Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Dresden vom 12. September 2022 - 1 L 572/22 - wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
Die Beschwerde des Antragstellers hat keinen Erfolg. Die mit der Beschwerde vorgetragenen Gründe, auf deren Prüfung der Senat im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gemäß § 146
Abs. 4 Sätze 3 und 6
VwGO beschränkt ist, rechtfertigen es nicht, die Entscheidung des Verwaltungsgerichts zu ändern.
Das Verwaltungsgericht hat den Antrag abgelehnt, weil er unzulässig sei. Für den Antrag fehle es an einem Rechtsschutzbedürfnis. Zwar sei die Rechtsprechung früher davon ausgegangen, dass ein Rechtsschutzbedürfnis für einen solchen Antrag bestehen könne, da die Anordnung der aufschiebenden Wirkung die Rechtsstellung des schwerbehinderten Arbeitnehmers im arbeitsgerichtlichen Kündigungsschutzverfahren verbessern könne. Demgegenüber gehe die neuere Rechtsprechung überwiegend davon aus, dass der Arbeitnehmer durch die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des gegen die Zustimmung zur Kündigung gerichteten Rechtsbehelfs keinen rechtlichen Vorteil erlange. Dieser Auffassung schließe sich die Kammer an.
Eine Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die auf den Widerspruch der Beigeladenen erteilten Zustimmung zur ordentlichen Kündigung verbessere nicht seine Rechtsstellung im Kündigungsschutzprozess. Insbesondere werde die Kündigung seines Arbeitsverhältnisses nicht durch die begehrte Aussetzung der Vollziehung unwirksam. Das Bundesarbeitsgericht habe ausdrücklich klargestellt, dass eine erteilte Zustimmung für den Kündigungsschutzprozess solange Wirksamkeit entfalte, wie sie nicht bestands- oder rechtskräftig aufgehoben worden sei. Die Regelung des
§ 171 Abs. 4 SGB IX - zum Entfall der aufschiebenden Wirkung von Widerspruch und Klage gegen die Zustimmung des Integrationsamtes - wolle verhindern, dass der Arbeitnehmer durch die Einlegung von Rechtsbehelfen und Rechtsmitteln die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses für längere Zeit auch dann erzwingen könne, wenn er ohne Zusammenhang mit der Behinderung einen Grund zur Kündigung gegeben habe. Erst mit der rechtskräftigen Aufhebung der Zustimmung werde die Kündigung rückwirkend unwirksam. Das Kündigungsschutzverfahren könne dann nach § 580
Nr. 6
ZPO wieder aufgenommen werden, wenn die Kündigungsschutzklage bereits rechtskräftig abgewiesen worden sei. Andernfalls wären die Arbeitsgerichte nach einem erstinstanzlichen Erfolg der Anfechtungsklage auch bei Vorliegen eines Kündigungsgrundes gehalten, auf die Unwirksamkeit der Kündigung zu erkennen und gezwungen, innerhalb ihres Instanzenzugs selbst bei übereinstimmend angenommenen Vorliegen eines Kündigungsgrunds unterschiedliche Entscheidungen zu treffen, wenn mittlerweile ein Verwaltungsgericht anders als die Behörde oder die gerichtliche Vorinstanz geurteilt hätte, ohne dass dessen Entscheidung in Rechtskraft erwachsen wäre. Nur eine rechtskräftige verwaltungsgerichtliche Entscheidung habe nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts Einfluss auf den Kündigungsschutzprozess. Damit sei weder dargetan noch ersichtlich, dass die begehrte Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage des Antragstellers gegen die mit Widerspruchsbescheid vom 6. Juli 2022 erteilte Zustimmung zur ordentlichen Kündigung seine Rechtsstellung verbessern könne.
Zur Begründung seiner Beschwerde führte der Antragsteller aus: Mit Schreiben vom 8. Juli 2022 habe die Beigeladene sein Arbeitsverhältnis ordentlich gekündigt. Hiergegen sei eine Klage beim Arbeitsgericht Bautzen anhängig. Gegen die auf den Widerspruch der Beigeladenen erteilte Zustimmung zu seiner ordentlichen Kündigung habe er sich auf die Widersprüchlichkeit der Argumentation des Antragsgegners berufen. Zum einen sei von diesem im Rahmen des Verfahrens zu seiner außerordentlichen Kündigung vorgetragen worden, dass er sich keine schuldhafte Verletzung der Arbeitspflichten vorhalten lassen müsse und deshalb die außerordentliche Kündigung keine Zustimmung erfahren werde. Mit dem weiteren Bescheid, der am selben Tag ergangen sei, sei im Rahmen des ordentlichen Kündigungsverfahrens durch den Antragsgegner hingegen behauptet worden, dass er gegen Arbeitspflichten verstoßen habe, die nicht mit seiner Schwerbehinderung in Verbindung stünden, weshalb die Zustimmung zur ordentlichen Kündigung erteilt worden sei. Zudem macht er Ausführungen zum Vorliegen eines Rechtsschutzbedürfnisses. Die hierzu vertretene Auffassung des Verwaltungsgerichts sei nicht zutreffend. Vielmehr sei die Sachlage vergleichbar den Bewerbern auf einen Studienplatz, denen es nicht zumutbar sei, bis zum Ende des Hauptsacheverfahrens abzuwarten. So werde bezüglich der Hochschulverfahren nahezu einhellig der einstweilige Rechtsschutz für zulässig erachtet, wozu er nähere Ausführungen macht. Er werde durch das Verwaltungsgericht auf das Hauptsacheverfahren verwiesen. Dann sei das Kündigungsschutzverfahren durch das Arbeitsgericht möglicherweise im Rahmen eines Vergleichs bereits beendet worden. Er würde jedoch einen Vergleich vor dem Arbeitsgericht nicht abschließen, wenn er sicher wüsste, dass die Zustimmung des Integrationsamts rechtswidrig erfolgt sei. In diesem Fall wären keine gesetzlichen Gründe vorhanden, die den Ausspruch der Kündigung rechtmäßig werden lassen könnten. Für ihn würde sich deshalb das Kündigungsschutzverfahren gänzlich anders darstellen. Die extrem langen Verfahrensdauern seien im Hochschulrecht die wesentliche Begründung dafür, dass ein effektiver Rechtsschutz nur durch ein einstweiliges Rechtsschutzverfahren möglich sei. Nichts anderes könne in dem hiesigen Verfahren gelten. Es sei der Beigeladenen zuzumuten, vorläufig abzuwarten, bis in einem Hauptsacheverfahren vor dem Verwaltungsgericht Klarheit darüber herrsche, ob die Zustimmung des Antragsgegners rechtmäßig erfolgt sei oder nicht.
Ergänzend führt er mit Schreiben vom 19. Oktober 2022 aus, dass er auf keinen Fall seinen Arbeitsplatz verlieren wolle. Er sei insbesondere aufgrund seiner psychischen Behinderung auf diesen konkreten Arbeitsplatz angewiesen. Er gehe in seiner Arbeit auf und lebe für diese. Er wisse seit seiner Arbeitsfreistellung nichts mehr mit sich anzufangen. Das Arbeitsgericht habe zu erkennen gegeben, dass es offenbar von der gesetzlichen Möglichkeit Gebrauch machen wolle, das Arbeitsverhältnis gegen den Willen des Antragstellers aufzulösen. Diese Möglichkeit habe das Arbeitsgericht gerade dann, wenn es von einer formal rechtmäßigen, jedoch materiell rechtswidrigen Kündigung ausgehe. Dies sei hier der Fall, wie es die Ausführungen des Arbeitsgerichts im Gütetermin erkennen ließen. Ergänzend hat er weitere Ausführungen gemacht und ein ärztliches Attest zum Bedürfnis nach einer Weiterbeschäftigung aus gesundheitlichen Gründen vorgelegt.
Dieses Vorbringen führt die Beschwerde nicht zum Erfolg. Das Verwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass der Antrag des Antragstellers abzulehnen ist. Auch der Senat ist der Überzeugung, dass der Antrag des Antragstellers unzulässig ist. Entsprechend der Auffassung des Verwaltungsgerichts besteht für ihn kein Rechtsschutzbedürfnis. Es ist aufgrund der neueren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts auszuschließen, dass sich für den Antragsteller aus der begehrten Anordnung der aufschiebenden Wirkung auch nach dem Ausspruch der Kündigung durch die Beigeladene positive rechtliche Folgewirkungen im Hinblick auf den von ihm geltend gemachten vorläufigen arbeitsrechtlichen Weiterbeschäftigungsanspruch ergeben könnten. Dies wäre allerdings die Voraussetzung für die Annahme des allgemeinen Rechtsschutzbedürfnisses (
vgl. BVerwG, Urt. v. 8. Juli 2009 - 8 C 4/09 -, juris Rn. 24).
Das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis wird für jede Verfahrenshandlung verlangt, um einen Missbrauch prozessualer Rechte zu verhindern. Damit sollen Handlungen und Verfahren ausgeschlossen werden, in denen der betreffende Beteiligte mit seinem Rechtsmittel eine Verbesserung seiner Rechtsstellung nicht erreichen kann, das Rechtsmittel für ihn also nutzlos ist (
BVerwG,
a. a. O.). Dies ist hier der Fall.
Es lässt sich ausschließen, dass sich eine Anordnung der aufschiebenden Wirkung gegenüber der Zustimmung des Antragsgegners zur ordentlichen Kündigung des Antragstellers im arbeitsrechtlichen Verfahren auf vorläufige Weiterbeschäftigung für den Antragsteller als nützlich darstellt. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts begründet die Ungewissheit über den Ausgang des Kündigungsschutzprozesses außer im Fall einer offensichtlich unwirksamen Kündigung ein schutzwürdiges Interesse des Arbeitgebers an der Nichtbeschäftigung des gekündigten Arbeitnehmers für die Dauer des Kündigungsschutzprozesses (Großer Senat, Beschl. v. 27. Februar 1985 - GS 1/84 -, juris Leitsatz 2). Aus dem Umstand, dass Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Zustimmung des Integrationsamtes zur Kündigung keine aufschiebende Wirkung haben (
§ 171 Abs. 4 SGB IX) folgt, dass diese - vorbehaltlich ihrer Nichtigkeit - so lange Wirksamkeit entfaltet, wie sie nicht rechtskräftig aufgehoben ist.
Hieraus folgt nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts, dass es für die Berechtigung des Arbeitgebers auf der Grundlage der Zustimmung die Kündigung zu erklären, ohne Bedeutung ist, ob die Zustimmung von der Widerspruchsbehörde oder dem Verwaltungsgericht aufgehoben wird, solange die betreffende Entscheidung nicht unanfechtbar ist. Es widerspräche Sinn und Zweck der gesetzlichen Intention, wenn der Arbeitnehmer die vorläufige Fortsetzung seines Arbeitsverhältnisses erzwingen könne, obwohl seine Kündigung behördlich zugelassen worden und das verwaltungsgerichtliche Anfechtungsverfahren noch nicht rechtskräftig abgeschlossen sei. Auch das prozessuale Beschleunigungsgebot verlange danach, dass die Gerichte für Arbeitssachen bei behördlich erteilter Zustimmung zur Kündigung den Kündigungsstreit der Parteien ohne Rücksicht auf den Fortgang des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nach Maßgabe der einschlägigen arbeitsrechtlichen Vorschriften entscheiden und - falls es darauf ankommt - erst auf eine rechtskräftige Versagung der Zustimmung Bedacht zu nehmen haben (Urt. v. 23. Mai 2013 - 2 AZR 91/11 -, juris Rn. 24).
Aus dieser neueren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts lässt sich nur der Schluss ableiten, dass nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts eine Kündigung im arbeitsgerichtlichen Verfahren nicht deshalb, weil im verwaltungsgerichtlichen Verfahren die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs gegen die Zustimmung zur Kündigung angeordnet wurde, als offensichtlich unwirksam angesehen werden kann. Die Auffassung des Bundesarbeitsgerichts, dass erst auf eine "rechtskräftige Versagung der Zustimmung" durch die Arbeitsgerichte "Bedacht zu nehmen" sei, lässt sich nur so verstehen, dass auch im Verfahren auf vorläufige Weiterbeschäftigung des betroffenen Arbeitnehmers eine Aufhebung der Zustimmung des Integrationsamtes nur für den Fall von den Arbeitsgerichten zu berücksichtigen sein soll, dass die Aufhebung unanfechtbar und damit die Zustimmungserklärung unumkehrbar unwirksam geworden ist (HessVGH, Beschl. v. 7. November 2018 - 10 B 1900/18 -, juris Rn. 5 m. w. N.). Dies hat zur Folge, dass es für Verfahren auf einstweiligen Rechtsschutz gegenüber der Zustimmungserklärung des Integrationsamtes an einem Rechtsschutzbedürfnis fehlt (so auch
OVG NRW, Beschl. v. 14. November 2019 -
12 B 1326/19 -, juris Rn. 16
ff.; VGH BW, Beschl. v. 10. Januar 2012 -
12 S 3214/11 -, juris Rn. 1
ff. m. w. N.,
OVG Hamburg, Beschl. v. 19. Mai 2015 - 5 Bs 56/15 -, juris Rn. 9). An der noch anders lautenden Rechtsprechung des 5. Senats des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts aus dem Jahre 2003 (Beschl. v. 25. August 2003 - 5 BS 107/03 -, juris) wird nicht festgehalten.
Die Kostenentscheidung für das gemäß § 188 Satz 2
VwGO gerichtskostenfreie Verfahren folgt aus § 154
Abs. 2
VwGO. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht für erstattungsfähig zu erklären, da sie sich mangels Antragstellung keinem Kostenrisiko ausgesetzt hat (§ 154
Abs. 3, § 162
Abs. 3
VwGO). Die Bemerkung am Ende ihrer Schriftsätze, dass der Antrag zurückzuweisen sei, fasst der Senat nicht als eigene Antragstellung, sondern als Bekräftigung der Rechtsauffassung der Beigeladenen auf.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152
Abs. 1
VwGO).