "Teildienstfähigkeit", d. h. eine auch nur begrenzte Dienstfähigkeit, verneint. Etwaige Zweifel gehen wiederum aus den dargelegten Gründen zu Lasten des Klägers. Vor diesem Hintergrund ist nicht zu beanstanden, dass die Beklagte angenommen hat, eine anderweitige Verwendung sei nicht zu prüfen gewesen.

6. Anhaltspunkte dafür, dass - wie der Kläger meint - "die Beklagte keine eigene Betrachtung und keine eigene Entscheidung herbeigeführt" habe, bestehen nicht. Der Inhalt des internen Vermerks vom 4.2.2016 ("Der Beamte ist in den Ruhestand zu versetzen!") und der Zurruhesetzungsverfügung ("Somit verblieb nach Wertung aller Umstände einzig die Versetzung in den Ruhestand [...]") tragen nicht ansatzweise den vom Kläger gezogenen Schluss, die Beklagte habe "ohne weitere Prüfung die Vorgaben [des Amtsarztes] übernommen" bzw. sich "schon frühzeitig offensichtlich selbst gebunden". Dass die Beklagte sich des Amtsarztes als sachverständigen Helfer bedient hat, um sich die medizinische Sachkunde vermitteln zu lassen, und seiner Feststellung einer dauernden Dienstunfähigkeit des Klägers im Ergebnis beigetreten ist, ist nicht zu beanstanden.

II. Die Rechtssache weist auch keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten auf (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO). Dies wäre nur dann der Fall, wenn die Angriffe des Klägers gegen die Tatsachenfeststellungen oder die rechtlichen Würdigungen, auf denen das angefochtene Urteil beruht, begründeten Anlass zu Zweifeln an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung gäben, die sich nicht ohne Weiteres im Zulassungsverfahren klären ließen, sondern die Durchführung eines Berufungsverfahrens erfordern würden. Das ist nach den obigen Ausführungen nicht der Fall und durch den Kläger mit Hinweis auf den "Umfang der gewechselten Schriftsätze" auch im Übrigen nicht dargelegt.

III. Aus dem Zulassungsantrag ergibt sich auch die (sinngemäß) geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (Zulassungsgrund gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) nicht.

Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine im Berufungsverfahren klärungsbedürftige und für die Entscheidung dieses Verfahrens erhebliche Rechts- oder Tatsachenfrage aufwirft, deren Beantwortung über den konkreten Fall hinaus wesentliche Bedeutung für die einheitliche Anwendung oder Weiterentwicklung des Rechts hat. Dabei ist zur Darlegung dieses Zulassungsgrundes die Frage auszuformulieren und substantiiert auszuführen, warum sie für klärungsbedürftig und entscheidungserheblich gehalten und aus welchen Gründen ihr Bedeutung über den Einzelfall hinaus zugemessen wird.

Der Zulassungsantrag genügt diesen Anforderungen nicht. Die von ihm aufgeworfene Frage,

"ob eine dem Dienstvorgesetzten obliegende materielle Beweislast für das Vorliegen eines amtsärztlichen Gutachtens dadurch eingeschränkt wird, dass der von der Zurruhesetzung betroffene Beamte keine uneingeschränkte Schweigepflichtentbindung im Verwaltungsstreitverfahren erklärt und ob dies sogar zu einer offensichtlich vom Verwaltungsgericht Gelsenkirchen angenommenen Umkehr der Beweislast führt",

wäre in einem Berufungsverfahren nicht entscheidungserheblich, weil - wie oben ausgeführt - das Verwaltungsgericht gerade nicht davon ausgegangen ist, die Dienstfähigkeit des Klägers ließe sich nicht aufklären (sog. non liquet) und eine Entscheidung sei nach Verteilung der (materiellen) Beweislast zu treffen. Dass im Rahmen freier Beweiswürdigung auf die Dienstunfähigkeit geschlossen werden kann, wenn der Beamte durch sein Verhalten die Feststellung seines Gesundheitszustandes bewusst verhindert, ist in dem oben dargelegten Sinne geklärt.

IV. Schließlich ist auch das Vorliegen eines Verfahrensmangels im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO nicht dargetan.

1. Ohne Erfolg macht der Kläger eine Verletzung seines Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs geltend.

a) Für einen Verstoß gegen § 104 Abs. 1 VwGO gibt der Zulassungsantrag nichts her.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts folgt aus dem Anspruch auf rechtliches Gehör auch in der Ausprägung, die er in §§ 86 Abs. 3, § 104 Abs. 1 VwGO gefunden hat, keine Pflicht des Gerichts zur umfassenden Erörterung aller entscheidungserheblichen Gesichtspunkte. Der Umfang der tatsächlichen und rechtlichen Erörterungen ist an der jeweiligen konkreten Sachlage auszurichten und schließt ein, dass der Vorsitzende im Interesse der Übersichtlichkeit der Verhandlung die Erörterung auf Schwerpunkte beschränken darf. Das Gericht ist nicht verpflichtet, mit den durch einen Rechtsanwalt vertretenen Beteiligten ein erschöpfendes Rechtsgespräch über alle von der Streitsache berührten oder für die Entscheidung der Streitsache erheblichen Rechtsfragen zu führen, wenn bereits hinreichend Gelegenheit bestand, zu bestimmten Gesichtspunkten Stellung zu nehmen oder diese sonst auf der Hand liegen. Insbesondere muss das Gericht die Beteiligten nicht vorab auf seine Rechtsauffassung oder die beabsichtigte Würdigung des Prozessstoffs hinweisen, weil sich die tatsächliche und rechtliche Würdigung regelmäßig erst aufgrund der abschließenden Beratung ergibt. Etwas anderes gilt allerdings dann, wenn das Gericht einen bis dahin nicht erörterten rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt zur Grundlage seiner Entscheidung macht und damit dem Rechtsstreit eine Wendung gibt, mit welcher auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Prozessverlauf - selbst unter Berücksichtigung der Vielfalt vertretbarer Rechtsauffassungen - nicht zu rechnen brauchte.

Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 4.7.2013 - 9 A 7.13 -, Buchholz 310 § 104 VwGO Nr. 36 = juris Rn. 10, und vom 24.10.2011 - 9 B 12.11 -, juris Rn. 15 m. w. N.

Nicht weiter führt danach der Einwand des Klägers, dass "das Gericht insbesondere die Rechtslage mit keinem Wort angesprochen" habe. Soweit damit die Erwartung anklingt, dass der Vorsitzende ein erschöpfendes Rechtsgespräch über alle von der Streitsache berührten oder für die Entscheidung der Streitsache erheblichen Rechtsfragen zu führen habe, missversteht der Kläger die Aufgabe einer Erörterung in rechtlicher Hinsicht, die die Beteiligten vor allem vor einer sog. Überraschungsentscheidung schützen soll. Im Übrigen fehlt es an Ausführungen dazu, dass und aufgrund welcher Zusammenhänge das Urteil auf dem geltend gemachten Mangel beruhen kann, wie § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO erfordert.

b) Die weitere Andeutung, das Verwaltungsgericht habe "tatsächliches Vorbringen des Klägers nicht zur Kenntnis genommen bzw. bei der Entscheidung nicht erwogen", bleibt völlig substanzlos. Besondere Umstände, die deutlich machen, dass tatsächliches Vorbringen eines Beteiligten entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei der Entscheidung nicht erwogen worden ist,

vgl. BVerfG, Urteil vom 8.6.1997 - 1 BvR 1621/94 -, BVerfGE 96, 205 = juris Rn. 43 f., und Beschluss vom 19.5.1992 - 1 BvR 986/91 -, BVerfGE 86, 133 = juris Rn. 39 m. w. N.; BVerwG, Beschlüsse vom 26.10.2022 - 1 B 63.22 -, juris Rn. 4, und vom 5.2.1999 - 9 B 797.98 -, juris Rn. 3; OVG NRW, Beschlüsse vom 24.11.2022 - 6 A 487/20 -, juris Rn. 19, vom 12.4.2021 - 6 A 1901/20 -, juris, Rn. 18,

sind mit dem Hinweis auf "nachstehendes Vorbringen" bereits nicht dargelegt und im Übrigen auch nicht ersichtlich.

c) Wiederum ohne Erfolg macht der Kläger geltend, das Verwaltungsgericht habe die - ausweislich des Protokolls - in der mündlichen Verhandlung gestellten Hilfsbeweisanträge zu 1. bis 4. sowie 6. und 7. rechtsfehlerhaft abgelehnt (die Ablehnung des Hilfsbeweisantrags zu 5. wird mit dem Zulassungsantrag nicht angegriffen).

Dabei kann dahinstehen, ob mit einem - wie hier - nur hilfsweise gestellten Beweisantrag lediglich die weitere Erforschung des Sachverhalts nach § 86 Abs. 1 VwGO angeregt wird, deren Ablehnung grundsätzlich nur mit der Aufklärungsrüge angegriffen werden kann,

vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 1.12.2022 - 7 B 18.22 -, juris Rn. 7, und vom 20.1.2022 - 6 B 9.21 -, juris Rn. 4, und vom 7.1.2021 - 1 B 48.20 -, juris Rn. 8,

oder ob der Umstand, dass ein Beweisantrag nur hilfsweise, aber nicht unbedingt gestellt worden ist, das Gericht lediglich von der verfahrensrechtlichen Pflicht des § 86 Abs. 2 VwGO entbindet, über den Beweisantrag vorab durch Beschluss zu entscheiden, nicht aber von den sonst für die Behandlung von Beweisanträgen geltenden verfahrensrechtlichen Bindungen, wenn sie sich als erheblich erweisen.

Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 7.11.2022 - 1 B 64.22 -, juris Rn. 4 und vom 24.9.2012 - 5 B 30.12 -, juris Rn. 4, unter Hinweis auf BVerfG, Beschluss vom 22.9.2009 - 1 BvR 3501/08 -, juris.

Auch im letzteren Fall führt die Ablehnung eines Beweisantrags nur dann zu einer Verletzung des Rechts auf rechtliches Gehör, wenn die unter Beweis gestellte Tatsachenbehauptung nach dem Rechtsstandpunkt des entscheidenden Gerichts erheblich ist und die Nichtberücksichtigung des Beweisangebots im Prozessrecht keine Stütze findet.

Vgl. nur BVerwG, Beschluss vom 7.11.2022 - 1 B 64.22 -, a. a. O. Rn. 4.

Diese Voraussetzungen sind durch den Zulassungsantrag nicht dargelegt.

Den Hilfsbeweisanträgen zu 1. und 4., die auf Beweis der (negativen) Tatsache gerichtet sind, dass der Amtsarzt kein psychiatrisches Gutachten erstellt hat bzw. sich in der Krankenakte kein solches Gutachten befindet, hätte das Verwaltungsgericht auch dann nicht nachgehen müssen, wenn sie - wie der Zulassungsantrag klarstellt - (nur) auf das tatsächliche Erstellen und Vorhandensein einer verschriftlichten Äußerung des Amtsarztes bzw. deren Fehlen gerichtet sind. Weil - wie oben ausgeführt - für den Wahrheitsgehalt der Beweistatsache nicht wenigstens eine gewisse Wahrscheinlichkeit spricht, d. h. sie mit anderen Worten ohne greifbare Anhaltspunkte willkürlich "aus der Luft gegriffen", "ins Blaue hinein", also "erkennbar ohne jede tatsächliche Grundlage" behauptet wird, handelt es sich bei den Hilfsbeweisanträgen zu 1. und 4. um Ausforschungs- und Beweisermittlungsanträge. Im Übrigen verhält sich der Kläger mit Stellung der Hilfsbeweisanträge zu 1. und 4. insoweit selbstwidersprüchlich, als die Anträge auf Ausforschung einer Tatsache gerichtet sind, deren Aufklärung durch das Verwaltungsgericht der Kläger zuvor bewusst verhindert hat.

Die mit dem Hilfsbeweisantrag zu 2. beantragte Einholung eines (weiteren) Sachverständigengutachtens zu der Frage, ob der Kläger im Zeitpunkt seiner amtsärztlichen Untersuchung und der Zurruhesetzung dauerhaft dienstunfähig war, ist nach den obigen Ausführungen nicht veranlasst.

Über die Einholung eines weiteren Gutachtens entscheidet das Gericht nach seinem Ermessen (§ 98 VwGO i. V. m. § 412 Abs. 1 ZPO). Die unterlassene Einholung zusätzlicher Gutachten kann deshalb nur dann verfahrensfehlerhaft sein, wenn die vorliegenden Gutachten ihren Zweck nicht zu erfüllen vermögen, dem Gericht die zur Feststellung des entscheidungserheblichen Sachverhalts erforderliche Sachkunde zu vermitteln und ihm dadurch die Bildung der für die Entscheidung notwendigen Überzeugung zu ermöglichen. Liegen dem Gericht bereits sachverständige Äußerungen zu einem Beweisthema vor, muss es ein zusätzliches Gutachten nur einholen, wenn die vorhandene Stellungnahme von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, inhaltliche Widersprüche oder fachliche Mängel aufweist oder Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde oder Unparteilichkeit des Gutachters besteht.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 16.4.2020 - 2 B 5.19 -, a. a. O. Rn. 22.

Wegen der durch den Kläger bewusst verhinderten Beiziehung seiner Krankenakte lässt sich nicht feststellen, dass das amtliche Gutachten entweder den Anforderungen nicht genügt, die das Bundesverwaltungsgericht an ein ärztliches Gutachten als Grundlage für eine vorzeitige Zurruhesetzung stellt, oder sonst seinen Zweck nicht zu erfüllen vermag, dem Gericht die zur Feststellung des entscheidungserheblichen Sachverhalts erforderliche Sachkunde zu vermitteln. Diese Zweifel gehen zu Lasten des Klägers. Aus gleichen Gründen erübrigt sich - ungeachtet der Geeignetheit des Beweismittels - auch die Vernehmung der benannten Zeugen.

Die mit den Hilfsbeweisanträgen zu 3., 6. und 7. unter Beweis gestellten Tatsachenbehauptungen sind schließlich unerheblich. Das Ergebnis der amtsärztlichen Untersuchung am 5.1.2016 ist - wie dargelegt - unabhängig von der Rechtmäßigkeit der Untersuchungsanordnung (Hilfsbeweisantrag zu 6.) und des Untersuchungsauftrags (Hilfsbeweisantrag zu 3.) verwertbar. Dass es für die Entscheidung darauf ankommt, ob es sich bei dem medizinischen Befund einer "leichtgradigen depressiven Episode (ICD-10: F32.1)" um einen Schreibfehler handelt (Hilfsbeweisantrag zu 7.), legt der Zulassungsantrag bereits nicht dar. Im Übrigen muss sich der Kläger wiederum ein selbstwidersprüchliches Verhalten vorwerfen lassen, weil die von ihm verhinderte Einsichtnahme seiner Krankenakte auch insoweit weiteren Aufschluss ermöglicht hätte.

2. Soweit der Kläger schließlich auf einzelne Abweichungen im Inhalt der vorläufigen Aufzeichnung auf dem Tonträger und des Protokolls hinweist, die sich durch handschriftliche Berichtigungen des Vorsitzenden erklären, legt der Zulassungsantrag nicht dar, ob und ggf. inwieweit die Entscheidung des Verwaltungsgerichts auf einem sinngemäß geltend gemachten Protokollmangel beruht.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §§ 40, 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1, Sätze 2 und 3 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Referenznummer:

R/R9634


Informationsstand: 22.09.2023